Auf Monsterjagd

Die meis­ten wer­den es ken­nen, von Par­tys oder vom Ver­such, Kin­der auf Bahn­fahr­ten zu beschäf­ti­gen: Ein Papier wird mehr­fach gefal­tet, reih­um wird ein Teil einer Per­son gemalt, ohne den Rest zu ken­nen, und das Ergeb­nis sieht dann meist ganz lus­tig aus.

Das gibt es auch in digi­tal, unter monsterland.net fin­det sich bei­spiels­wei­se ein sol­ches Online­spiel. Damit lässt sich sehr viel Zeit ver­brin­gen, ins­be­son­de­re dann, wenn eine Ein­ga­be per Stift und damit ein ech­tes Zeich­nen mög­lich ist. Die ent­ste­hen­den Mons­ter sind teil­wei­se kunst­voll, teil­wei­se über­ra­schend – und teil­wei­se gro­ßer Mist. Wie bei der Papier­va­ri­an­te kommt es dar­auf an, dass die Über­gän­ge zwi­schen Kopf, Bauch und Füßen hin­rei­chend klar sind, so dass die nächs­te Per­son weiß, was sie zu tun hat. Und je nach­dem kann die Freu­de oder die Ent­täu­schung groß sein, wenn das „eige­ne“ Mons­ter sich als Schön­heit ent­puppt oder völ­lig ver­hunzt ist, weil die drit­te Zeichner*in par­tout nicht kapiert hat, was die Idee war. Und manch­mal ent­ste­hen aus uner­war­te­ten Kom­bi­na­tio­nen über­ra­schen­de Dinge.

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Science Fiction und Fantasy im Frühjahr 2022, Teil II

Miri im Regal

Nach­dem ich vor ein paar Tagen etwas zu den Fil­men und Seri­en geschrie­ben habe, die ich in die­sem Früh­jahr ange­schaut habe, nun zur (digi­tal) gedruck­ten Literatur.

Ich fan­ge „meta“ an – mit zwei Büchern, die sich auf unter­schied­li­chen Enden der Kom­ple­xi­täts­ska­la mit SF als Lite­ra­tur­gen­re aus­ein­an­der­set­zen. Das ist zum einen der im Ori­gi­nal fran­zö­si­sche Comic Die Geschich­te der Sci­ence-Fic­tion (2021) von Xavier Dol­lo und Dji­bril Moris­se­te-Phan. Nett, auch die Idee, Autor*innen und deren erfun­den­de Wel­ten als Teil der Lehr­ge­schich­te auf­tau­chen zu las­sen – aber irgend­wie wur­de mir nicht so ganz klar, an wen sich das rich­tet. Für eine tie­fer­ge­hen­de Aus­ein­an­der­set­zung mit der Geschich­te der SF ist’s dann doch zu ober­fläch­lich, zudem sind sei­ten­lan­ge in Groß­buch­sta­ben ver­fass­te Info­bo­xen eher nicht so pri­ckelnd. Einer gan­zen Rei­he der Buch‑, Film- und Comic­emp­feh­lun­gen, die am Rand des Comics emp­foh­len wer­den, bezie­hen sich auf die fran­zö­si­sche Gen­re­ge­schich­te und sind hier nicht erhält­lich. Wer noch nichts über die Geschich­te der Sci­ence Fic­tion als Gen­re weiß, wird durch die­ses Buch eher ver­wirrt – wer sich schon damit aus­kennt, wird rela­tiv bald unge­dul­dig. Viel­leicht wäre das gan­ze als inter­ak­ti­ve Web­site inter­es­san­ter als als gedruck­tes Buch. 

