Kurz: Linke, LINKE und Netzpolitik

Am Sams­tag bin ich beim Kon­gress Netz für alle von Rosa-Luxem­burg-Stif­tung und LINKE im Bun­des­tag in Ber­lin, und darf dort mit Ste­phan Urbach, Tere­sa Bücker und Hali­na Waw­zy­ni­ak über „E‑Democracy: Betei­li­gung für alle oder Spiel­zeug für neue Eli­ten?“ dis­ku­tie­ren. Im Vor­feld dazu hat mich ges­tern Mar­cus Mei­er für das Neue Deutsch­land inter­viewt (des­sen Kolum­ne Lin­ke, Wis­sen­schaft und Tech­nik übri­gens eine durch­aus lesens­wer­te Fund­gru­be darstellt). 

Das Inter­view gibt es in zwei Fas­sun­gen – die kur­ze Print­ver­si­on (hier online) und die lan­ge Online-Fas­sung. Was ich da so sage, ist als zen­tra­le Aus­sa­ge (über grü­ne Netz­po­li­tik) viel­leicht das hier:

Wir sind tech­nik-affin, aber nicht tech­nik-opti­mis­tisch. […] Wir sehen, da ändert sich etwas. Wir sehen ins­be­son­de­re auch die Chan­cen, die das Inter­net mit sich bringt. Wir sind aber rea­lis­tisch. Das Netz als gro­ße Uto­pie – das ist nicht unseres. 

Und zur LINKEN:

Ach, es gibt ja durch­aus brauch­ba­re netz­po­li­ti­sche Inhal­te bei der LINKEN. Aber momen­tan wirkt die Par­tei auf mich nicht so, als sei sie in der Netz­de­bat­te ange­kom­men. Das Bild der LINKEN bestim­men ande­re. Per­so­nen, die netz­po­li­ti­sche Inhal­te glaub­haft ver­kör­pern, sehe ich nicht. 

Und wo ich gera­de dabei bin: Eben­falls heu­te setzt sich Tobi­as Schwarz aka @isarmatrose aus­führ­lich mit der netz­po­li­ti­schen Flü­gel­fra­ge aus­ein­an­der und geht dabei auch im Detail auf mei­nen ers­ten Ent­wurf für ein Mani­fest für lin­ke, grü­ne Netz­po­li­tik ein. Was ich durch­aus inter­es­sant finde.

Die drei Ebenen des Falls Johannes Ponader

Paint job II

Der FAZ-Her­aus­ge­ber Frank Schirr­ma­cher ist ja sowas wie ein Pira­ten­fan. Auch des­we­gen ist dem poli­ti­schen Geschäfts­füh­rer der Pira­ten, Johan­nes Pon­ader, ein klei­ner media­ler Coup gelun­gen: Er hat – um die Poin­te vor­weg­zu­neh­men – öffent­lich erklärt, auf sei­nen Arbeits­lo­sen­geld-II-Anspruch zu ver­zich­ten. Das hat eine gan­ze Men­ge unter­schied­li­cher Reak­tio­nen aus­ge­löst, vor allem von denen, die Ponaders Über­schrift „Abschied vom Amt“ falsch ver­stan­den haben. Par­tei­über­grei­fend, ver­steht sich (schön ana­ly­siert dies das Blog der digi­ta­len LINKEN). Und es war auch eine Reak­ti­on – dar­auf, dass ver­sucht wur­de, ihn öffent­lich in eine Rei­he mit Flo­ri­da-Rolf etc. zu stel­len, also als einen, der Sozi­al­leis­tun­gen missbraucht. 

Ich fin­de Ponaders Reak­ti­on nach wie vor respektabel. 

