Science Fiction/Fantasy im Vorfrühling 2022

On blue

Ist es in die­sen Zei­ten ange­bracht, Unter­hal­tungs­li­te­ra­tur zu kon­su­mie­ren und Fil­me und Seri­en anzu­schau­en? Oder viel­leicht sogar not­wen­dig, als Aus­zeit von der mehr­fa­chen Kri­se, die sich rund um uns her­um entfaltet? 

Wie dem auch sei: ich habe in den letz­ten Wochen eini­ges gele­sen und ange­schaut, das sich zur Ablen­kung eignet. 

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Kurz: Eigenverantwortung

Was ich zur Kli­ma­kri­se geschrie­ben habe, gilt auch für die ande­ren bei­den Kri­sen, in denen wir uns gera­de befin­den – weder Coro­na noch Putins Krieg gegen die Ukrai­ne las­sen sich durch den Ver­weis auf Eigen­ver­ant­wor­tung lösen. 

Bei der Coro­na-Kri­se geht die Argu­men­ta­ti­on etwa so, dass ja auf staat­li­che Vor­schrif­ten etwa zum Mas­ken­tra­gen ver­zich­tet wer­den kann, weil ja jede und jeder selbst ent­schei­den kann, ob er bzw. sie sich und ande­re durch Imp­fung und das Tra­gen einer Mas­ke schüt­zen möch­te oder in Kauf nimmt, Coro­na zu krie­gen und an einem schwe­ren Ver­lauf zu ster­ben. Das wäre rich­tig, wenn in der Situa­ti­on „ande­re Per­son hat Coro­na und trägt kei­ne Mas­ke, ich selbst tra­ge Mas­ke“ nicht doch ein nicht ganz klei­nes Infek­ti­ons­ri­si­ko bestün­de – und wenn hin­ter dem Zie­len auf Eigen­ver­ant­wor­tung nicht eine erheb­li­che Ver­ant­wor­tungs­lo­sig­keit gegen­über den­je­ni­gen stün­de, die sich nicht imp­fen las­sen kön­nen (z.B. auf­grund von bestimm­ten Immun­erkran­kun­gen oder weil sie Kin­der unter 5 Jah­ren sind). Wer bei Coro­na auf Eigen­ver­ant­wor­tung setzt, ver­zich­tet dar­auf, die­se Men­schen zu schüt­zen. Mal ganz abge­se­hen von der Fra­ge des „sich leis­ten kön­nen“ – für die einen sind FFP2-Mas­ken etwas, was aus der Por­to­kas­se bezahlt wird, und auch der eine oder ande­re PCR-Test zur Sicher­heit (60–80 €) ist bezahl­bar. Ande­re kön­nen das nicht bezah­len. Und auch da greift dann der Ruf nach Eigen­ver­ant­wor­tung zu kurz.

Und bei Putins Krieg höre ich jetzt immer wie­der Auf­ru­fe, das eige­ne Ver­hal­ten anzu­pas­sen: die Tem­pe­ra­tur in der Woh­nung nied­ri­ger zu dre­hen, auf Auto­fahr­ten zu ver­zich­ten, sich frei­wil­lig an ein Tem­po­li­mit zu hal­ten. Sym­bo­lisch mag das hel­fen, viel­leicht auch das Gefühl ver­mit­teln, etwas zu tun (da sind Spen­den m.E. aber sehr viel sinn­vol­ler) – aber von den tat­säch­li­chen Aus­wir­kun­gen her gehen sol­che Aktio­nen im Rau­schen unter, solan­ge nicht alle sich dar­an hal­ten. Und der Hebel, damit „alle“ etwas machen, ist eben nicht der Ruf nach Eigen­ver­ant­wor­tung, son­dern der Staat, der hier Regeln set­zen kann (bspw. ein Tem­po­li­mit ein­füh­ren oder Gasim­por­te aus Russ­land stop­pen). Und erst recht nach hin­ten los geht die Eigen­ver­ant­wor­tung, wenn dar­aus das Hor­ten von Son­nen­blu­men­öl (war­um auch immer …) oder die ganz indi­vi­du­el­le Unfreund­lich­keit gegen­über rus­sisch­stäm­mi­gen Men­schen hier in Deutsch­land wird.