Am ande­ren Ende der Kom­ple­xi­täts­ska­la liegt Diet­mar Daths Nie­ge­schich­te. Sci­ence Fic­tion als Kunst- und Denk­ma­schi­ne (2019). Auf fast tau­send Sei­ten ent­wi­ckelt Dath – der ja auch selbst Autor im Gen­re ist – eine an Bei­spie­len und bio­gra­fisch-poli­tisch Exkur­sen rei­che Ana­ly­se der Funk­ti­on von Sci­ence Fic­tion, die auch für Genrekenner*innen noch Ent­de­ckun­gen bereit hält. Das ist aller­dings ein Werk, das stu­diert wer­den muss. Ins­be­son­de­re die zugrun­de­lie­gen­de Theo­rie, die im Begriff des alge­bra­ischen „Auf­he­bungs­funk­tors“ und der „Neg­in­duk­ti­on“ mün­det, stellt Grau­brot oder schlim­me­res dar, und muss erst ein­mal durch­dacht wer­den, um die rest­li­chen 900 Sei­ten mit Genuss und Erkennt­nis­ge­winn zu lesen. Deut­lich wird jeden­falls die Ein­bet­tung der SF-Kunst­pro­duk­ti­on in ihre jewei­li­gen gesell­schaft­li­chen Ver­hält­nis­se – und deut­lich wird auch, dass das in Geschich­ten gepack­te Nach­den­ken dar­über, wie der Lauf der Din­ge wäre, eigent­lich nie unpo­li­tisch ist, und trotz­dem nicht ein­fach nur ein Werk­zeug ist, son­dern einen eige­nen lite­ra­ri­schen Anspruch entwickelt.

Soweit zum Lesen von Tex­ten über Sci­ence Fic­tion – jetzt zur SF selbst.

Von dem nige­ria­nisch-bri­ti­schen Autor Tade Thomp­son habe ich Rose­wa­ter (2016) gele­sen – ein gar nicht so ein­fach auf einen Punkt zu brin­gen­der Roman aus den 2050er/20260er Jah­ren. Er spielt weit­ge­hend in Nige­ria, an einem Ort namens Rose­wa­ter, der durch eine gigan­ti­sche, undurch­dring­li­che Kup­pel gekenn­zeich­net ist, die das Ali­en Worm­wood errich­tet hat. Die Haupt­per­son, Kaa­ro, ist/war Spe­zi­al­agent mit psy­chi­schen Fähig­kei­ten – und soll nun her­aus­fin­den, war­um „Sen­si­ti­ve“ wie er plötz­lich erkran­ken und ster­ben. Neben der durch­aus packen­den (und mei­nes Erach­tens gut ver­film­ba­ren) Hand­lung kann der Roman auch als Aus­ein­an­der­set­zung mit Hybri­di­sie­rung und lokaler/globaler Kul­tur in Nige­ria gele­sen werden.

Auf Up against it (2011) von Lau­ra Mixon bin ich gesto­ßen, weil Cory Doc­to­row über die jetzt erschie­ne­ne Neu­auf­la­ge get­wit­tert hat. Und hey – es ist extrem bedau­er­lich, Mixon und ihr Buch erst jetzt ent­deckt zu haben. Mich erin­ner­te das Set­ting etwas an The Expan­se (der ers­te Band davon ist eben­falls 2011 erschie­nen), ins­be­son­de­re mit Blick auf die Kon­flik­te zwi­schen Erde und Astro­iden-Sied­lung, letz­te­re der Ort der Hand­lung. Zugleich ist Mixon eine wür­di­ge Nach­fol­ge­rung der cyber­pun­ki­gen Spiel­art der Space Ope­ra (ich den­ke da an Bruce Ster­lings Schis­ma­trix [das Mixon die Idee eines Viri­di­an Move­ments von ihm über­nom­men hat, spricht für sich und für sie] oder die Welt­raum-Bücher von Micha­el Swan­wick), und auch der eine oder ande­re Bezug zu Snow Crash von Neal Ste­phen­son lie­ße sich her­stel­len. Die inein­an­der ver­schränk­ten Fokus­punk­te, die Mixon benutzt, sind zum einen der Blick von Geoff, einem Teen­ager, der lie­ber (Nano-)Dinge zusam­men­hackt, als etwas sinn­vol­les zu tun, und der der Admi­nis­tra­to­rin Jane, die das Wohl­erge­hen der gan­zen Kolo­nie vor Augen hat, und gleich­zei­tig in Macht­spie­len gefan­gen ist. Geoffs Bru­der kommt ums Leben – was erst wie ein Unfall aus­sieht, ist ein Mord – und nur der Beginn einer Ent­wick­lung, die ganz Pho­caea in Gefahr brin­gen kann. Mir hat’s sehr gut gefallen.

