Es wird noch munter ausgezählt, aber der eine oder andere Trend bei der Bundestagswahl 2017 zeichnet sich doch ab. Aktuell – 23:30 – ist noch nicht klar, ob LINKE oder GRÜNE zweitkleinste Fraktion vor der CSU werden, aber insgesamt scheint das Ergebnis doch halbwegs stabil: Massive Verluste für die Union, die nur noch bei rund 33 Prozent landet, eine SPD mit einem miserablen Ergebnis knapp über 20 Prozent, die AfD als drittstärkste Partei mit – deutlich besser als in den meisten Umfragen – rund 13 Prozent, stark durch die Verluste der Union gespeist, die FDP bei etwa 10,5 Prozent und GRÜNE und LINKE jeweils etwa bei 9 Prozent.
Ein Stimmungsbild (im Herbst)
Draußen ist es Spätsommer. Mal wieder ein Wetterumschwung – vor ein paar Tagen waren es noch über 35 °C, jetzt regnet es im Herbstmodus. Aber ich will nicht über das Wetter schreiben, sondern über die Bundestagswahl, und dieses Land.
Eigentlich wollte ich diesen Text anders beginnen, ich hatte ihn auch schon halb fertig. Mit einem Blick auf die möglichen Koalitionen nach der Wahl, mit einem Blick auf die FDP, die sich derzeit so in der Mittelpunkt rückt, und auch auf die Original-AfD. Auf die Infas-Analyse in der ZEIT eingehen, die zeigt, dass Deutschland doch offener und liberaler ist, als viele denken, und dass die medial so dominanten rechten Hetzer nur eine Minderheit vertreten.
Kurz: Krass, aber richtig
Heute haben sowohl die Grünen als auch die Linke ihre Kampagnen für die Bundestagswahl 2017 vorgestellt. Letztere sieht aus wie Werbung für Corel-Draw-Clipart. Unsere Kampagne fällt auf und wirkt erst einmal ziemlich krass: auf grünem Hintergrund dominiert unsere Zweitfarbe Pink. Dargestellt sind freigestellte und verfremdete Motive – der Erdball, eine Friedenstaube für Europa, der letzte Eisbär. Darüber ziemlich viel Text (in der serifigen Hausschrift, in Großbuchstaben, und dann auch noch mit Witz …), darunter die Sonnenblume und der Claim „DARUM GRÜN.“.
Ich bin nicht mit jedem Teil der Kampagne gleich glücklich. Die Großplakate (insbesondere „Umwelt ist nicht alles, aber ohne Umwelt ist alles nichts. Darum grün.“) finde ich sehr gut gelungen. Auch die Plakate von Cem und Katrin sind richtig gut. Bei den kleineren Themenplakaten wirkt der Text manchmal arg gedrängt, ist manches Motiv erst auf den zweiten Blick zu erkennen.
Insgesamt aber ist die Kampagne ein Paukenschlag. Jedes einzelne Plakat gibt eine Antwort auf die (dämliche) Frage, wozu es Grüne eigentlich noch braucht. Wer den Kohleausstieg in die Hand nimmt, wer an Europas Zukunft glaubt, wer für Integration und gegen Kinderarmut kämpft – der braucht grün. Und darum ist das die richtige Kampagne zum richtigen Zeitpunkt. Wohlfühlwahlkampf mit schönen Plakaten: das war gestern. Heute kommt es drauf an. Und dafür braucht’s auch einmal einen optischen Paukenschlag.
P.S.: Statt Logo nur das Sonnenblumensymbol? Ja, auch das finde ich gut – denn unser Logo ist ein wenig unhandlich. Und klar erkennbar ist’s auch so.
