Kurz zu Amazonfail, und dann darüber hinaus

Nur ein kur­zer Hin­weis auf die Cau­sa Ama­zon­fail (etwa „Ama­zon-Fehl­schlag“). Seit eini­ger Zeit lis­tet Ama­zon kei­ne Bücher mit LGBT-Con­tent (Les­bi­an, Gay, Bi, Trans) in den Ran­kings, und damit auch nicht mehr in den Best­sel­ler-Lis­ten und Emp­feh­lun­gen. Gro­ßer Netz­auf­schrei, weil Ama­zon-Amis das Netz „sau­ber“ hal­ten wol­len, um die prü­den Main­stream-Kun­dIn­nen nicht zu verprellen. 

Uner­war­te­te Wen­dung: mög­li­cher­wei­se war Ama­zon nur sehr indi­rekt schuld – teh­de­ly skiz­ziert die Mög­lich­keit eines „Angriffs“ auf das Repu­ta­ti­ons­sys­tem von Ama­zon, und weev behaup­tet, es gewe­sen zu sein (oder viel­leicht auch nicht). Das dort skiz­zier­te Vor­ge­hen: erstel­le über die Pro­gram­mier­schnitt­stel­le eine Lis­te sämt­li­cher Pro­duk­te, die mit „gay“ oder „les­bi­an“ gekenn­zeich­net sind, nut­ze ein paar Sicher­heits­lü­cken bzw. die Mög­lich­keit des bil­li­gen Out­sour­cens von Rou­ti­ne­tasks aus, und bewer­te all die­se Titel hun­der­te Male als „adult only“. Fer­tig. Und Ama­zon wun­dert sich über ver­är­ger­te AutorIn­nen und KundInnen.

Kei­ne Ahnung, was wirk­lich dahin­ter­steckt. Zwei Din­ge wer­den durch „ama­zon­fail“ aber defi­ni­tiv sicht­bar: das Poten­zi­al von Nahe­zu­mo­no­po­lis­ten wie Ama­zon, zu steu­ern, was im Netz sicht­bar ist und was nicht, und damit so etwas ähn­li­ches wie Zen­sur aus­zu­üben – ganz ohne Legi­ti­ma­ti­on -, und zwei­tens, dass Trust- und Repu­ta­ti­ons­sys­te­me sich mit genü­gend Geduld leicht „hacken“ und zu allem mög­li­chen miss­brau­chen lassen.

Eine weit vom eigent­lich Fall ent­fernt lie­gen­de Schluss­fol­ge­rung, über die ich mir (unab­hän­gig von den hun­dert damit ver­bun­de­nen Umset­zungs­pro­ble­men) immer mal wie­der Gedan­ken mache: wäre es an der Zeit, eine Ver­staat­li­chung nahe­zu­mo­no­po­li­sier­ter Netz­räu­me zu for­dern? Durch die Netz­werk­struk­tur des Inter­net gibt es immer wie­der Nahe­zu­mo­no­po­le für bestimm­te Funk­tio­nen – die­je­ni­gen, die die­se als ers­te oder als für einen bestimm­ten Zeit­raum bes­te anbie­ten, und dann ver­wen­det wer­den, weil alle sie ver­wen­den. Bei Goog­le oder Ama­zon ist die­se Mono­po­li­sie­rung nicht not­wen­di­ger­wei­se gege­ben, bei allem, was in Rich­tung „social soft­ware“ geht, liegt es in der Natur der Sache, dass die Platt­form oder das Medi­um, das „alle“ ver­wen­den, am ehes­ten auch von den denen genutzt wird, die spä­ter dazu kom­men (Bsp. Face­book). Aufmerksamkeitsspiralen.

Inter­es­sant wird es, wenn die­se Anbie­ter qua­si-öffent­li­che Leis­tun­gen zur Ver­fü­gung stel­len. Die Navi­ga­ti­on im Netz (Goog­le). Die Kom­mu­ni­ka­ti­on in einem neu­en sozia­len Raum (Face­book). Ein Medi­um für schnel­le, syn­chro­ne, auf bestimm­ter Nut­zer­krei­se beschränk­te many-to-many-Kurz­nach­rich­ten (Twit­ter). Der Zugriff auf gedruck­te Bücher welt­weit (Ama­zon)? Wenn hier Nahe­zu-Mono­pol und böse Absicht zusam­men­kom­men – oder auch nur Sicher­heits­lü­cken und damit Aus­fäl­le – dann fal­len rela­tiv essen­ti­el­le gesell­schaft­li­che Leis­tun­gen aus. Die Sicht­bar­keit von les­bi­scher oder schwu­ler Lite­ra­tur, im aktu­el­len Fall. 

