Noch ist ja recht unklar, wie sich die GAL in Hamburg bezüglich der Fortsetzung ihrer Koalition verhalten wird. Aber ganz egal, ob schwarz-grün die Koalition aus GAL und CDU in Hamburg fortgesetzt wird oder nicht, möchte ich doch eine Idee aus der Mailingliste der Grünen Linken aufgreifen, die im Rahmen von Austrittsüberlegungen einzelner Personen und Debatten mit Nicht-Mehr-Grünen entstanden ist: wer unzufrieden damit ist, wie sich Bündnis 90/Die Grünen entwickeln, und Mitglied ist, sollte die Zähne zusammenbeißen und erst recht dabei bleiben – wer noch kein Mitglied ist, und gerne eine andere grüne Partei hätte, sollte eintreten. Der Gedanke hat für mich – nicht zuletzt aufgrund der Fünfprozenthürde – einiges für sich (und passt gut zum Heinrich-Böll-Motto der Heinrich-Böll-Stiftung, dass nämlich Einmischung die einzige Möglichkeit sei, realistisch zu bleiben).
Grüne KandidatInnen im Netz – Baden-Württemberg (Update 2: Fragenkatalog Grüne Jugend)
In ungefähr zehn Tagen findet die Listenaufstellung von Bündnis 90/Grünen Baden-Württemberg für die Bundestagswahl 2009 statt. Aktuell liegen 22 Bewerbungen vor (aussichtsreich sind so etwa acht Plätze). Hier nun ein Überblick darüber, wie weit die einzelnen KandidatInnen im Netz vertreten sind – in der Reihenfolge, wie die Bewerbungen bei der Landespartei aufgeführt sind. Web 2.0 bezieht sich hier erstmal auf Facebook und XING.
Kurz zur Methode: persönliche Website ist zuerst einmal die in der Bewerbung aufgeführte, wenn dort keine zu finden ist, habe ich Google bemüht. Blogs sind angegeben, soweit sie auf der jeweiligen persönlichen Website verlinkt sind oder anderweitig bekannt sind (oder wenn die persönliche Website als Blog angelegt ist). Wenn Blog und Website nicht identisch sind, ist das Blog zusätzlich verlinkt.
In Facebook und Xing habe ich jeweils die Suchfunktion bemüht (auch mit Namensvarianten). Im übrigen gilt: Fehler korrigiere ich gerne, Ergänzungen nehme ich gerne entgegen (am besten im Kommentarfeld).
Eine Liste aller Wahlkreiskandidaturen liefert übrigens die Website der BaWü-Grünen. Die dort vorhandenen Mini-Profile sind hier jedoch nicht mit aufgenommen.
Jetzt aber zur Liste:
Nr. | Name | Website | Blog | Web 2.0 |
BTW‑1 | Beate Müller-Gemmeke | www.mueller-gemmeke.de | nein | |
BTW‑2 | Alexander Bonde MdB | www.alexbonde.de | nein | Facebook, XING |
BTW‑3 | Kerstin Andreae MdB | www.kerstin-andreae.de (Flash) | nein | nein |
BTW‑4 | Andreas Roll | nein | nein | nein |
BTW‑5 | Uschi Eid MdB | www.uschi-eid.de | nein | nein |
BTW‑6 | Ingrid Hönlinger | www.rahoenlinger.de (berufliche Site) | nein | nein |
BTW‑7 | Biggi Bender MdB | www.biggi-bender.de | nein | nein |
BTW‑8 | Petra Selg | www.petra-selg.de | ja1 | nein |
BTW‑9 | Thomas Oelmayer MdL | www.thomas-oelmayer.de | nein | nein |
BTW-10 | Sylvia Kotting-Uhl MdB | www.kotting-uhl.de | nein | nein |
BTW-11 | Brigitte Schmid | www.brigitte-schmid.de | nein | nein |
BTW-12 | Agnieszka Malczak | www.malczak.de | ja | Facebook |
BTW-13 | Andrea Lindlohr | www.andrea-lindlohr.de | ja | |
BTW-14 | Fritz Kuhn MdB | www.fritz-kuhn.de | nein | nein |
BTW-15 | Till Seiler | www.till-seiler.de (Stand 2005) | nein | nein |
BTW-16 | Winne Hermann MdB | www.winnehermann.de | nein | nein |
BTW-17 | Jörg Rupp | www.joergrupp.de www.schulpakete.de |
ja | |
BTW-18 | Bernhard Lehle | www.geislinger-biergarten.de (berufliche Site) | nein | nein |
BTW-19 | Gerhard Schick MdB | www.gerhardschick.net | nein | Facebook, XING |
BTW-20 | Memet Kilic | www.memet-kilic.de www.memet-kilic-gruene.de |
ja1 | nein |
BTW-21 | Florian Hassler | nein | nein | Facebook |
BTW-22 | Cem Özdemir MEP | www.oezdemir.de | nein | Facebook2 |
Anmerkungen
1. „Technisch“ handelt es sich bei der Seite um ein Blog, es ist aber nicht klar, ob diese auch als Blog genutzt werden soll.