Inso­fern: in einem idea­len Gemein­we­sen, in dem alle die Res­sour­cen und die Hal­tung hät­ten, sich ver­ant­wort­lich zu ver­hal­ten, wäre der Ruf nach Eigen­ver­ant­wor­tung groß­ar­tig. In unse­rer Rea­li­tät über­deckt er feh­len­des Han­deln des Staa­tes und macht statt des­sen Indi­vi­du­en ein schlech­tes Gewis­sen. Büro­kra­tien, staat­li­che Orga­ni­sa­tio­nen, Regel­wer­ke, Ver­wal­tun­gen – all das wur­de auch erfun­den, um die Kom­ple­xi­tät der­ar­ti­ger Ent­schei­dun­gen für Ein­zel­per­so­nen zu redu­zie­ren. Ein biss­chen mehr davon fän­de ich gut – statt offen­sicht­lich unab­ge­stimm­ter Sym­bo­lak­tio­nen ein­zel­ner Ministerien. 

Photo of the week: Rieselfeld view IV

Rieselfeld view IV

 
Es gibt schon Grün­de, war­um ich mich schwer damit tue, per­spek­ti­visch aus Frei­burg und ins­be­son­de­re aus dem Rie­sel­feld weg­zu­zie­hen – die nahe Natur ist einer davon. Im Hin­ter­grund der am 5. Febru­ar noch ein klei­nes biss­chen schnee­be­deck­te Schwarz­wald, in der Mit­te das Rie­sel­feld, im Vor­der­grund ein bewei­de­ter Teil des Naturschutzgebietes.

Zeit des Virus, Update XV

Sunset trees

Eigent­lich bin ich ja davon aus­ge­gan­gen, dass jetzt, Anfang März, die Situa­ti­on eine ganz ande­re sein wird als sie es noch im Janu­ar war. Für ein paar Tage hat der Ukrai­ne-Krieg Coro­na etwas in den Hin­ter­grund gedrängt. Aber nach über zwei Jah­ren ist Coro­na noch immer nicht vor­bei, und es wird immer deut­li­cher, dass es die­ses Vor­bei­sein viel­leicht gar nicht geben wird. 

Und ich hat­te ver­mu­tet, dass die fünf­te Wel­le jetzt rapi­de zurück­geht, aber dem ist nicht so. Ob es an der Omi­kron-Sub­va­ri­an­te BA.2 liegt, an den zwi­schen­zeit­lich vor­ge­nom­me­nen Locke­run­gen, an Fasching und Kar­ne­val oder an zuneh­men­den Zah­len von Reinfek­tio­nen: gera­de geht die Inzi­denz in Baden-Würt­tem­berg wie­der steil nach oben. Und die Zahl der Infek­tio­nen im nähe­ren oder wei­te­ren Umfeld, von denen man so hört, nimmt eben­falls rapi­de zu. Die fünf­te Wel­le wird also ent­we­der zu einem Hoch­pla­teau oder wir krie­gen in Kür­ze eine sechs­te Wel­le und immer wei­te­re Aus­brü­che bis in den Som­mer hin­ein. Ein Rück­gang der Inzi­denz, inzwi­schen deut­lich über 1500, zeich­net sich jeden­falls nicht ab. Wie es dann im Win­ter aus­se­hen wird? Kei­ne Ahnung. Mich macht das ratlos.

Und ja, eigent­lich will jetzt nie­mand mehr etwas von Coro­na hören. Wer sich imp­fen las­sen woll­te, ist geimpft (gut drei Vier­tel) und geboos­tert (etwa die Hälf­te) – auch mit Nova­vax als eher klas­si­schem Impf­stoff ist die Zahl der neu­en Imp­fun­gen nahe­zu zum Erlie­gen gekom­men. An der Geschich­te, dass eini­ge zusätz­li­che Impf­lin­ge dazu kom­men wür­den, wenn es denn erst einen Impf­stoff gibt, der nicht auf mRNA und Pro­te­in­schnipp­seln basiert, war wohl nicht so viel dran.