Ist es tat­säch­lich der Markt, der hier am bes­ten agiert. Oder bräuch­te es – wenn schon kei­ne Ver­staat­li­chung die­ser Leis­tun­gen; wie die EU-Such­ma­schi­nen­pro­jek­te gezeigt haben, kommt dabei nicht unbe­dingt sinn­vol­les her­aus – zumin­dest einen glo­ba­len ord­nungs­po­li­ti­schen Rah­men, der garan­tiert, dass die Nahe­zu-Mono­po­lis­ten eben nicht poli­tisch nicht legi­ti­mier­te Zen­sur etc. aus­üben, bzw. Schnitt­stel­len anbie­ten, um Auf­merk­sam­keits­mo­no­po­le auf­zu­bre­chen. Nur mal so als Denkanregung.

War­um blog­ge ich das? Nach fast zwei Tagen off­line und Fami­lie bin ich heu­te „ins Netz zurück­ge­kehrt“ – und habe dann (neben Mix­as Oster­wün­schen) erst­mal gese­hen. Und mich gewundert.

Update: Charles Stross ver­weist auf eine Ent­schul­di­gung sei­tens Ama­zon – und auf die Mög­lich­keit mensch­li­chen Ver­sa­gens als Ursache.

Mein Wurzelwerk-Tagebuch, Teil I

Heu­te ist Wur­zel­werk, die grü­ne Ver­net­zungs­platt­form nach einer mehr­wö­chi­gen War­tungs­pau­se end­lich wie­der online. Ich habe ja immer noch die Hoff­nung, dass es sowas wie die von mir schon lan­ge gefor­der­te Ent-Even­ti­sie­rung eines Vir­tu­el­len Par­tei­tags wer­den könn­te; gera­de in der Kom­mu­ni­ka­ti­ons­par­tei Bünd­nis 90/Die Grü­nen viel­leicht tat­säch­lich ein­mal zu einem wich­ti­gen Instru­ment inner­par­tei­li­cher Mei­nungs­bil­dung, Sozia­li­sa­ti­on und Netz­werk-Ver­knüp­fung wer­den kann. Des­we­gen möch­te ich in die­sem Bei­trag nach und nach über mei­ne Erfah­run­gen mit dem Wur­zel­werk berichten.

Heu­te tags­über konn­te ich via Twit­ter ver­fol­gen, dass das Sys­tem offen­sicht­lich läuft. Von ziem­lich vie­len Men­schen habe ich ein „Ich bin drin“ gehört. Ich selbst hat­te mei­ne Pass­wort-Daten nicht dabei und konn­te des­we­gen nicht gleich zum Mit­tags­pau­sen­test schrei­ten. Inter­es­sant dabei – nur im Beob­ach­ten des Twit­ter-Streams – schon eine gan­ze Rei­he von offen­sicht­li­chen Pro­ble­men. So wird bei ver­ges­se­nem Pass­wort erwar­tet, dass die Ant­wort auf die vor­her gewähl­te Sicher­heits­fra­ge ein­ge­ge­ben wird. Nur die­se Fra­ge wird nicht dar­ge­stellt. Ist natür­lich beson­ders sicher, aber wer merkt sich schon, wel­che Fra­ge aus­ge­wählt wurde?

Twit­ter infor­mier­te mich auch schnell über eine zwei­te Schwie­rig­keit: eine der wich­tigs­ten Funk­tio­nen sozia­ler Netz­wer­ke, näm­lich das Kon­tak­te-Knüp­fen, scheint noch nicht rich­tig zu gehen. Jeden­falls gab es eini­ge Mel­dun­gen der Form „kann nie­mand fin­den, wo seid ihr alle“, aber auch Beschwer­den dar­über, dass eine anony­me Nut­zung nicht mög­lich ist.

