Kurz: Polizei, ach Polizei (Update 5: Demo-Nachberichterstattung)

Was muss ich heu­te auf der Web­site mei­ner Uni lesen:

Anläss­lich des NATO-Gip­fels wur­den bereits meh­re­re Demons­tra­tio­nen ange­kün­digt. Bei der Groß­de­mons­tra­ti­on, die am Mon­tag, den 30. März 2009 in Frei­burg statt­fin­den soll wer­den meh­re­re tau­send Teil­neh­mer erwar­tet. Die Poli­zei rech­net hier mit gewalt­be­rei­ten Teil­neh­mern und ent­spre­chen­den Aktio­nen. Ins­be­son­de­re im Uni­ver­si­täts­zen­trum wird daher um erhöh­te Auf­merk­sam­keit gebe­ten. Abhän­gig vom Ver­lauf kann es zu Behin­de­run­gen bzw. kurz­zei­ti­gen Gebäu­de­schlie­ßun­gen kommen. 

Häu­ser­kampf im KG II? Oder doch eher die ers­ten Vor­bo­ten von ange­streb­ten Ein­kes­se­lun­gen und einer Poli­zei­tak­tik der har­ten Hand, wie sie sich in den letz­ten Wochen abzeich­net? Und einer rhe­to­ri­schen Dämo­ni­sie­rung der Demons­trie­ren­den, schon im Vorfeld?

Update: Zum sel­ben The­ma sie­he auch Kampf­flug­zeu­ge über Kehl bei GruenesFreiburg.

Update 2: (29.3.09) Jens Kitz­ler hat im Sonn­tag einen guten Arti­kel über die Panik­ma­che, inkl. der Uni-War­nung (die übri­gens, so heißt es jeden­falls auf der u‑as­ta-Mai­ling­lis­te, direkt von der Poli­zei über­nom­men wur­de). Beson­ders selt­sam die „BILD“, die Jens auch zitiert. Die titelt näm­lich: „Vier Tage vor Nato-Gip­fel: Chao­ten-Krieg in Frei­burg?“. Heu­te war die Stadt jeden­falls schon mal dicht. Grund: Stadt-Mara­thon mit weit­räu­mi­gen Absperrungen …

Update 3: (30.3.09) Aus dem u‑as­ta-Umfeld gibt es inzwi­schen auch einen offe­nen Brief zum The­ma Polizeiwarnung/Unisperrung: nach­zu­le­sen z.B. bei Kon­stan­tin Goer­lich. Die Grund­in­ten­ti­on des Briefs fin­de ich rich­tig – Uni soll nicht ein­fach Panik­ma­che der Poli­zei über­neh­men – die dar­über hin­aus­ge­hen­den For­de­run­gen bzgl. des kri­ti­schen Auf­trags der Uni fin­de ich etwas schwer mit den der­zei­ti­gen Rea­li­tä­ten in Ein­klang zu brin­gen (und habe u.a. des­we­gen nicht unter­schrie­ben). Trotz­dem eine inter­es­san­te Initiative.

Update 4: BaWü-Innen­mi­nis­ter Rech laut Spie­gel online: „Die Per­so­nen aus der Sze­ne, die in der Ver­gan­gen­heit mit gewalt­tä­ti­gen Aktio­nen in Erschei­nung getre­ten sind, müs­sen mit uns rech­nen. Sie sol­len wis­sen, dass wir sie im Auge haben“ – Mel­de­auf­la­gen für „Ange­hö­ri­ge der links­extre­men Szene“. 

Über die Frei­bur­ger Demo berich­tet übri­gens fud­der live. Und hier der neus­te BZ-Arti­kel dazu.

Update 5: (31.3.09) Trotz Panik­ma­che blieb die Demo fried­lich. Zwi­schen­zeit­lich titel­te die BZ online noch „Rie­si­ges Poli­zei­auf­ge­bot garan­tiert fried­li­che Demo“, inzwi­schen ist der Satz nicht mehr zu fin­den, statt des­sen gibt’s einen ganz guten Kom­men­tar zum The­ma Wo die BILD-Zei­tung irrt. Von mir gibt’s ein biß­chen was auf http://blog.gruene-bw.de.