Eben­falls Space Ope­ra, aber ganz anders gear­tet, sind eini­ge der Kurz­ge­schich­ten und Novel­len von Ali­et­te de Bodard, die ich erst jetzt für mich ent­deckt habe. Wäh­rend ich mit der Urban Fan­ta­sy Of Dra­gons, Feasts and Mur­ders (2020) nicht viel anfan­gen konn­te, viel­leicht auch, weil ich mich in die S/M‑Beziehung zwi­schen den bei­den Haupt­per­so­nen nicht so rich­tig ein­füh­len konn­te, bin ich an ihren Xuya-Uni­ver­se-Geschich­ten hän­gen geblie­ben. Im ein­zel­nen sind das die Novel­len On a Red Sta­ti­on, Drif­ting [2012], The Cita­del of Wee­ping Pearls [2015], The Tea Mas­ter and the Detec­ti­ve [2018] und Seven of Infi­ni­ties [2020] sowie diver­se Kurz­ge­schich­ten. Die gemein­sa­me Welt (zum Teil tau­chen auch Per­so­nen aus der einen Novel­le im Hin­ter­grund der ande­ren auf) ist ein viet­na­me­sisch gepräg­tes Welt­raum­im­pe­ri­um. Wer­te wie die Ach­tung der Fami­lie und eine strik­te Hier­ar­chie zie­hen sich hier eben­so durch wie AIs, die auf Har­mo­nie­leh­ren auf­bau­en, über­licht­schnel­le Schif­fe steu­ern und Raum­sta­tio­nen kon­trol­lie­ren oder Memo­ry­chips, die den Rat der ver­stor­be­nen Älte­ren immer parat hal­ten – kom­bi­niert mit quee­ren Roman­zen, Kri­mi­nal­fäl­len und Sozi­al­stu­di­en. Eine lesens­wer­te und zu recht mehr­fach preis­ge­krön­te Mischung.

Adri­an Tchai­kovs­kys Elder Race (2021) wirkt erst ein­mal wie Fan­ta­sy – es gibt eine Köni­gin und mit­ein­an­der im Krieg lie­gen­de König­rei­che, es gibt Gerüch­te über Magie und dunk­le Dämo­nen, und auf dem Berg in einem Turm lebt ein Zau­be­rer. Rela­tiv bald ist klar, dass der ein Anthro­po­lo­ge ist (des­we­gen auch die Ver­glei­che mit Le Guin in den Buch­be­spre­chun­gen; ganz die­sen Sta­tus erreicht das Buch mei­ner Mei­nung nach aber nicht), dass es hier um eine ver­ges­se­ne Kolo­nie geht, und dass das, was wie Magie aus­sieht, eigent­lich Tech­no­lo­gie ist. Inter­es­sant wird das Buch durch die dop­pel­te Per­spek­ti­ve – mit Lynes­se sind wir in einem Aben­teu­er­ro­man, mit Nyr in einer Lost-Colo­ny-Geschich­te, und das wech­selt von Kapi­tel zu Kapi­tel, bis die Per­spek­ti­ven begin­nen, sich zu schneiden.

Defi­ni­tiv kei­ne Sci­ence Fic­tion ist dage­gen Fran­ce­s­ca Mays Wild and Wicked Things (2022) – Eng­land nach dem ers­ten Welt­krieg, es gibt Magie, die aller­dings nach dem Ein­satz im Krieg ver­bo­ten und ver­pönt ist. Annie Mason kommt nach Crow Island, um das Erbe ihres Vaters anzu­tre­ten und den Kon­takt zu ihrer Freun­din Bea­tri­ce wie­der her­zu­stel­len. Es gibt Gerüch­te dar­über, dass Magie auf Crow Island gelebt wird – ins­be­son­de­re die Par­tys im Delacroix-Haus sind berüch­tigt. Annie fühlt sich zu Emmel­ine Delacroix hin­ge­zo­gen – und gerät immer tie­fer in die Welt der Magie, die ihre Kos­ten hat. Das Buch ist fes­selnd geschrie­ben und bringt das Zeit­ge­fühl die­ser Zwi­schen­kriegs­zeit sehr gut rüber; in gewis­ser Wei­se muss­te ich daher beim Lesen an Vogts Anar­chie Déco den­ken – bei­den Büchern gemein­sam ist die unge­fäh­re Epo­che, eine que­e­re Lie­bes­ge­schich­te und eben eine Alter­na­tiv­welt­ge­schich­te, in der es Magie gibt – aber so rich­tig leben­dig wird all das für mich bei May und nicht bei den Vogts. 

