Kompetenz und Quote: Grellorange hüpft nicht besser

Playing pieces III

Anläss­lich des Equal Pay Day und der damit logi­scher­wei­se ver­bun­de­nen For­de­rung nach einer Quo­te auch in der Wirt­schaft (und der Poli­tik natür­lich erst recht) taucht ver­mehrt das Quote?-Aber-die-Kompetenz!-Argument auf. Wer die­ses Argu­ment ver­wen­det, geht davon aus, dass Frau­en min­der­be­mit­telt sind, wie ein klei­nes Gedan­ken­ex­pe­ri­ment zeigt.

Es sol­len die bezüg­lich ihrer Sprung­wir­kungs­kom­pe­tenz bes­ten Flum­mi­bäl­le gefun­den wer­den. Es gibt blau­grü­ne und oran­ge­ne Flum­mi­bäl­le. Das tes­ten­de Kind bevor­zugt – unab­hän­gig von der Sprung­wir­kung – oran­ge­ne Flum­mi­bäl­le, weil die halt grel­ler aus­se­hen. Eine Sor­tie­rung der Flum­mi­bäl­le durch das Kind wür­de also oran­ge­ne, gut sprin­gen­de Bäl­le ganz an die Spit­ze legen. Auch wirk­lich super­gut hüp­fen­de blau­grü­ne Flum­mis haben kei­ne Chan­ce, ganz vor­ne zu landen.

Jetzt ist es aber so, dass die Sprung­wir­kung­gü­te bei Flum­mis unab­hän­gig von der Far­be ist. Eine Maschi­ne, die die Sprung­wir­kung tes­tet, sor­tiert mit glei­cher Wahr­schein­lich­keit oran­ge­ne und blau­grü­ne Flum­mis nach vorne.

Was pas­siert jetzt, wenn immer abwech­selnd ein blau­grü­ner und ein oran­ge­ner Flum­mi an die Spit­ze gelegt wer­den müs­sen, also eine Farb­quo­te ein­ge­führt wird? Am bes­ten kom­men dann alle blau­grü­nen Flum­mis in einen Topf, alle oran­ge­nen Flum­mis in einen zwei­ten. Unter die­sen wird jeweils der Flum­mi mit der bes­ten Sprung­wir­kung als ers­tes in die Rei­he mit den Flum­mis gelegt. Der bes­te oran­ge­ne. Der bes­te blau­grü­ne. Der zweit­bes­te oran­ge­ne. Der zweit­bes­te blau­grü­ne. Und so weiter.

Da die Sprung­wir­kungs­kom­pe­tenz bei Flum­mis sta­tis­tisch gleich ver­teilt ist, und die Vor­lie­be für Grell­oran­ge durch das Quo­ten­ver­fah­ren aus­ge­schal­tet wird, soll­te sich jetzt eine zur blin­den, maschi­nel­len Rei­hung sehr ähn­li­che Rei­hung erge­ben. Viel­leicht lie­gen da mal zwei oran­ge­ne oder zwei blau­grü­ne Flum­mis neben­ein­an­der, im Durch­schnitt sind die­se Unter­schie­de aber zu vernachlässigen. 

Fazit: Sofern Kom­pe­tenz unab­hän­gig von ande­ren Merk­ma­len gleich ver­teilt ist, hilft eine Quo­te, bei der Sor­tie­rung nach Kom­pe­tenz die­se ande­ren Merk­ma­le aus­zu­blen­den. Also zum Bei­spiel die Fixie­rung auf das schö­ne, grel­le Oran­ge, die daher rührt, dass das sor­tie­ren­de Kind dem Irr­glau­ben anhängt, was grell aus­sieht, muss bes­ser hüp­fen können.

Und wer anders­her­um meint, dass eine Quo­te nega­ti­ve Aus­wir­kun­gen auf die Sor­tie­rung nach Kom­pe­tenz hat, wird ers­tens immer Ein­zel­fäl­le fin­den, in denen das stimmt, irrt sich aber im sta­tis­ti­schen Durch­schnitt – oder er oder sie geht davon aus, dass die Merk­ma­le Kom­pe­tenz und Geschlecht nicht unab­hän­gig von­ein­an­der sind. Oder anders gesagt: Wer mit dem Ver­weis auf Kom­pe­tenz Quo­ten ablehnt, glaubt, dass Frau­en per se weni­ger kom­pe­tent sind als Männer.

War­um blog­ge ich das? In der vagen Hoff­nung, mit dem Bei­spiel Flum­mis in die­ser Sache kin­di­sche Men­schen über­zeu­gen zu können.