Noch deut­lich gra­vie­ren­der schließ­lich ein ande­res Pro­blem, dass auch mich dann am Abend ereil­te: bei man­chen geht gar nichts, ein Auf­ruf der Sei­te „Wur­zel­werk“ lan­det in einer End­los­schlei­fe. Fire­fox bringt dazu eine schö­ne Fehlermeldung:

Fehlermeldung Firefox

Auch Twit­ter wuss­te hier kei­nen Rat, Cache lee­ren, Sei­te gezwun­gen neu laden oder Brow­ser neu star­ten – alles half nicht. Es blieb bei der grü­nen End­los­schlei­fe. End­less Wur­zel­werk­ing, sozusagen.

Also muss­te für mei­nen zwei­ten ers­ter Ein­druck von Wur­zel­werk-Beta dann doch ein nicht genann­ter ande­rer Brow­ser her­hal­ten, in dem kei­ne Alt­da­ten umher­geis­ter­ten. Damit bin ich dann tat­säch­lich (EMail + Pass­wort) reingekommen.

Ers­ter Ein­druck: sieht optisch schon mal schö­ner aus als beim letz­ten Mal. Ein paar augen­fäl­li­ge Ver­bes­se­run­gen, z.B. ist die Lis­te der Grup­pen jetzt durch­blät­ter­bar und kei­ne eine lan­ge Lis­te. Und auch der Lan­des­ver­bands-Con­tent sieht schon ganz ordent­lich aus.

Zum ers­ten Ein­druck gehört aber auch: huch, ist das win­zig. Die Schrift­grö­ße ist sehr sehr klein, und die kann zwar in jedem moder­nen Brow­ser ver­grö­ßert wer­den, ist aber trotz­dem eine Zumutung.

Screenshot Wurzelwerk IE

Ein paar Funk­tio­nen habe ich dann gleich aus­pro­biert. Das Hoch­la­den eines Pro­fil­fo­tos ging pro­blem­los. Ansons­ten fin­de ich die vor­ge­ge­be­ne Lis­te an Beschrei­bungs­fel­dern für das Pro­fil immer noch eher ärger­lich – das hat­te ich schon im clo­sed-beta angemerkt.

Dann habe ich eine Grup­pe ange­legt. Das hat – mit etwas her­um­pro­bie­ren – auch gut funk­tio­niert (wobei auch hier bei­spiels­wei­se das Ein­ga­be­feld für die Grup­pen­be­schrei­bung win­zig ist). 

Sogar das Ein­bin­den eines exter­nen RSS-Feeds in die Start­sei­te der Grup­pe klapp­te, nach­dem ich mal kapiert habe, dass die Feh­ler­mel­dung „die­se URLs sind ungül­tig“ sich auf lee­re URL-Fel­der bezog. ((Wer es nach­ma­chen will: dafür ist die Funk­ti­on „Port­lets ein­fü­gen“ im „Ver­wal­tungs­be­reich“ zustän­dig, da kann dann eine Zusatz­an­wen­dung für RSS-Streams ein­ge­bun­den wer­den. Die zeigt erst­mal Yahoo-News etc., das lässt sich aber kon­fi­gu­rie­ren – dafür ist das zahn­rad­ar­ti­ge Icon oben im Fens­ter­rah­men da)).

Die Fin­ger weg­ge­las­sen habe ich von der Funk­ti­on „Kon­troll­be­reich“. Im clo­sed beta konn­te damit ziem­li­cher Unsinn ange­stellt wer­den. Das aus­zu­pro­bie­ren, ist mir mei­ne neue Grup­pe dann doch zu schade.

Ver­zwei­felt bin ich beim Ver­such, Leu­te in die Grup­pe ein­zu­la­den. Das scheint immer noch nicht sinn­voll mög­lich zu sein – oder ich bin blind.

Über­haupt: Leu­te fin­den. Wer genau weiss, wenn er oder sie sucht, kann die Suche ver­wen­den. Die scheint zu funk­tio­nie­ren. Ich fin­de mich jeden­falls selbst. Auch die Suche z.B. nach Vor­na­men geht. An so gefun­de­ne Leu­te las­sen sich dann Kon­takt­an­fra­gen schi­cken. Ich hät­te ger­ne eine durch­blät­ter­ba­re Lis­te aller Leu­te, die ange­zeigt wer­den wol­len. Oder auch nur die aus einer bestimm­ten Gliederungsebene.

