Nachdenken über Parteien, Teil III

Drahtseilakt

Die Böll-Stif­tung Baden-Würt­tem­berg hat ihren „Demo­kra­tie­dia­log“ inzwi­schen in vor­bild­haf­ter Wei­se doku­men­tiert. Das neh­me ich zum Anlass, um jetzt doch noch mei­ne Ein­drü­cke dazu und ein paar Über­le­gun­gen zum Dop­pel­le­ben der Par­tei­en auf­zu­schrei­ben. Zu letz­te­rem hat­te ich einen sehr schö­nen, mäan­dern­den Text geschrie­ben – den dann der Win­dows-Edi­tor irgend­wo zwi­schen Zug und Schreib­tisch auf­ge­fres­sen hat. Des­we­gen hier (sie­he Split­ter 5) ein zwei­ter Anlauf, der viel­leicht etwas gerad­li­ni­ger gewor­den ist. Aber zunächst ein­mal zur Tagung selbst.

Splitter 4: Aufgaben und Funktionen einer (grünen) Partei

Ein The­ma, das bei der Böll-Ver­an­stal­tung in vie­ler­lei Form immer wie­der eine Rol­le spiel­te, war die Fra­ge nach den Auf­ga­ben einer Par­tei. Die Par­tei­en­so­zio­lo­gin Jas­min Siri ant­wor­te­te dar­auf klas­sisch funk­tio­na­lis­tisch: eine Par­tei als Orga­ni­sa­ti­on ist dafür da, The­men und Posi­tio­nen zu ord­nen (und damit Kom­ple­xi­tät zu redu­zie­ren), Per­so­nal aus­zu­wäh­len und aus­zu­bil­den und schließ­lich Kol­lek­ti­ve sym­bo­lisch zu reprä­sen­tie­ren. Oder, auf den Punkt gebracht: Par­tei­en sind die Lösung, die demo­kra­ti­sche Gesell­schaf­ten fin­den, um das Poli­ti­sche zu orga­ni­sie­ren – aber: Orga­ni­sa­tio­nen müs­sen kei­nen Spaß machen, und Orga­ni­sa­tio­nen sind auch nicht nett.

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Nachdenken über Parteien, Teil II

Auftrag: grün 16

Eigent­lich woll­te ich im zwei­ten Teil mei­nes „Nach­den­kens über Par­tei­en“ noch was zur Böll-Tagung letz­tes Wochen­en­de schrei­ben. Aus aktu­el­lem Anlass muss das aller­dings war­ten. Viel­mehr geht’s jetzt um … 

Splitter 2: … die nicht geführte Kursdebatte und ihre Folgen

In den letz­ten Tagen gab es ein paar Mal inner­par­tei­lich ziem­lich viel Auf­re­gung. Ein Anlass dafür war die Infor­ma­ti­on dar­über, dass der Vor­stands­vor­sit­zen­de von Daim­ler als Gast­red­ner zur dies­jäh­ri­gen Bun­des­de­le­gier­ten­kon­fe­renz (BDK) ein­ge­la­den ist. Mir erschien das halb­wegs plau­si­bel – schließ­lich ist eines der hei­ßen The­men der BDK der all­mäh­li­che Aus­stieg aus dem Ver­bren­nungs­mo­tor (unter dem Slo­gan: „Ret­tet die deut­sche Auto­in­dus­trie“). Und zu die­ser Debat­te auch mal zu hören, was Daim­ler sich so an Mobi­li­täts­zu­kunft vor­stellt, ist ja nun nicht ganz uninteressant. 

Dass es dabei bei ein­sei­ti­ger Pro­pa­gan­da blei­ben wür­de, erschien mir nicht als beson­ders plau­si­bel. Schließ­lich ken­ne ich unse­re Dele­gier­ten und weiß, dass die­se nicht ein­fach nur höf­lich klat­schen, son­dern sich durch­aus zu Wort mel­den. Und selbst ein pro­mi­nent ein­ge­flo­ge­ner Gast­red­ner mit knap­pem Zeit­bud­get wird nicht umhin­kom­men, ein biss­chen Kon­text und Wider­re­de mitzukriegen.

