Ein letztes Foto von der Florenz-Reise, aber eben nicht aus Florenz, sondern aus Livorno. Die Hafenstadt liegt etwas siebzig Kilometer westlich von Florenz. Nachdem ich auf einer Karte gesehen hatte, dass das Mittelmeer gar nicht so weit entfernt ist, habe ich kurzentschlossen einen nachmittäglichen Ausflug dahin gemacht – etwa eine Stunde Bahnfahrt mit dem Regionalzug. Der Bahnhof in Livorno liegt eher außerhalb, und während ich den Weg vom Meer zurück zum Bahnhof mit dem Bus zurückgelegt habe, bin ich in die andere Richtung zu Fuß gegangen. Die Stadt wirkte ziemlich zerfallen – nicht in Form antiker Ruinen, sondern voll mit Baustellen, abblätterndem Putz und wenig ansehlichen Vierteln. Dazwischen Denkmäler. Am Hafen gibt es die ehemalige Seefestung, die allerdings an diesem Tag nicht besucht werden konnte, ein hypermodernes Einkaufszentrum und dazwischen je nach Blickwinkel Müllberge oder pittoreske Fassaden. Am Schluss dann tatsächlich ein Blick auf das Mittelmeer, das silbrig grau in der tiefstehenden Sonne lag. Insgesamt musste ich an Dotas Containerhafen-Lied denken.
Photos of the week: Firenze, day 3
Nachdem ich mich nicht entscheiden konnte (und auch nicht den Rest des Jahres nur Florenz-Bilder posten will) gibt es vom dritten Tag in Florenz jetzt gleich vier Bilder. Vormittags war ich hier nochmals in den Uffizien, dann im Giardini di Boboli, einer riesigen Parkanlage – eigentlich wollte ich auch in den Palazzo Pitti, der war aber geschlossen – und auf dem mittelalterlichen Torre di Arnolfo mit großartigem Ausblick über die Stadt. Am Nachmittag bin ich kurzentschlossen nach Livorno gefahren, davon evtl. später mehr.
Vermutlich einer der meistfotografiertesten Anblicke Florenz‘: die alte Brücke Ponte Vecchio über den Arno, diesmal mit Blick auf die auskragenden Anbauten der Brückenbebauung.
Mein Highlight im Giardini di Bobili war die Orangerie. (Will auch!)
Sehr typische Dachgärten, verwinkelte Häuser, Anbauten, und noch ein Dachgarten. Auch das trägt zum Studio-Ghibli-Gefühl bei, das sich bei mir bei meinem Besuch breit machte.
Und ein Blick vom Torre di Arnolfo auf den Arno und die auf der anderen Seite des Flusses liegenden Hügel und Stadtteile (dort ist auch der Giardini zu finden). Weiter oben auf dem Turm dann noch weit bis an den Horizont reichende Ausblicke. Diese sind wie alle anderen (viel zu vielen) Fotos auf Flickr zu finden.
Science Fiction und Fantasy im April (und Mai) 2025
Nicht zuletzt aufgrund des Entschlusses, erst einmal keine weiteren E‑Books bei Amazon zu kaufen, habe ich im April insbesondere Bücher gelesen, die schon länger auf meinem Kindle herumlagen.
Bruce Sterling hat die 2014er-Ausgabe des MIT-Science-Fiction-Review unter dem Titel Twelve Tomorrows herausgegeben. Darin finden sich Kurzgeschichten von großen Namen aus dem Cyberpunk-Umfeld. William Gibson mit einer Studie zu seinen Peripheral-Romanen fand ich ohne deren Kontext nicht gut verständlich, Warren Ellis vage – umso interessanter die Zukunftsvisionen von Pat Cadigan, Lauren Beukes, Paul Graham Raven und Sterling himself. Allen gemeinsam: gut zehn Jahre alte Near-Future-SF, die – mehr oder weniger cyberpunkig – soziotechnische Implikationen erforscht, wirkt heute durchwachsen. Vieles ist recht präzise extrapoliert. An anderen Stellen hat die Wirklichkeit die SF überholt. Und die Hoffnung auf spontane, technologisch vermittelte Selbstorganisation in den Hinterlassenschaften der neoliberalen Katastrophe wirkt heute fast schon naiv. Statt arabischem Frühling gab’s Corona und Trump I und II, statt autonomen Netzwerken das Meta-Google-Apple-Amazon-Quartett. Aber gerade deswegen: durchaus interessant zu lesen.
In Notes from the Burning Age (2021) von Claire North – die mir bisher kein Begriff war, und wohl einige spannende Sachen geschrieben hat – geht es um eine etwas fernere Zukunft. Nach dem großen Crash wurde die Welt in einem bewussteren und ökologischeren Maßstab neu aufgebaut – auch aufgrund der Intervention der Kakuy, Wesen, die die Natur verkörpern, und um die herum sich die in der Gegenwart des Buches herrschende Religion entwickelt hat. Ven ist ein Kind seiner Zeit, war Mönch dieser Religion, und zieht jetzt mit einer Mission durch die Provinzen des ehemaligen Mitteleuropas. Was bis hierhin einen Solarpunk- oder Hopepunk-Roman beschreiben könnte, nimmt eine ganz andere Wendung, denn wir erleben durch Vens Augen den Aufstieg einer patriarchalen „Bruderschaft“, die zurück zur sagenumwobenen fossil-faschistischen Moderne will. North beschreibt die sich daraus ergebenden Auseinandersetzung mit viel Liebe zum alltäglichen Detail. Gleichzeitig erinnert mich (trotz ganz anderem Worldbuilding) Notes from the Burning Age ein wenig an Iain M. Banks „Special Circumstances“ in seiner utopischen Culture (oder an die „Section 31“ – aber mit Gewissensbissen – im utopischen Star-Trek-Mythos). Lesenswert!
