Gestern war ich ja auf dem grünen Länderrat in Berlin. War sowohl baulich (Umweltforum Auferstehungskirche in Berlin-Friedrichhain) wie atmosphärisch eine sehr schöne Veranstaltung. Schade, dass die FDP uns mit ihrem Nibelungengelöbnis ein wenig die Show gestohlen hat. Der Spiegel hat die resultierende Stimmung als „trotzig“ beschrieben – finde ich nicht ganz passend: aus den Redebeiträgen wurde jedenfalls klar, dass wir alle um jede grüne Stimme kämpfen, Koalitionsoptionen hin oder her, und dass am 27.9. nicht nur die Bundestagswahl, sondern auch die Landtagswahlen in Schleswig-Holstein (schwarz-gelb rutscht in den Umfragen ab) und Brandenburg (wenn alles gut läuft, ziehen Grüne in den Landtag ein) Spannung versprechen.
Einen Überblick über den Verlauf des Länderrats geben Twittersuchergebnisse nach dem Tag „#länderrat“ von mir und anderen. Die Höhepunkte der Reden des Spitzenteams und die Beschlüsse sind inzwischen online.
Ich selbst habe eine kleine, mehr oder weniger improvisiere Rede zu Hochschul- und Wissenschaftspolitik und zur netzpolitischen Konkurrenz gehalten (andere sagten dazu später auch noch was). Kam glaube ich ganz gut an.
Anekdote am Rande: die starke Verbreitung von Facebook unter grünen Abgeordneten und Spitzenleuten wurde deutlich, als Bärbel Höhn MdB sich mit der neben mir sitzenden Bärbl Mielich MdL über Facebook unterhielt. Vor ihr: Volker Beck, bekanntermaßen sehr aktiv in den neuen Medien, neben ihr Sylvia Kotting-Uhl MdB, die stolz auf ihren Facebook-Account verwies, daneben Daniel Mouratidis (LaVo BaWü, ebenfalls bei Twitter aktiv) und dann in der nächsten Reihe Rheinland-Pfalz mit Daniel Köbler (LaVo RLP). Kurz gesagt: die Anzahl der aktiven Web2.0‑NutzerInnen überstieg auf diesem Parteitag die NichtnutzerInnen deutlich. Ein Glück, dass wir nicht Go gespielt haben.
Zurück zu den Inhalten: ich hatte kurzentschlossen dann doch noch ein paar Anträge zum „Sofortprogramm“ gestellt (es gab auch noch ein paar weitere). Dabei ging es mir um zwei Punkte: Hochschule und Wissenschaft einerseits und Afghanistan andererseits. Das Ergebnis war letztlich ein „Verhandlungssieg“ – meienn Afghanistan-Antrag habe ich zurückgezogen (u.a. weil es von Arvid Bell u.a. einen besseren gab), mein Versuch, das Programm komplett umzustrukturieren, um einen eigenständigen Punkt „Bildung“ unterzubringen, klappte nicht. Erfolgreich war ich aber doch: jetzt steht in der Übersicht über die grünen Ziele (pdf, Zeile 74) doch ein deutlicher Verweis auf Hochschule und Wissenschaft als Beruf:
Wir bauen soziale Hürden in der Studienfinanzierung ab. Wir schaffen Arbeitsplätze in Bildung, Erziehung und Wissenschaft. Mit uns wird der Beruf Wissenschaft wieder attraktiv – für Frauen und Männer.
Ich hätte natürlich gerne noch deutlich mehr drinne gehabt – aber letztlich ist das bei so einem Programm immer ein Kampf um jeden einzelnen Satz. Bin also im Endeffekt ganz zufrieden.
Ob das Sofortprogramm im Wahlkampf bzw. in unwahrscheinlichen, aber nicht unmöglichen Koalitionsverhandlungen eine Relevanz hat – werden wir sehen.
P.S.: Felix Neumann hat mich drauf aufmerksam gemacht, dass ich kurz in der Tagesschau zu sehen war. Hier das Beweisfoto:
Screenshot aus der Tagesschau vom Sonntag, hinter Volker Beck und Rebecca Harms bin ich zu sehen.
Warum blogge ich das? Als Einblick in das Innenleben von Parteien.