Kurz: Koalitionsspiele, taktische

Eigent­lich ist die Koali­ti­ons­si­tua­ti­on nach die­ser Wahl so offen wie noch lan­ge nicht. Aber die Welt spielt ver­rückt: Kon­ser­va­ti­ve Sozi­al­de­mo­kra­ten for­dern zu Schwarz-Grün auf. Füh­ren­de Rea­los und Rea­las sagen, dafür sei die Zeit noch nicht reif. Die domi­nie­ren­den Figu­ren des lin­ken Lagers bei uns hal­ten dage­gen die LINKE nicht für regie­rungs­fä­hig – es sei des­we­gen nicht sinn­voll, die rech­ne­ri­sche Opti­on Rot-Rot-Grün zu son­die­ren. Die LINKE wie­der­um scheint nicht ernst­haft an Koali­ti­ons­ge­sprä­chen Inter­es­se zu haben. Neu­wah­len wären auch eine Opti­on – wenn jemand aus der Stim­men­mehr­heit von CDU/CSU, AFD und FDP auch eine Sitz­mehr­heit machen will. Aber alle zusam­men gehen sie davon aus, dass es am Schluss selbst­ver­ständ­lich eine 80%-Koalition aus CDU/CSU und SPD geben wird, SPD-Basis­vo­tum hin oder her. Wenn über­haupt, ist 2017 im Blick. Was ins­ge­samt scha­de ist – weil fast alles ande­re, inklu­si­ve eine Min­der­heits­re­gie­rung Mer­kel, mehr bewe­gen wür­de als eine Gro­ße Koalition.

Kurz: Ein Moment der Befreiung

Sky on the lane

Als klei­ner Nach­trag zu mei­ner län­ge­ren Ana­ly­se direkt nach der Wahl: Viel­leicht geht es nur mir so, aber ich emp­fin­de, nach­dem der ers­te Schock der acht Pro­zent über­wun­den ist, die poli­ti­sche Situa­ti­on nach der Bun­des­tags­wahl als einen dop­pel­ten Moment der Befrei­ung. Die­se Öff­nung mag schnell wie­der vor­bei­geht, aber jetzt ist sie da.

Befrei­ung, weil mit dem jetzt doch ziem­lich rasan­ten Rück­zug der 1998er-Gene­ra­ti­on – Jür­gen Trit­tin, Clau­dia Roth, Rena­te Kün­ast – erst spür­bar wird, wie eng die Ban­de waren, die sich mei­ne Par­tei in letz­ter Zeit auf­er­legt hat. Natür­lich ver­schwin­den lan­ge eta­blier­te inter­ne Macht­struk­tu­ren nicht, nur weil ein paar Köp­fe aus­ge­tauscht wer­den, weil sich ein paar Men­schen mehr oder weni­ger zurück­zie­hen. Bei all ihren über­haupt nicht in Fra­ge zu stel­len­den Ver­diens­ten war es doch die­se Gene­ra­ti­on, die die Peri­ode 1998 bis 2005 zum Maß­stab der Din­ge mach­te. Ja, wir haben eini­ge Feh­ler in die­ser Zeit auf­ge­ar­bei­tet – aber irgend­wie schwamm doch immer das rot-grü­ne Pro­jekt samt aller Regie­rungs­zeit­fest­le­gun­gen im kon­zep­tu­el­len Hin­ter­grund, war der Maß­stab der Din­ge. Jetzt wird es für mich spür­bar, dass wir tat­säch­li­che die Chan­ce haben, uns zu erneu­ern. Allent­hal­ben wird nach Gemein­sam­kei­ten und nach dem zen­tra­len Ele­ment grü­ner Iden­ti­tät gesucht. Wir erfin­den uns neu. Das pas­siert regel­mä­ßig, und das ist auch gut so. Und dies­mal haben wir die Chan­ce, eine Par­tei zu erfin­den, die mehr Luft zulässt, die weni­ger eng ist, und die – nicht grund­le­gend anders, aber doch reno­viert – neu kei­men wird.

