Ziemlich entsetzt krieg ich heute einen Link: Herr Güldner aus Bremen schafft es, in einem kleinen Kommentar deutlich zu machen, dass er erstens keine Ahnung vom Internet hat, ihm das zweitens völlig egal ist, er drittens Probleme mit Demokratie und politischer Beteiligung der Bürger hat, und dass er viertens ziemlich gut darin ist, Wähler zu beleidigen. Man kann natürlich eine andere Meinung zu den Plänen der Bundesregierung haben eine umfassende Sperrinfrastruktur aufzubauen, diese aber in dieser Form und besonders in diesem Ton vorzutragen, geht meiner Meinung nach nicht. Zwei Dinge aber sorgen dafür, dass ich darüber nicht einfach zur Tagesordnung übergehe: (1) dieser Text ist auch als Kommentar bei Welt.de erschienen und seither viel zitiert und noch mehr verlinkt worden – (2) dieser Mensch ist nicht irgendein Bürgerschaftsabgeordneter, sondern Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen. Dass prominente VertreterInnen unserer Partei sich in so verkürzter und populistischer Art und Weise gegen die eigenen Parteitagsbeschlüsse stellen, […] macht es uns in den nächsten Monaten nicht leichter.
Kurz in eigener Sache: RSS sollte wieder gehen
Einige Tage lang war mein RSS-Feed kaputt, was ich heute dank Michael erfahren habe. Mit Hilfe von Facebook und Ulf und dem W3C Feed Validator konnte das wieder repariert werden. Mein RSS-Feed – direkt oder via Feedburner – sollte jetzt also wieder funktionieren.
Weil’s vielleicht auch für andere interessant ist: Schuld war dieser Artikel. Zuerst sah’s so aus, als wäre ein Zeichen im Titel schuld – der Marker saß auf dem „/“, beim Zählen kam der „:“ als Übeltäter heraus. Komisch, weil sie in anderen Artikel-Titeln als wohlgeformt akzeptiert wurden. Die eigentliche Ursache war dann auch weder „/“ noch „:“, sondern ein in Firefox unsichtbares „Low-ASCII-Zeichen“ (klassischerweise würde ich es ^k nennen). Ulf hat’s gefunden – und beim Kopieren des Artikels in HTML-Edit wurden die unsichtbaren Zeichen – in Firefox nur als „Holpern“ beim Cursor-Bewegen merkbar – dann sichtbar. Nach dem Löschen dieser unsichtbaren Zeichen war der Feed dann wieder valide.
Bleibt die Frage, wo sie hergekommen sind. Der wahrscheinlichste Übeltäter ist PowerPoint – aus einem in PowerPoint angelegten Poster hatte ich den Artikel nämlich herauskopiert.
Wahlen live mit Google Docs: AStA-Wahl Freiburg (Update)
Heute fanden in Freiburg Universitätswahlen statt, genauer gesagt: studentische Wahlen zum Senat und zum AStA. Da ich inzwischen Mitarbeiter bin, darf ich da nicht mehr wählen. Trotzdem bin ich als Ex-u-asta-Vorstand natürlich weiterhin dran interessiert, wie es so läuft. Diesmal hat Konstantin Görlich live aus dem Wahlausschuss getwittert. Nach und nach liefen also alle elf Fakultäten durch den Ticker, die letzte gerade eben. Was allerdings fehlte, war eine Zusammenfassung.
Mit Hilfe der Tabellenkalkulation von Google Docs war es extrem einfach, eine laufend aktualisierbare Ergebnistabelle ins Netz zu stellen. Ich habe die einfach mal angefangen, getwittert – und konnte schön beobachten, wie sich die letzten drei Fakultäten dann „von selbst“ eingetragen haben. Inzwischen ist in der Tabelle das Gesamtergebnis zu betrachten (nur Namen gibt’s noch keine).
Zusammengefasst: alles bleibt wie immer, die beiden BUF*-Fraktionen (warum es zwei sind, ist eine andere Geschichte) bleiben trotz Verlust eines Sitzes stärkste Gruppe im AStA, ansonsten sitzen dort vier Jusos und zwei vom RCDS. Damit kann auch im 31. 32. Jahr seiner Existenz der unabhängige AStA (u‑asta) in Freiburg fortgesetzt werden. Die studentischen Senatsmitglieder sind wie bisher drei von BUF und ein Juso.
Neu: diesmal wird’s wohl nach langer Zeit wieder einen Frauenvorstand im u‑asta geben.
* BUF: Bündnis unabhängige Fachschaften, auf den BUF-Listen treten auch KandidatInnen der grünen Hochschulgruppe an.
Warum blogge ich das? Weil jetzt das Ergebnis da ist, und das muss ja irgendwie markiert werden. Und weil die „shared“ Tabellenkalkulationsnutzung mir viel Spaß gemacht hat.
