Vor einiger Zeit war ich zuletzt im Wurzelwerk, der internen grünen Vernetzungsplattform. Jetzt habe ich mich mal wieder eingeloggt, und es hat sich tatsächlich ein bißchen was getan. Darum geht’s hier – und um die Frage, ob das Wurzelwerk inzwischen als Plattform zum Schreiben von Anträgen geeignet ist.
„Mein Wurzelwerk-Tagebuch, Teil III“ weiterlesen
Kurz: Warum ich mir kein iPad kaufen werde
Eigentlich wäre der Hype um das Apple-iPad einen langen Artikel wert. Die Zeit dafür habe ich aber gerade nicht. Eine gute Auseinandersetzung damit, warum das iPad nicht nur toll ist, findet sich bei netzwertig. Das wichtigste daran ist mir folgender Absatz:
Das iPad ist damit nicht weniger als der größte Angriff auf das, was Zittrain in „The Future Of The Internet And How To Stop It“ als die Generativität der Endgeräte bezeichnete. Generativität bedeutet, die Endnutzer und Drittanbieter bestimmen, wofür ein Gerät, ein Dienst, eine Technologie, ein Standard benutzt wird. Laptop-Hersteller können genauso wenig wie Microsoft oder Apple beim Mac beeinflussen, welche Programme für die Systeme geschrieben und vertrieben werden.
Genau das scheint mir der Kern der Sache zu sein: das iPad (und das iPod, und das iPho, und so weiter) sind zwar „eigentlich“ vollwertige Computer, aber sie sind auf ein (durch Apple) kontrolliertes Maß an „Apps“ zugeschnitten. Das hat den Vorteil des nahtlosen Funktionierens – und den Nachteil, dass ein iP*d nicht frei programmierbar ist (z.B. keine Flash-basierten Websites – das bezieht sich nicht nur auf das Abspielen von Filmen, sondern z.B. auch auf webbasierte Computerspiele), vermutlich seine Medien größtenteils aus Apple-kontrollierten Bibliotheken beziehen wird, nicht mit dem USB-Standard kompatibel ist (selbst um Digitalfotos aus einer Kamera auszulesen, braucht es Extrahardware – das wird wohl erst recht für z.B. externe Festplatten, externe DVD-Player oder Tastaturen von Drittanbietern gelten). Dazu kommt die Notwendigkeit, für die Monatsdatenrate zu bezahlen, um die Funktionalität des Geräts nutzen zu können. Das alles heißt z.B. auch: es wird nie ein legales „Linux for iP*d“ geben.
So gut ich mir auch vorstellen kann, dass ein iP*d ein nettes Ding ist – und so viel schöner es als mein Netbook aussieht: solange ich nicht selbst bestimmen kann, welche Programme darauf laufen, kaufe ich mir sowas nicht.
Nachtrag: Wer das so ähnlich sieht, kann bei dieser „defective by design“-Petition (Achtung: Server langsam!) zum Thema iPad und Digital Rights Management (DRM) mitmachen und mit seiner oder ihrer Unterschrift sagen: „Mr. Jobs, The iPad’s unprecedented use of DRM to control all capabilities of a general purpose computer is a dangerous step backward for computing and for media distribution. We demand that Apple remove all DRM from its devices.“
In eigener Sache: Braucht dieses Blog einen Namen?
Am Anfang stand Xanga. Das war ungefähr 2002. Dann wanderte mein Blog („das Blog“!) zum LiveJournal. Seit knapp drei Jahren liegt es als WordPress-Installation auf meinem Webspace. Danach gab’s noch diverse Versionsupdates (2.9.1 steht auch noch an …).
Mein Blog ist also schon einige Jahre in der Welt. Nur: einen Namen hat es nicht wirklich. Jedenfalls lässt sich darüber streiten, ob „till we *)“ mehr ist als mein generelles Online-Label („_tillwe_“, „tillwe“, etc.), und letztlich auch nicht viel mehr als eine Abkürzung meines Namens.
