Elite-Glanz

Vor ein paar Wochen hat­te ich mich über die viel­fäl­ti­gen Bau­maß­nah­men anläss­lich des Frei­bur­ger Uni-Jubi­lä­ums aus­ge­las­sen. Aber es gibt auch ande­re Grün­de, die Uni her­aus zu put­zen (nein, kein Schreib­feh­ler …). Der Spie­gel berich­tet heu­te von Schön­heits­ku­ren in Kon­stanz (u.a. kommt der GHG-Ver­tre­ter Till Sei­ler zu Wort) und an den bei­den Ber­li­ner Unis – Gemein­sam­keit: alle wol­len Eli­te­uni wer­den. Will Frei­burg auch – Kon­stan­tin Gör­lich hat schon vor eini­ger Zeit dar­auf hin­ge­wie­sen, dass plötz­lich auf dem Weg zur Eli­te neue Tep­pi­che und Kli­ma­an­la­gen auf­ge­taucht sind. Ich bin ja mal gespannt, wie beein­dru­ckend die­se Schön­fär­be­rei im Vor­feld für die Gut­ach­te­rIn­nen ist; aber da wohl alle Fina­lis­tin­nen da mit­ma­chen, kann im Nach­hin­ein wohl kaum eine Aus­sa­ge dar­über getrof­fen wer­den. War­um mich das gan­ze an Nige­ria-Spam erin­nert, weiß ich auch nicht so genau (bei denen geht es dar­um, vor­weg einen klei­nen Teil einer gro­ßen Men­ge Geld zu zah­len, die hof­fent­lich viel­leicht irgend­wann in die ande­re Rich­tung flie­ßen soll).

War­um blog­ge ich das? Dem Eli­te-Uni-Wett­be­werb schaue ich als Sozi­al­wis­sen­schaft­ler eher skep­tisch zu – und man­che Blü­ten sind ein­fach einen Hin­weis wert.

G8-Polizeitaktik: Panne oder üble Absicht? (Update 6)

Im Vor­feld und wäh­rend der G8-Gip­fels war ja – wie auch hier, da und dort bereits im Blog zu lesen – das Vor­ge­hen der Poli­zei ein durch­aus berich­tens­wer­tes The­ma. Von der einst­mals ange­kün­dig­ten Dees­ka­la­ti­ons­stra­te­gie ließ sich da nicht mehr viel fin­den. War wohl doch eher Rhe­to­rik als tat­säch­li­ches Ziel des Polizeieinsatzes. 

Glück­li­cher­wei­se hat sich die Befürch­tung, dass das poli­zei­li­che Vor­ge­hen nach dem Gip­fel eben kein The­ma mehr sein wird, nicht bewahr­hei­tet (vgl. Bun­des­wehr beob­ach­tet Camps, Käfig­hal­tung (bei­de SpOn), offe­ne Fra­gen ins­ge­samt (Tele­po­lis), Pro­ble­ma­tik der Poli­zei-Mel­dun­gen im dpa-Ticker (taz), Tages­schau-Kri­tik inkl. Zivil­po­li­zei­ein­satz, eini­ges aus der Süd­deut­schen und Hin­weis auf Kla­gen des RAV, dito (Gip­fel­b­log, Gip­fel­b­log und noch­mal taz) usw.). 


Pho­to von Ras­ta­fa­bi, CC-Lizenz

Viel­leicht sind es doch zuvie­le unan­ge­neh­me Ein­zel­hei­ten, die da ans Licht gekom­men sind, um sie ein­fach tot­zu­schwei­gen. Ich fra­ge mich dabei immer noch: war das jetzt ein­fach das Ergeb­nis einer unfä­hi­gen, uner­fah­re­nen und komi­schen Denk­mus­tern ver­haf­te­ten Poli­zei­füh­rung und ‑aus­füh­rung – oder steck­te da doch Kal­kül dahin­ter? Und wenn ja: cui bono? 