Update: Beim u‑asta sind inzwischen auch die Personenergebnisse zu finden. Ja – Clemens Weingart im AStA! Und ansonsten, wenn ich’s richtig sehe, eine Vertreterin der Grünen Hochschulgruppe und viele, die Parteien nicht so toll finden. ((Zur Einschätzung der Bewertung der Ergebnisse ist vielleicht noch wichtig zu wissen, dass der AStA in Freiburg – typisch Baden-Württemberg – ein relativ machtloses Gremium darstellt, und die eigentlichen Entscheidungen der Studierendenvertretungen in der FSK (der basisdemokratischen Fachschaftskonferenz) und der „konf“ (der erweiterte u‑asta-Vorstand) gefällt werden. Wichtig an den Uniwahlen hier ist deswegen vor allem, dass BUF eine absolute Mehrheit im AStA erhält, um so den offiziellen AStA-Vorstand stellen zu können, und die Arbeit des u‑asta im offiziellen Gremium absegnen zu können.))
Selbstverständlichkeiten …
… oder: Unter welchen Bedingungen sollten AnhängerInnen der PIRATEN die PIRATEN wählen?
Es scheint ja nun so, dass die PIRATEN zur Bundestagswahl im Herbst antreten werden. Ich will mich hier jetzt gar nicht mit fehlender Programmatik, frauenlosen Listen oder dem den Klippen der massenmedialen Demokratie noch nicht gewachsenen Personal auseinandersetzen, sondern einen eher wahltaktischen Blick auf die Frage werfen, unter welchen Bedingungen AnhängerInnen der PIRATEN diese wählen sollten.
Dabei sind – aufgrund der Fünf-Prozent-Hürde – zwei Fälle zu betrachten.
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Es herrscht bei den AnhängerInnen bzw. in der allgemeinen Öffentlichkeit die Vermutung vor, dass die PIRATEN irgendwo zwischen ein und drei Prozent abschneiden werden, also deutlich unter der Fünf-Prozent-Hürde bleiben werden.
Eine Zweitstimme für die PIRATEN bleibt in dieser Konstellation erst einmal ohne steuernden Einfluss auf die Zusammensetzung des Bundestages. Ein gutes Ergebnis für die PIRATEN (also z.B. drei Prozent) würde aber in anderen Parteien wahrgenommen und könnte so indirekt deren Politik beeinflussen; ein hoher Wert an Stimmen für Sonstige inkl. PIRATEN würde zudem als generelle Kritik am Wahlsystem bzw. an den antretenden größeren Parteien aufgefasst werden. Zudem würden – je nach Ergebnis – einige Gelder aus der Wahlkampfkostenerstattung an die PIRATEN fließen, so dass diese Gelegenheit bekämen, ihren Parteiaufbau zu forcieren (auch das Europawahlergebnis führt schon jetzt zu solchen Effekten).
Zu beachten sind allerdings auch die negativen Effekte: so geht jede Stimme für die PIRATEN – so sie nicht aus dem Lager der NichtwählerInnen kommt – einer anderen Partei ab, deren Gewicht damit geschwächt wird. Gerade bei einem knappen Wahlausgang könnten die so fehlenden Stimmen über Mehrheiten für Regierungsbildungen entscheiden (wenn also z.B. schwarz-gelb knapp eine Mehrheit erhält).
Zudem bedeutet eine Stimme für eine Partei ohne Chance auf Einzug in den Bundestag, dass die Hürde, um eine Mehrheit der Sitze zu erhalten, sinkt. Wenn zehn Prozent der Stimmen auf Sonstige entfallen, reichen (je nach Sitzverteilungsverfahren) schon z.B. 46 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen aus, um eine absolute Mehrheit an Sitzen zu erreichen. Das ist unter demokratietheoretischen Gesichtspunkten – Repräsentation des Wählerwillens – schwierig (und natürlich prinzipiell kein Effekt des Antretens von Kleinstparteien, sondern ein Effekt der Sperrklausel).
Bisher ging es nur um Zweitstimmen. Diese sind für die Zusammensetzung des Bundestags relevanter; zweitens wird es, wenn ich das bisher richtig sehe, nur wenige Wahlkreise geben, in denen PIRATEN mit Direktkandidaten (und Kandidatinnen?) antreten werden. Je nach Stärke der anderen Parteien in diesen Wahlkreisen sind die Effekte von Erststimmen unterschiedlich.
Fazit zu diesem Fall: wenn zu erwarten ist, dass die PIRATEN die Fünf-Prozent-Hürde nicht überschreiten werden, bedeutet eine Zweitstimme für die PIRATEN, ein mediales Signal zu setzen, zugleich aber zu einem Bundestag beizutragen, in dem bestimmte Interessen nicht vertreten sind und möglicherweise gerade wegen der Proteststimmen andere Mehrheiten zustande kommen, als „in Zweitpräferenz“ von AnhängerInnen der PIRATEN gewünscht – insbesondere erhöht jede Stimme für die PIRATEN, wenn die Annahme stimmt, dass ein großer Teil der PIRATEN-WählerInnen „ansonsten“ SPD, LINKE oder Grüne gewählt hätte, die Chancen auf eine schwarz-gelbe Mehrheit.
