Eine kurze Frage zum Jahreswechsel

Vor ein paar Tagen warf ich mit Fra­gen um mich. Dan­kens­wer­ter­wei­se wur­den die sogar beant­wor­tet (Hen­dryk, Eber­hard, Ella). Zum Jah­res­wech­sel möch­te ich eine der Fra­gen, die ich da gestellt hat­te, noch ein­mal her­aus­pi­cken und sie (euch allen) erneut stel­len – auch des­we­gen, weil ich die Ant­wor­ten beach­tens­wert fand, und gespannt bin, ob ande­re (weni­ger grü­ne) Men­schen das anders sehen.

Hier also die Fra­ge. Ant­wor­ten dazu ger­ne in den Kommentaren:

Glaubst du, dass es ins­ge­samt und über­haupt so wei­ter­ge­hen kann? Und wenn nicht: was ziehst du für Schlüs­se daraus?

10 Antworten auf „Eine kurze Frage zum Jahreswechsel“

  1. Kann es öko­lo­gisch (Kli­ma­wan­del, Res­sour­cen­über­nut­zung, Bio­di­ver­si­täts­ver­lust) so wei­ter­ge­hen? – Selbst­ver­ständ­lich. Es gibt nichts in der Natur die­ses Pla­ne­ten, was uns dar­an hin­dern wür­de, ein­fach wei­ter­zu­ma­chen. Der Erde ist es egal ob die Tem­pa­ra­tu­ren um 2, 4 oder 6 Grad in den nächs­ten 100 Jah­ren stei­gen. Fau­na und Flo­ra ist es schnup­pe, wie­viel Arten es gibt. Dem Öl ist es auch egal, ob es im Boden liegt oder ver­brannt in der Atmo­sphä­re vor­kommt. Seit 4,5 Mrd. Jah­ren ver­än­dert sich unser Pla­net – „unser“ (!) Pla­net. Er wird uns Men­schen abschüt­teln und wei­ter sei­ne Run­den dre­hen. Die Son­ne geht auf und es ist ein neu­er Mor­gen, für wei­te­re 4,5 Mrd. Jahre.

    Kann es öko­no­misch (Wirt­schafts­wachs­tum, Schul­den, Kon­su­men­ten­ka­pi­ta­lis­mus) so wei­ter­ge­hen? – Nein. Und damit ändert sich unse­re gan­ze Welt. Die Art wie wir Wirt­schaf­ten, mit was wir bezah­len, wel­chen Stel­len­wert wir sozia­len Bezie­hun­gen geben, was der Staat sein soll und was die Gemein­schaft (im Gegen­satz zu Gesell­schaft) machen kann. 

    Was sol­len, was kön­nen wir tun? – Unser Gesell­schaft, unse­re Wirt­schaft, unse­re sozia­len Siche­rungs­sys­tem, unse­re Geschäfts­mo­del­le, unse­re men­ta­len Model­le über die Welt und ein erfüll­tes Leben UNABHÄNGIGER vom Wachs­tums­den­ken machen. Weni­ger abhän­gig von einem Schuld­geld­sys­tem, das nur das Viel für Weni­ge und das Weni­ger für Vie­le kennt, z.B. mit alter­na­ti­ven Wäh­run­gen basie­rend auf Talen­ten (www.talente.cc) oder Tech­no­lo­gien wie bei Bit­co­in. Pro­fit neu buch­sta­bie­ren als ein Mehr an Wider­stands­fä­hig­keit der Nach­bar­schaft, Gemein­schaft, Stadt, Gesell­schaft gegen­über öko­no­mi­schen Schocks, z.B. durch Not-for-Pro­fit-Start­ups, deren obers­tes Ziel die Lösung sozi­al-öko­lo­gi­scher Pro­blem­la­gen (umwelt- und sozi­al­ge­rech­te Mobi­li­tät, Strom, Ernäh­rung usw.) mit­tels Pro­duk­ti­on von Sozi­al­ka­pi­tal ist. Ein „Sozi­al­ka­pi­ta­lis­mus“, bei dem die Bezie­hun­gen zuein­an­der das Wert­volls­te sind, was wir haben und auf das wir beson­ders aufpassen. 

    Alles sehr wol­kig. Aber das „Wei­ter so“ ist noch viel wol­ki­ger, denn es kann uns nicht sagen, wie es denn wirk­lich funk­tio­nie­ren soll. Neu­es wagen ist kei­ne Luxus-Spie­le­rei für Ver­wöhn­te. Es geht ums Über­le­ben. Wie seit Anbe­ginn des Menschengeschlechts.

