Mich selbst wird die mit der Veränderung der Rundfunkgebühr zum haushaltsbezogenen Rundfunkbeitrag verbundene Erhöhung treffen: Ich habe seit vielen Jahren kein Fernsehgerät und zahle daher nur die „Radio-Gebühr“. Faktisch ist das etwa eine Verdreifachung meiner monatlichen Ausgaben für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Trotzdem halte ich die Idee des neuen Rundfunkbeitrags für sinnvoll.
Das hat zum einen etwas damit zu tun, dass ich die Existenz eines staatsfernen, öffentlich-rechtlichen Rundfunks prinzipiell als wichtig ansehe. Auch wenn ich gerne mal über den Behördencharakter lästere. Dabei entspricht der real existierende Rundfunk nicht meinem Ideal – mehr Deutschlandradio und mehr ARTE, weniger mdr und weniger Liebe zur Quote. Ich bin überzeugt davon, dass Rundfunkräte besser besetzt werden können, dass die Rahmenbedingungen für den Auftritt im Netz grauenhaft sind, und dass ein guter öffentlich-rechtlicher Rundfunk eigentlich auf Werbung verzichten können müsste. Die Kritik im Detail ändert aber nichts daran, dass ein staatsfernes, öffentlich finanziertes Massenmedium mit einem Informations- und Kulturauftrag eine gute Sache ist – auch für die, die damit nichts zu tun haben wollen. Insofern teile ich das Argument der „Demokratieabgabe“.
Zweitens stimmt es aus meiner eigenen Erfahrung schlichtweg, dass Rundfunk heute eben nicht mehr ein „first screen“-Ding ist. Ich habe schon lange kein Fernsehen mehr geschaut. Ich gucke mir aber zunehmend ausgewählte Sendungen auf dem Tablet an – in hoher Qualität. Ich höre ab und zu Radio, und ich lese gerne die Tagesschau. In der Medienproduktion heißt das „Trimedialität“, was hier passiert – faktisch wird aus dem Format-Radio-und-Fernsehen-Rundfunk gerade ein kanalunabhängiger Grundversorger. Dem mit Handytarifen, PC-Tarifen, Streamingtarifen etc. auf der Nutzungsseite nachzukommen, ist aus meiner Sicht nicht mehr zeitgemäß. Ein einheitlicher Beitrag pro Haushalt erscheint mir hier sinnvoller. (Auch wenn der möglicherweise auch niedriger ausfallen hätte können).
Und drittens schafft der Haushaltsbeitrag die Voraussetzung dafür, mit der GEZ-Überwachung aufzuhören. Im Landtag Baden-Württemberg wurde die Annahme des Gebührenstaatsvertrags mit einem Entschließungsantrag zum Datenschutz gekoppelt. Auch da gibt es Verbesserungsbedarf. Aber vom Prinzip her müsste sich ein Haushaltsbeitrag deutlich datensparsamer (und personaleffizienter) als die bisherige GEZ-Gebühr umsetzen lassen. Dass das tatsächlich geschieht, ist kein Automatismus. Aber zumindest die Möglichkeit dafür ist damit eröffnet.
Zusammengenommen klingt der haushaltsbezogene Rundfunkbeitrag für mich damit nach einer guten Weiterentwicklung der Idee eines staatsfernen öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Das heißt nicht, dass ich nicht in jeglicher Hinsicht (von den Inhalten der Programme bis zum Datenschutz) Verbesserungsbedarf sehe – aber zumindest die Möglichkeiten für einen qualitativ hochwertigen und zeitgemäßen Rundfunk vergrößern sich mit der Systemumstellung von der letztlich geräte- und personenbezogenen Rundfunkgebühr auf den Haushaltsbeitrag. Der Rest ist Politik.
Warum blogge ich das? Auch aus Lust an der Provokation.
Nachtrag (3.1.2013): Schön, dass die ARD jetzt angefangen hat, ihr Programm zu streamen – und völlig richtig, dass Volker Beck im Handelsblatt jetzt fordert, an die Depublikationspflicht ranzugehen (und den Datenschutz zu verbessern).