Fast hätte ich geschrieben: Es war nicht alles schlecht. Aber ernsthaft, und um das mit dem Karma nicht ganz den Bach runtergehen zu lassen nach meinem wütenden Kommentar gestern (inzwischen auch bei CARTA), hier meine Liste (Listen gehen immer …) von zehn Dingen, die mir an der #rp13 gut gefallen haben:
Kurz von der Social Media Consumption Messe
Vielleicht war es dieser Moment, als unter dem Logo von Daimler über Marx und die kritische Netzbewegung diskutiert wurde. Oder eines der Gespräche am Rand der Konferenz. Jedenfalls hat diese Schizophrenie – gesponserte Kapitalismuskritik, das Klassentreffen der BloggerInnen und die gleichzeitig stattfindende Marketingmesse der Social Media ManagerInnen, freies Netz featuring Windows 8 – etwas mit dem Unwohlsein zu tun, das meinen re:publica-Besuch begleitet. Die Welt kommt nach Berlin, und mit der richtigen Mischung aus Startup-Funding, Rant und Revolution klappt das schon, ist die latente Botschaft hinter der hell ins Licht strebenden Inszenierung.
Seid optimistisch! Lernt Euphorie! Lebt das Projekt! Gründet Guru-Gemeinden!
Nicht mein Ding. Meine allergische Reaktion ist Missmut und eine gesteigerte Sensibilität. Entsprechend motzig ist bisher meine Twitter-Begleitung der Konferenz ausgefallen. Das ist nicht persönlich gemeint. Mir fehlt einfach das, was ich an sozialen Medien mag: Die Leichtigkeit der Kommunikation. Das Zusammenbringen unterschiedlicher Sphären. Medienproduktion als Austausch und Feedback-Zirkel. Statt dessen: Passiver Konsum. Auf Berieselung ausgerichtete Formate. Kennenlernen nur der schon Bekannten. Selbstbestätigung der Gemeinde statt produktiver Provokation, aus der Neues entsteht. Mir fehlt da was.
Blended Participation: Grüner Mitgliederentscheid gestartet
Während es bei der SPD „Das Wir entscheidet“ heißt, lautet das Leitmotiv des am 2. Mai 2013 gestarteten Mitgliederentscheids von Bündnis 90/Die Grünen „Hier bist Du entscheidend!“. Nach der Urwahl ihrer SpitzenkandidatInnen setzen die Grünen damit zum zweiten Mal einen Beteiligungsakzent im Vorfeld der Bundestagswahl 2013.
In Anlehnung an „blended learning“, also die Mischung von Online- und Offline-Anteilen in Kursen und Seminaren, kann dabei von „blended participation“ gesprochen werden. Statt wie beim „Virtuellen Parteitag“ alleine auf „online“ zu setzen, integriert der Mitgliederentscheid „klassische“ Formen der parteiinternen Meinungsbildung mit Online-Aspekten. In den einzelnen Phasen gibt es dabei unterschiedliche Akzentuierungen.
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Kurz: Wir sind (zu) viele
Das Projekt „Deutschlands Blogger_innen“ (Update: Version 2.0 mit Suchfunktion), das in den letzten 24 Stunden von Luca Hammer umgesetzt wurde – eine interaktive Visualisierung der Facebook-Kontakte von BloggerInnen – ist zunächst mal eine beeindruckende Spielerei. Aber es führt auch noch einmal sehr eindrücklich vor Augen, wie viele BloggerInnen es in Deutschland gibt. Dargestellt ist ja nur der Teil, der sich in die dazu angelegte Facebook-Gruppe eingetragen hat (oder eingetragen wurde), und der überhaupt bei Facebook aktiv ist.
Mir ist aufgefallen, dass mir ein großer Teil der BloggerInnen überhaupt nichts sagt. Das betrifft auch einige der „dicken Punkte“, gut vernetzte BloggerInnen. (Mal abgesehen davon, ob Facebook-Vernetzungen viel über Interblog-Kommunikation aussagt, bei mir zumindest läuft die eher über Twitter). Strukturell bietet sich das typische Bild des power laws der Netzwerkgesellschaft: einige wenige stark vernetzte, und dann schnell eine sehr große Zahl wenig vernetzter Blogs. Wer möchte, kann hier von A bis Z durchzählen.
Viele BloggerInnen – das ist erst einmal gut so. Andererseits heißt das auch, das nur wenige über kleine Blasen hinaus wahrgenommen werden können. Und die Aufmerksamkeitsspanne, die Zahl der Blogs, die von vielen gelesen werden können, ist naturgemäß begrenzt. Hier wäre ein Vergleich mit kleineren Sprachgemeinschaften oder Ländern spannend: Wenn 500.000 Menschen die Grundgesamtheit bilden, in der sich Blogs vernetzen und wahrgenommen werden, sieht das anders aus als bei etwa 100 Mio. im deutschen Sprachraum. Nochmal anders ist es, wenn der Sprachraum so groß ist, dass die richtig großen Blogs gut davon leben können und selbst für Spezialthemen im Long Tail noch eine kritische Masse an BloggerInnen und aktiven LeserInnen erreicht wird. Bei letzterem erscheint mir die Situation im deutschen Sprachraum grenzwertig – dafür sind wir zu wenige. Und für „general interest“ und Blogs als Meinungskolumnen dann wieder zu viele. Anders gesagt: Wir sind zu viele, und deswegen müssen wir mehr werden!
Im Blog kommentieren und andere Zumutungen
Mein Artikel zur Zahl der bei Carta von Frauen und von Männern geschriebenen Beiträge hat ja eine heftige Debatte ausgelöst. Dazu folgt ein längerer Reflektionstext über Blogkommentare, Geschlechterverhältnisse und nicht zuletzt die Frage, welchen Sinn ich in Blogkommentaren sehe. Mit teilweise unschönen Beispielen.
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