Kurz: Lokal schlägt bundesweit?

Die­ses Jahr fan­den die Euro­pa­wah­len ja in eini­gen Bun­des­län­dern gekop­pelt mit Kom­mu­nal­wah­len statt. Dabei ist eine deut­li­che Dis­kre­panz sicht­bar zwi­schen den grü­nen Ergeb­nis­sen, die für die Euro­pa­wahl erzielt wer­den konn­ten (ins­ge­samt sind es ja 10,7 % gewor­den) und den kom­mu­na­len Ergeb­nis­sen. Das ist jetzt inso­fern schwer zu ver­glei­chen, als Grü­ne nach wie vor nicht flä­chen­de­ckend kom­mu­nal antre­ten. Zudem ste­hen – zumin­dest in den Län­dern mit einem etwas kom­pli­zier­te­ren Aus­zähl­ver­fah­ren – die end­gül­ti­gen Kom­mu­nal­wahl­er­geb­nis­se noch nicht fest. 

Als Ein­druck setzt sich jedoch fest, dass wir da, wo wir antre­ten, kom­mu­nal teil­wei­se rich­tig stark sind, dass sich das – und das ist jetzt kein rei­nes Baden-Würt­tem­berg-Phä­no­men – nur bedingt in bun­des­wei­te Stim­men umsetzt. Bei­spiels­wei­se wur­den im Land­kreis Breis­gau-Hoch­schwarz­wald bei der Euro­pa­wahl 16,3 Pro­zent erzielt. Die Ergeb­nis­se für die grü­nen Kom­mu­nal­wahl­lis­ten lie­gen fast über­all, wo wir für Gemein­de­rä­te ange­tre­ten sind, deut­lich dar­über (ich habe bis­her eine Spann­wei­te von 15,1 % bis – Son­der­fall Merz­hau­sen – fast 50 % gese­hen). Das ist nicht nur ein Effekt davon, dass nach wie vor in vie­len Gemein­den im Land­kreis kei­ne grü­nen Lis­ten antre­ten. Auch in den Orten mit grü­ner Lis­te lag das Euro­pa­wahl­er­geb­nis (ähn­li­ches gilt für die Bun­des­tags­wahl) deut­lich unter­halb des jewei­li­gen kom­mu­na­len Listenergebnisses.

Wenn sich die­se Beob­ach­tung ver­all­ge­mei­nern lässt, wäre zu fra­gen, was für ein Mecha­nis­mus dahin­ter steht. Klar: Es gibt in vie­len klei­ne­ren Gemein­den weni­ger Aus­wahl. Wer bei der Euro­pa­wahl Lin­ke, Tier­schutz­par­tei oder Pira­ten gewählt hat, wählt dann viel­leicht kom­mu­nal grün. Reicht das zur Erklä­rung die­ser Beob­ach­tung aus – oder gibt es tat­säch­lich so etwas wie eine uns zuge­schrie­be­ne Kom­mu­nal­kom­pe­tenz, ein Pro­blem­lö­sungs­ver­trau­en, dass sich auf kon­kre­te Poli­tik vor Ort bezieht, sich aber nicht in der bun­des­wei­ten, v.a. medi­al ver­mit­tel­ten Wahr­neh­mung spiegelt?

P.S.: The­se 2 – für die SPD gilt das Gegenteil.

4 Antworten auf „Kurz: Lokal schlägt bundesweit?“

  1. Das ist mir auch aufgefallen.Ich tip­pe auf einen „Mar­tin-Schulz-Effekt“ in Deutsch­land. Rot-grü­ne Wäh­ler haben wohl bei der Euro­pa­wahl der SPD, kom­mu­nal GRÜN gewählt. Dies könn­te auch sehr ver­ein­facht die Unter­schie­de in Stutt­gart, Frei­burg und Hei­del­berg zwi­schen kom­mu­na­len und Euro­pa­wahl­er­geb­nis­sen erklä­ren, wo die Dif­fe­renz ten­den­zi­ell ähn­lich ist.

