Ich lese ja gerne Telepolis. Aber mancher Artikel dort ärgert mich auch. Zum Beispiel wirbt Stefan Weber für sein im Heise-Verlag erschienenes Buch über die Copy-Paste-Kultur im Wissenschaftsbetrieb mit einer dreiteiligen Artikelserie. Teil 1 und 2 sind ganz nett, aber Teil 3 fand ich so übertrieben, dass ich einen länglichen Kommentar dazu im Forum zum Artikel geschrieben habe. Der hat folgenden Inhalt:
Kulturpessimismus pur?
Die ersten beiden Teile fand ich ja noch ganz nett, und auch in ihrer Polemik überzeugend. Bei Teil 3 sieht’s anders aus – da scheint mir der Kulturpessimismus der Gutenberg-Galaxie-Bewohner durchgeschlagen zu haben. Klar gehört eine gewisse Kompetenz dazu, sinnvolle – zitierbare – wissenschaftliche Internetquellen von Mangaforen zu trennen. Aber wenn die gegeben ist, spricht m.E. nichts dagegen, im Internet vorhandene Texte wie andere Texte auch zu zitieren. Und die Auffindbarkeit in echter Materie vorliegender Texte ist so klar auch nicht immer – unveröffentlichte Manuskripte, Vorträge oder andere recht obskure Quellen tauchen auch da mal auf. Darf www.telepolis.de zitiert werden? Oder nur, wenn es um Netzkultur geht?
Anders gesagt: statt Wikipedia und Kopierfunktionen zu verteufeln, wäre es m.E. sinnvoller, sich zu überlegen, was angemessene Elemente einer entsprechenden Netzkompetenz sein könnten. Die im Artikel aufgeführten Regeln sind Blödsinn.
- Direkte Zitate aus dem Internet nie zur Faktenvermittlung, sondern nur noch als illustrative Beispiele, wenn also das Zitat selbst thematisiert wird (kritische Distanz!)
„Das Internet“ gibt es nicht. Warum nicht Weber (2006) zitieren, wenn Wissenschaftspraktiken im Informationszeitalter behandelt werden?
- Verpflichtender Ausdruck/Screenshot jeder zitierten Website im Anhang
Gemach, gemach … bei Forenbeiträgen mag das der Fall sein. Bei ArchiX (heißt das so) oder anderen institutionell auffindbaren Dokumenten sieht’s wieder ganz anders aus (z.B. bietet die Universität Freiburg einen Dokumentenserver freidok an – warum nicht von den dort veröffentlichten Dissertationen etc. zitieren, wenn ich’s aus dem entsprechenden Buch auch tun würde?) Oder muss dann das Gesamt-PDF angehängt werden?
- Keine Zitate von der Wikipedia, außer zur kritischen Kommentierung
Die Wikipedia wird in ihrer Quellenlage immer besser. Deswegen würde ich auch das nicht so unkommentiert stellen lassen wollen.
- Idealerweise sollte in wissenschaftlichen Arbeiten von Webseiten nur dann zitiert werden, wenn es tatsächlich wissenschaftliche Quellen sind (etwa Online-Auftritte von Journals etc.)
Ja – aber dann brauche ich auch keinen Screenshot. Und manches ist halt gar nicht so einfach einzuordnen (-> Netzkompetenz); natürlich trägt das Internet dazu bei, einige Grenzziehungen zu verunklaren (kommunikation@gesellschaft ist ein klar wissenschaftliches Journal, Telepolis ist es eigentlich nicht, hat aber manchmal ganz nette Ideen zu bieten, z.B. wenn Maresch schreibt, und manche Fakten (oder so) zu etwas obskureren Gebieten finden sich vielleicht tatsächlich am ehesten in einem abgelegenen Blog). Modus 2?