Zwei Flügel auf der immerwährenden Suche nach der Mitte

Sunflower's end IV

Viel­leicht bin ich ein­fach schon zu lan­ge dabei in die­ser Par­tei, viel­leicht ist das der Grund, war­um ich das der­zeit statt­fin­den­de inner­par­tei­li­che Rin­gen um die Deu­tungs­macht nach der Wahl­nie­der­la­ge nicht beson­ders beein­dru­ckend fin­de. Wir strei­ten über den rich­ti­gen Kurs, das tun wir als Par­tei, das tun wir gemein­sam – und wir tun es nicht zum ers­ten Mal. Und es wird, da bin ich mir sicher, nicht mit dem Durch­marsch des einen oder des ande­ren Flü­gels enden, son­dern mit einer neu­en Selbst­ge­wiss­heit grü­ner Eigenständigkeit.

Eingeständnisse und Eigenständigkeit

Auch der ges­tern statt­ge­fun­de­ne Län­der­rat zum Wahl­aus­gang, an dem ich als Dele­gier­ter für Baden-Würt­tem­berg teil­ge­nom­men habe, ändert nichts an die­ser Bewer­tung. Nein, er bestärkt mich sogar in die­ser Auf­fas­sung. Klar: Es gab die gro­ßen Schau­fens­ter­re­den, in denen nicht nur für den einen oder ande­ren Kurs gewor­ben wur­de, son­dern auch ver­sucht wur­de, die Schuld für die Wahl­nie­der­la­ge mög­lichst auf der ande­ren Sei­te des inner­par­tei­li­chen Spek­trums abzu­la­den. Eini­ge Reden las­sen sich hier rich­tig schön als Mus­ter­bei­spiel dafür her­neh­men, wie ver­sucht wird, nach­träg­lich ein neu­es Nar­ra­tiv über die Tat­sa­chen zu stül­pen, bei dem dann die „ande­re Sei­te“ schlech­ter als vor­her dasteht.

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Photo of the week: Green leafs

Green leafs

 
Ich kann es nicht oft genug sagen: In Kür­ze wird gewählt, und die Wahl­ent­schei­dung bedeu­tet tat­säch­lich etwas. Übri­gens nicht nur nächs­tes Wochen­en­de im Bund und in Hes­sen, son­dern auch mor­gen in Bay­ern. Men­schen aus Fran­ken, Ober- und Nie­der­bay­ern, die noch Fra­gen an uns Grü­ne haben, kön­nen die bei der Bay­ern-Aus­ga­be von Drei-Tage-Wach los­wer­den. Und wer sich im Bund noch unschlüs­sig ist, mag viel­leicht etwas dar­über lesen, was ande­re an Lügen und Gerüch­ten über Grün erzäh­len, und wie es wirk­lich ist, oder den grü­nen Steu­er­rech­ner aus­pro­bie­ren. Die Devi­se heißt: Vom Umfra­ge­herbst nicht ban­ge machen lassen!

Kurz: Achterbahnfahrt

Was mir ja ein wenig Sor­gen macht, auch wenn mir ein hal­bes Dut­zend mehr oder weni­ger gute Grün­de dafür ein­fal­len, ist die unten­ste­hen­de Kur­ve. Und die 10%, die die For­schungs­grup­pe Wah­len heu­te hat­te, sind dort gar nicht ein­ge­preist. Da bleibt nur: Jetzt erst recht ran an die Leute!

Prognosen Grüne vor der BTW

Daten­quel­le: wahlrecht.de

P.S.: Die­ses Inter­view mit ZDFWDR-Chef­re­dak­teur Jörg Schö­nen­born über die Unsi­cher­heit von Umfra­gen kurz vor Wah­len passt ganz gut als Gegen­gift zu mei­ner Kur­ve oben.

Empowerment statt Angst – eine erste Einschätzung zur grünen Plakatkampagne für die Bundestagswahl 2013

Heu­te mor­gen wur­den die Pla­ka­te für die grü­ne Kam­pa­gne zur Bun­des­tags­wahl 2013 vor­ge­stellt. Mir gefal­len sie gut, auch wenn’s natür­lich eini­ges her­um­zu­krit­teln gäbe (da feh­len The­men, vie­les bleibt unkon­kret, da geht’s dann doch auch um Schön­heits­idea­le und Hete­ro­nor­ma­ti­vi­tät, man­ches Wort­spiel ist arg an den Haa­ren herbeigezogen …). 

Aber, was ich wich­tig fin­de, und was so ein biss­chen das The­ma der dies­jäh­ri­gen grü­nen Kam­pa­gne zu wer­den scheint, das wird von die­sen Pla­ka­ten ganz mas­siv getra­gen: Empower­ment. Am augen­fäl­ligs­ten ist das „Und du?“, das in die­sem Wahl­kampf unser Par­tei­lo­go ersetzt. Da steckt eine gan­ze ande­re Bot­schaft drin als im kol­lek­ti­vis­ti­schen „Das Wir ent­schei­det“ der SPD. Wir spre­chen dich, lie­be Wäh­le­rin, dich, lie­ben Wäh­ler, ganz indi­vi­du­ell an, und fra­gen, wie du bestimm­te Din­ge siehst. 