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Photo of the week: Firenze, day 2 – Palazzo Vecchio – VI
Sagte ich schon, dass ich bei meinem Florenzaufenthalt viel zu viele Fotos gemacht habe. Am Sonntagnachmittag hatte ich die Uffizien und den Palazzo Vecchio besucht – beides ziemlich eindrucksvoll; zugleich war’s es nicht so ganz klug, beides direkt hintereinander zu stopfen. In gewisser Weise fand ich den Palazzo Vecchio – mit hunderten Wandgemälden, goldenen Lilien, Büsten und dem großen Saal – eindrucksvoller als die Uffizien mit den Meisterwerken der Renaissance. Vielleicht auch deswegen, weil ich wenig Muße hatte, Werke wie Botticellis Frühling genau zu betrachten. Nicht nur aufgrund des etwas voll gepackten Terminkalenders. Auch das alte Leid der Tourist*innen: andere sind auch da, und alle wollen die selben herausragenden Stellen sehen.
Jedenfalls: Thomas J. Price intervenierte künstlerisch: nicht nur mit der riesigen Touristin auf dem Platz vor dem Palazzo Vecchio, sondern auch mit einigen modernen Ergänzungen im alten Gebäude.
Alles meine Florenzfotos (soweit schon hochgeladen) finden sich weiterhin bei Flickr.
Auf dem Gipfel
Was mächtigeres als Kanzler zu sein, gibt es in Deutschland wohl nicht. Im zweiten Anlauf wurde Friedrich Merz als Bundeskanzler gewählt und vereidigt. Er ist jetzt also auf dem Gipfel angekommen – und wohl auch da, wo er immer hin wollte.
Die im ersten Anlauf misslungene Wahl scheint mir in gewisser Weise symptomatisch für Merz zu sein. Vielleicht ist sie gar nicht „absichtlich“ geschehen. Ich halte es für gut möglich, dass es in jeder der drei Parteien einzelne Abgeordnete gab, die noch eine Rechnung offen hatten. Die deswegen Merz nicht gewählt haben. So wie es bei vielen Wahlen vorher immer auch weniger Stimmen gab, als eine Koalition eigentlich hatte. Und die dann halt einen Denkzettel darstellten, aber sonst keine Wirkung hatten. Das war heute, angesichts der relativ knappen Mehrheit der Koalition, anders.
Aber das ist Spekulation. Wichtiger ist mir, festzuhalten, dass offensichtlich niemand vorher darüber nachgedacht hat, was ein zweiter Wahlgang bedeutet. Gab es Probeabstimmungen? Gab es Kontingenzpläne? Auf mich wirkte das nicht so – böse gesagt: stolperte Merz zur Kanzlerschaft.
Im Rückblick war es ähnlich, als er Mehrheiten mit der AfD in Kauf nahm und erst danach realisierte, was da gerade passiert ist. Als er wilde Wahlkampfversprechen in den Raum stellte, wohl wissend, diese nicht halten zu können. Oder als es einen Schuss vor den Bug brauchte, um über das Thema Schuldenbremse und Investitionsfonds ordentlich zu verhandeln.
Professionelles Politikmachen sieht anders aus – so jedenfalls mein Eindruck. Ob es an fehlender Regierungserfahrung liegt, am Selbstbild, oder ob das alles täuscht – auch darüber ließe sich trefflich spekulieren. Festzuhalten bleibt: den Eindruck „der kann’s“ – den liefert Merz nicht.
Wir haben heute einiges über den Artikel 63 GG und über die GO des Bundestags gelernt.
Merz hat den Gipfel der Macht erklommen, mit Abzügen in der B‑Note.
Und jetzt nimmt die schwarz-rote Koalition ihre Arbeit auf. Der Koalitionsvertrag ist weniger ambitioniert und weniger konkret als der Vertrag der Ampel. Sagt die Bertelsmannstiftung. Alle Vertragsparteien haben sich jeweils auf einen „starken Mann“ ausgerichtet – samt der Nebenfolge, dass es in der Parteibasis hörbar murrt.
Merz wird nie wieder so mächtig sein wie heute. Denn ab heute geht es um die Umsetzung. Jeder Formelkompromiss wird ab heute zum Fallstrick. Und jede Mehrheit muss organisiert werden. Das politische Geschäft ist anstrengend und mühsam. Es fängt jetzt erst richtig an. Allzu oft darf es da keinen zweiten Anlauf mehr geben. Mein Vertrauen in die diesbezüglichen Fähigkeiten des Kanzlers ist begrenzt, muss ich leider sagen. Merz ist jetzt Kanzler. Ob er Kanzler kann, das muss er weiterhin erst beweisen.