Kurz: Ehe leicht erklärt

Mei­ne sie­ben­jäh­ri­ge Toch­ter woll­te – ich weiß gar nicht, wie wir dar­auf gekom­men sind – von mir heu­te wis­sen, war­um ich eigent­lich nicht „gehoch­zei­tet“ habe. Also, war­um ich mit mei­ner Expart­ne­rin nicht ver­hei­ra­tet gewe­sen bin. Das lässt sich durch­aus erklä­ren, und letzt­lich läuft es dar­auf hin­aus, dass ich der Mei­nung bin, dass es Staa­ten nichts angeht, wer mit wem eine Part­ner­schaft ein­geht. Inso­fern nervt mich manch­mal auch das kon­ser­va­ti­ve Ele­ment, dass mit der (begrü­ßens­wer­ten, und eigent­lich selbst­ver­ständ­li­chen) Öff­nung der Ehe für homo­se­xu­el­le Bezie­hun­gen eingeht.

Inter­es­sant an der Fra­ge fand ich eher, dass es mir vor dem Kon­text „nicht ver­hei­ra­tet gewe­sen, Kin­der, inzwi­schen getrennt“ ziem­lich schwer­fällt, mei­ner Toch­ter kind­ge­recht zu erklä­ren, um was es bei Hei­ra­ten, Ehe und Hoch­zei­ten eigent­lich geht. Sie mein­te, hei­ra­ten hät­te etwas mit ver­liebt sein zu tun. Waren wir, haben trotz­dem nicht gehei­ra­tet. Mein Erklär­ver­such: „Ein Fest, damit auch ande­re das mit­krie­gen, das zwei zusam­men sind, und dann wird das noch (vom Staat) auf­ge­schrie­ben, damit es alle wis­sen.“ Ist das die Essenz von Hei­ra­ten heu­te – oder wie wür­det ihr einem Kind erklä­ren, was Ehe aus­macht und wozu es die­se gibt?* 

* Um das gan­ze etwas zu erschwe­ren, gibt es dabei eini­ge nicht erlaub­te Erklär­an­sät­ze. Zu kom­pli­ziert darf es nicht sein, über das The­ma Steu­er­erspar­nis durch Ehe­gat­ten­split­ting bei asym­me­tri­schen Ein­kom­mens­ver­hält­nis­sen auf­grund von geschlech­ter­ste­reo­ty­pen Arbeits­plät­zen kann ich mit einer Sie­ben­jäh­ri­gen schlecht reden. Und alles, was unse­re Lebens­um­stän­de de-nor­ma­li­siert, geht natür­lich auch nicht (also sowas wie „Eine Ehe ist, wenn zwei Men­schen ihr Leben zusam­men ver­brin­gen wol­len.“ – galt auch für uns, geht prin­zi­pi­ell, ohne zu hei­ra­ten, oder „Ein Mann und eine Frau hei­ra­ten, um Kin­der zu bekom­men.“ – nö!).

Photo of the week: Viola-in-the-snow

Viola-in-the-snow

 
Noch so ein Win­ter­fo­to. Erstaun­lich, wie hart­nä­ckig die Stief­müt­ter­chen in mei­nem Blu­men­kas­ten den immer wie­der neu­en Tem­pe­ra­tur­re­kor­den nach oben (+17°C letz­te Woche) und unten (-10°C oder so irgend­wann davor) stand­ge­hal­ten haben. Ges­tern Nacht hat es dann schon wie­der geschneit, lie­gen­ge­blie­ben ist aber nichts.

Dar­aus lie­ße sich jetzt eine ele­gan­te Über­lei­tung zum #auf­schrei bas­teln. Ich bin beein­druckt, wie nach­hal­tig die­ses Hash­tag es geschafft hat, eine Debat­te zu ver­än­dern. Auch wenn #auf­schrei nicht die ers­te erfolg­rei­che Off­line-Online-Akti­on im deutsch­spra­chi­gen Inter­net war, muss ich da ansons­ten ein­fach auf Ant­je Schrupp ver­wei­sen, die viel Klu­ges dazu auf­ge­schrie­ben hat, war­um #auf­schrei mehr ist als eine Ein­tags­flie­ge oder eine Schneeverwehung. 

Und weil mein eige­ner klei­ner Text dazu, war­um Sexis­mus allen scha­det (und auch des­we­gen auch Män­ner angeht), jetzt schon wie­der von der Start­sei­te gekippt ist, ver­lin­ke ich ihn hier­mit auch noch ein­mal. Text­samm­lun­gen zu #auf­schrei gibt es übri­gens bei klei­ner­d­rei (ein span­nen­des neu­es Netz&Gender&etc.-Blog – passt die Schub­la­de?) und bei Julia See­li­ger, die ver­sucht hat, Ord­nung in die vie­len, vie­len Tex­te dazu zu bringen.