Insofern dieses Blog hier letztlich ja doch eine recht bunte Mischung von Dingen ist, die ich interessant finde, passt das irgendwie. Andererseits macht die Namenslosigkeit es ein bißchen schwer, das Blog zu referenzieren. Entweder heißt es im Gespräch „ich habe in deinem Blog gelesen“, oder im Web „Till Westermayer schreibt“ (gerne auch mal mit „ey“ statt „ay“), aber das Blog als „Marke“ taucht nicht so richtig auf. Hmm.
Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich diesen Zustand ändern möchte. Braucht ein Blog einen Namen? Braucht mein Blog einen Namen („Wunderland“ zum Beispiel)? Oder sind Namen für Blogs eh überbewertet? (Oder liegt das möglicherweise gar nicht so problematische Problem tiefer: nämlich darin, dass das Blog keinen Themenschwerpunkt hat?)
Wie räumt ihr auf?
Auch wenn der Anfang eines neuen Jahres letztlich vor allem eine soziale Konvention ist, verbindet sich für mich der Jahreswechsel immer auch mit Aufräumarbeiten. Und heute bin ich gleich drei Mal (beim Aufräumen …) über Fragen gestolpert, bei denen ich neugierig bin, wie andere Leute das machen.
1. Wie organisiest du – wenn du zu mehreren wohnst – das Aufräumen und Putzen? Hier (zwei Erwachsene, zwei kleine Kinder) sammelt sich ziemlich schnell ziemlich viel an Chaos an. Was ist der beste Weg, das in den Griff zu kriegen, wenn die Randbedingung ist, dass beide Erwachsene wenig Zeit haben und beide beteiligt sein sollen, und der Rückgriff auf einen Putzmann oder eine Putzfrau aus verschiedenen Gründen abgelehnt wird?
2. Aktuell räume ich meinen Schreibtisch auf. Dabei stelle ich – wie jedesmal – fest, dass da zuviel Zeug drauf liegt, dass ich schlecht darin bin, Sachen wegzuwerfen (Broschüre zur grünen Außenpolitik von 2008 ist doch sicher aufbewahrenswert ;-) …), und dass mein bisheriges Ordnungssystem (Stapeln, und dann viele, viele Ordner anlegen) wahrscheinlich optimierbar ist. Auch hier interessieren mich die Erfahrungen und Praktiken, die andere etabliert haben (Wie machen das „clean desk“-Leute?“).
3. Eine Sache, die ich gerne hätte, die ich aber nicht habe, und die wohl mindestens auch am Medienbruch analog-digital scheitert, ist eine Art „unendliche Pinnwand“. Wissenschaftliche Aufsätze oder politische Papiere passen prima in (analoge oder digitale) Ordner. Aber was ist mit dem ganzen serendipiösen Krams, der entweder zu schön zum Wegwerfen ist (z.B. lustige Werbepostkarte), mal spannend sein könnte (z.B. ein Prospekt für Lastenfahrräder), oder unsortierte Informationen enthält (z.B. Telefonnummern, Visitenkarten, Todo-Listen, Notizzettel, raumgreifende und mit vielen Pfeilen und Kreisen versehene Schemen für Dissertationskapitel usw.)? Abheften ist hier blöd, weil das Zeug dann nicht wiederauffindbar ist, jedenfalls nicht optisch präsent ist. Auf dem Schreibtisch liegen kann’s auch nicht, und meine real existierende Pinnwand ist vielleicht 1,5 qm groß – hat also nur einen sehr beschränkten „screen estate“. Eine nach links und rechts scrollbare, verschlagwortbare („tagbare“) Pinnwand als Computerhintergrund, auf die on-the-fly eingescannte Grafikdateien, aber auch existierende PDFs etc. gelegt werden können, wäre ziemlich cool. Gibt es sowas?
Warum blogge ich das? Weil mich interessiert, wie andere das machen (1, 2) – aus Neugierde, und vielleicht auch, um gut funktionierende Praktiken zu übernehmen – und weil ich ein optisches Pinnwand-Interface tatsächlich eine spannende virtuelle Metapher fände.
Weltherrschaft als Koppelprodukt
Das große G ist erneut in den Schlagzeilen: Chris Stöcker sieht im Spiegel Online schon den Griff von Google nach der Weltherrschaft (Gideon Böss in der WELT sieht das anders). Warum? Weil Google seine Suche inzwischen in Echtzeit und personalisiert anbietet, Produkte per Handy-Scan identifizieren können will, einen eigenen öffentlichen DNS-Server (siehe auch fefe) betreibt und überhaupt einen Haufen mehr anbietet (und natürlich Chrome, auch als Stand-alone-Betriebssystem, und Android, und Cloud Computing Applications, und und und.