  2. Natür­lich WIRD es nicht so wei­ter gehen. Das ein­zig bestän­di­ge ist der Wan­del. In unse­rem Buch „Wachs­tums­wahn – was uns in die Kri­se führt und wie wir wie­der her­aus kom­men“ (Lud­wig Ver­lag) zei­gen Chris­ti­ne Ax und ich, wie sich die Welt in den letz­ten 50 Jah­ren zum guten UND schlech­ten geän­dert hat. So wird sie sich auch in den nächs­ten Jahr­zehn­ten ändern. Zur öko­lo­gi­schen Kata­stro­phe oder zum guten. Jeden­falls ohne signi­fi­kan­tes Wirt­schafts­wachs­tum. Und das ist gut so – wenn wir uns dar­auf ein­stel­len und kon­struk­tiv damit umge­hen. Mehr unter: http://fritzhinterberger.wix.com/wachstumswahn

  3. Ja, es geht immer so wei­ter. Weil das „so“, wie es wei­ter geht, sich immer schon ver­än­dert hat und sich auch künf­tig ändern wird. Ja, es geht so wei­ter, weil Ent­wick­lung immer die zwei Sei­ten der Kri­se in sich hat und auch immer schon hat­te. Ja, es geht so wei­ter, weil Men­schen es bis­her am Ende doch geschafft haben, die Pro­ble­me zu lösen, sei es durch absichts­vol­le und über­leg­te Hand­lun­gen, Nor­men, Tech­nik – oder eben, das ist wohl eher die Regel, durch unvor­her­ge­se­he­ne Seiteneffekte.
    (Wir ver­drän­gen die Kri­sen der Ver­gan­gen­heit nur und hül­len sie in Honig. Und wir den­ken, Lebe­we­sen die wir sind, zuerst an die Kri­se, die uns selbst betrifft. Gera­de das ist ein Pro­blem der GRÜ­NEn Kul­tur, denn Ölkri­se, Kli­ma­kri­se und Atom­kri­se sind eben auch nur Kri­sen einer bestimm­ten Zeit und sie haben eben auch die Chan­ce für posi­ti­ve Lösun­gen in sich. Poli­tik muss sozu­sa­gen mit von Kri­se zu Kri­se schrei­ten, offen für die nächs­te Krise.)

  4. Auf die­se Fra­ge gibt es nur ein kla­res Ja/Nein.
    Mit „ins­ge­samt und über­haupt“ meinst Du wohl die Jahr­hun­dert­ent­wick­lung zu mehr frie­dens­ähn­li­chen Kon­flikt­lö­sun­gen und mehr Bür­ger­be­tei­li­gung. Nur in der his­to­ri­schen Längs­schau wird das deut­lich. Auch der his­to­ri­sche Para­dig­men­wech­sel in der Wis­sen­schaft zum Ansatz von Karl Pop­per hat men­schen­freund­li­che­re Demut gebracht.

    Da aber die Ver­än­de­rung die lebens­be­din­gen­de Welt­kon­stan­te ist, lau­fen die­se Ent­wick­lun­gen nicht von allei­ne, son­dern müs­sen von meta-ego­is­ti­schen Men­schen getra­gen werden.

    Gleich­zeitg gibt es, wie immer, Ent­wick­lun­gen, die Men­schen und unse­re Um-Welt zer­stö­ren wer­den. Und dort müs­sen wir auf­ste­hen und inte­li­gent pro­tes­tie­ren, ver­wei­gern und experimentieren. 

    Mein stän­di­ger Spruch:
    Wenn du recht­zei­tig was änderst, kannst du dei­nen Lebens­stil retten,
    wenn du den Punkt ver­passt, kannst du noch dei­ne Wür­de retten,
    Danach kannst du nur noch ver­su­chen dei­ne Haut zu retten.

    Unse­re Kin­der und Enkel schau­en uns an und fra­gen, war­um wir nur unse­re klei­nen Ängs­te sehen wollten?

    Soviel, sokurz.
    Hoff­nungs­vol­les neu­es Jahr

  5. Dan­ke schon ein­mal, das wird ja doch noch rich­tig spannend!

    Auf Twit­ter gab es auf mei­ne wie­der­hol­te Bit­te jetzt doch noch ein paar wei­te­re Ant­wor­ten. Fin­de 140 Z. ja eigent­lich zu kurz, aber gut … (die Kon­ver­sa­tio­nen, die sich zum Teil aus den Ant­wor­ten erge­ben haben, las­se ich jetzt mal auf Twitter …).

    3. »ich denk da jetzt schon seit tagen drü­ber nach, aber ich find ein­fach kei­ne pas­sen­de ant­wort. bin wohl zu sehr optimist.«

    4. »Die Fra­ge lädt zur Ant­wort „42“ ein. Natür­lich geht es nie so wei­ter. Aber in wel­che Rich­tung wol­len wir?«.

