Kurz: Heute mal ohne materielle Identität

Mir ist ges­tern mein Geld­beu­tel abhan­den gekom­men. Ent­we­der ist er mir im Zug aus der Tasche gerutscht, oder er wur­de mir geklaut. Bis­her ist er jeden­falls nicht wie­der auf­ge­taucht, und dem­entspre­chend hat­te ich ges­tern eini­gen Ärger damit, diver­se Kar­ten sper­ren zu las­sen, und wer­de noch eini­ge Zeit damit ver­brin­gen, Ersatz­kar­ten zu beschaf­fen. Geld war glück­li­cher­wei­se nur wenig im Geld­beu­tel, inso­fern hält sich der mate­ri­el­le Ver­lust in Grenzen.

Neben Ärger ist sowas aber auch für absur­de Erfah­run­gen gut. Etwa im Hin­blick auf die alte Fra­ge „Wer bin ich – und wie wei­se ich das nach, wenn alles, womit ich mei­ne Iden­ti­tät bewei­sen könn­te, im ver­lo­ren gegan­ge­nen Geld­beu­tel ist?“. Das war dann selbst bei der „Fahr­preis­nach­er­he­bung“ – ich muss­te irgend­wie wie­der von Stutt­gart nach Frei­burg kom­men, ein Ersatz­do­ku­ment für die Bahn­card 100 kann nicht ein­fach mal eben am Schal­ter aus­ge­stellt wer­den, und nicht alle Zug­be­glei­te­rin­nen sind so kulant, einen nach Erklä­rung der Situa­ti­on ein­fach fahr- und aus­weis­los fah­ren zu las­sen – ein län­ge­res Pro­blem. Letzt­lich spuck­te das Gerät der Schaff­ne­rin einen Zet­tel aus, auf dem ich bestä­tig­te, ich zu sein, und der dann als Grund­la­ge dafür dien­te, mir einen erhöh­ten Fahr­preis in Rech­nung stel­len zu kön­nen, den ich letzt­lich bis auf eine Bear­bei­tungs­ge­bühr nicht zah­len muss.

Oder die­ses Gefühl, an diver­sen Geschäf­ten vor­bei­zu­kom­men, bis auf 50 Cent, die sich irgend­wie in die Tasche ver­irrt hat­ten, kein Geld dabei zu haben, sich also noch nicht ein­mal eine But­ter­bre­zel kau­fen zu kön­nen – aber gleich­zei­tig ein Smart­phone in der Hand zu hal­ten, mit dem ich sofort und auf der Stel­le eine grö­ße­re Anschaf­fung hät­te täti­gen kön­nen. Für einen Moment habe ich über­legt, ob ich einen Piz­za­ser­vice mit Online-Last­schrift­ein­zugs­ver­fah­ren suchen sollte.

Und das ambi­va­len­te Gefühl, dass einem in so einer Situa­ti­on deut­lich wird, wie ein­fach social engi­nee­ring als Hack­me­tho­de sein muss: an diver­sen Hot­lines muss­te ich mich tele­fo­nisch aus­wei­sen (auch, weil ich teil­wei­se die Kar­ten­num­mern nicht hat­te). Dazu reich­te dann der Name und die Kennt­nis über ein paar per­sön­li­che Daten, die aber wie­der­um recht ein­fach zugäng­lich sind. In mei­ner Situa­ti­on ges­tern fand ich das hilf­reich, und ich kann mir auch schlecht vor­stel­len, wie eine Büro­kra­tie anders damit umge­hen soll, wenn es doch die­sen Spiel­raum braucht – aber das Tor stün­de auch ande­ren offen.

Kurz: Umsteigefrei, aber trödelig

Dass es jetzt ein­mal am Tag wie­der eine durch­ge­hen­de Ver­bin­dung von Frei­burg nach Stutt­gart gibt, ist eigent­lich eine tol­le Sache. Bis­her muss­te ich immer in Karls­ru­he umstei­gen. Das war meist kein Pro­blem, weil ICE aus Frei­burg und IC nach Stutt­gart auf­ein­an­der abge­stimmt sind, aber es heißt doch jedes­mal: Sachen zusam­men­su­chen, Man­tel anzie­hen, von Gleis 2 zu Gleis 7/8/9 lau­fen, einen neu­en Sitz­platz fin­den. Und manch­mal klappt es mit dem Anschluss doch nicht.

