Nachhaltiges Fliegen im administrativen Käfig

Clear cold sky I

Manch­mal gibt es selt­sa­me Zufäl­le. Ich wer­de nächs­te Woche an einem Pro­jekt­tref­fen in Schott­land teil­neh­men – „natür­lich“ ver­läuft die Rei­se dort­hin mit dem Flug­zeug (die Zug­ver­bin­dung hat a. ein Preis­pro­blem (Eurostar/Fähre), b. ein Zeit­pro­blem (Fak­tor 5 gegen­über dem Flie­gen) und c. ein Pro­blem mit dem pri­va­ti­sier­ten Eisen­bahn­netz in Großbritannien). 

Ges­tern habe ich dann über­legt, was eigent­lich die Rei­se­kos­ten­stel­le sagen wür­de, wenn ich eine Kli­ma-Ablass­zah­lung mit bei­le­gen wür­de. Mal abge­se­hen von der grund­sätz­li­chen Fra­ge, wie sinn­voll sol­che Zah­lun­gen sind. Jeden­falls wür­den für die Flug­stre­cke Frank­furt-Edin­burgh hin und zurück nach atmosfair.de etwa eine hal­be Ton­ne CO2 anfal­len, das ist etwa ein Vier­tel des „kli­ma­ve­träg­li­chen Jah­res­bud­gets eines Men­schen“. Um die­se aus­zu­glei­chen, müss­ten hier 14 Euro gezahlt wer­den, die dann von atmos­fair (oder ähn­lich bei ande­ren Ablas­s­an­bie­tern) in Kli­ma­schutz­pro­jek­te inves­tiert wür­den. Zum Ver­gleich: die Buchungs­ge­bühr des von der Uni in den offi­zi­el­len Dienst­richt­li­ni­en emp­foh­le­nen Rei­se­bü­ros beträgt 29,75 Euro.

Aller­dings bin ich dann ges­tern nicht dazu gekom­men, mal tat­säch­lich bei der Rei­se­kos­ten­stel­le nach­zu­fra­gen. Ist auch nicht not­wen­dig – den heu­te konn­te ich die Ant­wort in der Zei­tung (nur Abo) lesen. So etwas wür­de von der Uni (wie auch vom Fraun­ho­fer-Insti­tut für Sola­re Ener­gie­sys­te­me) bis­her grund­sätz­lich nicht gemacht. Die Pres­se­spre­che­rin der Uni ver­weist statt des­sen auf ande­re Nach­hal­tig­keits­pro­jek­te und die Mög­lich­keit zur Video­kon­fe­renz. Als Begrün­dung für den Ver­zicht auf Kli­ma­kom­pen­sa­tio­nen gibt sie an, dass bei Rei­se­kos­ten ganz prin­zi­pi­ell die Maxi­me gel­te, mög­lichst spar­sam und effi­zi­ent zu wirt­schaf­ten. (Anlass für den Arti­kel in der Badi­schen Zei­tung war wohl, dass die Stadt Frei­burg in Zukunft ent­spre­chen­de Ablass­zah­lun­gen vor­neh­men möch­te – und von den befrag­ten Öko-Fir­men nur das Öko-Insti­tut e.V. bis­her so handelt).

Dass das offi­zi­ell emp­foh­le­ne Rei­se­bü­ro bei wei­tem nicht der bil­ligs­te Anbie­ter für Flug­rei­sen ist, sei ein­mal dahin­ge­stellt. Wich­ti­ger an der Bemer­kung ist jedoch, dass hier die Gren­zen des Nach­hal­tig­keits­kon­zep­tes der Uni Frei­burg auf­schei­nen: solan­ge, wie etwa bei effi­zi­en­te­ren Raum­be­hei­zun­gen, Umwelt­schutz mit Ein­spa­run­gen ver­bun­den ist, wird Nach­hal­tig­keit und Umwelt­schutz groß geschrie­ben. Da, wo tat­säch­lich Inves­ti­ti­to­nen (in einem ver­gleichs­wei­se beschei­de­nen Rah­men) not­wen­dig wären, rückt dann die spar­sa­me Mit­tel­be­wirt­schaf­tung auf die ers­te Prio­ri­tät vor.

