Trotz der Wird-er’s‑oder-wird-er’s‑nicht-Berichterstattung war es eigentlich absehbar. Der Kanzlerkandidat der Union heißt demnach wohl Friedrich Merz. Der der SPD wird nach jetzigem Stand der jetzige Kanzler sein, wenn da nicht noch ein Biden-Harris-Manöver folgt. Und mal ehrlich: beide sind eigentlich keine so gute Wahl für unser Land. Merz setzt auf Krawall, auf das Gestern, auf einen weitgehend nahtlosen Anschluss an Helmut Kohl. Geht’s nur mir so, oder passt das wirklich nicht mehr in die Zeit? (Mal ganz abgesehen, dass mir aktuell nicht klar ist, mit wem die CDU eigentlich regieren will – mit dem BSW?)
Scholz hatte jetzt drei Jahre Zeit, zu zeigen, dass er für Respekt steht, dass er Führung liefert, dass er’s kann. Auch das sehe ich nicht so richtig. 2021 war er noch Projektionsfläche. Das ist jetzt weg. Wir kennen ihn.
Theoretisch – und mit etwas Optimismus: auch praktisch – öffnet das den Möglichkeitsraum für einen dritten Kandidaten. Aus grüner Perspektive läuft’s dabei wohl auf Robert Habeck hinaus. Klar, das ist eine Außenseiterchance, auch wenn das Jahr vor der Wahl 2021 gezeigt hat, dass ein Jahr in der Politik lang ist, dass sich noch vieles bewegen kann. Habeck als Kanzler? Why not? Wenn Merz über seine eigenen Füße fällt, wenn Scholz den Moment verpasst, von Buchhalter auf Statthalter der Normalität zu schalten – und wenn Habeck es schafft, in den kommenden Monaten nicht als sich klein machender Vizekanzler der missliebigen Ampel zu erscheinen, für diese ungeliebte Trias zu stehen, sondern für grün, als Vorahnung dessen das zum Leuchten zu bringen, was in diesem Land möglich ist: dann könnte es klappen.
2011 hatten wir Grünen in Baden-Württemberg 24,2 Prozent, die SPD 23,1 Prozent – das reichte, der Rest ist Geschichte. Und ganz unähnlich zum damaligen CDU-Ministerpräsidenten Mappus ist Merz nicht, bei Lichte betrachtet.