Regelmäßiges Pendeln mit der Deutschen Bahn ist eine gute Übung in Gelassenheit. Zwei oder dreimal in der Woche zweieinhalb Stunden in die eine Richtung und zweieinhalb Stunden in die andere Richtung zu fahren, heißt auch, dass das oft Zeit ist, in der nichts wirklich sinnvolles geschieht. Ja, die lässt sich mit Twittern, mit dem Lesen eines Buches oder mit Arbeit überbrücken.
Manchmal. Manchmal auch nicht. Es gibt Tage, an denen im Zug sitzen einfach nur bedeutet, zu warten. Ohne etwas sinnvolles tun zu können. Und das übt die Gelassenheit und das Vertrauen darin, irgendwann anzukommen.
Photo of the week: u‑asta-Alumnitreffen II
Die beiden jungen Herren hier auf dem Bild haben gemeinsam: Sie haben sich genau wie ich irgendwann mal im Freiburger u‑asta engagiert. Vor zwei Wochen, am 1. Juni 2013, wurde nun das Ende des u‑asta gefeiert. Ein fröhlicher Anlass, den nach dem u‑asta ist vor der Verfassten Studierendenschaft. In Freiburg hat sich hier das Neue Mischmodell durchgesetzt, das ähnlich wirre Diagramme zu produzieren in der Lage ist wie das Bündnis für u‑asta und Fachschaften. Die ganzen Reden hat der u‑asta netterweise dokumentiert (auch zum Anhören), und viele Leute, mit denen ich seit Mitte der 1990er Hochschulpolitik gemacht habe, habe ich auch wiedergetroffen. War schön!
Mehr Fotos von der u‑asta-Abschiedsgala gibt es auf Flickr. (Ach ja: Bericht der Badischen Zeitung dazu). Und hier hatte ich was zum 30-jährigen u‑asta-Jubiliäum 2010 gebloggt, und da zum Ende vom U.
Heitere Suche nach dem digitalen Ding an sich
Ich habe ja so ein hübsches kleines Nexus7-Tablet. Das ist besonders auch bei meinen Kindern beliebt, was gerne zu Streit mit mir darüber führt, ob die „Computerzeit“ jetzt eigentlich abgelaufen ist.
Heute morgen habe ich verschlafen. Insofern war das noch etwas hektischer als sonst. Während ich Z. noch die Vesperdose in den Schulranzen steckte, war ihr kleiner Bruder verschwunden. Genauer gesagt: er hatte sich eine Decke über den Kopf gezogen – als ich ihn daraus befreite, entdeckte ich den Grund. R. hatte sich heimlich das „große Handy“ gemopst und spielte sein derzeitiges Lieblingsspiel. Darauf nahm ich dann keine Rücksicht, entriss es ihm und legte es irgendwo hin.
Am Nachmittag wollte ich schnell noch etwas auf dem Nexus7 nachschauen und stellte fest: Es ist nicht da. An keinem der Orte, an denen es üblicherweise liegt. Was mich etwas verunsicherte. Wo hatte ich es am Morgen hingelegt? Egal, ich musste zu einem Termin.
Abends mit Kindern beim Abendessen stellte ich die drängende Frage nach dem Verbleib des Tablets. Beide Kinder versicherten mehr oder weniger glaubhaft, es nicht genommen zu haben. Z. meinte allerdings, im Gesicht ihres Bruders ein freches Grinsen wahrgenommen zu haben. Der beteiligte sich an der Suche, erst recht, nachdem ihm klar wurde, dass es ohne Tablet kein Sandmännchen (nette App, übrigens) geben wird, fand aber nichts.
R. beschuldigte mich, dass ich das Tablet nicht verschlampt hätte, wenn ich es ihm morgens nicht weggenommen hätte. Z. meinte weiterhin, R. beschuldigen zu müssen. Und mich nervte das auch ganz schön.
Als die Kinder im Bett lagen, überlegte ich noch einmal systematisch, was passiert sein konnte.
Szenario 1: Z. hat das Tablet heimlich mit in die Schule genommen. Es war aber nicht im Schulranzen. Und außerdem hatte sie mir ein großes Ehrenwort gegeben, dass sie es nicht gewesen sei.
Szenario 2: Vielleicht stand die Tür offen, und irgendjemand hatte das Nexus7 geklaut. Unwahrscheinlich – das hätteich gemerkt, ganz sicher. Und überhaupt habe ich doch eher nette NachbarInnen.
Szenario 3: Ich habe das Tablet in der Eile an einen ungewöhnlichen Ort gelegt. Vielleicht ist es auch weggerutscht, in irgendwelche Ritzen und Spalten. Kann ich es irgendwie orten? Ich kann es nicht anrufen, und irgendwelche Babyphon-Apps, Klingeln etc. kann ich zwar vom PC aus installieren, aber nicht starten. Es hilft nichts – ich muss nochmal gründlich suchen. Küchenregale. Schränke. Sofa. Tasche. Papierstapel auf dem Schreibtisch. Neben dem Schreibtisch. Regalfächer ganz oben. Oder ganz unten. Das Hosenfach im Kinderzimmerschrank. Fehlanzeige.
