Noch eines dieser Herbstfotos.
Das Blog von Till Westermayer * 2002
Der BUND Regionalverband Südlicher Oberrhein und die Schweizer Initiative Nie Wieder Atomkraftwerke haben heute gemeinsam einen offenen Brief an die baden-württembergische Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) geschrieben. Oder anders gesagt: sie zum Atommüll-Mühlespiel aufgefordert und schon mal eine schöne Zwickmühle vorbereitet.
Im Mittelpunkt steht dabei der Opalinuston. Das ist wohl eine tonhaltige Gesteinsformation, die in Süddeutschland und in der Schweiz vorkommt, dort jeweils eine Mächtigkeit von etwa 100m hat und sich überhaupt nicht bzw. besonders gut für die Endlagerung von Atommüll eignet.
In der Schweiz geht es dabei um den möglichen Endlagerstandort Benken, gegen den es auch aus dem grenznahen deutschen Bereich heftige Proteste gibt, in Deutschland natürlich um die Frage, ob – wenn die schon lange diskutierte Untauglichkeit des Salzstocks in Gorleben sich auch CDU-PolitikerInnen offenbaren sollte – wo und wie ein neuer Endlagerstandort gesucht werden könnte. Da war ja kürzlich auch mal wieder Baden-Württemberg im Gespräch.
Im offenen Brief von BUND und NWA wird Tanja Gönner wie folgt zitiert:
„Nach einer Bewertung des Landesamtes für Geologie seien jedoch die Bedingungen in Baden-Württemberg gegenüber anderen Tonvorkommen ungünstig. So werde von den Experten des Landesamtes die geringe Mächtigkeit/Dicke des Gesteins sowie die die Tonschichten umgebenden Grundwasserleiter als Hindernis angesehen. ‚Sollte sich Gorleben im weiteren Erkundungsverfahren als nicht geeignet herausstellen, ist ein neuer Suchlauf notwendig. Dann könnten neben anderen Standorten im Salz auch solche im Tongestein in Betracht kommen. Baden-Württemberg käme dabei wegen der bereits bekannten kritischen Voraussetzungen nicht ernsthaft in Betracht‘, stellt Gönner klar.“
In der Schweiz gilt die selbe Gesteinsformation dagegen als gut geeignet. Axel Mayer vom BUND und sein schweizer Kollege Beat Jans sind nun logischerweise verwirrt, was gilt, und fragen daher bei der Ministerin nach,
- Wenn Tone mit einer geringen Mächtigkeit geeignet sind, Atommüll zu lagern, dann müssten doch auch die Tone in Bayern und Baden-Württemberg für ein Endlager in Frage kommen?
- Wenn dünne Tonschichten tatsächlich absolut ungeeignet sind, dann müssten Bayern und Baden-Württemberg doch mit Vehemenz gegen die Atommüllpläne der Schweiz vorgehen?
- Gibt es einen geologischen oder einen politischen Unterschied zwischen dem Opalinuston in der Schweiz und dem Opalinuston in Süddeutschland?
Ich finde, dass das sehr gute Fragen sind – weil sie an einem ganz konkreten Beispiel deutlich machen, wie politisch die naturwissenschaftliche (Nicht-)Eignung von bestimmten Endlagerstandorten tatsächlich ist. Es geht in der Tat nicht nur um geologisch-naturwissenschaftliche Parameter; einmal ganz unabhängig von der Frage, ob es aus sozialwissenschaftlicher Sicht überhaupt so etwas wie einen geeigneten Endlagerstandort geben könnte – und was zu tun ist, wenn das nicht der Fall ist.
Warum blogge ich das? Weil ich es schön finde, wie hier über Bande mit Gesteinsformationen gespielt wird.
Ein Tweet von „annnalist“ hat mich nochmal* dazu gebracht, über diese Sache mit NoFollow nachzudenken, und es dann doch auszuschalten.
Worum geht es: WordPress setzt automatisch jeden Link im Kommentarbereich (Homepage der KommentatorIn, aber auch alles, was sonst an Links angegeben wird) auf „NoFollow“. Das bedeutet, dass Suchmaschinen diese Links nicht berücksichtigen, um ihre Rankings zu berechnen. Anders gesagt: die Links, die ich selbst im Artikel setze, sind mehr wert als KommentatorInnen-Links.