Nun könn­te der Uni zugu­te gehal­ten wer­den, dass sie natür­lich gar nicht selbst dar­über ent­schei­det, son­dern letzt­lich als öffent­li­che Ein­rich­tung an Kos­ten­er­stat­tungs­richt­li­ni­en des Lan­des und mög­li­cher­wei­se auch der Dritt­mit­tel­ge­ber gebun­den ist. Aber wo ein Wil­le ist, fin­det sich in einer Uni­ver­si­tät meist auch ein Weg.

Bleibt die Fra­ge, was ich jetzt mache? Selbst kom­pen­sie­ren? Mich drauf aus­ru­hen, dass die Uni das nicht macht (bzw. das mein nicht vor­han­de­nes Auto mit dem Flug gegen­ge­rech­net wer­den könn­te)? Vor­schlä­ge an Senat und AK Nach­hal­ti­ge Uni­ver­si­tät ein­rei­chen? Oder gar an Lan­des- und Bun­des­po­li­tik mit der Fra­ge her­an­tre­ten, ob Kli­ma­kom­pen­sa­tio­nen für Flü­ge öffent­li­cher Ein­rich­tun­gen nicht gesetzt­lich ver­pflich­tend zu machen wären?

War­um blog­ge ich das? Weil hier pri­va­te Hand­lungs­frei­heit und insti­tu­tio­nel­le Vor­ga­ben auf­ein­an­der­pral­len – und weil es mich inter­es­sie­ren wür­de, was ande­re zu den auf­ge­wor­fe­nen Fra­gen mei­nen.

Die Selbstblockade verhindern – aber richtig

Die Bun­des­tags­wahl 2009 steht kurz bevor. Jeden­falls ist es ein leich­tes, die­sen Ein­druck zu gewin­nen, auch wenn’s noch über ein Jahr hin ist bis zum Wahltag. 

Was aller­dings jetzt schon hef­tig geschieht, ist das Modi­fi­zie­ren des Opti­ons­raums für die Zeit nach der Wahl. Und zwar sowohl per­so­nell (SPD) als auch rhe­to­risch. Ein beson­ders inter­es­san­tes Bei­spiel für letz­te­res ist der Kom­men­tar von Alt­staats­mann Fischer in der ZEIT ONLINE. Er macht das zwar um eini­ges bes­ser als Alt­staats­mann Schmidt mit sei­nem Nazi­ver­gleich (oder Kret­sch­mann, der unheim­li­che Kon­ser­va­ti­ve), aber trotz­dem – das ein­zi­ge, was an die­sem Kom­men­tar 100%-ig stimmt, ist die Über­schrift. Die ich mir mal ent­lie­hen habe. Die heißt näm­lich „Die Selbst­blo­cka­de verhindern“. 

Was ver­steht Josch­ka Fischer darunter? 

Bei­de Par­tei­en [SPD und CDU] wer­den 2009 ohne eine ver­bind­li­che Koali­ti­ons­aus­sa­ge antre­ten und statt­des­sen nur noch Prio­ri­tä­ten beschlie­ßen: Rot-Grün und Schwarz-Gelb. Die­se Optio­nen wer­den zwar immer unwahr­schein­li­cher, erspa­ren den Par­tei­füh­run­gen jedoch gefähr­li­che Rich­tungs­de­bat­ten zur Unzeit. Die Koali­ti­ons­op­tio­nen Nr. 2 sind bis­her auf Bun­des­ebe­ne unbe­kann­te Drei­er­kon­stel­la­tio­nen: Ampel, Jamai­ka oder Rot-Rot-Grün. 