Auch Grup­pen kön­nen über die Such­funk­ti­on gefun­den wer­den. Z.B. die mei­nes KVs, die mein Vor­stands­kol­le­ge schon heu­te mit­tag ange­legt hat. Da habe ich dann gleich mal die Mit­glied­schaft bean­tragt. Hier (viel­leicht nicht bei einer KV-Grup­pe, aber gene­rell) ver­mis­se ich die Mög­lich­keit, eine Grup­pe so frei­zu­schal­ten, dass jeder sofort bei­tre­ten kann. Oder habe ich das auch übersehen?

Soviel erst­mal für heu­te. Gleich wird das Wur­zel­werk eh erst­mal für die täg­li­che War­tung heruntergefahren.

Mein ers­tes Fazit: die Per­fo­manz­pro­ble­me sind wohl weg. Optisch hat sich eini­ges ver­bes­sert. Die Funk­tio­na­li­tät ist noch gewöh­nungs­be­dürf­tig und defi­ni­tiv noch nicht mas­sen­taug­lich. Da muss sich noch eini­ges tun – was nichts dar­an ändert, dass eine sol­che Platt­form unbe­dingt not­wen­dig ist. Zum Glück sind Grü­ne an Pro­vi­so­ri­en und Impro­vi­sa­ti­on gewöhnt. Trotz­dem bin ich gespannt, ob bis zur BDK im Mai alles eini­ger­ma­ßen glatt läuft – oder ob Wur­zel­werk da noch für einen Basis­auf­stand sorgt.

Kurz: Eine Idee für Twitter und die Politik 2.0

Der „Bun­dest­weet“ von wahl.de oder auch das „Par­tei­ge­flüs­ter wür­den an Aus­sa­ge­kraft gewin­nen, wenn fol­gen­des dort mög­lich wäre: die aktu­el­len Tweets – mög­li­cher­wei­se auch nach Par­tei­en oder Ebe­nen gefil­tert – sol­len nicht nur line­ar dar­ge­stellt wer­den, son­dern auch als Wort­wol­ke. Das könn­te dann unge­fähr so aus­se­hen (alle Bil­der wur­den mit Word­le erstellt und ste­hen unter CC-BY; Daten­grund­la­ge ist der wahl.de-Bundestweet):

wahl-wordpress-wordle1
Aktu­el­ler Beta-Bun­dest­weet gesamt

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Neus­te Pos­tings grü­ner PolitikerInnen

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Neus­te Pos­tings von der FDP

Das gan­ze dann bit­te dyna­misch aktua­li­siert und am bes­ten als fil­ter­ba­res (nur grü­ne MdBs …) Wid­get bereit­ge­stellt. Und dann noch mit ein biß­chen Intel­li­genz ver­se­hen, um „Guten Mor­gen“ raus­zu­wer­fen, Poli­ti­ker­na­men zusam­men­zu­schrei­ben („Ange­la Mer­kel“ statt „Ange­la“ und „Mer­kel“ ein­zeln zu behan­deln). Mit der sel­ben Daten­ba­sis könn­te dann auch sowas wie die TOP-10 poli­ti­scher Begrif­fe gene­riert wer­den – und über die Zeit beob­ach­tet wer­den. Wer macht’s?

P.S.: Auch schon eine ein­fa­che, alpha­be­tisch sor­tier­te Word-Cloud a la Tag-Cloud mit intel­li­gen­tem Hand­ling von Namen und poli­tisch unin­ter­es­san­ten Begrif­fen wäre schon ganz spannend.

Parteigeflüster zwischen virtuellen Bäumen (Update)

BDK: The delegates
So sieht’s aus, wenn bei Par­tei­ta­gen geflüs­tert wird.

Der Name der nächs­ten Politik‑2.0‑Site – parteigefluester.de – ist auf jeden Fall schon mal gelun­gen. Auch das prin­zi­pi­el­le Kon­zept, Tweets (also Twit­ter-Mel­dun­gen) von Men­schen aus ver­schie­de­nen Par­tei­en neben­ein­an­der dar­zu­stel­len, hat was. Dem Ver­neh­men nach plant wahl.de ähn­li­ches. Vor ein paar Tagen mach­te zudem der schwe­di­sche Twix­da­gen, also „Twit­ter­tag“ in Ana­lo­gie zum schwe­di­schen Par­la­ment, dem Riks­da­gen, die Run­de. Die Idee liegt also irgend­wie in der Luft.