Sexismus schadet allen

A Wooden Person

Ich habe, das muss ich zuge­ben, gezö­gert. Weil die Debat­te um den ganz all­täg­li­chen Sexis­mus eine ist, in der jede Äuße­rung eines Man­nes schnell selt­sam erschei­nen kann, irgend­wo zwi­schen Anbie­de­rung und Bes­ser­wis­se­rei. Aber dann ist mir auf­ge­fal­len, dass das, die­se Ver­un­fä­hi­gung der Debat­te, letzt­lich genau ein Teil mei­nes Punk­tes ist: Sexis­mus scha­det allen!

Annett Mei­ritz hat über die Frau­en­feind­lich­keit der Pira­ten geschrie­ben. Im Stern wird von Lau­ra Him­mel­reich, Fran­zis­ka Reich und Andre­as Hoidn-Bor­chers das sexis­ti­sche Ver­hal­ten von FDP-Spit­zen­kan­di­dat Rai­ner Brü­der­le the­ma­ti­siert. Bei­de Arti­kel zusam­men haben eine veri­ta­ble öffent­li­che Debat­te über Sexis­mus aus­ge­löst. Und das ist gut so.

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Kurz: Geschlechtergerechte Sprache bei Grüns

Wäh­rend mei­ne Sup­pe abkühlt, noch ein paar Sät­ze zur geschlech­ter­ge­rech­ten Spra­che, wie sie bei Bünd­nis 90/Die Grü­nen ver­wen­det wird – und wie nicht. War­um? Weil ich in letz­ter Zeit immer wie­der auf selt­sa­me For­mu­lie­run­gen sto­ße. Ob die­se aus Unwis­sen­heit oder Trol­lerei ver­wen­det wer­den, sei ein­mal dahingestellt.

Falsch sind jeden­falls sowohl „Mit­glie­de­rIn­nen“ als auch „Grü­nIn­nen“. „Das Mit­glied“ hat kein Geschlecht und wird dem­entspre­chend auch nicht mit einem gro­ßen I ver­se­hen. Und wir Grü­nen – der Grü­ne, die Grü­ne – wer­den durch ein ange­häng­tes, fal­sches ‑Innen auch nicht schöner.

Rich­tig ist dage­ge­gen, dass alle Per­so­nen­be­zeich­nun­gen, die nicht geschlechts­neu­tral sind, „gegen­dert“ wer­den sol­len. Den Hin­ter­grund dafür erklärt Ana­tol Ste­fa­no­witsch viel bes­ser, als ich es hier könn­te. Das „gen­dern“ kann auf viel­fäl­ti­ge Art und Wei­se geschehen:

  • durch Paar­for­men („Freun­din­nen und Freun­de“), in der gespro­che­nen Spra­che üblich,
  • durch die Ver­wen­dung neu­tra­ler For­men (die haben ihre eige­nen Tücken), z.B. „Stu­die­ren­de“, „Wäh­len­de“, „Abge­ord­ne­te“, „Dele­gier­te“
  • durch das tra­di­tio­nell bekann­te „Binnen‑I“, also ähn­lich wie bei „iPho­ne“ ein Groß­buch­sta­be mit­ten im Wort, der signa­li­siert, dass das zwei Wör­ter in einem ste­cken, etwa in „Tier­quä­le­rIn­nen“ – so ele­gant nur im Plu­ral verwendbar,
  • durch neue­re Sym­bo­le, etwa den „Gen­der Gap“ („Professor_innen“), oder durch das Gen­der-Stern­chen („Köch*innen“). Bei bei­den Sym­bo­len ist die Idee, dass nicht nur zwei Geschlech­ter sym­bo­li­siert wer­den sol­len, son­dern auch jen­seits davon ste­hen­de Geschlechterrollen.
  • Und wer das alles blöd fin­det, und trotz­dem nicht aus­schrei­ben möch­te, kann auch den Schräg­strich ein­set­zen, der aber mit „Frau als Anhäng­sel der männ­li­chen Form“ kon­no­tiert ist („Manager/in“).

So, und jetzt ist die Sup­pe kalt, und ich möch­te nie wie­der „Grü­nIn­nen“ irgend­wo lesen, nur weil irgend­wem nicht passt, dass wir eine femi­nis­ti­sche Par­tei sind.