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Anders sieht die Situation aus, wenn zu erwarten ist, dass die PIRATEN sich nahe an der Fünf-Prozent-Hürde bewegen. Jetzt könnte es sein, dass eine Stimme für die PIRATEN tatsächlich einen intendierten Einfluss auf die Zusammensetzung des Deutschen Bundestags hat. Ich halte diese Situation für unwahrscheinlich (bisher ist der öffentliche Aufschrei wegen „#Zensursula“ außerhalb des Netzes wenig vernehmbar; auch Tauss wird’s nicht retten – und zum Überspringen der Fünf-Prozent-Hürde wären etwa 1,5 Mio. Stimmen notwendig – mehr als fünf Mal so viele wie die PIRATEN bei der Europawahl erreicht haben). Wie dem auch sei: eine PIRATEN-Fraktion im Bundestag könnte das Zünglein an der Waage bei Koalitionsbildungen sein – zugleich sind die oben beschriebenen Einflüsse auf die Repräsentation des Wählerwillens – aber auch das mediale Signal – bei einem knappen Scheitern umso größer.
Realistisch betrachtet sollten AnhängerInnen der PIRATEN also nur dann für die PIRATEN stimmen, wenn ihnen 1. ein mediales Signal an andere Parteien sehr wichtig ist, ihnen 2. die Zusammensetzung des Bundestags egal ist (bzw. vielleicht sogar Präferenzen für schwarz-gelb da sind), oder wenn 3. bis zur Bundestagswahl die gesamtgesellschaftlichen diskursiven Erwartungen, dass ein Überspringen der Fünf-Prozent-Hürde durch die PIRATEN möglich ist – und damit die Chance, dass es dazu kommt – deutlich zunehmen. Die Fünf-Prozent-Hürde erweist sich hier also als chaotischer Attraktor.
Anders gesagt heißt das: vernünftige AnhängerInnen der PIRATEN machen jetzt einen starken PIRATEN-Wahlkampf, setzen damit andere Parteien (insbesondere FDP und GRÜNE) unter Druck, sich netzpolitisch richtig zu positionieren – und wählen dann am 27.9. nicht die PIRATEN, sondern diejenige der größeren Parteien, die bis dahin am ehesten und glaubwürdigsten für zentrale Forderungen aus dem PIRATEN-Programm steht.
Siehe generell auch Tipps und Tricks zur Bundestagswahl 2009.
Warum blogge ich das? Vor allem als Verschriftlichung meiner eigenen Überlegungen dazu, ob es sich lohnt, im grünen Wahlkampf offensiv auf die PIRATEN einzugehen.
Unterschriftensammlung zur grünen Netzsperren-Position
Ich hab’s zwar kurz schon hier angesprochen, aber zur Sicherheit dann doch lieber nochmal in einem eigenen Eintrag: es gibt inzwischen eine von Julia Seeliger initiierte Unterschriftensammlung zur Position der Grünen in Sache Netzsperren und Zensur.
Bei der Abstimmung um das Gesetz zur Sperrung von Internetseiten haben sich 15 Mitglieder der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen enthalten. Diese große Zahl an Enthaltungen hat uns erschreckt. Wir können uns dieses Abstimmungsverhalten unserer Abgeordneten nicht erklären und kritisieren, dass sie dies nicht vorher angekündigt haben. Ebenso ist die Fraktionsspitze in der Verantwortung. Den von einigen wenigen angerichteten Schaden haben wir alle mitzutragen.
[…]
Die Abgeordneten, die sich enthalten haben, sowie die Fraktionsspitze fordern wir auf, den Vorfall vom vergangenen Donnerstag sowie das Thema Netzsperren inhaltlich und strategisch mit uns zu diskutieren.
Wer diesen offenen Brief unterschreiben möchte, kann es hier tun.
Wichtig ist es meiner Meinung nach auch, die Sache weiterzutragen. Wer möchte, kann dazu gerne folgende Grafik verwenden (vielleicht ist ja auch noch jemand kreativer als ich, aber so als erstes Element …):
Oder als Schnippsel:
<a href="http://www.remix-generation.de/gPetition/?p=1"><img src="http://blog.till-westermayer.de/wp-content/uploads/2009/06/gruene-gegen-sperren-500.png" alt="Grüne gegen Netzsperren" title="Grüne gegen Netzsperren" width="500" height="153" /></a>
Hier auch nochmal als kleineres Bild, passend für Buttons und Seitenleisten (225 x 130):
<a href="http://www.remix-generation.de/gPetition/?p=1"><img src="http://blog.till-westermayer.de/wp-content/uploads/2009/06/gruene-gegen-sperren-225-130.png" alt="Grüne gegen Netzsperren" title="Grüne gegen Netzsperren" width="225" height="130" /></a>
Warum blogge ich das? Bin gespannt, was draus wird.