Nicht wirk­lich emp­feh­len möch­te ich am Schluss Kame­ron Hur­leys Empire Ascen­dant (2015), den zwei­ten Teil ihrer World­brea­k­er-Geschich­te. Ich muss­te mich eher durch­ar­bei­ten, die Viel­zahl an Per­spek­ti­ven mit jeweils unter­schied­li­chen Kon­ven­tio­nen lässt den Über­blick schnell ver­mis­sen. Wer epi­sche Fan­ta­sy – hier ver­mischt mit Par­al­lel­wel­ten – mag, wird eini­ges an Empire Ascen­dant span­nend fin­den, mir war das zu voll­ge­packt, und teil­wei­se auch zu grau­sam. Band 2 gele­sen habe ich vor allem, weil ich am Schluss von Band 1 wis­sen woll­te, wie es wei­ter­geht.. Teil 3 wer­de ich aber erst mal nicht lesen.

Photo of the week: A murder of crows VIII

A murder of crows VIII

 
Vor ein paar Tagen stell­te ich fest, dass diver­se Vogel- und Herbst­land­schafts­fo­tos aus dem Novem­ber noch unbe­ar­bei­tet auf mei­ner Fest­plat­te lagen. Zumin­dest eines davon möch­te ich ger­ne zei­gen – ein Krä­hen­schwarm in Akti­on. Oder, wenn die Augen zuge­knif­fen wer­den: viel­leicht sind es auch Stri­che eines Tuschepinsels.

Science Fiction und Fantasy im Frühling 2022, Teil I

All­mäh­lich wird es Zeit, die gan­zen Bücher und Filme/Serien, die ich im Früh­jahr ange­schaut habe, Revue pas­sie­ren zu las­sen. Und aus Grün­den tei­le ich das in zwei Bei­trä­ge – heu­te die Fil­me und Seri­en, die Bücher und Kurz­ge­schich­ten fol­gen spä­ter. Ange­guckt habe ich näm­lich – neben einem Rewatch der „Umbrel­la Aca­de­my“ mit mei­nen Kin­dern – ziem­lich viel. Also, eigent­lich nur einen Film – The Green Knight – und gleich vier­ein­halb Serien.

The Green Knight (2021), eine Adap­ti­on der Arthus-Sage, ist ver­dich­tet, hübsch anzu­schau­en, selt­sam, teil­wei­se poe­tisch, und das Ende ist unbe­frie­di­gend düs­ter. Letzt­lich steckt hier in etwas über zwei Stun­den ähn­lich viel Stoff wie in einer gan­zen Staf­fel einer Fan­ta­sy-Serie, aber im ver­dich­te­ten Fokus auf den jun­gen Sir Gawain (der nicht der titel­ge­ben­de Green Knight ist). Also durch­aus inter­es­sant und anse­hens­wert. Und man­ches erschließt sich erst im Nach­le­sen der Wiki­pe­dia-Beschrei­bung. (Machen das ande­re Men­schen auch so, nach dem Film­gu­cken erst mal nach­zu­gu­cken, was sie da gese­hen haben?)