"Ja zu Joschka": Joschka speaks X (detail)
Ja zu Grün – das stimmt weiterhin

Die­se drei Drei­er­kon­stel­la­tio­nen redu­ziert Fischer dann Schritt für Schritt. Erst wird Rot-Rot-Grün eli­mi­niert (dazu gleich noch mehr), dann ent­fällt mit Ver­weis auf die „Mehr­heits­ver­hält­nis­se im Bun­des­rat“ als Haupt­ar­gu­ment die rot-grün-gel­be Ampel, und so bleibt schließ­lich nur noch „Jamai­ka“, als schwarz-gelb-grün. Aus Fischers Per­spek­ti­ve heißt „Die Selbst­blo­cka­de ver­hin­dern“ also: sich auf eine Min­der­hei­ten­rol­le in einer kon­ser­va­tiv-wirt­schafts­li­be­ra­len Koali­tio­nen vor­be­rei­ten. Oder zumin­dest, eine inten­si­ve Zusam­men­ar­beit mit der FDP vor­zu­be­rei­ten, wie sie Gui­do Wes­ter­wel­le gera­de abge­lehnt hat.

Die Idee, dass in einem Fünf­par­tei­en­sys­tem die Alter­na­ti­ve zur gro­ßen Koali­ti­on nicht ein­fach rot-grün hei­ßen kann, und dass es mög­lich sein muss, bei Vor­lie­gen einer genü­gend gro­ßen Schnitt­men­ge auch über Koali­tio­nen mit demo­kra­ti­schen Par­tei­en des kon­ser­va­tiv-wirt­schafts­li­be­ra­len Spek­trums nach­zu­den­ken, ist ja so blöd nicht. Inso­fern stimmt ich Fischer zu, dass es rich­tig ist, den Mög­lich­keits­raum nach der Wahl jetzt so zu gestal­ten, dass nicht durch selbst­ge­setz­te Zwän­ge sinn­vol­le Poli­tik­op­tio­nen ver­schwin­den. Das bes­te Bei­spiel dafür ist aller­dings nicht Ham­burg (da wur­de dann halt schlicht der im Wahl­kampf vor­ge­nom­me­ne Aus­schluss schwarz-grü­ner Optio­nen nach der Wahl igno­riert), son­dern Hes­sen und die selt­sa­me Lage, in der sich die even­tu­el­le Minis­ter­prä­si­den­tin Ypsi­lan­ti dort befindet. 

Wenn ich jetzt nicht noch ande­res zu tun hät­te, wür­de ich an die­ser Stel­le ja noch etwas Böses zur SPD schrei­ben („Intri­gen­sta­del auf dem Tan­ker“ oder so), das las­se ich aber. Aus Zeitgründen. 

Was jedoch fest­zu­hal­ten bleibt: das größ­te Hin­der­nis für eine rot-rot-grü­ne Opti­on nach der Bun­des­tags­wahl in einem Jahr ist der­zeit die SPD. Was ja auch so sei­ne Geschich­te hat. Kom­men wir also zurück zur Fra­ge, wie Josch­ka Fischer die­se Koali­ti­ons­op­ti­on aus­schließt. Er macht das näm­lich so:

Letz­te­res [Rot-Rot-Grün] wird man 2009 wohl aus­schlie­ßen müs­sen, da die Links­par­tei in ent­schei­den­den inhalt­li­chen Fra­gen der Bun­des­po­li­tik (noch?) nicht regie­rungs­fä­hig ist. 