Wenn es der Plan gewe­sen sein soll­te, Vor­wän­de für noch mehr „Sicher­heits­staat“ zu bekom­men (wie es zwi­schen­zeit­lich mit GSG9- und Gum­mi­ku­gel-For­de­run­gen als Reak­ti­on auf die Aus­schrei­tun­gen bei der anfäng­li­chen Groß­de­mo wirk­te), dann ist das jeden­falls erst­mal gründ­lich in die Hose gegan­gen. Bleibt nur zu hof­fen, dass bei den anste­hen­den Ermitt­lun­gen, Pro­zes­sen und Bun­des­tags­an­fra­gen jetzt auch wirk­lich was raus­kommt – und lang­fris­tig ein Kurs­wech­sel bei der „Inne­ren Sicher­heit“ wie­der ein wenig wahr­schein­li­cher wird.

War­um blog­ge ich das? Als ein ers­tes Zwi­schen­fa­zit zu die­sem The­ma – und weil Wes­ter­wel­le in der taz heu­te deut­lich gemacht hat, dass die FDP Bür­ger­rech­te nicht mehr so rich­tig ernst nimmt – Grü­ne dage­gen schon, wie das Vor­ge­hen von Künäst und Strö­be­le deut­lich gemacht hat. 

Update: Hin­weis von Mar­kus: Claus Chris­ti­an Mal­zahn bringt das Vor­ge­hen in Spie­gel Online auf den Punkt: 

Wie pro­du­zie­re ich eine neue Gene­ra­ti­on von linken
Ter­ro­ris­ten? Ich ord­ne wegen eines gefälsch­ten Schü­ler­aus­wei­ses Haus­durch­su­chun­gen an, sper­re Welt­ver­bes­se­rer in Käfi­ge und las­se Zelt­be­woh­ner von Kampf­jets ablich­ten. Der Rest kommt schon von selbst.

Update 2: Thors­ten berich­tet davon, dass ein befreun­de­ter AKJ­ler in einem der Ros­to­cker Käfi­ge lan­de­te, weil in dem Bus, in dem ange­reist war, zwei Schals und eine Tau­cher­bril­le gefun­den wur­den. Was ist eigent­lich los in die­sem Land?

Update 3: In der Tele­po­lis ist jetzt ein umfang­rei­cher Bericht über die Arbeit der diver­sen Rechts­an­walts­grup­pen beim G8-Gip­fel zu finden.

Update 4: Über­blicks­ar­ti­kel über das wei­te­re Vor­ge­hen (SpOn).

Update 5: Noch ein Über­blicks­ar­ti­kel zum wei­te­ren Vor­ge­hen, dies­mal in der Tele­po­lis.

Update 6: Info über ein Tref­fen zwi­schen Poli­ti­ke­rIn­nen der grü­nen Bun­des­tags­frak­ti­on und Ver­tre­te­rIn­nen von Attac, RAV und der Gewerk­schaft der Polizei.

Straßenmusikzauber

Neu­lichs muss­te ich mal um fast schon Mit­ter­nacht bei som­mer­li­chen Tem­pe­ra­tu­ren auf mei­ne Stra­ßen­bahn war­ten. Die Zeit ging aber extrem schnell vor­bei, weil eine Stra­ßen­mu­sik­grup­pe tol­le Musik mach­te (mit gro­ßem Publi­kum, Zuga­ben und allem, was eigent­lich auf ein Live­kon­zert oder so gehört). 

Heu­te sehe ich bei Fud­der einen Arti­kel (mit Kurz­vi­deo) mit der Über­schrift „Zau­ber­haf­te Stra­ßen­mu­sik am Ber­tolds­brun­nen“ – und ja, das sind sie. Genau das braucht Freiburg!

War­um blog­ge ich das? Aus purer Begeisterung.

