Wie u.a. Grünes Freiburg und die Badische Zeitung berichten, hat es Freiburg zwar unter die Finalisten des Wettbewerbs „European Green Capital“ der EU-Kommission geschafft, wurde aber letztlich – mal wieder – nicht ausgewählt. Bleibt’s halt bei der lokalen international bekannten „Green City“ für Freiburg (mit knapp über 200.000 EinwohnerInnen übrigens so grade teilnahmeberichtigt).
Ganz überzeugend finde ich die Auswahl allerdings nicht. Die europäische Umwelthauptstadt 2010 ist Stockholm. Gelobt wird hier das Ziel, bis 2050 Abschied von fossilen Energieträgern zu nehmen. Außerdem werden die Grünzüge und die Nähe zum Wasser gelobt.
Noch dubioser sieht es bei Hamburg, der europäischen Umwelthauptstadt 2011, aus. Die Nähe zum Meer wird hier nicht erwähnt, dafür das CO2-Vermeidungsziel und die Tatsache, dass der Containerhafen nicht ausgebaut, sondern verdichtet werden soll (Elbvertiefung, anyone?). Außerdem wird das Nahverkehrssystem gelobt – und die Kommunikationsstrategie, per Zug zu werben.
Visionär erscheint mir das alles nicht, sondern (für größere deutsche Städte) inzwischen ziemlich normal. Mal schauen, was dieser Award den Städten tatsächlich bringt. Auch die „europäische Kulturhauptstadt“ ist ja mehr Stadtmarketing als sonst irgendwas. Meine Prognose: auch 2012 wird Freiburg (wobei da vor allem an die hiesige Solarbranche und an Vauban und Rieselfeld zu denken ist) ebenso wie Münster (Fahrradstadt) in umweltpolitisch interessierten Kreisen weiterhin stärker als Umweltstadt wahrgenommen als die Metropolen Hamburg oder Stockholm. Ich bin also eher skeptisch, ob diese ganzen Ausschreibungen wirklich was bringen. Und stimme Thorsten von GrünesFreiburg zu, dass dieser Ausgang des Verfahrens Ansporn sein sollte, dass
noch ein bisschen gearbeitet werden [muss] – nur gut für Umwelt & EinwohnerInnen und erfreulich für Forderungen nach einem „noch grüneren“ Freiburg, möchte man meinen
Warum blogge ich das? Weil ich ein bißchen den Verdacht habe, dass eine gute städtische Umweltpolitik es fast schon unnötig macht, diese aktiv zu vermarkten. Und in dem Sinne auch nicht so genau weiss, warum sich Freiburg da unbedingt bewerben musste.
ich kann die wahl von hamburg auch nicht so ganz verstehen.
spontan wären mir da andere deutsche großstädte eingefallen, neben den erwähnten freiburg und münster, z.b. auch noch ulm (wobei das wohl für die teilnahme zu klein wäre).
ich denke, dass für die gute luft (die als einer der pluspunkte erwähnt wurde) die stadt nicht allzu viel kann, städte in küstennähe wie eben hamburg und stockholm haben da wohl generell bessere chancen als in tälern gelegene städte, wie z.b. stuttgart oder erwähntes ulm.
auch ist mir hamburg bisher nicht durch irgendwelchen prestigeträchtigen öko- bzw. erneuerbaren-energien-projekte in erinnerung, auch in der solarbundesliga liegt hamburg gerade mal auf dem 23. platz von insgesamt 45 deutschen großstädten. http://2big.at/vkq
stockholm kenne ich nicht, hamburg dafür ganz gut. wie daran green city sein soll verstehe ich echt nicht. vielleicht ein paar stadtteile, so schnazenviertel, altona oder eimsbüttel. ganz zu schweigen von den landschaftlich schon immer grünen, politisch jedoch eher schwazen elbvororten.
gut, in der elbe kann man mittlerweile wieder baden ohne am ganzen körper ausschlag zu bekommen. sauber ist es aber noch lange nicht. ansonsten: airbus, elbvertiefung, moorburg. grün nur weil die gal so schön mitspielt? das würde wiederum auch für freiburg zutreffen. schon eine ziemlich seltsame geschichte, das ganze.
Ich wohne in Hamburg und kann die Wahl zur Umwelthauptstadt in keinster Weise nachvollziehen. In den letzten Jahren hatte sich Hamburg von der Umweltpolitik komplett verabschiedet, jetzt mit Regierungsbeteiligung der Grünen dürfte sich das zwar langsam ändern, aber der Weg ist noch sehr lang. Ganz bizarr finde ich ich die Begründung, der Hafen würde ausschließlich auf bestehender Fläche vergrößert, was nicht stimmt, und das explizite Lob für die Radverkehrspolitik. Im ADFC-Radklimatest 2006 stand die Hansestadt auf dem letzten Platz aller deutschen Städte – meines Erachtens völlig zurecht. Dass eine Stadt ausschließlich für dubiose Ziele und Versprechungen ausgezeichnet wird und Erreichtes nicht gewürdigt wird, finde ich falsch. Ganz abgesehen davon, dass mit Moorburg gerade Deutschlands größtes Kohlekraftwerk entsteht, die Elbvertiefung kommt und die Autobahn 20 ebenso.
Ganz ehrlich: Im Vergleich zu Hamburg ist Freiburg wirklich ein Umweltparadies.
P.S.: Auch der NABU Hamburg wundert sich über die Entscheidung.
Wie merkwürdig die Entscheidung für Hamburg und Stockholm auch sein mag, aber vergleicht ihr in Eurer Begeisterung für Freiburg nicht Äpfel mit Birnen? Bei Hamburg und Stockholm handelt es sich eben um große Industriestädte, die politisch, wirtschaftlich und sozial sehr differenziert sind und nicht um kleine Uni-Städte. Sind Städte wie Tübingen, Marburg, Heidelberg, Göttingen, Lüneburg, Flensburg etc. nicht genauso „grün“ wie Freiburg? Und andere Städte daran zu messen, was in Freiburg gerade ökolgisch hipp ist (Solarenergie), halte ich für eine etwas einseitige Argumentation.
@Joern: da ist ein bißchen was dran, und Freiburg hat die Grenze von 200.000 EinwohnerInnen, um am Wettbewerb überhaupt teilnehmen zu können, ja auch nur gerade so überschritten (Tübingen, Marburg und Lüneburg müssten allein schon deshalb nicht teilgenommen haben können). Die Frage der Vergleichbarkeit stellt sich natürlich trotzdem.
Ich selbst glaube ja auch gar nicht, dass in Freiburg alles das grüne vom Ei ist – aber hier passiert einiges, hier ist einiges passiert (nicht nur Solarenergie) – und wichtiger noch: die Positonierung als „green city“ soll auch in Zukunft offensiv vorangetrieben werden. Auch das geht vielleicht in einer etwas kleineren Stadt einfacher, trotzdem habe ich das Gefühl, dass bei Hamburg ein Kommunikationsprojekt ohne konkrete ökologische Umsetzung – und ohne Identifikationskern für die Stadt – letztlich ausschlaggebend für die Nominierung war. Und das finde ich seltsam. (Vgl. die „kreative Stadt“, die die GAL Hamburg in ihrem letzten Wahlkampf gefordert hatte – da ging’s nicht um ein Einzelprojekt, sondern, so habe ich das jedenfalls verstanden, um Stadtidentität nach dem Ende der kulturellen Dominanz der Hafenstadt).