Das ganze erschien mir irgendwie vage sinnvoll (vs. Kontrollverlust oder so), aber richtig dafür argumentieren könnte ich auch nicht. Deswegen habe ich jetzt ein Plugin aktiviert, dass – wenn denn alles funktioniert – die NoFollow-Angaben weglässt und damit alle KommentatorInnen-Links für Suchmaschinen und deren arkanes Rechenwerk freigibt.
Henning hatte vor eineinhalb Jahren schon mal auf das Problem „nofollow“ hingewiesen, deswegen „nochmal“.
Am Freitag habe ich dann doch noch drangedacht, meine Kamera mit in den Wald zu nehmen und das fabelhaft goldene Laub in der Waldkrippe zu fotografieren. Das Wetter soll schlechter werden, und der goldene November ist dann wohl auch vorbei. Also: Glück gehabt. Mehr leuchtende Herbstwaldbilder hier.
Die ersten Ergebnisse aus den US-Midterm-Elections laufen gerade ein. Wenn ich nicht morgen früh zu unmenschlichen Uhrzeiten zwei Kinder in KindertagesstättenWaldkindergärten bringen (und dafür zu einer noch unmenschlicheren Uhrzeit aufstehen) müsste, würde ich ja glatt den weiteren Abend damit verbringen, stundenlang vor dem Rechner zu sitzen und mir anzuschauen, wie nach und nach einzelne US-Wahlkreise einlaufen. Ist ja auch spannend: Verliert Obama die Mehrheit im Repräsentantenhaus? Wie viele Tea-Party-ExtremistInnen werden nachher in Amt und Würden sein? Kommt es zur Revolte? Was wird in Kalifornien mit der Prop. 19 passieren?
Das sind so die Themen an der Oberfläche, die Wahl-Watching interessant machen. Dazu kommt das latente Bedürfnis, zu wissen, was los ist, also das Gefühl parasozialer Politinteraktion durch den Blick auf Auszählungsergebnisse. Und als dritte und am Schluss fast spannendste Ebene: die ganzen Verfahrensfragen (Wer darf kandidieren? Wie viele Parteien gibt es? Wie verzerrt sind die Ergebnisse? Was machen die Wahlcomputer? Wie wurde gegerrymandert?).
Kurz: Wahl-Watching ist ein Hobby, das zwar letztlich irgendwo zwischen Website-Basteln und Modelleisenbahn-Bauen angesiedelt ist, aber im Schein der politischen Ernsthaftigkeit glänzt. (Und das betrifft ja nicht nur die Großereignisse wie USA 2010 oder vor wenigen Wochen die Brasilien-Wahl – wahnsinnig viele Parteien, seltsame Bündnisse und auch noch Wahlpflicht, sondern, wenn Zeit und Internet mitspielen, auch die kantonalen Wahlen in Basel-Stadt oder das Abschneiden der Grünen in sämtlichen EU-Staaten – oder die jährlichen u‑asta-Wahlen …).
Ich gehe jedenfalls fest davon aus, dass ich nicht der einzige bin, den der Reiz der gewagten Prognose und der hochzüngelnden Statistik manche (leider ja oftmals) nächtliche Stunde vor dem Bildschirm festhält, bis endlich, endlich klar ist, dass es mal wieder keine Mehrheit gibt. Auch wenn es in der Qualität der Wahlberichterstattungstools massive Unterschiede gibt – dass es möglich ist, auch exotische Wahle(n) einfach von zu Hause aus zu verfolgen (und möglicherweise sogar noch darüber zu twittern) – dafür liebe ich das Internet.
Warum blogge ich das? Weil diese Begeisterung für mich nicht direkt betreffende Wahlverläufe z.B. bei A. durchaus auf Unverständnis stößt. Auch wenn ich gerne zugebe, dass es natürlich noch spannender ist, wenn es um „eigene“ Wahlen geht, wenn das Wahl-Watching dann im Online-Offline-Medienmix zwischen Landratsamt, Festsaal und Mobiltelefon stattfindet. Damit herzliche – und durchaus neidvolle – Grüße an alle Politik-Nerds, die morgen früh nicht früh aufstehen müssen!