Jetzt gibt es die durch­ge­hen­de Ver­bin­dung, aber so rich­tig warm gewor­den bin ich damit noch nicht. Irgend­wie fühlt es sich „trö­de­lig“ an, den durch­ge­hen­den IC zu neh­men. Das hat etwas damit zu tun, dass die­ser lang­sa­mer fährt und im Gegen­satz zum ICE auch in Lahr hält. Wich­ti­ger aber noch ist die schlech­te Ver­tak­tung mit dem ÖPNV. Bis­her ist mein Stan­dard­zug der ICE um 6.23. Um den zu errei­chen, muss ich im Rie­sel­feld um 5.59 eine Bahn neh­men, ein­mal umstei­gen, und habe dann am Haupt­bahn­hof gera­de noch Zeit, schnell einen Kaf­fee zu kaufen.

Der durch­ge­hen­de IC fährt um 6.43 ab. Fak­tisch heißt das, dass ich – wenn ich nicht mehr­fach zwi­schen Bus und Stra­ßen­bahn umstei­gen will – dass ich im Rie­sel­feld um 5.59 in die Stra­ßen­bahn stei­ge, nicht umstei­ge, am Haupt­bahn­hof den vor­he­ri­gen ICE gera­de noch abfah­ren sehe und dann fast 20 Minu­ten war­ten muss. Letzt­lich bin ich bei glei­cher Start­zeit an der Haus­tür 19 Minu­ten spä­ter in Stutt­gart. Oder anders gesagt: Ich könn­te auch eine hal­be Stun­de spä­ter als üblich im Rie­sel­feld los, wür­de den 6.52-ICE erwi­schen (der den IC in Lahr über­holt) – und wäre genau so schnell in Stutt­gart. Ob das beque­me Sit­zen­blei­ben und die Chan­ce, theo­re­tisch ohne Unter­bre­chung im Zug arbei­ten zu kön­nen, dies auf­wie­gen, muss ich noch sehen.

Kurz: Exzellent verunsichert

Alt­kanz­ler­amts­mi­nis­ter Pofalla bekommt einen Pos­ten bei der Bahn – als Chef­lob­by­ist. Die Medi­en berich­ten, ver­kehrs- und anti­kor­rup­ti­ons­po­li­ti­sche Empörung.

Die Sati­re­sei­te Pos­til­lon behaup­tet, bereits am 1.1. ent­spre­chen­des berich­tet zu haben. Der Schluss liegt nahe (war­um eigent­lich?): Die Medi­en­ma­schi­ne hat fei­er­tags­be­dingt Sati­re für Ernst genom­men und dann schlicht von­ein­an­der abge­schrie­ben. Pofalla – eine gigan­ti­sche Ente?

Oder doch Meta­sa­ti­re? Denn Blog­posts zurück­da­tie­ren kann jeder. Pofalla bei der Bahn ist also doch der Ernst­fall, die Ente sind wir – aber für einen Moment ver­wisch­ten die Gren­zen. Allein schon die Plau­si­bi­li­tät, dass es eben Sati­re hät­te sein kön­nen, zeigt die Absur­di­tät die­ser Per­so­na­lie. Ver­un­si­che­rung par excel­lence. Und dafür Cha­peau, lie­ber Postillon!

P.S.: Der Tho­mas Knü­wer schreibt sehr viel aus­führ­li­cher eine klu­ge Ana­ly­se dazu, was hier pas­siert ist.

Kurz: Bahnfahrtipps

Als regel­mä­ßi­ger Bahn­fah­rer spielt das rich­ti­ge Maß an Gelas­sen­heit im Umgang mit der Bahn auch in mei­nem Blog ab und zu eine Rol­le; und wer mir auf Twit­ter oder Face­book folgt, erlebt manch­mal ent­spre­chen­de Aben­teu­er mit – bis hin zu Ver­zer­run­gen in der Raum­zeit­geo­me­trie, die dazu füh­ren, dass der schnells­te Weg zwi­schen Stutt­gart und Frei­burg  schon mal über Mann­heim füh­ren kann.