Nun kon­kret zum „Par­tei­en­geflüs­ter“. Zwei Schwach­stel­len sehe ich noch. Ers­tens fehlt dem Par­tei­ge­flüs­ter die Links­par­tei. Das fin­de ich nicht so ganz nach­voll­zieh­bar, auch wenn dann der Bild­schirm­platz ein biß­chen eng wird, wenn die mit hin­zu­kommt. Es gibt defi­ni­tiv Men­schen aus der Links­par­tei, die Twit­ter ver­wen­den. Und wenn’s nur weni­ge sind, dann bla­mie­ren die sich halt. Aber weg­las­sen ist irgend­wie unfair. (Und ja: ich kann ver­ste­hen, dass z.B. prag­ma­tisch der Schnitt bei den im Bun­des­tag ver­tre­te­nen Par­tei­en gemacht wird, und ÖDP, BSÖ, Tier­schutz, Vio­let­te sowie der gan­ze rech­te Rand nicht vor­kom­men). Und gera­de im Sin­ne von „Geg­ner­be­ob­ach­tung“ ist die Links­par­tei nicht unin­ter­es­sant für Grüne.

screenshot-parteigefluester
Und so sieht’s aus, wenn bei parteigefluester.de vir­tu­ell – und in die­sem Fall sehr selbst­re­fe­ren­ti­ell – geflüs­tert wird.

Schwach­stel­le Nr. 2: Was ist eigent­lich ein „Par­tei­t­wit­te­rer“? Ich tau­che z.B. bei den der­zeit 66 grü­nen Accounts mit auf, die für Par­tei­ge­flüs­ter aus­ge­wer­tet wer­den. Und weiss nicht so genau, was ich davon hal­ten soll. Einer­seits stimmt es: ich bin Grü­ner, ste­he dazu, beklei­de auch die eine oder ande­re ehren­amt­li­che Funk­ti­on. In mei­nen Tweets äuße­re ich mich ger­ne poli­tisch und neh­me zu poli­ti­schen Fra­gen Stel­lung. Ande­rer­seits: bin ich Teil des Par­tei­ge­flüs­ters? Wür­de ich erwar­ten, mich – und vie­le ähn­li­che im Web 2.0 akti­ve Mit­glie­der der ver­schie­de­nen Par­tei­en – in einer Auf­lis­tung der letz­ten paar Par­tei­t­weets zu fin­den? Oder doch eher die von offi­zi­el­len Par­tei­ac­counts, MdBs und Vorstandsmitgliedern? 

((Neben­bei bemerkt: jeweils nur drei Tweets anzu­zei­gen, ist ein biß­chen wenig …))

Ich sehe drei Lösungs­an­sät­ze: ers­tens wäre es gut, gewis­se Fil­ter­funk­tio­nen ein­zu­bau­en, also die Aus­wahl zum Bei­spiel nach Bun­des­land oder nach poli­ti­scher Funk­ti­on. Ich ver­mu­te, dass das bei der Imple­men­tie­rung die­ser Funk­ti­on durch Wahl.de der Fall sein wird. Zu sehen, wel­che MdBs gera­de was zu aktu­el­len poli­ti­schen Vor­ha­ben sagen, könn­te – je nach Inter­es­se – span­nen­der sein als die Fuß­ball­mel­dun­gen, Orts­ver­bands­sit­zun­gen und Buch­kri­ti­ken der Par­tei­mit­glie­der. Zwei­tens – da müss­ten dann aber alle mit­ma­chen – wäre es eine Mög­lich­keit, alle „pri­va­ten“ Bei­trä­ge (oder alle „poli­ti­schen“ Bei­trä­ge) z.B. mit dem Tag „#p“ zu kenn­zeich­nen, und danach zu filtern. 

Drit­tens glau­be ich, dass mathe­ma­ti­sche Ver­fah­ren zur Text­ana­ly­se mög­li­cher­wei­se inzwi­schen weit genug sind, um eini­ger­ma­ßen sicher erken­nen zu kön­nen, wel­che Tweets zu poli­ti­schen Dis­kur­sen gehö­ren und wel­che nicht. Das zu imple­men­tie­ren setzt aber eini­ges an Rechen­ka­pa­zi­tät und Infor­ma­tik-Know-how vorraus. Soll­te Goog­le auf die Idee kom­men, Twit­ter zu kau­fen, wäre es ver­mut­lich mög­lich, sowas wie „seman­ti­sche Are­nen“ schnell auf die Bei­ne zu stel­len. Als Pro­jekt ein­zel­ner klei­ne­rer Agen­tu­ren wohl eher nicht …

Ich bin gespannt, was bis zur Bun­des­tags­wahl noch an „Politik2.0“-Plattformen auf die Bei­ne gestellt. Für mich der nächs­te inter­es­san­te Schritt ist jeden­falls der Relaunch der Web­site von Bünd­nis 90/Die Grü­nen, der in den nächs­ten Wochen ansteht, und das – bis­her nur im inter­nen Beta-Test – lau­fen­de Mitgliedernetzwerk. 