Andrang auf den Freiburger Gemeinderat – und die Folgen?

Hinter Gittern I

Wäh­rend im Land­kreis Breis­gau-Hoch­schwarz­wald mit Ort­schafts­rat, Gemein­de­rat und Kreis­tag bei der Kom­mu­nal­wahl Anfang Juni bis zu drei kom­mu­na­le Gre­mi­en zu wäh­len sind, ist es für die meis­ten Bür­ge­rIn­nen Frei­burgs nur der Stadt­rat. Viel­leicht auch des­halb ist der Andrang umso grö­ßer. Laut Badi­scher Zei­tung haben bis­her elf Lis­ten erklärt, für die Wahl anzu­tre­ten. 1994 waren es zwölf, von denen zehn dann auch in den Stadt­rat ein­ge­zo­gen sind. Aber das kann ja noch wer­den (nein, ich will damit kei­ne Gerüch­te in die Welt setzen).

Mal schau­en, ob wir die Lis­ten zusammenkriegen.

Da sind zum einen die Grup­pie­run­gen, die bis­her schon im 48-köp­fi­gen Gemein­de­rat sitzen:

1. Bünd­nis 90/Die Grü­nen11 Sit­ze 12 Sitze,
2. Jun­ges Frei­burg (der­zeit in Frak­ti­ons­ge­mein­schaft mit Bünd­nis 90/Die Grü­nen als „Jun­ges Freiburg/Die Grü­nen“) – waren mal 2 Sit­ze, einer davon ist aktu­ell Grü­ner (s. Kom­men­tar), tritt aller­dings jetzt für die Frei­en Wäh­ler an, also: 1 Sitz
3. Grü­ne Alter­na­ti­ve Frei­burg (Abspal­tung der grü­nen Frak­ti­on) – 2 Sitze

4. SPD – 8 Sitze

5. Lin­ke Lis­te (Links­par­tei, DKP, etc.) – 3 Sitze
6. Unab­hän­gi­ge Frau­en – 1 Sitz
7. Kul­tur­lis­te – 2 Sitze
(alle drei in einer Frak­ti­ons­ge­mein­schaft)

8. Freie Wäh­ler – 4 Sitze

9. FDP – 2 Sitze

10. CDU – 13 Sitze

Neu hin­zu kommt laut dem oben zitier­ten BZ-Arti­kel als 11. die Lis­te „Für Frei­burg – Poli­tik aus christ­li­cher Ver­ant­wor­tung“, hin­ter der eine „Evan­ge­li­sche Alli­anz“ frei­kirch­lich-evan­ge­li­ka­ler Gemein­den steht (und auf der u.a., Auf­ma­cher des BZ-Arti­kels, zwei von den jewei­li­gen Grup­pie­run­gen nicht wie­der auf­ge­stell­te Stadt­rä­te der CDU und der Frei­en Wäh­ler kandidieren).

Grund für den Andrang ist natür­lich auch das baden-würt­tem­ber­gi­sche Kom­mu­nal­recht, dass kei­ne 5-%-Klausel kennt. Die Hür­de, einen Sitz zu errin­gen, ist also rela­tiv nied­rig. Eben­so kommt Kumu­lie­ren (einer Kan­di­da­tIn mehr als eine Stim­me geben) und Pana­schie­ren (Kan­di­da­tIn­nen einer ande­ren Lis­te mit auf die eigent­lich gewähl­te Lis­te schrei­ben) zum Einsatz. 

Ich hal­te es nicht für unwahr­schein­lich, dass noch eine 12. oder 13. Lis­te hin­zu­kommt (Rechts­extre­me oder auch die ÖDP, bei­spiels­wei­se). Wenn wir von 12 Lis­ten aus­ge­hen, sind das 576 Per­so­nen, die zur Wahl ste­hen. Ent­spre­chend umfang­reich sind die Stimm­zet­tel, ent­spre­chend spas­sig ist das Auszählen.