Blei­ben wir bei Fan­ta­sy: The Wheel of Time (2022) ist eine von Ama­zon Prime groß bewor­be­ne Ver­fil­mung der Bücher (ab 1990 erschie­nen) von Robert Jor­dan, die ich aller­dings nicht gele­sen habe. In gewis­ser Wei­se das übli­che: Aus­er­wähl­te, Trau­ma­ti­sie­rung, ein Quest, der Kampf Hell gegen Dun­kel, ein Magie­sys­tem und eine unter­ge­gan­ge­ne Welt. Mir haben sowohl das Cas­ting der Haupt­per­so­nen als auch die Aus­stat­tung, die Kos­tü­me und der Wel­ten­bau (bei allen Plau­si­bi­li­täts­fra­gen) gut gefal­len. Was wahr­schein­lich auf die Vor­la­ge zurück­zu­füh­ren ist, ist der die Serie durch­zie­hen­de Dua­lis­mus: es gibt eine hel­le und eine dunk­le Sei­te, und es gibt eine Welt der Frau­en und eine Welt der Män­ner, die sich durch den Zugan­g/­Nicht-Zugang zu Magie unter­schei­det. Posi­tiv betrach­tet führt das in der ers­ten Staf­fel zu star­ken weib­li­chen Haupt­per­so­nen, aller­dings schwingt für mich da immer auch mehr als ein Hauch Essen­tia­lis­mus mit. Der zwei­te Punkt, bei dem ich mir nicht so sicher bin, was ich davon hal­ten soll (und wie viel davon aus Jor­dans Büchern kommt) ist der Umgang mit den fan­ta­sy-typi­schen sekun­da­ri­sier­ten eth­ni­schen Zuschrei­bun­gen. Das führt einer­seits zu einer im posi­ti­ven Sin­ne sehr divers aus­ge­stal­te­ten Welt, in der unter­schied­li­che Kul­tu­ren, Haut­far­ben, Her­künf­te vor­kom­men, ande­rer­seits sind das teil­wei­se nur sehr dünn über­tünch­te Kli­schees real exis­tie­ren­der Kul­tu­ren, von tra­vel­lers über pseu­do-ara­bi­sche bis hin zu irgend­wie asia­ti­schen Tra­di­tio­nen. Rich­tig selt­sam wird das, wenn einem auf­fällt, dass die wich­tigs­ten Ant­ago­nis­ten der ers­ten Staf­fel dun­kel­häu­tig sind – und der Haupt­geg­ner, The Dark One, bzw. sein Ava­tar Isha­ma­el, an anti­se­mi­ti­sche Kari­ka­tu­ren erin­nert. Soll das so sein?

Die zwei­te Ver­fil­mung einer Buch­rei­he mit Klas­si­ker­sta­tus, die ich mir ange­schaut habe, ist die ers­te Staf­fel von Foun­da­ti­on (2021) nach den Büchern von Isaac Asi­mov. Nomi­nell Sci­ence Fic­tion, in der Jahr­tau­sen­de umspan­nen­den, teil­wei­se mythisch auf­ge­la­de­nen Fas­sung von Sci­ence Fic­tion taucht dann aber doch das eine oder ande­re Fan­ta­sy-Ele­ment auf. Es ist eine Wei­le her, dass ich Asi­movs Foun­da­ti­on gele­sen habe, und ich war mir nicht so sicher, wie die dem Buch zugrun­de­lie­gen­de Psy­cho­his­to­rik als mathe­ma­tisch-sto­chas­tisch basier­ter Blick in die Zukunft in Bil­der umsetz­bar ist. Das ist der Ver­fil­mung gut gelun­gen, wie über­haupt eini­ges an Wow-Effek­ten und span­nen­den ästhe­ti­schen Ent­schei­dun­gen in der ers­ten Staf­fel steckt. Und die Moder­ni­sie­run­gen, die Apple TV bei der Ver­fil­mung vor­ge­nom­men hat – etwa die Ein­fü­gung der einen oder ande­ren weib­li­chen Haupt­per­son in das weit­ge­hend rein männ­li­che Per­so­nal der 1951er Buch­fas­sung – fin­de ich ziel­füh­rend und sinn­voll. Anschaubar.

Und noch eine Buch­ver­fil­mung – The Expan­se ist mit sechs­ten Staf­fel (2021/22) zu Ende gegan­gen, und es ist klar, dass trotz des einen oder ande­ren offe­nen Hand­lungs­fa­dens und Vor­ah­nung wohl – zunächst – kei­ne Fort­set­zung geplant ist. Was scha­de ist, aber immer­hin kommt die Serie in der sechs­ten Staf­fel in gelun­ge­ner Wei­se zu einem Ende. Über alle sechs Staf­fel hin­weg über­zeug­te mich die Mischung aus gro­ßer sola­rer Geo­po­li­tik zwi­schen Erde, Mars und dem „Belt“, dem Aste­ro­iden­gür­tel – und jetzt der Welt hin­ter dem Ring -, über­wie­gend rea­lis­ti­scher Sci­ence-Fic­tion (mit einem zum Glück nur in klei­nen Men­gen bei­gemisch­tem Anteil Hor­ror) und den per­sön­li­chen Ent­wick­lun­gen und Span­nun­gen in der Besat­zung der Rocinan­te. Viel­leicht geht’s ja doch noch weiter.

