Nach Baden-Württemberg jetzt wohl auch in Bremen: Die zweitstärkste Partei mit deutlich über zwanzig Prozent sind wir Grüne. Dass das jetzt so aussieht, hat was mit Stuttgart 21, mit Fukushima, mit dem Ausstieg aus dem Ausstieg zu tun, und viel auch damit, dass sowohl SPD als auch CDU bundesweit nicht mehr als glaubwürdige und kohärente Parteien erscheinen. (Und die FDP erst recht).
Die verschiedenen Ereignisse und diese Stimmung zusammen haben etwas katalysiert und beschleunigt, was sonst vielleicht noch länger gebraucht hätte – Grüne als ernsthafte Alternative, als eine der „großen“ Parteien. Aber auch ohne diesen Kontext bin ich überzeugt, dass eine Bewegung in diese Richtung stattfindet – und dass wir davon ausgehen können, dass ein Potenzial von zwanzig bis fünfundzwanzig Prozent für Grün in Zukunft realistisch sein kann. Ein wichtiger Faktor dabei: Das über Jahrzehnte gute Abschneiden in jüngeren Altersgruppen ist jetzt bis in die Altersgruppe 50+ hochgewachsen.
Bei der Gelegenheit noch ein Seitenhieb auf die taz – die hat in ihrer Wochendausgabe nämlich einen Artikel über grüne Flügel, und sieht im harmonischen Zusammenspiel von Linken und Realos einen Grund für die grüne Popularität. Ich finde es gar nicht so blöd, mal über die nicht-offensichtlichen Funktionen von Flügeln nachzudenken. Der Artikel behauptet zwar, das zu tun, greift aber deutlich zu kurz – und ist in einigen Aussagen auch schlicht falsch.
Mein Eindruck: Wir haben derzeit zwei selbstbewusste, starke Flügel. Wir haben keinen „Flügelkampf“ im Sinne eines Versuchs, den einen oder den anderen Flügel rauszumobben oder ständig zu überstimmen – sowas gab es mal. Kurz: ja, wir zeigen, dass es einen konstruktiven Umgang mit innerparteilichen Differenzen geben kann, und dass organisierte Interessen auch innerhalb von Parteien sinnvoll sind. Inszeniert ist das nicht. Und ob es zu unserer Außenwahrnehmung als Volkspartei in der Nussschale beiträgt, mag ich nicht beurteilen.
Zurück nach Bremen: Ich bin gespannt, welches Senatorenamt die stärker gewordenen Grünen der SPD abnehmen werden – und wer in die Bürgerschaft einziehen wird. Das neue Wahlrecht macht das spannend, und verlängert die Auszählzeiten erheblich. Da heißt es also noch ein bisschen warten.
Warum blogge ich das? Als grünes Wort zum Wahlsonntag.