G8-Gipfel: langweilige und spannende Aktionen

Wirk­lich klas­se fand ich heu­te die Nach­rich­ten (Indy­me­dia, Spie­gel online, NDR) dar­über, dass es den Demons­tran­tIn­nen in Hei­li­gen­damm gelun­gen ist, mit Hil­fe einer bei den Cas­tor-Trans­por­ten (X1000-mal-quer) schon mehr­fach ange­wand­ten Stra­te­gie orga­ni­sier­ter Des­or­ga­ni­sa­ti­on – dar­an erin­ner­ten mich jeden­falls die Berich­te dar­über – Hei­li­gen­damm zu blo­ckie­ren. Dass der Ort bis auf weni­ge Kon­troll­punk­te abge­rie­gelt wur­de – der berühmt-berüch­tig­te Sicher­heits­zaun – hat sich hier als gro­ßes Man­ko erwie­sen. David-gegen-Goli­ath-Judo wäre viel­leicht eine tref­fen­de Bezei­chung dafür. Und dass die über­rum­pel­te Poli­zei dann zu Was­ser­wer­fern und Schlag­stö­cken gegen fried­li­che Sitz­blo­ckie­re­rIn­nen gegrif­fen hat, passt in das Bild einer über­hol­ten Stra­te­gie, die mit Dees­ka­la­ti­on wenig, mit Uner­fah­ren­heit mit Groß­de­mos viel zu tun hat.

G8-Kundgebung Freiburg VI
Rum­ste­hen und zuhö­ren: Frei­burg (Mehr Fotos)

Soweit die span­nen­den Aktio­nen. Sehr viel lang­wei­li­ger war dage­gen die Kund­ge­bung in Frei­burg heu­te. Gut natür­lich, dass über­haupt jemand was macht. Aber was, war dann doch eher abschre­ckend. Auf dem Rat­haus­platz waren etwa 40 bis 50 Leu­te, je nach­dem, wer von denen, die eher vor­sich­tig auf Abstand blie­ben, dazu­ge­zählt wird. Links­par­tei, DKP, DGB und ein paar weni­ge unge­bun­de­ne Lin­ke (und zwei, drei Grü­ne) stan­den etwa eine Stun­de auf dem Rat­haus­platz rum. Anfangs gab’s Che-Ver­herr­li­chungs­mu­sik und Arbei­ter­kampf­lie­der­mach­er­lie­der („weg mit Hartz IV, wir wol­len Arbeit“). Nicht mein Ding. Danach dann eine Rei­he von Rede­bei­trä­gen. Plus­punkt: nicht alle Red­ne­rIn­nen kamen aus den Rei­hen der Linkspartei/WASG. Alle waren jedoch kaum zu ver­ste­hen (zu klei­ne Anla­ge) und stan­den irgend­wo in der Men­ge. Ins­ge­samt also ein eher beschau­li­ches Ereig­nis, von dem ver­mut­lich auch kaum jemand Notiz genom­men hat. Auch für Soli-Kund­ge­bun­gen sind phan­ta­sie­vol­le­re For­men denk­bar. Nächs­tes­mal hät­te ich ger­ne ein Pro­test­früh­stück auf einer beleb­ten Stra­ße oder der­glei­chen mehr …

War­um blog­ge ich das? Beob­ach­tung der Anti-G8-Pro­tes­te und Memo to self: beim nächs­ten Mal recht­zei­tig anfan­gen, selbst aktiv zu werden.

Update: Mein X1000-Mal-Quer-Wie­der­erken­nen scheint zu stim­men, jeden­falls laut einem gera­de auf­ge­tauch­ten zusam­men­fas­sen­den SpOn-Arti­kel. Und auch die Web­site „Block G8“ klingt sehr nach der X1000-Mal-Quer-Stra­te­gie – macht nostalgisch.

Update 2: Sehr schön das heu­ti­ge taz-Titel­bild:

taz-Titel 7.06.2007
Titel der taz vom 7.06.2007

Und hier der dazu­ge­hö­ri­ge Bericht der taz sowie der Titel­sei­ten­kom­men­tar.