Das kann jetzt als Griff zur persistenten Weltherrschaft verstanden werden. Kristian Köhntopp dagegen geht – schon vor einigen Wochen – von einem Missverständnis aus: es ist falsch, Google als Suchmaschine zu interpretieren. Für Köhntopp ist das, was Google macht, vielmehr folgendes:
Alles in allem wirkt der Ansatz von Google auf mich wie eine Firma von Physikern oder anderen Experimental-Forschern mit akademischem Background, die beschlossen haben, einmal ’so richtig‘ in die Wirtschaft zu gehen und ihre Methoden dort hin zu portieren. Man baut Modelle, identifiziert Abhängigkeiten und eliminiert sie konsequent und man hat keine Angst, dabei auch richtig groß zu denken und Neuland zu betreten.
Oder anders gesagt: eine Firma, die Abhängigkeiten auf der Input-Seite maximal reduziert (eigenes Netz, eigene Server-Farmen, eigener DNS-Server, …), die so entstandene Infrastruktur halböffentlich zugänglich macht (Open-Source-Varianten wichtiger Technologien, werbefinanzierte Zurverfügungstellung) und so – ob willentlich und strategisch oder nolens volens – immense soziotechnische Abhängigkeiten produziert. Google will nicht die Weltherrschaft, sondern will – so meine Synthese aus Stöcker und Köhntopp – die technisch beste Lösung zur Datenverarbeitung im Netz anbieten. Und erzeugt nebenbei ein bißchen Weltherrschaft (oder zumindest eine immense, personalisierte Datenhalde und Tools, um diese zu durchsuchen und möglicherweise auch profitabel zu machen).
Weltherrschaft als Koppelprodukt funktioniert auch deshalb, weil die Google-Lösung (Suchmaschine, GMail, …) meistens besser funktioniert als die Versuche anderer Anbieter oder gar staatlicher Innovationsprogramme (hallo, IT-Gipfel mit deinen Leuchtturmprojekten). Es gibt aber auch Ausnahmen – wave beispielsweise kommt gar nicht so toll an, und chrome ist bisher als Browser wie als Betriebssystem ein absolutes Nischenprodukt. Besser heißt hier vor allem: Google-Produkte und Dienstleistungen funktionieren, sind relativ fehlertolerant/wartungsarm, sind zumeist sehr einfach bedienbar – und sie sind schnell. Das hängt dann (siehe Köhntopp) wieder mit den eigenen Servern und Leitungen zusammen, und so schließt sich der Kreis zwischen technisch guten Angeboten und der Infrastruktur für die Weltherrschaft.
Bleibt die Frage nach den politischen Konsequenzen des techno-ökonomischen Interesses von Google. Verstaatlichen? Regulieren? Laufen lassen? Datenschutz neu denken? Google gar als Bündnispartner gegen Angriffe auf Netzneutralität und ähnliches einspannen? Die UNO an Google verkaufen?
Mein vorläufiger Eindruck ist der, dass das Netz hier eine Firma möglich gemacht hat, die bisher so nicht vorgesehen war (um mit Castells zu sprechen: die tatsächlich informationalen und netzwerkförmigen Kapitalismus auf globaler Ebene betreibt, und dabei Wissen auf Wissen anwendet). Was fehlt, ist eine ähnliche konzeptoffene und innovative globale Politikagentur. Dieser politische global player fehlt uns heute noch.
Warum blogge ich das? Weil ich die Debatten um Google spannend finde. Vielleicht auch deswegen, weil hier (in Variation der Köhntoppschen Argumentation) eine nerdige/technische Kultur zwar erfolgreich in Richtung Profit evolviert ist, trotz aller social responsibility (google.org usw.) dabei aber auch der für derartige nerd/technische Kulturen typische Autismus gegenüber der sozialen Einbettung und den sozialen und politischen Konsequenzen technischer Lösungen hochskaliert wurde.