Hin­ter die­sem schlich­ten Satz steckt jetzt eini­ges. Ers­tens fällt das „man“ auf – nicht Josch­ka oder die Vor­sit­zen­den der Par­tei­en oder die Wäh­le­rIn­nen. Der Aus­schluss erfolgt im Sti­le des Sach­zwangs: „man wird wohl aus­schlie­ßen müs­sen“. Und war­um? Die Links­par­tei ist „in ent­schei­den­den inhalt­li­chen Fra­gen“ „nicht regie­rungs­fä­hig“. Wenn ich mir anschaue, wie die Links­par­tei in den Län­dern agiert, kann damit nicht der feh­len­de Popu­lis­mus gemeint sein. Ich ver­mu­te, dass sich hin­ter den Inhal­ten, die Josch­ka zur Selbst­blo­cka­de Rich­tung links zwin­gen, eher The­men ver­ber­gen wie der Wunsch nach einer sinn­vol­len sozia­len Absi­che­rung statt Hartz-IV, mög­li­cher­wei­se auch gewerk­schaft­lich favo­ri­sier­te Beschäf­ti­gungs­pro­gram­me, die Rück­nah­me von Pri­va­ti­sie­run­gen (wann folgt die Ex-Bun­des­bahn der Bun­des­dru­cke­rei) und natür­lich vor allem die Außen­po­li­tik, die in der Links­par­tei wohl noch mehr­heits­fä­hig nicht mili­tä­risch stattfindet. 

Wenn mei­ne Ver­mu­tung stimmt, dass dies die The­men sind, mit denen Josch­ka eine Rot-Rot-Grü­ne Koali­ti­ons­op­ti­on inhalt­lich aus­schließt, dann steckt hin­ter die­sem schlich­ten Satz noch etwas ande­res: näm­lich die Ein­schät­zung, dass ein Drit­tel bis die Hälf­te der Grü­nen-Mit­glie­der (und der Wäh­le­rIn­nen von Bünd­nis 90/Die Grü­nen) eben­falls nicht regie­rungs­fä­hig sind: eine gro­ße Min­der­heit will ein Grund­ein­kom­men, eine geschätz­te Mehr­heit hält nicht viel vom fort­ge­setz­ten Abbau des Sozi­al­staats, selbst offi­zi­el­le Frak­ti­ons­spre­cher haben sich gegen Pri­va­ti­sie­run­gen aus­ge­spro­chen, und Krieg und Frie­den ist noch immer das hei­ße The­ma jeder grü­nen Mit­glie­der­ver­samm­lung und jeder zwei­ten BDK. 

Das also sind die Punk­te, die Fischer – und mit ihm wohl auch ande­re Rea­los und Rea­las – in den Raum stel­len, wenn sie Rot-Rot-Grün unmög­lich reden wol­len. Die Atom­po­li­tik der CDU, die Wirt­schafts­ver­göt­te­rung der FDP, die Koh­le­po­li­tik der SPD – all das spielt dann kei­ne Rol­le. Ein der­ar­ti­ger Ansatz kann aber m.E. nur zur Selbst­blo­cka­de füh­ren, näm­lich zum Aus­schluss jeg­li­cher Koali­ti­ons­op­ti­on. Bes­ser fin­de ich es da schon, zu sagen, was wir inhalt­lich wol­len, wie es der letz­te Län­der­rat getan hat, und dann abzu­war­ten, wel­ches Bünd­nis sich als inhalt­lich pas­send erweist. 

Opti­mis­tisch bin ich aller­dings den­noch nicht. Weni­ger wegen der feh­len­den inhalt­li­chen Über­ein­stim­mun­gen, son­dern eher des­we­gen, weil, wie ein­lei­tend bemerkt, inter­es­sier­te Kräf­te jetzt schon alles tun, um den Mög­lich­keits­raum ein­zu­schrän­ken. Wenn es tat­säch­lich für Rot-Grün kei­ne eige­ne Mehr­heit gibt (was wahr­schein­lich ist), dann wird es ver­mut­lich kei­ne Drei­er­kon­stel­la­ti­on geben, die nicht schon vor der Wahl aus­ge­schlos­sen wor­den ist. Wes­ter­wel­les FDP will kei­ne Ampel, die SPD hat gro­ße Angst vor dem Schein­rie­sen Links­par­tei, und wei­gert sich, dem ehe­ma­li­gen SPD-Poli­ti­ker Lafon­taine auch nur den klei­nen Fin­ger zu rei­chen (ob er, wenn er mit den sel­ben Posi­tio­nen in der SPD geblie­ben wäre, eben­so schwarz gemalt wür­de?), die CDU kann nur Mon­tags mit den Grü­nen, und wir selbst sind der­zeit vor allem eins: in alle Rich­tun­gen wenig wagemutig. 