Ich habe dann noch einmal ganz scharf nachgedacht. Danach war ich mir sicher, dass ich das Nexus7 – den Level des Spiels noch vor Augen – auf meinen Schreibtisch gelegt hatte. Allerdings war es da definitiv nicht mehr. R. musste heute morgen die Gelegenheit genutzt haben, als ich auf Toilette war, und das Tablet versteckt haben. Dementi hin oder her.
Bloß wo? In all den üblichen, noch nicht besonders ausgeklügelten Verstecken eines Vierjährigen hatte ich es nicht gefunden. Spuren? Ja, doch: mein Sessel stand vorher nicht so, wie er sonst dasteht, sondern war eng an die Zeitungsablage dahinter gerückt. Und siehe da: In der Zeitungsablage, zwischen „Schrot & Korn“ und einem IKEA-Katalog, ertastete ich auf Kinderhöhe etwas metallisches: Das Tablet war wieder da!
Womit die Frage bleibt, ob jemand einen guten Tipp für eine Android-App hat, mit der ich über das Netz einen Signalton einschalten kann.
Warum blogge ich das? Meine Verzweiflung über das Nichtfinden führte auf Facebook zu reger Anteilnahme. Jetzt möchte ich euch auch am Happy-End teilhaben lassen.
P.S.: Android Lost (und eine Vielzahl ähnliche Apps) hätten mir geholfen – das scheint sogar via Play Store installierbar und dann via SMS oder durch eine kleine Zusatz-App startbar zu sein. Mobile remote control for the win ;-)
Nach dem Mitgliederentscheid
Am Samstag habe ich mir einige Kennzahlen zum grünen Mitgliederentscheid angeschaut. Heute wurde nun das Ergebnis verkündet.
An der Urabstimmung teilgenommen hat wohl ein gutes Viertel der Mitglieder – 27 26,2 Prozent, habe ich gehört. Das sind nicht alle, aber sicherlich mehr als die „mittlere Funktionärsebene“ der Aktiven in den Landesparteien und in der Bundespartei. In Zahlen wären das bei etwa 60.000 Mitgliedern dann rund 16.200 Personen. Gerade im Vergleich mit den Zahlen zur Onlinebeteiligung finde ich das eine beachtliche Mitgliedermotivation (manche sprechen dabei auch von Gamification der politischen Beteiligung – sei’s drum).
Photo of the week: Sun power
Edward Snowden, der Whistleblower, der Dokumente über „PRISM“ – das groß angelegte Überwachungsprogramm der NSA – veröffentlicht hat, ist jemand, der mutig gehandelt hat, und der sich – den Interviews und Berichten im Guardian zufolge, sehr bewusst und mit klarem Blick auf die persönlichen Konsequenzen für sich und andere dafür entschieden hat, PRISM öffentlich zu machen. Die vermutlich größte Enthüllung der letzten Jahre zeigt zudem mit drastischer Deutlichkeit, wie wenig das Handeln Barack Obamas mit seinen Versprechungen zu tun hat. Ich hoffe, dass Snowdens Mut auch politische Konsequenzen haben wird. Die Netzsoziologin danah boyd hat einige gute Argumente dazu aufgeführt, warum zu erwarten ist, dass die meisten AmerikanerInnen schlicht mit den Schultern zucken werden, nach dem Motto „betrifft mich ja nicht“.
Snowden hätte auch eine Romanfigur sein können – in einem der Nicht-SF-Romane von Iain (M.) Banks, der heute mit 59 Jahren gestorben ist.
Banks war einer der ersten Autoren der neuen schottischen Science-Fiction-Welle, die ich gelesen habe, und der mich zu „ernsthafterer“ Science Fiction (und der Lektüre im englischsprachigen Original) hingeführt hat. Mit den Büchern seiner Culture-Reihe hat er ein Utopia aufgemacht, dass durchaus in der Lage dazu ist, als Ganzes ethisch fragwürdig handelt. Gleichzeitig – das zieht sich, neben dem Spaß an der Konstruktion größerer und größerer Raumschiffe und künstlicher Lebenswelten durch alle seine Bücher – hat er wohl am konsequentesten eine Kultur beschrieben, in der intelligente Drohnen und die „Minds“ der kontinentgroßen Raum„schiffe“ mit den Menschen* der Culture alltäglich integriert interagieren – mindestens auf Augenhöhe, wenn nicht sogar im Verhältnis der überragenden Maschinenintelligenz zum – des Amüsements wegen – geduldeten Menschen. Nach und nach habe ich dann den Nicht-SF-Banks („Iain Banks“ statt „Iain M. Banks“) entdeckt und schätzen gelernt. The Business (1999) beispielsweise ist eine der lesbarsten literarischen Auseinandersetzungen mit den Organisationsprinzipien des Kapitalismus, die mir bekannt ist. (Und wer in seine – teilweise grausame – Science-Fiction einsteigen will, kann das chronologisch mit Consider Phlebas (1987) tun, oder mit Excession (1996), dem vielleicht zugänglichsten der Culture-Romane).
Banks ist nicht mehr. Und das ist definitiv ein Verlust.
* Menschen: Mir ist bewusst, dass die Menschen der Culture keine Menschen sind …