Dann noch­mal Sci­ence Fic­tion – die zwei­te Staf­fel von Picard (2022) spielt zwar nomi­nell im Star-Trek-Uni­ver­sum, ist aber eigent­lich eine ganz ande­re Geschich­te – über den inner space von Picard und die Trau­ma­ta, die er in sei­ner Kind­heit erlebt hat, über die Ein­sam­keit der Borg – und über die 2020er Jah­re auf der Erde. Dass dafür ein ganz gro­ßer Zeit­rei­se-Bogen gespannt wer­den muss, und nicht immer alles logisch auf­ein­an­der auf­baut: geschenkt. 

Und last but not least: Net­flix hat sei­ner Hor­ror/­Sci­ence-Fic­tion-Antho­lo­gie Love, Death & Robots (2022) eine drit­te Staf­fel gegönnt. Ich habe noch nicht alle Fol­gen ange­schaut, fin­de aber das Kon­zept, Kurz­ge­schich­ten knapp (10–20 Minu­ten je Fol­ge) zu ver­fil­men, zumeist als 3D-Ani­ma­ti­on, durch­aus über­zeu­gend. „The Swarm“ basie­rend auf einer schon etli­che Jah­re alten Kurz­ge­schich­te von Bruce Ster­ling ist nah am Text, wirk­te mir optisch aber zu sehr nach Com­pu­ter­spiel (und außer­dem habe ich mir den Schwarm ganz anders vor­ge­stellt). John Scal­zis drei Robo­ter sind dage­gen ein extrem pas­sen­der Kom­men­tar zur aktu­el­len Lage in den USA. Beson­ders emp­feh­lens­wert fin­de ich die Ver­fil­mung von Micha­el Swan­wicks „The Very Pul­se of the Machi­ne“, allein schon wegen der an Moe­bi­us erin­nern­den gra­fi­schen Umsetzung.

Fahren ohne Führerschein …

… geht mit Bus und Bahn genau­so wie auf dem Fahr­rad. Dazu habe ich mei­nen Twit­ter-Fol­lo­wern eine Fra­ge gestellt, und fin­de – auch wenn’s nicht reprä­sen­ta­tiv ist – das Ergeb­nis doch ganz interessant.

Mit­ge­macht haben 188 Per­so­nen, das Ergeb­nis ist über die Zeit erstaun­lich sta­bil geblie­ben: Etwa ein Sechs­tel hat kei­nen Füh­rer­schein, der über­wie­gen­de Teil davon ist damit zufrie­den. Fünf Sechs­tel der Befrag­ten (83 %) haben den Füh­rer­schein gemacht. Span­nend fin­de ich den rela­tiv gro­ßen Teil der­je­ni­gen, die zwar einen Füh­rer­schein haben, die­sen aber nicht (oder sel­ten … so genau lässt sich das in einer Twit­ter-Umfra­ge nicht dif­fe­ren­zie­ren) nut­zen. Das ist immer­hin ein Drit­tel aller, die sich an der Umfra­ge betei­ligt haben. Oder anders gesagt: nur die Hälf­te der­je­ni­gen, die an der Umfra­ge teil­ge­nom­men haben, sind aktiv mit dem Auto unter­wegs. Die ande­re Hälf­te scheint ohne (selbst gefah­re­nes) Auto mobil zu sein.

Ich fin­de das span­nend, weil ich – bewusst ohne Füh­rer­schein – einer­seits immer das Gefühl habe, zu einer klei­nen Min­der­heit zu gehö­ren. Das stimmt mit Blick auf die Umfra­ge auch. Ande­rer­seits ist die­se Min­der­heit gar nicht so klein, wenn dar­auf geschaut wird, wer aktiv Auto fährt – und wer nicht. 