In die­ser Situa­ti­on stel­len heu­te die Minis­ter Busch­mann (FDP) und Lau­ter­bach (SPD) ihren Kom­pro­miss dazu vor, wie der Werk­zeug­kof­fer für wei­te­re Schutz­maß­nah­men für die Län­der ab dem 20. März aus­se­hen wird. Die FDP hat längst einen „Free­dom Day“ aus­ge­ru­fen, nur irgend­wie ver­ges­sen, dass auch dem Virus mit­zu­tei­len. Aber sie hält stur dar­an fest, dass so gut wie alle Maß­nah­men ab dem 20. März ent­fal­len und unmög­lich gemacht wer­den sol­len. Egal, wie groß die Pro­tes­te – bei­spiels­wei­se von Minis­ter­prä­si­dent Kret­sch­mann aus der Coro­na-Iso­la­ti­on – sind. Und Lau­ter­bach ver­kün­det das als guten Kom­pro­miss, mit dem „wir“ bis zum Herbst – dann läuft der näm­lich aus – arbei­ten können.

Soweit ich das ver­ste­he, ent­zieht die­ser „Kom­pro­miss“ de Län­dern die Mög­lich­keit, Abstands­ge­bo­te und Mas­ken­pflich­ten vor­zu­schrei­ben, aus­ge­nom­men ist der ÖPNV. Eine Grund­la­ge für Mas­ken als effek­tivs­tes Mit­tel des Anste­ckungs­schut­zes gibt es dann weder in Super­märk­ten noch in Schu­len. Immer­hin „darf“ in Schu­len wei­ter getes­tet wer­den – was das brin­gen soll, wenn dafür Schnell­tests ein­ge­setzt wer­den, die für Omi­kron nicht wirk­lich sen­si­tiv sind, und wenn damit nur nach­voll­zieh­bar wird, dass es zu Anste­ckun­gen kommt, ist mir nicht so ganz klar. 

Die klei­ne Hin­ter­tür (oder aus Lau­ter­bachs Sicht wohl der Grund, war­um er zustim­men kann) ist eine Hot­spot­re­ge­lung vor­ge­se­hen, d.h. bei beson­ders hohen Wer­ten (unklar, wel­che) oder beson­ders star­ken Belas­tun­gen der Kran­ken­häu­ser darf regio­nal abge­grenzt zu schär­fe­ren Mit­teln gegrif­fen wer­den. Ich ken­ne kei­ne Details, aber das gan­ze wirkt recht kom­pli­ziert. Und ich befürch­te, dass es auch hier Fuß­no­ten und Fuß­an­geln gibt, die den effek­ti­ven Infek­ti­ons­schutz durch den Ein­satz der Hot­spot­re­ge­lung erschweren.

Das gan­ze ist der Ent­wurf der Bun­des­re­gie­rung, der noch nicht mit den Frak­tio­nen der Ampel und auch nicht mit den Län­dern abge­stimmt ist. Inso­fern gibt es noch den Hauch einer Chan­ce, dass hier doch eine etwas ver­nünf­ti­ge­re Lösung her­aus­kommt, die nicht dar­aus besteht, sich die Hän­de auf den Rücken zu bin­den (bzw. den Län­dern die Hän­de auf den Rücken zu bin­den), und ein Virus durch­rau­schen zu las­sen, das wohl doch in einem nicht ganz klei­nen Teil der Fäl­le zu Spät­fol­gen, „Long Covid“ und kogni­ti­ven Beein­träch­ti­gun­gen führt. 

Soviel zur Zeit des Virus, oder dem jetzt in sein drit­tes Jahr gehen­den März 2020.