„Die drei Ebe­nen des Falls Johan­nes Pon­ader“ weiterlesen

Nachtgedanken gegen das habituelle Misstrauen der Linken

Journey of waiting XLVII: Single biker

Viel­leicht ist es kei­ne gute Idee, eher über­mü­det noch etwas in mein Blog zu schrei­ben. Ich mache das jetzt aber trotz­dem, weil mir das The­ma schon seit letz­tem Wochen­en­de durch den Kopf geis­tert. Da war der Kon­gress grün.links.denken, der mir sehr gut gefal­len hat. Ande­ren nicht. Oder viel­leicht noch eine Woche zuvor, da war die­ser Bun­des­par­tei­tag der Linkspartei.

Was mir zuneh­mend auf­fällt, da wie dort: Es gibt so einen typi­schen Habi­tus des oder der lin­ken Lin­ken. (Das ist jetzt vor­nehm aus­ge­drückt für: Es gibt Vor­ur­tei­le, die sich ger­ne bestä­ti­gen). Ich zäh­le mich ja selbst dazu, also zum lin­ken Flü­gel mei­ner Par­tei. Und bin froh dar­über, dass, unter ande­rem mit die­sem Kon­gress, ver­sucht wird, sich als Lin­ke in der grü­nen Par­tei, als Grü­ne Lin­ke, selbst­be­wuss­ter zu geben und – wie ich mei­ne – zugleich offe­ner auf­zu­tre­ten. Sich neu zusam­men­zu­fin­den. Ich bin über­zeugt davon, dass das der Par­tei gut tut, dass ein kla­rer lin­ker Flü­gel hilft, wie­der ver­stärkt Debat­ten in der grü­nen Par­tei zu füh­ren, und da, wo es not­wen­dig ist, auch mal eine kla­re­re Kan­te zu zeigen.

„Nacht­ge­dan­ken gegen das habi­tu­el­le Miss­trau­en der Lin­ken“ weiterlesen

Utopie, Realpolitik und lokale Maxima

001011

Abs­trakt betrach­tet, geht es bei Poli­tik dar­um, einen Zustand x so zu ändern, dass ein erwünsch­ter Zustand x* erreicht wird, um damit ein Pro­blem zu lösen. 

Was erwünscht ist, und was nicht, lässt sich mit dem Bild des „poli­ti­schen Kom­pas­ses“ beschrei­ben. Also ein grund­le­gen­des Wer­te­sys­tem, oder, wenn ich hier schon mathe­ma­ti­sche Meta­phern ver­wen­de, eine Funk­ti­on, die Aus­kunft dar­über gibt, ob x* bes­ser ist als x oder nicht. Oder noch genau­er: eine Funk­ti­on, die Aus­kunft dar­über gibt, wel­cher der Zustän­de x1, … xn als mög­li­che Lösung eines Pro­blems am bes­ten ist.

Kom­pli­ziert wird das durch min­des­tens vier Dinge:

„Uto­pie, Real­po­li­tik und loka­le Maxi­ma“ weiterlesen

Frauenanteile auf den Listen zur Landtagswahl NRW

Abisko III (detail)

Zu den Land­tags­wah­len 2012 in NRW wur­den 17 Lis­ten zuge­las­sen (pdf). Die Lan­des­wahl­lei­te­rin hat auch jeweils ange­ge­ben, wie vie­le Frau­en unter den Lis­ten­be­wer­be­rIn­nen zu fin­den sind. 

In einem ers­ten Schritt hat­te ich das ges­tern in Pro­zent umge­rech­net. Dann liegt Mensch-Umwelt-Tier­schutz mit 80 Pro­zent ganz vor­ne, gefolgt von DIE LINKE (60%) und uns Grü­nen (bewährt quo­tiert mit durch­gän­gig 50%). SPD, CDU und FDP haben dem­nach jeweils einen Frau­en­an­teil um die 30 Pro­zent auf den Lis­ten, bei den Pira­ten sind es 16,7 Prozent.