Die Wahr­schein­lich­keit einer Fort­set­zung der gro­ßen Koali­ti­on unter Kanz­le­rin Mer­kel (mit Vize­kanz­ler­kan­di­dat Stein­mei­er) ist damit, bei Lich­te betrach­tet, hoch. Es sei denn, es wird jetzt an sehr vie­len Stel­len damit ange­fan­gen, über Schat­ten zu sprin­gen – aber bit­te nicht nur nach rechts!

War­um blog­ge ich das? Ab und zu muss ein Blick auf Koali­ti­ons­op­tio­nen sein, um dem Anspruch gerecht zu wer­den, ein poli­ti­sches Blog zu sein, oder?

Vorurteile zählen beim Schulübergang stärker als Noten (Update)

The school II
Grund­schu­le in Freiburg-Günterstal

Ich habe eini­ge Diens­te des „idw“ abon­niert, einem wis­sen­schaft­li­chen Pres­se­ver­tei­ler. Manch­mal errei­chen dann auch Pres­se­mit­tei­lun­gen mei­ne Inbox, die gar nicht direkt in die von mir ange­ge­be­nen Schwer­punkt­the­men fal­len, aber trotz­dem ziem­lich span­nend sind. 

So hat eine Stu­die des Main­zer Sozio­lo­gen Ste­fan Hra­dil empi­risch unter­füt­tert, dass ins­be­son­de­re der sozia­le Hin­ter­grund bei der Erstel­lung von Schul­über­gangs­emp­feh­lun­gen zählt. 

Was heißt das im Klar­text? Das hier:

Kommt ein Kind aus einer nied­ri­gen sozia­len Schicht, wird es nicht die gleich hohe Bil­dungs­emp­feh­lung für die wei­ter­füh­ren­de Schu­le erhal­ten wie ein Kind aus einer hohen Sozi­al­schicht, selbst wenn die bei­den Kin­der in der Grund­schu­le die glei­chen Noten errei­chen. „Leh­re­rin­nen und Leh­rer an Grund­schu­len ent­schei­den offen­bar nicht nur auf­grund von Schul­leis­tun­gen über die Emp­feh­lung, die sie für die wei­ter­füh­ren­de Schu­le nach der vier­ten Klas­se abge­ben, son­dern auch auf­grund der sozia­len Her­kunft der Kin­der“, teilt Univ.-Prof. Dr. Dr. Ste­fan Hra­dil vom Insti­tut für Sozio­lo­gie der Johan­nes Guten­berg-Uni­ver­si­tät Mainz mit. Dass dabei Kin­der mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund häu­fig eine ungüns­ti­ge­re Bil­dungs­emp­feh­lung erhal­ten, ist nicht auf ihre fremd­län­di­sche Her­kunfts­fa­mi­lie zurück­zu­füh­ren, son­dern auf den durch­schnitt­lich nied­ri­ge­ren Sozi­al­sta­tus von Migranten. 

Oder noch deutlicher:

Die Bil­dungs­emp­feh­lun­gen fal­len dem­entspre­chend aus. Kin­der aus der Ober­schicht erhal­ten zu 81 Pro­zent eine Gym­na­si­al­emp­feh­lung, gegen­über nur 14 Pro­zent der Kin­der aus Unterschichthaushalten. 