Bis­her war die Frak­ti­ons­ge­mein­schaft aus Grü­nen und Jun­gem Frei­burg stärks­te Grup­pie­rung im Gemein­de­rat. Dies könn­te sich mit der Kom­mu­nal­wahl im Juni ändern, falls es der Grü­nen Alter­na­ti­ve Frei­burg gelingt, Bünd­nis 90/Die Grü­nen zwei oder mehr Man­da­te abzu­neh­men, und wenn Jun­ges Frei­burg unter sei­ner – so neh­me ich das jeden­falls wahr – der­zei­ti­gen Kon­tur­lo­sig­keit lei­det. Aber auch die CDU wird mög­li­cher­wei­se an Freie Wäh­ler, die ja bekann­ter­ma­ßen noch im bun­des­wei­ten Auf­wind befind­li­che FDP oder eben die neue evan­ge­li­ka­le Lis­te abge­ben müs­sen. Zudem tre­ten bei der CDU eini­ge bekann­te Per­so­nen nicht wie­der an – bei den Grü­nen dafür vie­le erneut; auch das hat schon zu Kla­gen (im emo­tio­na­len Sin­ne ;-) Anlass gege­ben.

Es könn­te also sein, dass die bei­den größ­ten Grup­pie­run­gen im Gemein­de­rat an Stim­men und Sit­zen ver­lie­ren. Damit könn­te das kom­mu­na­le Äqui­va­lent zum bun­des­wei­ten „Fünf-Par­tei­en-Sys­tem“ wirk­kräf­tig wer­den – und viel­leicht wie­der wech­seln­de Mehr­hei­ten im Gemein­de­rat zum Regel­fall. Der­zeit ist es ja doch vor allem die hin­ter dem OB Die­ter Salo­mon ste­hen­de kon­ser­va­tiv-grü­ne Alli­anz aus CDU, JF/Grünen und Frei­en Wäh­lern, die ger­ne auch mal mehr­heit­lich durch­zockt, wenn ich das so sagen darf – aus mei­ner Sicht nicht immer zum Woh­le der Stadt. Das könn­te sich im nächs­ten Gemein­de­rat ändern. 

War­um blog­ge ich das? Weil ich zwar die­ses Jahr nicht auf der grü­nen Stadt­rats­lis­te ste­he (und auch nicht auf kei­ner ande­ren), aber trotz­dem die Frei­bur­ger Lokal­po­li­tik als Ein­woh­ner der Stadt gespannt beobachte.

Green City Freiburg wird nicht zur grünen Kapitale

Freiburg chestnuts IIIWie u.a. Grü­nes Frei­burg und die Badi­sche Zei­tung berich­ten, hat es Frei­burg zwar unter die Fina­lis­ten des Wett­be­werbs „Euro­pean Green Capi­tal“ der EU-Kom­mis­si­on geschafft, wur­de aber letzt­lich – mal wie­der – nicht aus­ge­wählt. Bleibt’s halt bei der loka­len inter­na­tio­nal bekann­ten „Green City“ für Frei­burg (mit knapp über 200.000 Ein­woh­ne­rIn­nen übri­gens so gra­de teilnahmeberichtigt).

Ganz über­zeu­gend fin­de ich die Aus­wahl aller­dings nicht. Die euro­päi­sche Umwelt­haupt­stadt 2010 ist Stock­holm. Gelobt wird hier das Ziel, bis 2050 Abschied von fos­si­len Ener­gie­trä­gern zu neh­men. Außer­dem wer­den die Grün­zü­ge und die Nähe zum Was­ser gelobt.

