Kurz: Grüner Länderrat in Mainz diskutiert Anti-Atompolitik

Netbook, mit Ökostrom gefüttertMor­gen wer­de ich in Mainz sein, um am grü­nen Län­der­rat teil­zu­neh­men. Nähe­re Infos und Links zu Anträ­gen und Tages­ord­nung ste­hen im Netz. Bis­her bin ich davon aus­ge­gan­gen, dass das vor allem eine im Kon­text der vier Wah­len am 20. und 27.3. zu sehen­de Ver­an­stal­tung ist. Mit den aktu­el­len Ereig­nis­sen gewinnt der Län­der­rat inso­fern Bri­sanz, als jetzt – neu hin­zu­ge­kom­men – auch die wei­te­re Aus­rich­tung der grü­nen Anti-Atom­po­li­tik nach Fuku­shi­ma auf der Tages­ord­nung steht. 

Klar: für den Aus­stieg aus der Atom­ener­gie kämp­fen wir Grü­ne seit Par­tei­grün­dung – aber mit dem „Mer­kel-Mora­to­ri­um“ und den wei­te­ren Pirou­et­ten der Uni­on hat sich die Situa­ti­on ver­än­dert. Jetzt geht’s auch um die Details: Wie kann ein Aus­stieg (auch ganz real­po­li­tisch umsetz­bar) in schnellst­mög­li­cher Zeit aus­se­hen? Was kommt dann? Wie geht’s mit den radio­ak­ti­ven Alt­las­ten wei­ter? Hier der Antrag des Bun­des­vor­stands dazu.

Nicht nur für mich gewinnt der Län­der­rat damit neue Rele­vanz. Ich jeden­falls bin gespannt auf die Debat­te morgen.

Operation Druckabbau

Landtag II

Ges­tern mor­gen titel­te ich noch „Erst wenn die CDU das ers­te AKW vom Netz nimmt, glau­be ich Mer­kel und Map­pus“.

Dann kam erst das Mer­kel-Mora­to­ri­um (das nicht nur aus der Sicht von Lob­by-Con­trol kei­nes ist) mit der Abschal­tung der Alt-AKWs für den Wahl­kampf – und gera­de eben schließ­lich die Ankün­di­gung von Map­pus im Stutt­gar­ter Land­tag, dass EnBW das AKW Neckarwestheim‑I dau­er­haft vom Netz neh­men wird. Im Live­ti­cker von SpOn heißt es dazu:

[15.11 Uhr] Das AKW Neckar­west­heim I wird für immer abge­schal­tet. Minis­ter­prä­si­dent Map­pus sag­te im Land­tag: „Neckar­west­heim I wird abge­schal­tet, dau­er­haft, und still­ge­legt“. Zuvor hat­te der Betrei­ber EnBW mit­ge­teilt, dass ein wirt­schaft­li­cher Wei­ter­be­trieb des Reak­tors vor­aus­sicht­lich nicht dar­stell­bar sei. 

So schnell kann’s gehen. Wo es eine Stun­de davor noch die Rede davon war, dass die EnBW Neckarwestheim‑I nur „frei­wil­lig und vor­rü­ber­ge­hend“ vom Netz neh­men wol­le, und der SWR heu­te mor­gen noch berich­te­te, dass die EnBW nicht dar­über infor­miert sei, dass Neckar­west­heim I abge­schal­tet wer­den soll, und von der Kanz­le­rin per­sön­lich gefragt wer­den wol­le, ist es jetzt kein Pro­blem, das über Jahr­zehn­te immer wie­der im Mit­tel­punkt poli­ti­scher Pro­tes­te ste­hen­de AKW abzuschalten. 

Poli­tisch bewer­te ich das gan­ze wei­ter­hin als Ver­such, Druck im Wahl­kampf durch ein Not­ven­til abzulassen. 

Inhalt­lich ist es rich­tig, dass Neckar­west­heim I abge­schal­tet wird. Das wäre nach dem Atom­kom­pro­miss ohne Lauf­zeit­ver­län­ge­rung ja auch bereits gesche­hen. Aber es gibt ja noch mehr Atom­kraft­wer­ke in Baden-Würt­tem­berg. Was ist mit denen? Steht die CDU wei­ter­hin zur Aus­sa­ge „Viel­mehr brau­chen wir die Kern­ener­gie als ver­läss­li­che, kos­ten­güns­ti­ge und kli­ma­freund­li­che Brü­cken­tech­no­lo­gie.“ (S. 54, Wahl­pro­gramm)? Und was hat Neckar­west­heim, was die ande­ren Lan­des-AKW nicht haben?