Befrei­ung aber auch, weil das nur im Kon­text der Unsi­cher­heit mög­lich ist, die seit dem 22.9. bun­des­po­li­tisch herrscht. Weder Mer­kel noch Rot-Grün hat gewon­nen. Plötz­lich wird über Min­der­hei­ten­re­gie­run­gen und All­par­tei­en­ko­ali­tio­nen dis­ku­tiert. Die Kate­go­rie des staats­tra­gen­den „aber ihr müsst“ scheint nicht mehr zu gel­ten – weder SPD noch Grü­ne wol­len sich auf eine Koali­ti­on mit Mer­kel ein­las­sen. Das so fest gefugt erschei­nen­de deut­sche Regie­rungs­sys­tem zeigt ers­te klei­ne Ris­se. Ob die zuge­kit­tet wer­den, und wir in eini­gen Wochen von der 80%-Koalition erschla­gen wer­den, oder ob die­se Ris­se aus­ge­wei­tet wer­den, und auf Bun­des­ebe­ne bis­her nicht da gewe­se­ne Model­le aus­pro­biert wer­den, wer­den wir dann sehen. Bis dahin weht der Wind der Geschich­te unge­hin­dert über die deut­sche Prärie.

Beschwert euch nicht, wählt!

Lulea Gammelstad: The Church IV (detail)

Ich fin­de Stein­brück nicht son­der­lich sym­pa­thisch. Aber dar­um geht es nicht. Die Umfra­ge­wer­te sehen nicht so toll aus. Aber auch dar­um geht es nicht. Unser Par­tei­en- und Koali­ti­ons­sys­tem führt dazu, dass die Wahl am 22.9. rea­lis­ti­scher­wei­se drei Ergeb­nis­se haben kann:

1. Mer­kel und ihre schwarz-gel­be Koali­ti­on wer­den bestä­tigt und neh­men das als Signal dafür, den bis­he­ri­gen Kurs ver­schärft fort­zu­set­zen. Klar, der Blick in die Zukunft bleibt ein biss­chen nebu­lös, weil Mer­kels Kurs nicht so klar ist. Die letz­ten vier Jah­re zei­gen jeden­falls, dass dazu Bonus­po­li­tik für Lob­by­grup­pen und Bes­ser­ver­die­nen­de gehört, dass es gesell­schafts­po­li­tisch immer wie­der Rück­schlä­ge gibt und die weni­gen Ver­bes­se­run­gen oft vor dem Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt erstrit­ten wer­den muss­ten, und dass Umwelt oder Kli­ma für Mer­kel kei­ne The­men sind, und ent­spre­chend Murks betrie­ben wird.

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Wie der Wahl-O-Mat das Parteienspektrum abbildet

tw2013-08-wahlomat

Die Bun­des­zen­tra­le für poli­ti­sche Bil­dung hat auch die­ses Jahr wie­der einen Wahl-O-Maten am Start. Dane­ben gibt es eine Rei­he wei­te­rer Ange­bo­te, die alle gemein­sam haben, dass sie ver­su­chen, über Fra­gen und ein Matching mit den Ant­wor­ten von Par­tei­en und/oder Kan­di­da­tIn­nen dar­zu­stel­len, wel­che Par­tei und wel­che poli­ti­sche Kan­di­da­tIn zu den eige­nen Vor­stel­lun­gen passen. 

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Plakat, verkanntes Medium der Bundestagswahl 2013

Bundestagswahl 2013, I

Wahl­jahr für Wahl­jahr stel­len Wahl­kämp­fe­rIn­nen vor Ort sich wie­der die Fra­ge, ob das mit dem Pla­ka­tie­ren den wirk­lich sein muss. Bringt das über­haupt was? 

Der Kon­sens ist wohl der, dass es nichts bringt, nicht pla­ka­tie­ren aber scha­det. Es geht nicht dar­um, eine tief­grei­fen­de Bot­schaft zu ver­mit­teln, es geht nicht dar­um, Unent­schlos­se­ne über ein beson­ders gut gestal­te­tes Pla­kat zur Wahl zu bewe­gen (das erklärt auch die FDP), son­dern es geht schlicht dar­um, dar­auf hin­zu­wei­sen, dass a. Wah­len anste­hen, und b. die bevor­zug­te Par­tei zur Wahl steht. 

Und wenn es gut läuft (das hat dann was mit guter Gestal­tung zu tun), dann gibt es zusätz­lich zu den Pla­ka­ten im Stra­ßen­raum noch den einen oder ande­ren Medi­en­be­richt über das eine oder ande­re Pla­kat. Manch­mal reicht es dann schon, das in Stück­zahl 1 zu produzieren.

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