Mit der Viel­zahl der Platt­for­men stellt sich aller­dings gleich die nächs­te Fra­ge: wie sieht’s eigent­lich mit Inte­gra­ti­on aus? Damit mei­ne ich nicht nur die Inte­gra­ti­on ver­schie­de­ner Inhal­te (You­Tube-Video im Par­tei­b­log ein­bin­den …), son­dern vor allem auch die Inte­gra­ti­on der Nut­zung: sich jeden Tag durch drei bis zehn (poli­ti­sche) Social-Media-Platt­for­men zu kli­cken, funk­tio­niert auf Dau­er nicht.

War­um blog­ge ich das? Weil es dann doch etwas mehr als 140 Zei­chen waren, die ich dazu zu sagen hatte.

Update: Inzwi­schen befin­det sich auf der „Bun­dest­weet“ von wahl.de im public beta, kann also ange­schaut wer­den. Wenn ich’s rich­tig ver­ste­he, muss Twit­ter noch mit­spie­len, damit es hier wirk­lich los­ge­hen kann.

Kurz: wahl.de hat gerade noch gefehlt

Ne, ernst­haft: was http://wahl.de da auf die Bei­ne gestellt hat, ist beacht­lich. Was new thin­king oder Niel­sen – mehr oder weni­ger erfolg­reich – von Hand gemacht haben, läuft hier auto­ma­ti­siert und wun­der­bar durch­such­bar ab: wel­che Par­tei, wel­che Poli­ti­ke­rin und wel­cher Poli­ti­ker ist auf You­Tube, Face­book, Twit­ter und Flickr wie prä­sent? Und wie hat sich das mit der Zeit ver­än­dert? Damit gibt es eine gute Grund­la­ge dafür, das all­ge­mei­ne „Wir sind erster“-Geschrei ein biß­chen auf eine sach­li­che Basis zu stellen.

Ange­kün­digt sind wei­te­re net­te Din­ge, z.B. ein Twit­ter-Aggre­ga­tor für zwit­schern­de Poli­ti­ke­rIn­nen. Damit könn­ten dann, wenn die das so imple­men­tie­ren, wie ich es ver­mu­te, z.B. alle aktu­el­len Tweets grü­ner MdBs aus­ge­wählt wer­den. Sowas fän­de ich hilf­reich. Und ein Blog gibt es auch.

Klar hat wahl.de auch noch die eine oder ande­re Lücke und Macke (z.B. hal­te ich die Aus­sa­ge für gewagt, hoch­ran­gin­ge Face­book-User gene­rell als Fake zu behan­deln*), aber die Rich­tung stimmt, und ich kann mir jetzt schon diver­se Par­tei­zen­tra­len und Jour­na­lis­tIn­nen vor­stel­len, die so ein Recher­che­tool bis gra­de eben noch hän­de­rin­gend gesucht haben.

* Alex­an­der Bonde MdB, Vol­ker Beck MdB, Rein­hard Büti­ko­fer (Spit­zen­kan­di­dat Euro­pa), Syl­via Kot­ting-Uhl MdB, Stef­fi Lem­ke (Bun­des­vor­stand), Anna Lühr­mann MdB, Bene Lux MdA Ber­lin, Chris­ti­an Mey­er MdL Nie­der­sach­sen, Omid Nou­ri­pour MdB, Ramo­na Pop MdA Ber­lin, Kor­du­la Schulz-Asche MdL Hes­sen, Mal­te Spitz (Bun­des­vor­stand), Till Stef­fen (Sena­tor Ham­burg), Wolf­gang Streng­mann-Kuhn MdB und Joseph Phil­ipp Wink­ler MdB sind nur eini­ge der bei Face­book akti­ven Grü­nen aus der ers­ten Reihe.