Diver­se Kom­men­ta­re auf Twit­ter haben dann dar­auf hin­ge­wie­sen, dass eine sol­che pau­scha­le Betrach­tung wenig sinn­voll ist. Ins­be­son­de­re die SPD hat eine Lis­te, die anfangs voll quo­tiert ist, und erst am Schluss abfällt. Des­we­gen habe ich ver­sucht, aus den öffent­lich zugäng­li­chen Infor­ma­tio­nen abzu­lei­ten, wie sich die Frau­en­an­tei­le über die Lis­ten­plät­ze ver­tei­len. Das Ergeb­nis fin­det sich in die­ser Goog­le-Tabel­le.

Bei der Bewer­tung der dort vohan­de­nen Infor­ma­tio­nen (z.B. hat die FDP auf den Plät­zen 1–10 nur eine Frau!) ist zu berück­sich­ti­gen, dass CDU und SPD vor allem über die Wahl­krei­se in den Land­tag NRW ein­zie­hen wer­den. Die Aus­sa­gen über die Quo­tie­rung der Lis­ten sind des­we­gen nur bedingt rele­vant; die Info, in wie vie­len aus­sichts­rei­chen Wahl­krei­sen Frau­en bzw. Män­ner für CDU und SPD antre­ten, müss­te noch zusam­men­ge­stellt werden …

Neben­bei: Bei der Zusam­men­stel­lung der Zah­len habe ich mal auf die Web­auf­trit­te der ver­schie­de­nen Par­tei­en geschaut – und fest­ge­stellt, dass Infos zu Kan­di­da­tIn­nen sehr unter­schied­lich gut zugäng­lich sind. Bei der CDU tritt z.B. nach dem ers­ten Augen­schein nur ein gewis­ser Herr Rött­gen an, sonst nie­mand. Auch bei eini­gen Kleinst­par­tei­en (z.B. Fami­li­en­par­tei, Par­tei der Ver­nunft) steht so gut wie nichts über die Kan­di­da­tIn­nen der jewei­li­gen Lis­te im Web – zum Teil wird nur Platz 1 mit­ge­teilt, manch­mal Platz 1 bis 5, manch­mal nicht ein­mal das. Dabei wären bei den für den Ein­zug in den Land­tag not­wen­di­gen fünf Pro­zent wohl ca. elf Men­schen gewählt – hier also Blindflug.

Auch die Pira­ten stel­len auf ihrer Sei­te nur die Plät­ze 1 bis 20 vor – die wei­te­ren sind nur über das Pro­to­koll des Nomi­nie­rungs­par­tei­tags im Wiki zu fin­den. Bei den der­zei­ti­gen Umfra­ge­wer­ten wären nach mei­ner Kennt­nis aber schon die Plät­ze 1–23 im Land­tag NRW vertreten.

P.S.: Bei der Lan­des­wahl­lei­te­rin habe ich ges­tern zumin­dest kei­ne Infor­ma­tio­nen über alle zur Wahl antre­ten­den Lis­ten im Detail gefun­den. Viel­leicht kommt das noch, zumin­dest bei den Bun­des­tags­wah­len ist das so.

P.P.S.: Wer möch­te, darf ger­ne feh­len­de Infos nach­tra­gen (z.B. hier als Kom­men­tar – die Goog­le Tabel­le habe ich jetzt doch vor Bear­bei­tun­gen geschützt, zwecks kein Vandalismus).

War­um blog­ge ich das? Ein­mal, weil die unter­schied­li­chen Frau­en­an­tei­le ganz inter­es­sant sind. Zum ande­ren aber auch, weil es inter­es­sant ist, dass es metho­disch nicht ganz so sim­pel ist, wie es viel­leicht anfangs erscheint, fest­zu­stel­len, wie hoch die Frau­en­an­tei­le sind der ein­zel­nen zur Wahl antre­ten­den Lis­ten sind. Ganz genau wird es erst fest­ste­hen, wenn der Land­tag gewählt ist – und wenn es dann hof­fent­lich wie­der eine Minis­ter­prä­si­den­tin und eine stell­ver­tre­ten­de Minis­ter­prä­si­den­tin geben wird.