Noch dubio­ser sieht es bei Ham­burg, der euro­päi­schen Umwelt­haupt­stadt 2011, aus. Die Nähe zum Meer wird hier nicht erwähnt, dafür das CO2-Ver­mei­dungs­ziel und die Tat­sa­che, dass der Con­tai­ner­ha­fen nicht aus­ge­baut, son­dern ver­dich­tet wer­den soll (Elb­ver­tie­fung, anyo­ne?). Außer­dem wird das Nah­ver­kehrs­sys­tem gelobt – und die Kom­mu­ni­ka­ti­ons­stra­te­gie, per Zug zu werben. 

Visio­när erscheint mir das alles nicht, son­dern (für grö­ße­re deut­sche Städ­te) inzwi­schen ziem­lich nor­mal. Mal schau­en, was die­ser Award den Städ­ten tat­säch­lich bringt. Auch die „euro­päi­sche Kul­tur­haupt­stadt“ ist ja mehr Stadt­mar­ke­ting als sonst irgend­was. Mei­ne Pro­gno­se: auch 2012 wird Frei­burg (wobei da vor allem an die hie­si­ge Solar­bran­che und an Vau­ban und Rie­sel­feld zu den­ken ist) eben­so wie Müns­ter (Fahr­rad­stadt) in umwelt­po­li­tisch inter­es­sier­ten Krei­sen wei­ter­hin stär­ker als Umwelt­stadt wahr­ge­nom­men als die Metro­po­len Ham­burg oder Stock­holm. Ich bin also eher skep­tisch, ob die­se gan­zen Aus­schrei­bun­gen wirk­lich was brin­gen. Und stim­me Thors­ten von Grü­nes­Frei­burg zu, dass die­ser Aus­gang des Ver­fah­rens Ansporn sein soll­te, dass 

noch ein biss­chen gear­bei­tet wer­den [muss] – nur gut für Umwelt & Ein­woh­ne­rIn­nen und erfreu­lich für For­de­run­gen nach einem „noch grü­ne­ren“ Frei­burg, möch­te man meinen 

War­um blog­ge ich das? Weil ich ein biß­chen den Ver­dacht habe, dass eine gute städ­ti­sche Umwelt­po­li­tik es fast schon unnö­tig macht, die­se aktiv zu ver­mark­ten. Und in dem Sin­ne auch nicht so genau weiss, war­um sich Frei­burg da unbe­dingt bewer­ben musste.

Kurz: Problem: hohe Mieten, Lösung: Einwohner auswechseln

Viel­leicht ver­ste­he ich das in die­sem Arti­kel in der Badi­schen Zei­tung wie­der­ge­ge­be­ne Zitat des Immo­bi­li­en­ver­ban­des Deutsch­land (IVD), also die Mak­ler­lob­by, ja auch falsch. Aber irgend­wie erscheint mir fol­gen­de Sicht der Din­ge doch unlogisch.

Schritt 1:

Eine Stu­die fin­det her­aus, dass in Frei­burg 44 % des Ein­kom­mens für die Mie­te aus­ge­ge­ben wer­den (Ver­gleich Durch­schnitts­mie­te 75 qm / Durchschnittseinkommen)

Schritt 2:

In ande­ren Städ­ten liegt die­se Quo­te mit 35 % deut­lich niedriger.

Schritt 3:

„Und genau dar­auf woll­ten wir auch den Fokus rich­ten“, sagt Hugo Spren­ker, Vize­prä­si­dent des IVD-Bun­des­ver­ban­des und Frei­bur­ger Mak­ler. Die Frei­bur­ger Miet­prei­se sei­en nicht hor­rend, son­dern gemes­sen an Lage und Nach­fra­ge durch­aus ver­gleich­bar mit denen ähn­lich begehr­ter Städte. 

Begrün­det wird dass dann mit der hohen Zahl an Stu­die­ren­den, Pen­sio­nä­rIn­nen usw. Bleibt doch nur der Schluss: damit die Frei­bur­ger Ein­woh­ner­schaft end­lich in der Lage ist, ihre Mie­ten auch zu zah­len, muss sie aus­ge­wech­selt wer­den. Oder?