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Nachdenken über Parteien, Teil I

1980er-infostand

Wenn ich mich rich­tig erin­ne­re, bin ich im Novem­ber 1996 bei Bünd­nis 90/Die Grü­nen ein­ge­tre­ten. Das ist jetzt zwan­zig Jah­re her. „Grün-aktiv“ bin ich aber noch län­ger – 1991 wur­de die Grün-Alter­na­ti­ve Jugend Baden-Würt­tem­berg gegrün­det, auch da war ich dabei, eben­so bereits 1990 bei einem ers­ten baden-würt­tem­ber­gi­schen Jugend­kon­gress. Damals, mit 15, 16 muss­te ich nicht lan­ge dar­über nach­den­ken, ob „grün“ für mich die rich­ti­ge Far­be ist. Poli­tik inter­es­sier­te mich immer schon, mei­ne Eltern sind akti­ve grü­ne Grün­dungs­mit­glie­der, ich war auch als Kind schon bei Info­stän­den oder auf Demos dabei, und natür­lich woll­te ich die Welt ret­ten. Da lag die Ent­schei­dung für „grün“ ziem­lich nahe.

Im Umkehr­schluss bedeu­tet das auch, dass ich in Poli­tik eher hin­ein gewach­sen bin, als dass ich mich bewusst für Poli­tik ent­schie­den habe. Was rich­tig und was falsch ist, war oft selbst­ver­ständ­lich, und nur im Grad der Radi­ka­li­tät hin­ter­frag­bar. Par­tei­po­li­tik war für mich zuerst sozia­ler Raum, und erst im zwei­ten Schritt kam so etwas wie pro­fes­sio­nel­le Distanz dazu; ein Lern­pro­zess, der nicht immer ganz ein­fach war.

War­um schrei­be ich das? Weil mich die Form und die Ver­or­tung der Par­tei – der grü­nen Par­tei – seit eini­gen Wochen doch wie­der ver­mehrt umtreibt. 

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Autoverkehr im postfossilen Zeitalter ermöglichen

Dismanteled

Das ist jetzt nicht ganz ein­fach. Ich selbst habe ja bewusst kei­nen Füh­rer­schein und set­ze für Mobi­li­tät auf so Din­ge wie Stra­ßen­bah­nen, Fahr­rä­der, Zu-Fuß-Gehen und ICEs. Und ich bin Baden-Würt­tem­ber­ger, lebe also in einem Land (und mache da auch noch Poli­tik), in dem Unmen­gen an Steu­er­mit­teln und Arbeits­plät­zen von der Auto­in­dus­trie samt Zulie­fe­rern abhän­gen. Und dann berich­tet zum Bei­spiel Spie­gel Online dar­über, dass der Bun­des­ver­band der Grü­nen ein End­da­tum für Autos mit Ver­bren­nungs­mo­tor set­zen will. Und ich fin­de das auch noch gut.

Eigent­lich ist es ja ganz ein­fach. Wir haben ein mas­si­ves Pro­blem damit, dass der CO2-Gehalt in der Atmo­sphä­re immer wei­ter steigt. Das bedeu­tet: Hei­ße­re Som­mer, höhe­re Durch­schnitts­tem­pe­ra­tu­ren, schmel­zen­de Glet­scher und Pole, eine stei­gen­de Zahl an Unwet­ter­er­eig­nis­sen. Die Ursa­chen dafür sind bekannt: die Treib­haus­gas­emis­sio­nen aus Kraft­wer­ken und aus dem Ver­kehr (in Deutsch­land nach der Ener­gie­er­zeu­gung die zweit­wich­tigs­te Emis­si­ons­quel­le). Und Öl ist irgend­wann auch alle. Es gibt also eine Men­ge gute Grün­de, war­um moto­ri­sier­ter Indi­vi­du­al­ver­kehr in Zukunft eben nicht mehr mit Ver­bren­nungs­mo­to­ren lau­fen sollte.

„Auto­ver­kehr im post­fos­si­len Zeit­al­ter ermög­li­chen“ weiterlesen

Welches Grün hätten’s denn gern?

Division by zero

Nach der Som­mer­pau­se geht’s mit der Poli­tik wei­ter. Die Bun­des­tags­wahl 2017 zieht am Hori­zont auf. Und weil Bünd­nis 90/Die Grü­nen eine betei­li­gungs­ori­en­tier­te Par­tei sind, gibt es – wie bereits 2013, aber mit deut­lich ver­schärf­tem Regle­ment, um Spaß- und Rand­kan­di­da­tu­ren aus­zu­sie­ben – auch die­ses Jahr wie­der eine Urwahl der Spitzenkandidat*innen für die Bundestagswahl. 

Jetzt könn­te ange­fan­gen wer­den, dar­über zu läs­tern, dass Spit­zen­kan­di­da­tu­ren für eine Par­tei, die im Bund anders als in Baden-Würt­tem­berg ver­mut­lich nicht in die Ver­le­gen­heit kom­men wird, den Kanz­ler oder die Kanz­le­rin zu stel­len, nur bedingt wich­tig sind. Jein, denn mit den Per­so­nen ist doch auch eine Rich­tungs­ent­schei­dung verbunden. 

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