2. Es gibt eine Facebook-Seite über Cem Özdemir als „politician“, wie aktiv Cem daran beteiligt ist, ist mir nicht klar. Dem Augenschein nach wird sie zumindest aktiv betreut.
3. Seit 2.10.2008.
Fazit: Fast alle KandidatInnen haben eine Website, nur jeweils etwa ein Viertel ist entweder mit einem eigenen Blog oder – nicht in allen Fällen deckungsgleich – mit einem Profil bei XING oder Facebook vertreten.
Warum blogge ich das? Weil mich Andrea Lindlohrs Hinweis auf ihr Blog neugierig gemacht hat, wie das eigentlich bei den anderen KandidatInnen so aussieht.
Update (2.10.2008) Facebook bei Andrea Lindlohr ergänzt.
Update 2 (5.10.2008) Hat zwar nicht direkt was mit Web 2.0 & Politik zu tun (oder vielleicht doch, weil erst elektronische Medien es so einfach machen, sowas zu verbreiten), aber interessant ist die Aktion der Grünen Jugend BaWü doch, Fragen an alle KandidatInnen gestellt zu haben und jetzt die Antworten zu veröffentlichen (gefunden bei Agnieszka).
Moorburg (Wortspiele mit „Hamburg“ bitte dazudenken)
Ich habe mir noch keine abschließende Meinung dazu gebildet, was ich von der jetzt ausgesprochenen Teilgenehmigung für das Hamburger Kohlekraftwerk Moorburg halte. Prinzipiell sehe ich zwei verschiedene Argumentationslogiken:
- Die GAL hätte vorher wissen können, dass das Kohlekraftwerk ohne Milliardenschäden nicht mehr zu verhindern ist und hätte damit keinen Wahlkampf machen dürfen (würde mich mal interessieren, ob die Linkspartei auch Anti-Moorburg Wahlkampf gemacht hat), hat so jedenfalls ein zentrales Wahlversprechen gebrochen und sollte jetzt gehen (was zwar an der politischen Glaubwürdigkeit, aber nicht am Kraftwerksbau etwas ändert).
- Die GAL war überzeugt, dass das Kraftwerk auf dem Rechtsweg verhindert werden kann und sie hat ihr Möglichstes getan. Auch in jeder anderen Regierung wäre nicht mehr erreichbar gewesen – deswegen ist ein Ende der Koalition Unsinn, zudem könnten dann andere wichtige Projekte nicht verwirklicht werden.
In der Wahlversprechenbrechen-Logik weiss ich nicht genau, für wie glaubwürdig ich die GAL noch halten möchte.
Die Pressemitteilung von Hajduk ist jedenfalls ganz interessant zu lesen. Hajduk betont darin, dass Moorburg aus wasserrechtlichen Gründen nur mit eingeschränkter Leistung genehmigt wird, dass bei Verfügbarkeit CCS-Technologie (an deren baldige Existenz ich ebenfalls noch nicht so ganz glaube) nachgerüstet werden muss, dass Stickoxide streng kontrolliert werden und dass eigentlich ein Versagen der Genehmigung aus Klimagründen schön gewesen wäre, aber eben (noch) nicht möglich ist. Außerdem will Hamburg einen eigenen (ökologischen) Energieversorger gründen.