  2. Ich habe so den Ein­druck, dass wir Grü­nen gene­rell von mehr Leu­ten posi­tiv beur­teilt wer­den, als uns dann wäh­len und das liegt in ers­ter Linie am Wahl­recht. Über­all dort, wo man mehr Stim­men ver­ge­ben –kum­mu­lie­ren und pana­schie­ren– kann (was ja nur bei Kom­mu­nal­wah­len geht), schnei­den wir bes­ser ab. Wenn wir ein Wahl­recht hät­ten, bei dem man Prä­fe­ren­zen ange­ben könn­te, wür­de ich wet­ten, dass wir sehr häu­fig als Num­mer 2 auf­tau­chen (sowohl bei CDU- und SPD-Wäh­le­rIn­nen wie auch bei Klein­par­tei­en). Was auch hilft: wenn star­ke Per­so­nen mit über­par­tei­li­chem Appeal antre­ten, die in ihren Wahl­krei­sen sehr bekannt sind (auch so eine kom­mu­na­le Erschei­nung, es gibt ja auch hin und wie­der grü­ne Stim­men­kö­ni­gIn­nen). Auf den unte­ren staat­li­chen Ebe­nen sind wir da stark, aber es fehlt uns offen­sicht­lich ein star­ker Kreis an Per­so­nen an der Spit­ze der Par­tei im Bund und der BT-Frak­ti­on. Ein­fa­cher aus­ge­drückt: einen Bun­des-Kretsch haben wir bis­lang noch nicht. Wobei da natür­lich die Medi­en einen viel grö­ße­ren Ein­fluss aus­üben, ein Effekt, den es auf der kom­mu­na­len Ebe­ne so nicht (so stark) gibt. Wäre es also zu ein­fach zu sagen, über­all dort wo Sach­the­men, per­sön­li­che (nicht media­le) Bekannt­heit und „Stim­men­viel­falt“ im Vor­der­grund ste­hen, haben wir Grü­nen ein Heim­spiel? Eine genaue­re Unter­su­chung dazu wäre span­nend und hilfreich.

  3. Das liegt an den media­len Rahmenbedingungen. 

    Grü­ne Poli­ti­ker sind um so unbe­lieb­ter, je wei­ter oben sie in der Hier­ar­chie ste­hen. Und das ist auch ganz ver­ständ­lich: Den grü­nen Kom­mu­na­lo kennt man vom Info­stand oder gar nicht, den grü­nen Frak­ti­ons­vor­sit­zen­den kennt man aus dem Fern­se­hen. Und Fern­se­hen tut Grü­nen ein­fach nicht gut.

    Das liegt dar­an, dass unse­re Inhal­te schwer auf 15-Sekun­den-State­ments her­un­ter­zu­bre­chen sind und unse­re Spit­zen­leu­te daher unaus­weich­lich fast genau­so gru­se­li­ge Wort­hül­sen abson­dern müs­sen wie die Kol­le­gen von CDU und SPD. Bei denen passt das gera­de, weil sie viel mehr als 15 Sekun­den gar nicht fül­len könn­ten mit den erbärm­li­chen zwei Gedan­ken, die sie pro Tag zustan­de bekom­men, aber unse­re Leu­te sehen genau­so doof aus, weil sie ja auch nicht mehr Zeit haben. Dadurch ent­steht beim Zuschau­er dann die­ses Die-Grü­nen-sind-auch-nicht-anders-als-die-ande­ren-Gefühl, das uns schon immer schwer gescha­det hat.

    Im per­sön­li­chen Kon­takt auf der kom­mu­na­len Ebe­ne kön­nen unse­re Leu­te dage­gen noch über­zeu­gen. Wäh­rend bei der SPD ja oft schon das Boden­per­so­nal so mit­leid­erre­gend däm­lich ist, das denen das auch nichts hilft…

  4. Ergän­zend noch eine ganz simp­le Erklä­rung: Kom­mu­nal­po­li­tik ist Real­po­li­tik. Und in der Bun­des­par­tei ist das real­po­li­ti­sche nicht sehr sicht­bar. Das wür­de auch erklä­ren, wes­halb wir lan­des­weit bei 21% lie­gen und so eine gro­ße Dis­kre­panz zwi­schen Lan­des- und Bun­des­tags­sonn­tags­fra­ge in BW besteht.
    Und Björn hat voll­kom­men recht (Ein­druck von vie­len Podis in die­sem Wahl­kampf und 5 Jah­ren Rats­ar­beit): Unser Boden­per­so­nal ist zwar viel weni­ger zahl­reich, aber eben sehr gut infor­miert und fit. Gera­de was grü­ne Kern­kom­pe­ten­zen in Umwelt und Ver­kehrs­the­men anbe­langt: Die wird oft durch ent­spre­chend unin­for­mier­tes Boden­per­so­nal bei SPD und Co. unfrei­wil­lig ver­stärkt. Das ist auf Bun­des­ebe­ne anders.

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