Eine kur­so­ri­sche Suche im Web bestä­tigt die oben genann­ten Zah­len übri­gens in etwa: Dem­nach haben etwa 17 Pro­zent der Deut­schen ab 14 Jah­ren kei­nen Füh­rer­schein. Nach die­ser Quel­le sind es 12,4 Pro­zent der Deut­schen ab 18 Jah­re. Die amt­li­che Sta­tis­tik beim Kraft­fahr­zeug­bun­des­amt hilft lei­der nicht wei­ter, da erst ab 1999 zen­tral erfasst, wer eine „Fahr­erlaub­nis“ besitzt. Und Desta­tis hat zwar eine schö­ne Bro­schü­re mit ver­schie­de­nen Sta­tis­ti­ken rund um den Ver­kehr, aber auch kei­ne Aus­sa­ge zum Führerschein.

Span­nend fin­de ich die­se Zah­len auch mit Blick auf das Neun-Euro-Ticket, das ja ab 1. Juni genutzt wer­den kann. Die Ent­ste­hungs­ge­schich­te – als Kom­pen­sa­ti­ons­ge­schäft zum Tan­kra­batt – ist viel­leicht kei­ne Jubel­ge­schich­te, die Fra­ge, ob es aus­fi­nan­ziert ist, ist zwi­schen Bund und Län­dern nach wie vor umstrit­ten. Und ob die Feri­en­mo­na­te und ein öffent­li­cher Dis­kurs, der vor allem die tou­ris­ti­sche Nut­zung her­vor­hebt, ide­al sind, sei auch dahin­ge­stellt. Trotz­dem ist das Neun-Euro-Ticket sowas wie ein Groß­ver­such, ob ticket­frei­er („kos­ten­lo­ser“) Nah­ver­kehr funktioniert. 

Das Ticket hat ja meh­re­re Aspek­te: für Men­schen, die jetzt schon eine Abo-Kar­te im Nah­ver­kehr nut­zen, ist es schlicht eine deut­li­che Kos­ten­re­du­zie­rung, zumin­dest in Frei­burg, hier kann die Dif­fe­renz zum Abo­preis erstat­tet wer­den; ob alle Ver­kehrs­be­trie­be das so hand­ha­ben, weiß ich nicht. Eben­so dürf­te es bei denen aus­se­hen, die bis­her mit Ein­zel­kar­ten im ÖPNV unter­wegs waren. Auch da lohnt sich ab weni­gen Fahr­ten dann das Neun-Euro-Ticket, und auch hier ist es eher eine Kos­ten­re­du­zie­rung und damit in gewis­ser Wei­se eine sozia­le Leis­tung, ver­bun­den mit dem Vor­teil, nicht bei jeder Fahrt auf den Preis schau­en zu müs­sen, son­dern belie­big oft und über Ver­bund­gren­zen hin­weg fah­ren zu können.

Dann stellt sich die Fra­ge, ob das Ticket – ähn­lich wie beim Schö­nen-Wochen­end-Ticket der 1990er Jah­re – zusätz­li­chen Ver­kehr pro­du­ziert. Bei den Regio­nal­zü­gen der Bahn bin ich mir ziem­lich sicher, dass das der Fall sein wird. Für den All­tags­ver­kehr in den Städ­ten wäre mei­ne Ver­mu­tung, dass das eher nicht in gro­ßem Umfang der Fall sein wird. Ich hof­fe, dass irgend­wer das gut beob­ach­tet und aus­wer­tet – und dass ab Sep­tem­ber dann die rich­ti­gen Schlüs­se für einen zukunfts­fä­hi­gen Nah­ver­kehr dar­aus gezo­gen werden.

Das 365-Euro-Ticket für Jugend­li­che, das Baden-Würt­tem­berg ab März 2023 ein­führt, und das dann im gan­zen Land genutzt wer­den kann, ist ein Bei­spiel dafür, in wel­che Rich­tung es gehen kann.

Klar ist aber auch: ohne ein bes­se­res Ange­bot, dich­te­re Tak­te (ich will nicht gucken müs­sen, wann der nächs­te Bus, die nächs­te Stra­ßen­bahn fährt) und eine Kopp­lung zum Bei­spiel mit Leih­fahr­rä­dern (Fre­lo läuft hier wun­der­bar) wird es nichts mit einer dau­er­haf­ten Ver­grö­ße­rung des Teils der Men­schen, die ihren All­tags­ver­kehr ohne Auto zurücklegen.