Nach­for­schens­wert wäre nicht zuletzt hier die Fra­ge, was hin­ter dem „finan­zi­ell nicht dar­stell­bar“ der EnBW steckt. Heißt das letzt­lich: Neckar­west­heim run­ter­zu­fah­ren, über­prü­fen zu las­sen, evtl. auf­zu­rüs­ten und wie­der anzu­fah­ren wäre teu­rer gewor­den als die Rest­ren­di­te, die durch den dort noch pro­du­zier­ten Strom zu gewin­nen gewe­sen wäre? Oder geht’s da auch um Gesichts­wah­rung? Und was macht der Garan­tie­ak­ti­en­kurs jetzt? Dar­über hin­aus steckt da auch die Fra­ge dahin­ter, wie eigent­lich die Ent­schä­di­gung der Atom­kon­zer­ne dafür aus­sieht, dass sie beim „Mer­kel-Mora­to­ri­um“ mitmachen. 

Psy­cho­lo­gisch inter­es­sant wäre es schließ­lich, einen Ein­blick in das Den­ken von Mer­kel und Map­pus zu erhal­ten. Steckt hin­ter dem Wahl­kampf­ma­nö­ver viel­leicht doch so etwas wie die plötz­li­che Erkennt­nis, dass an den Hor­ror­sze­na­rie­ren der Anti-AKW-Bewe­gung trotz aller gegen­tei­li­gen Exper­ten-Beschwö­run­gen etwas Wah­res dran sein könn­te? Eine Ver­un­si­che­rung? Und las­sen sich ande­re star­re und fak­ten­re­sis­ten­te Welt­bil­der der Poli­ti­ke­rIn­nen von Uni­on und FDP auf eine harm­lo­se­re Wei­se erschüt­tern als durch eine kata­stro­pha­le Tra­gö­die in Japan? Viel­leicht mit einer Denk­pau­se in der Opposition?

War­um blog­ge ich das? Weil sich auch hier die Ereig­nis­se über­schla­gen – glück­li­cher­wei­se in weit­aus weni­ger gefähr­li­chen Art und Wei­se als in Fuku­shi­ma gerade.

Erst wenn die CDU das erste AKW vom Netz nimmt, glaube ich Merkel und Mappus

Das Rieselfeld zeigt Flagge gegen Atomkraft

Wenn es denn tat­säch­lich so wäre, dass die CDU (und die FDP) jetzt in der Atom­po­li­tik umden­ken, wür­de mich das freu­en. Über­zeugt davon bin ich aber kei­nes­wegs, auch wenn Mer­kel lei­se­re Töne anschlägt und Map­pus eine Exper­ten­kom­mis­si­on ein­be­ruft. Zum einen, weil ich das wie Micha­el Spreng als eine vor allem auch dem Wahl­kampf geschul­de­te Insze­nie­rung von Hand­lungs­be­reit­schaft wahr­neh­me, die in einem hal­ben Jahr wie­der ver­ges­sen ist. Wenn Mer­kel ihren Vor­schlag einer Sicher­heits­über­prü­fung aller AKWs in Deutsch­land ernst mei­nen wür­de, dann müss­te es jetzt ein Mora­to­ri­um geben – eine Abschal­tung aller AKWs, dann die Sicher­heits­über­prü­fung, dann die Wie­der­zu­las­sung der AKWs, die als sicher ange­se­hen wer­den. Solan­ge kei­ne Schrit­te in eine sol­che Rich­tung unter­nom­men wer­den, ist es Kri­sen­be­wäl­ti­gungs­rhe­to­rik, sonst nichts. (Von der Rück­nah­me der Lauf­zeit­ver­län­ge­rung rede ich erst gar nicht).
„Erst wenn die CDU das ers­te AKW vom Netz nimmt, glau­be ich Mer­kel und Map­pus“ weiterlesen