Das klingt alles nach den größtmöglichen Anstrengungen in der juristischen Niederlage – ob ich dahinter jetzt Machterhaltsspin vermuten möchte oder doch ehrliche Anstrengungen, das Schlimmste zu verhindern, erscheint mir kaum entscheidbar. Jetzt wird es spannend, wie die Hamburger Grünen-Mitglieder das ganze bewerten. In der Pressemitteilung des Landesverbandes heißt es hierzu:
Für den 9. Oktober lädt der Landesvorstand zu einer Landesmitgliederversammlung ein. Dazu Katharina Fegebank: „Beim Parteitag in der nächsten Woche sind unsere Mitglieder gefragt, die Moorburg-Entscheidung zu diskutieren und zu bewerten. Moorburg war ein zentrales Wahlkampfthema, und wir waren – wie Teile der EU-Kommission und die Umweltverbände – davon überzeugt, dass es noch rechtliche Möglichkeiten zur Verhinderung des Kraftwerks gab. Nachdem dies gescheitert ist, muss die Parteibasis zusammenkommen und über die heutige Entscheidung diskutieren.“
Warum blogge ich das? Weil sich an der Frage Kohle gerade ziemlich viel in Sachen Glaubwürdigkeitsmanagement lernen lässt. Nicht nur in Hamburg. Und noch ein heißer Tipp: die (Anti-)Kohlestrategie für den Klimaschutz wird uns bis in den Bundestagswahlkampf hinein beschäftigten.
Kurz: Naturrecht mal anders (Update)
Jede Menge Wahlen und Wahlfolgen – Hamburg mit einem Kohlekraftwerk, Hessen mit dem Versuch, das Unwahrscheinliche zu wagen, Bayern mit einer leider unwahrscheinlichen Viererkoalition, Österreich mit einem dramatischen Rechtsruck, Brandenburg mit Statistikproblemen, usw.
Wären die Wahlen anders gelaufen, wenn die Natur im Sinne einer Latourianischen politischen Ökologie hätte mitstimmen dürfen? Wer weiß. Ganz so weit geht Ecuador nicht, aber spannend ist es trotzdem, was dort gerade geschieht. Das Nature-Blog „The Great Beyond“ berichtet, dass in einer Volksabstimmung Natur mit eigenen Rechten in die Verfassung aufgenommen wurde:
Nature or Pachamama [the Andean earth goddess], where life is reproduced and exists, has the right to exist, persist, maintain and regenerate its vital cycles, structure, functions and its processes in evolution. Every person, people, community or nationality, will be able to demand the recognition of rights for nature before the public bodies.
Ich bin gespannt, wie und ob das durchgesetzt wird. Aber allein die Möglichkeit, stellvertretend, jedoch nicht anthropozentrisch für die Natur Rechte einzufordern, die hiermit ermöglicht wird, ist schon mal beachtenswert und öffnet Türen. Oder stellt provisorische Sitze im „Parlament der Dinge“ bereit, um noch einmal Latour (der gerade den Unseld-Preis bekommen hat), heranzuziehen.
Update: (1.10.2008) Bei Telepolis findet sich ein Überblicksartikel, in dem die gesamte neue Verfassung Ecuadors vorgestellt wird. Die oben beschriebenen Rechte werden allerdings nicht erwähnt, dafür kommt „das indigene Gesellschaftsprinzip auf ‚Sumak Kawsay‘ “ vor, „was auf Quechua ‚gutes Leben‘ bedeutet“.
Kurz: Zeit wird’s
Morgen wird in Bayern gewählt. Die Tagesschau sagt: Es wird spannend. Selbst wenn das nur heißt, dass die CSU nach einigen Dekaden die Alleinregierung verlieren könnte. Jedenfalls Grund genug, kurz vor knapp noch auf Wahlkampfseite der bayrischen Grünen hinzuweisen. Deren Wahlkampf steht unter dem Motto „Zeit wird’s“ und schafft es (sehr viel besser als mein eigener Landesverband, muss ich leider sagen), Volkstümlichkeit und Progressivität zu verbinden. Die Kampagne spielt auf die bayrisch-fränkische Eigenständigkeit an – und die Website ist „state of the art“, was die Einbindung interaktiver Elemente angeht. Das fängt beim Google-Mashup für KandidatInnen und Termine an, geht über die Chatbox für letzte Fragen vor der Wahl bis hin zur Einbindung von Videos und ähnlichem. Netzbegrünung hat da einiges an interessanten Ideen realisiert.
Sollte hier jemand aus Bayern mitlesen: heute noch auf gruene-bayern.de klicken – und am Sonntag zur Wahl gehen!
P.S.: Der Wahlaufruf gilt natürlich auch für Österreich, wo morgenheute ebenfalls gewählt wird.