In letzter Zeit wabberte an verschiedenen Ecken und Enden ja immer mal wieder das Thema „Bio ist bäh“ ins Licht der medialen Aufmerksamkeit. Sei es durch die Stanford-Studie, die keine Unterschiede beim Vitamingehalt feststellen konnte (und Pestizidbelastungen nicht berücksichtigte), sei es durch diverse genüsslich wiedergekäute Skandale und Skandälchen, sei es durch SPIEGEL-Kolumnisten, die der SPD das Karottenkuchenmilieu madig machen wollen. Und trotzdem halte ich es nach wie vor für sinnvoll, „bio“ einzukaufen (und für „fair“ gilt ganz ähnliches). Warum? Dazu zehn Thesen.
Der Fluss ohne Form. Eine Kritik der Liquid Culture Declaration
Jörg Blumtritt, Benedikt Köhler und Sabria David haben vor einigen Wochen eine Erklärung abgegeben – die Declaration of Liquid Culture.
Dem Spiel mit dem Adjektiv liquid (flüssig, auch: liquide, zahlungsfähig; vielleicht auch sowas wie das neue open) entsprechend nehmen die AutorInnen als ihr Leitmotiv das Bild des Flusses der Geschichte, der jetzt – an den Marschlanden der Postmoderne vorbei – in die konturenlose offene See der Gegenwart fließt. Orientierung auf diesem Meer – im Zusammenhang mit dem Internet kein neues Bild (Bickenbach/Maye 1997) – geben nur noch die Sterne.
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In eigener Sache: Essay über Nachhaltigkeit bei Telepolis
Irgendwie scheinen gerade Essay-Tage zu sein. Jedenfalls hat Telepolis heute meinen Beitrag zur FAZ-Online-Debatte über Nachhaltigkeit abgedruckt (die FAZ wollte ihn nicht). Unter dem durchaus programmatisch gemeinten Titel „Für eine politische Ökologie der Sachzwänge“ geht es mir darum, deutlich zu machen, wie schwer tatsächliche Veränderungen sind – aus einer praxistheoretischen umweltsoziologischen Perspektive. Das trägt möglicherweise nicht zur Verdaulichkeit des Textes bei, war aber aus meiner Sicht eine notwendige Ergänzung zu der bei der FAZ geführten Debatte.
Sebastian Nerz, Bundesvorsitzender der Piraten, hatte diese Debatte damit ausgelöst, dass er zwar richtigerweise erkannte, dass Nachhaltigkeit not tut, aber dann bei der scheinradikalen Forderung stehenblieb, endlich die Wahrheit zu sagen und einen Schlussstrich zu ziehen. Darauf gab es einige Reaktionen, u.a. von André Reichel, der als Nachhaltigkeitsforscher auf einige Naivitäten im Debattenanstoss hingewiesen hat, von Christian Soeder, der – ganz verkürzt gesagt – lieber sozialdemokratische Arbeitsplätze haben möchte – und von Jörg Rupp, der die grüne Position (übrigens sehr viel lesbarer als mein doch etwas soziologischer Text) durchdeklinierte.
Dass ich trotzdem noch etwas geschrieben hat, liegt vor allem daran, dass ich nach einigen Jahren Beschäftigung mit Umweltsoziologie und mit Praxistheorie eher pessimistisch bin, was das Ideal „Veränderung durch Einsicht“ anbelangt. Das aber stellt auch bei Jörg letztlich die zentrale Aussage des Textes dar. Und, wie sich an dem von ihm gebrachten Beispiel Mülltrennung bei Batterien schön zeigen lässt – sie funktioniert nicht wirklich.
Deswegen plädiere ich für das, was ich eine politische Ökologie der Sachzwänge genannt habe – also quasi „Einsicht durch Veränderung“. Und sehe darin eine fortlaufende Aufgabe für Grüne, bei der neue Bündnispartner – hallo Piraten! – natürlich gerne gesehen sind. Wer das ganze – wie einige im Forum zum Artikel – als Piratenbashing oder Wahlkampf versteht, liegt also falsch (um das mal loszuwerden).
Westermayer, Till (2012): »Für eine politische Ökologie der Sachzwänge«, in Telepolis, 28. März 2012, URL: http://www.heise.de/tp/artikel/36/36668/1.html.
In eigener Sache: Essay über Netz und Politik bei dradio.de
Unter dem Label diskurs.dradio.de betreibt der Deutschlandfunk ein Debattenportal, in dem zur Zeit über verschiedene Aspekte von Politik, Medien und Öffentlichkeit in Zeiten der Digitalisierung diskutiert wird. Netterweise durfte ich auch ein Essay für dieses Portal schreiben, das heute unter dem Titel „Fest, flüssig, flüchtig: Aggregatzustände des Politischen im Netz“ veröffentlicht wurde und natürlich unbedingt lesenswert ist.
Eigentlich wollte ich ja darüber schreiben, dass hinter den scheinbar so flüchtigen Protestformen im Netz und mit dem Netz keineswegs flüchtigere soziale Formationen und Milieus stehen, als das bei anderen politischen Aktivitäten der Fall ist.
Diesen Vorsatz einzuhalten ist insofern misslungen, als ich festgestellt habe, dass ich dann doch erst einmal meine techniksoziologisch und praxistheoretisch geprägte Sicht auf „das Netz“ loswerden musste – in einem ersten Teil, der mit der (wie ich finde) schönen Tautologie „Das Netz ist das Netz.“ beginnt. Eine Schlussfolgerung dieses ersten, allgemeinen Teils des Essays ist die Beobachtung, dass es paradoxerweise gerade in den sich überlappenden Teilöffentlichkeiten des Netzes notwendig wird, als Person, als Ganzheit aufzutreten – und damit die funktionale Differenzierung der luhmannianischen Moderne ein Stück weit zu überwinden.
Der zweite Teil des Essays widmet sich dann doch noch den flüchtigen Protestformen, und vergleicht die Netzbewegung (ja, auch die Piratenpartei) mit den neuen sozialen Beweegungen der 1970er und 1980er Jahre, und deren milieubildenden Arrangements.
Und nun würde mich interessieren, ob das geehrte Publikum den Text und die darin aufgestellten Thesen einigermaßen nachvollziehbar findet.
Westermayer, Till (2012): »Fest, flüssig, flüchtig: Aggregatzustände des Politischen im Netz«, diskurs.dradio.de, Debattenportal des Deutschlandfunk, 26.03.2012, URL: http://diskurs.dradio.de/2012/03/26/fest-flussig-fluchtig-aggregatzustande-des-politischen-im-netz/.
Interessante Zeiten, oder: die Trennung
Wenn ich schon ein persönliches Blog habe, kann ich da ja durchaus auch persönlich werden, oder? Hinter dem Klick auf mehr folgt deswegen ein persönliches Essay über das Ende meiner langjährigen Beziehung und den Beginn eines neuen Alltags.