    5. »ja, es kann schon so wei­ter gehen. Anders wäre schön, aber von apo­ka­lyp­ti­scher Rhe­to­rik hal­te ich nichts«.

    6. »Es geht so nicht wei­ter. Die Mensch­heit ist aber orga­ni­sa­to­risch nicht fähig, den wei­te­ren natür­li­chen Ver­lauf zu beein­flus­sen. Will sagen, alle machen wei­ter wie bis­her, und dann kommt irgend­wann eine Serie von Kri­sen. Sozi­al, öko­lo­gisch, wirt­schaft­lich. Und danach sieht die Welt sehr, sehr anders aus. Wie in der Ach­ter­bahn. Fest­hal­ten, Kopf run­ter und hof­fen, dass alles gut aus­geht. Mit dem Unter­schied, dass bei der Ach­ter­bahn am Ende alle noch da sind. Da wür­de ich bei der Zukunft nicht drauf wetten.«

    7. »Allein schon die End­lich­keit fos­si­ler Brenn­stof­fe wird Ver­än­de­run­gen erzwingen.«

    8. »Natür­lich WIRD es nicht so wei­ter gehen. Das haben die letz­ten Jahr­zehn­te gezeigt. Es geht auch anders – ohne #wachs­tums­wahn«.

  6. was C.K. oben sagt: natür­lich geht es immer wei­ter, aber eben­so natür­lich nicht „so“.

    ich den­ke auch, dass es nütz­lich ist, sich den kri­sen­haf­ten und dis­rup­ti­ven cha­rak­ter der ver­gan­ge­nen gegen­war­ten immer neu bewusst zu machen. die per­ma­nen­ten öko-kata­stro­phen und ener­gie-revo­lu­tio­nen, ob jetzt im 19. jahr­hun­dert (indus­tri­el­le revo­lu­ti­on: http://de.wikipedia.org/wiki/Pfisters_M%C3%BChle) oder im 16. jahr­hun­dert ff.(http://de.wikipedia.org/wiki/Holznot) usw. das ist bei­na­he belie­big vermehrbar.

    wenn man sich das ver­ge­gen­wär­tigt, kann man viel­leicht die per­ma­nen­te 5‑vor-12-welt­ende-rhe­to­rik stark ein­schrän­ken bzw. nur _sehr_selektiv ein­set­zen. (kli­ma­wan­del ist natür­lich eine span­nen­de fra­ge hier.)

    damit wür­de man im ide­al­fall spiel­raum gewin­nen für einen ver­än­de­rungs-dis­kurs, der nicht dau­ernd die fal­sche, sich gegen­sei­tig gera­de stüt­zen­de alter­na­ti­ve von ent­we­der „natur“, „mensch­li­ches maß“ usw. oder „inno­va­ti­on“ und „wirt­schaft“ stützt. (der alte marx hat­te so etwas ent­wor­fen, als er die dia­lek­tik des kapi­ta­lis­mus als eine kraft her­aus­ar­bei­te­te, die eben über sich selbst hin­aus­treibt und immer auch eine poten­zi­ell _andere_ zukunft eröffnet.)

  7. Zumin­dest öko­lo­gisch geht es nach mei­ner Mei­nung nicht so wei­ter wie bis­her – und zwar aus drei Gründen:
    1.) Unser Ver­brauch nicht erneu­er­ba­rer Ener­gie­quel­len ist zu hoch – so hoch, dass bei­spiels­wei­se das Welt­kli­ma aus dem Gleich­ge­wicht gerät.
    2.) Außer­dem ist unser Kon­sum nicht nach­hal­tig gewon­ne­ner Roh­stof­fe zu groß – so groß, dass bei­spiels­wei­se die letz­ten Urwäl­der der Erde ver­nich­tet werden.
    3.) Und letzt­lich ist unser aller Ein­satz für die Umwelt zu gering – so gering, dass Poli­tik und Wirt­schaft noch immer Ent­schei­dun­gen gegen das All­ge­mein­wohl tref­fen können.

    Dar­aus erge­ben sich aus mei­ner Sicht drei Konsequenzen:
    – Wir soll­ten also unse­ren Ener­gie­ver­brauch drosseln.
    – Wir soll­ten unse­ren Roh­stoff­kon­sum verringern.
    – Und wir soll­ten für den Umwelt­schutz selbst aktiv werden.

    Die Fra­ge, ob und wie sich das im All­tag eines ganz nor­ma­len Vier-Per­so­nen-Haus­halts umset­zen lässt, gehe ich jetzt schon seit mehr als fünf Jah­ren in mei­nem pri­va­ten Blog nach. Mei­ne Erfah­run­gen kön­nen Sie hier nach­le­sen und mit mir diskutieren:
    http://umwelthaushalt.de/

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