Sieben einfache Schritte, um die Bundestagswahl doch noch zu gewinnen
Irgendwie kommt gerade alles zusammen, politisch gesehen. Fettnäpfchen und echte politische Fehler, SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz (bei dem ich mich ja immer frage, was ein Zug ohne Bremsen eigentlich am Zielbahnhof macht, und wer für den entstehenden Schaden aufkommt) vs. CDU-CSU-Kanzlerkandidatin Angela Merkel (bei der nicht mehr wirklich klar ist, wofür sie eigentlich steht) – naja, und die sinkenden Umfragewerte für uns Grüne, die haben mit all dem was zu tun. Und schlagen mächtig auf den Magen. Was also tun, um die Bundestagswahl (und Saarland, Schleswig-Holstein und NRW …) doch noch zu gewinnen?
„Sieben einfache Schritte, um die Bundestagswahl doch noch zu gewinnen“ weiterlesen
Kurz: Urwahl – das Ergebnis ist da
Eigentlich habe ich keine Zeit, wir sind gerade mitten in den Haushaltsverhandlungen, aber trotzdem muss ich doch drei Punkte zur Urwahl loswerden.
Erstens, aus dokumentarischen Gründen, nochmal das Ergebnis: Katrin Göring-Eckardt erhielt 23.967 Stimmen (70,6% der 33.935 gültigen Stimmzettel), Cem Özdemir wurde mit 12.204 Stimmen (36,0%) gewählt, ganz knapp vor Robert Habeck, auf den 12.129 Stimmen (35,7%) entfielen. Anton Hofreiter bekam 8.886 Stimmen (26,2%). Enthaltung: 59, Nein: 249. Wahlbeteiligung: 59 Prozent. Diese Ergebnis entspricht in etwa meinen Erwartungen. Ich hatte 36 Prozent für Cem, 31 Prozent für Robert und 30 Prozent für Toni getippt. Die Reihenfolge stimmt, und auch das alle recht nah beieinander liegen, hatte ich erwartet. Dass der Abstand zwischen Cem und Robert so knapp ausfallen würde, war dagegen nicht nur für mich überraschend.
Zweitens: Das Verfahren für die Urwahl hat zwar Tücken – und wer weiß, was herausgekommen wäre, wenn wir eine integrierte Stichwahl oder ein Präferenzwahlverfahren verwendet hätten. Möglicherweise wären dann in der Zweitauszählung Stimmen von Toni zu Robert gewandert und die Plätze 1 und 2 hätten sich gedreht. Aber das ist Konjunktiv. Das Verfahren wurde so beschlossen, wie es eingesetzt wurde, und das Ergebnis gilt jetzt. Politisch interpretiert haben Katrin und Cem jetzt den Auftrag, uns in die Bundestagswahl 2017 zu führen. Mit unserer Unterstützung sollen sie diese Herausforderung jetzt angehen, und vorne stehen – und dabei natürlich auch politische Akzente setzen, sonst wäre eine Urwahl sinnlos. Wir brauchen jetzt vor allem eines: Geschlossenheit! (Und darüber, wie das Verfahren 2021 aussieht, reden wir rechtzeitig vorher).
Drittens sehe ich bei allen Weichenstellungen in der breiten Streuung der Stimmen über Cem, Robert und Toni auch einen Hinweis darauf, wie unterschiedlich Teile der Partei aufgestellt sind. 36 Prozent für Cem sind kein Freifahrschein für „Kretschmann pur“, und auch nur begrenzt ein Indikator für die Stärke der einzelnen Strömungen. Gerade bei Robert bin ich mir sehr sicher, dass er nicht nur von Realos, sondern auch von vielen Linken und erst recht von vielen, vielen „ungebundenen“ Mitgliedern gewählt wurde. Und ich bin mir ebenfalls sicher, dass viele ihre Entscheidung nicht von Inhalten, sondern von Faktoren wie „Medientauglichkeit“ abhängig gemacht haben. Ich würde mir daher wünschen, dass Cem und Katrin sich gut überlegen, wie sie es schaffen, mit klarem Profil und gleichzeitig gemeinsam mit der breiten und vielfältigen Parteibasis einen guten Wahlkampf zu machen. Last but not least würde ich mich freuen, wenn Robert diese Abstimmung als Zeichen dafür nimmt, dass er nicht nur in Schleswig-Holstein gebraucht wird.