Und:

Die Bil­dungs­emp­feh­lun­gen sind selbst dann eine Fra­ge der sozia­len Her­kunft, wenn die Schü­ler und Schü­le­rin­nen die glei­chen Leis­tun­gen brin­gen. Zwar sind die Noten selbst immer noch der wich­tigs­te Ein­fluss­fak­tor dafür, ob die Emp­feh­lung für ein Gym­na­si­um erteilt wird oder nicht. Betrach­tet man aber nur Kin­der bei­spiels­wei­se mit der Durch­schnitts­no­te 2,0, dann bekom­men Kin­der aus der nied­rigs­ten Bil­dungs- und Ein­kom­mens­grup­pe nur mit einer Wahr­schein­lich­keit von 76 Pro­zent eine Gym­na­si­al­emp­feh­lung, wäh­rend in der höchs­ten Bil­dungs- und Ein­kom­mens­grup­pe nahe­zu alle Kin­der, näm­lich 97 Pro­zent, eine Emp­feh­lung für das Gym­na­si­um erhalten. 

Die Ergeb­nis­se bezie­hen sich nur auf Schul­kin­der aus Wies­ba­den (alle, die 2007 in der vier­ten Klas­se waren); aber ich stim­me Hra­dil zu, dass eine Über­trag­bar­keit die­ser Ergeb­nis­se sehr wahr­schein­lich ist – ähn­li­ches zur Abhän­gig­keit von Bil­dungs­kar­rie­ren und sozia­lem Hin­ter­grund haben ja auch schon ande­re Stu­di­en gezeigt. Das heißt aber umge­kehrt, näm­lich hoch­schul­po­li­tisch betrach­tet, auch: einer der ers­ten und stärks­ten Fil­ter für die Fra­ge, ob jemand nach­her zu den rela­tiv weni­gen Stu­die­ren­den aus nicht-aka­de­mi­schen Her­kunfts­fa­mi­li­en gehört, setzt genau hier ein: beim Über­gang von der Grund­schu­le auf die wei­ter­füh­ren­de Schule.

War­um blog­ge ich das? Weil ich die Ergeb­nis­se poli­tisch wich­tig fin­de – und als Bei­spiel dafür, dass auch ernst­haft betrie­be­ne Wis­sen­schaft (da bin ich mir bei Hra­dil sicher!) gro­ße poli­ti­sche Effek­te haben kann. Ich bin jeden­falls recht über­zeugt davon, dass die­se Ergeb­nis­se schnell mas­sen­me­di­al auf­ge­grif­fen werden.

Update: (12.9.2008) Auch hier noch­mal der Hin­weis, dass der Titel ein biß­chen pro­vo­ka­tiv gedacht ist und nicht ganz der Sta­tis­tik der Stu­die ent­spricht. Die mas­sen­me­dia­le Reso­nanz ist inzwi­schen ein­ge­tre­ten – SpOn berich­tet sehr aus­führ­lich, die taz inter­viewt einen an der Stu­die betei­lig­ten Wis­sen­schaft­ler, und auch bei ZEIT ONLINE ist was zu finden.

Kurz: SPD, Blogs und die mediale Aufmerksamkeitslogik

Wie­der zurück vom geheim­nis­vol­len Camp Netz­be­grü­nung in Ber­lin. Mit­ten in unse­re Work­shop-Berich­te platz­te die Nach­richt vom SPD-Intri­gen­sta­del. Mein ers­ter Gedan­ke: da müss­te ich was zu blog­gen. Blöd­sinn. Wenn mein Blog ein klas­si­sches Mas­sen­me­di­um wäre, wäre das so. Oder wenn ich Öffent­lich­keits­ar­beit machen wür­de. Aber nur, weil ein The­ma poli­tisch heiß ist, sich drauf zu stür­zen? Es gibt kei­nen Zwang dazu, auf der vor­ders­ten Wel­le der Auf­merk­sam­keit zu sur­fen. Also: nichts zur SPD, zu Mün­te­fe­ring, Beck und Stein­mei­er, und erst recht kei­ne Spe­ku­la­tio­nen dar­über, ob das jetzt der Lin­ken, der SPD, den Grü­nen, der FDP oder doch vor allem der Kanz­le­rin nützt.