Und dahin­ter steht ja noch mehr – dahin­ter steht, des­we­gen Empower­ment, eben auch die Auf­for­de­rung, selbst aktiv zu wer­den. Was machst du eigent­lich? Der Mit­glie­der­ent­scheid und die Wahl der Spit­zen­kan­di­da­tin­nen durch die Basis passt dazu. Visu­ell wird das durch „nor­ma­le Men­schen“ auf den Pla­ka­ten getra­gen. Men­schen wie du*, dei­ne Kin­der, dei­ne Eltern oder Großeltern. 

Die­sen Ton der Kam­pa­gne fin­de ich gut, weil es eben nicht das „Wir regeln das schon“-Versprechen ist, son­dern ein ziem­lich ehr­li­ches Dia­log­an­ge­bot. Und weil zwar erns­te The­men ange­spro­chen wer­den – unbe­zahl­ba­re Mie­ten, pre­kä­re Löh­ne, Schul­den­ber­ge, glo­ba­le Unge­rech­tig­keit, usw. – aber die Ant­wort weder eine Angst­kam­pa­gne ist (Bot­schaft: „Wenn du uns nicht wählst, wird alles schlim­mer“, ich den­ke da an die schwarz-weiß-roten Pla­ka­te der LINKEN), noch eine SPDCDU-Kam­pa­gne a la „Mit uns wird alles gut, Kreuz her, fer­tig“, son­dern Men­schen ange­spro­chen wer­den. „Und du?“ heißt auch: Ohne dich schaf­fen wir das nicht, die­se gro­ßen Pro­ble­me zu lösen. 

Mutig fin­de ich den weit­ge­hen­den Ver­zicht auf Logo und Par­tei­na­me auf den Pla­ka­ten. Das „Und du?“-Symbol ent­hält eine klei­ne Son­nen­blu­me, auf den Pla­ka­ten sind the­men­be­zo­ge­ne URLs mit „gruene.de“ abge­druckt, aber auf den ers­ten Blick tritt die Par­tei in den Hin­ter­grund. Auch das trifft eine Stim­mung, glau­be ich – und führt, hof­fe ich, letzt­lich doch zu Wahlentscheidungen. 

Mutig fin­de ich auch, dass wir – und das ist momen­tan mein Lieb­lings­pla­kat – offen­siv das The­ma Frei­heit auf­neh­men. Angriff auf die FDP, und kla­re Abgren­zung zur SPD. Das ist auch eine Aus­sa­ge zu Bür­ger­rech­ten, letzt­lich auch zur Netz­po­li­tik. Ich bin froh, in einer Par­tei zu sein, die es meis­tens gut schafft, Geschlos­sen­heit und das Ein­tre­ten für Mei­nungs­frei­heit und indi­vi­du­el­le Ideen zu verbinden. 

Um die Fra­ge „Wir freu­en uns auf den Wahl­kampf – und du?“ zu beant­wor­ten: Ja, mit die­ser Kam­pa­gne freue ich mich auf den Wahl­kampf. Und wenn wir es nicht schaf­fen, an die Regie­rung zu kom­men, dann ist das doch zumin­dest eine mas­sen­haft pla­ka­tier­te Ein­la­dung, bei uns mit­zu­ma­chen. Gut so!

* Ziel­grup­pen­be­zo­gen auf die grü­nen Hauptwählerinnengruppen.

War­um blog­ge ich das? Um mei­ne ers­te Reak­ti­on auf die Kam­pa­gne und ein paar bei Twit­ter andis­ku­tier­te Ideen loszuwerden.

Nach dem Mitgliederentscheid

Am Sams­tag habe ich mir eini­ge Kenn­zah­len zum grü­nen Mit­glie­der­ent­scheid ange­schaut. Heu­te wur­de nun das Ergeb­nis ver­kün­det.

An der Urab­stim­mung teil­ge­nom­men hat wohl ein gutes Vier­tel der Mit­glie­der – 27 26,2 Pro­zent, habe ich gehört. Das sind nicht alle, aber sicher­lich mehr als die „mitt­le­re Funk­tio­närs­ebe­ne“ der Akti­ven in den Lan­des­par­tei­en und in der Bun­des­par­tei. In Zah­len wären das bei etwa 60.000 Mit­glie­dern dann rund 16.200 Per­so­nen. Gera­de im Ver­gleich mit den Zah­len zur Online­be­tei­li­gung fin­de ich das eine beacht­li­che Mit­glie­der­mo­ti­va­ti­on (man­che spre­chen dabei auch von Gami­fi­ca­ti­on der poli­ti­schen Betei­li­gung – sei’s drum).

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