Update 3: Inter­es­sant ist der Blick auf das gan­ze aus Sicht der inter­na­tio­na­len Pres­se – die scheint sich mehr oder weni­ger kom­plett auf die Poli­zei­be­richt­erstat­tung zu ver­las­sen (oder kennt von zu Hau­se aus deut­lich hef­ti­ge­re Pro­tes­te). Aber manch­mal muss gar nicht so weit weg geschaut wer­den – laut netzpolitik.org griff selbst der ört­li­che NDR für eine Repor­ta­ge auf direkt von der Poli­zei kom­men­des dpa-Mate­ri­al zurück, statt selbst zu recher­chie­ren – inklu­si­ve nicht vor­han­de­ner Molotow-Cocktails.

Update 4: Ein paar Ein­drü­cke aus Hei­li­gen­damm bei Han­no Böck.

Die Weisheit hat sich ein Haus gebaut

University en site
Reno­vie­rungs­ar­bei­ten am Haupt­ein­gang des KG I

Das 550-jäh­ri­ge Jubi­lä­um der Albert-Lud­wigs-Uni­ver­si­tät nahm das Uni­ver­si­täts­bau­amt zum Anlass, die bau­li­chen Akti­vi­tä­ten der letz­ten 50 Jah­re in dem 185 Sei­ten umfas­sen­den, reich bebil­der­ten Band zu dokumentieren.

Eine Fül­le von Pro­jek­ten konn­te in die­ser Zeit rea­li­siert wer­den. Das Spek­trum reicht von der Gesamt­pla­nung der über die gan­zen Stadt ver­teil­ten Uni­ver­si­täts­ge­bäu­de, den Bau von Kli­ni­ken, Labo­ren und Insti­tu­ten bis zu Son­der­bau­ten wie Men­sen, Hör­sä­len und Gewächs­häu­sern sowie der Gestal­tung von Außen­an­la­gen und Kunst am Bau. Ein Groß­teil die­ser Maß­nah­men wur­de in der Amts­zeit von Rek­tor Wolf­gang Jäger initi­iert und realisiert.

Das schreibt das Uni­ver­si­täts­bau­amt in einer Pres­se­mit­tei­lung. Archi­tek­tur – Gestal­tung des Rau­mes, Infra­struk­tur gewor­de­ne Tech­nik – fin­de ich prin­zi­pi­ell inter­es­sant und ich wer­de mir die­sen Bild­band sicher mal anschau­en. Der Grund, war­um ich das hier blog­ge, ist aller­dings ein ande­rer: der letz­te Satz könn­te als Mot­to über der Amts­zeit des im März 2008 dann doch mal abtre­te­ten­den Wolf­gangs des I. ste­hen. Und erklärt auch, war­um er, Wolf­gang der I., als Uni­ver­si­täts­mot­to immer wie­der zitiert: „Die Weis­heit hat sich ein Haus gebaut“.

Aber es sind nicht nur die neu­ge­bau­ten Insti­tu­te und Gebäu­de, die hier ange­spro­chen sind, son­dern auch die Reno­vie­rungs­ar­bei­ten am KG I, am KG II und am Peter­hof, die mit aller Macht der Insti­tu­ti­on Uni Alt­ehr­wür­dig­keit zurück­ge­ben wol­len – ochens­blut­far­be­ne Wän­de, ori­gi­nal­ge­treu gestal­te­te Glas­tü­ren, auf­wen­dig reno­vier­te Aulen und ein für nor­ma­le Ver­an­stal­tun­gen nur noch begrenzt ver­wend­ba­res Audi­max. Sieht schön aus, nimmt aber zugleich der uni­ver­si­tä­ren Ästhe­tik jeden Ver­such von Mas­sen­haf­tig­keit, Gewöhn­lich­keit und Brei­ten­wir­kung. Also dann doch lie­ber: Eli­te im Elfen­bein­turm, ele­gant gestal­tet. Sie­he auch Jona­tans Kolum­ne im u‑as­ta-info #766, S. 2.