Aktu­ell woll­te ich aber vor allem auf eine hilf­rei­che Lis­te hin­wei­sen, die Mal­te Krohn für Viel- wie Gele­gen­heits­fahr­gäs­te zusam­men­ge­stellt hat. Gelas­sen­heit gehört auch dazu, aber auch ein paar wei­te­re klu­ge Tipps fürs bes­se­re Bahnfahren.

Eine kinderwagenfreundliche Bahninfrastruktur wäre was

People waiting II
Schon ein paar Jah­re her das Foto – die Bahn­steig­si­tua­ti­on in Ham­burg ist aber wei­ter­hin iden­tisch schlecht

Puh – mit zwei Kin­dern, Kin­der­wa­gen und schwe­rem Gepäck mit der Bahn unter­wegs. Auf der Hin­fahrt ein Nacht­zug mit Fahr­rad­ab­teil – lei­der ohne irgend­ei­ne Per­son am Bahn­steig, die einem das sagen kann. Also Kin­der ins Abteil ste­cken und den Kin­der­wa­gen einen Wagen wei­ter hie­ven – Gang passt, aber die Tür ist einen hal­ben Zen­ti­me­ter zu schmal. Also zusam­men­le­gen und irgend­wie durch.

Aus­stieg in Ber­lin, Suche nach Auf­zü­gen. Der RE nach Ros­tock ist leer und hat Nie­der­flur. Ein Wickel­tisch wär Luxus, ok. Und der Bahn­hof in Ros­tock ver­fügt wie­der über eine erstaun­li­che Viel­falt an Aufzügen.

Rück­fahrt über Ham­burg. Der IC von Ros­tock nach Ham­burg ist gut, hat sogar Platz zum Abstel­len des Kin­der­wa­gens. Noch bes­ser, wenn mir der Ser­vice­point das hät­te sagen kön­nen („Fra­gen Sie das Zug­per­so­nal“). Und wenn der Wagen­stands­an­zei­ger gestimmt hät­te. So ren­nen, bei eini­gen Minu­ten Auf­ent­halt mach­bar. Hät­te nicht sein müssen.

Panik dann in Ham­burg. Extra viel Zeit zum Umstei­gen ein­ge­plant, trotz­dem zeigt der Durch­gangs­bahn­hof mit 14 Glei­sen sei­ne Tücken. Im Nor­mal­be­trieb gehört dazu, dass es pro Bahn­steig exakt einen Auf­zug gibt – eine der bei­den „Brü­cken“ über die Glei­se ist nur mit einem klei­nen Spa­zier­gang durch Ham­burg erreichbar. 

Bei uns dann Gleis 14: Der IC nach Nürn­berg ist mit 15 Minu­ten Ver­spä­tung ange­ge­ben. Sprich: zur Abfahrts­zeit unse­res ICE. Zwi­schen­drin dann noch ein ICE nach Mün­chen. Die Fra­ge: Run­ter mit dem Auf­zug (dau­ert mit War­te­schlan­ge ein paar Minu­ten) – oder lie­ber war­ten, bis sicher ist, dass das Gleis gleich bleibt?

Am Gleis ange­zeigt wer­den Züge im bun­ten Wech­sel. Bahn.de weiß auch nicht mehr. Also ein­mal mit dem Kin­der­wa­gen durch die war­ten­de Men­schen­men­ge von drei Fern­zü­gen gepflügt. Durch lau­te Rufe „Aus dem Weg!“ bis zum vor­bei­sau­sen­den Wagen 7 vor­ge­drun­gen. Kind und Kin­der­wa­gen in den Zug gewor­fen (das ande­re ist auf die­sem Weg zum Glück an der Hand der Großeltern).

Geschafft! Doch was ist das? Ers­tens fährt der Zug nicht ab – auch, weil noch Men­schen aus­stei­gen, die gar nicht in die­sen Zug woll­ten. Zwei­tens rea­li­sie­re ich, am fal­schen Ende von Wagen 7 zu ste­hen – zum Glück passt der Kin­der­wa­gen haar­scharf durch den Mit­tel­gang. Ange­kom­men! (Dass der Kin­der­wa­gen jetzt die Tür halb ver­sperrt, muss wohl so sein.)

War­um blog­ge ich das? Weil ich den­ke, dass das auch anders gehen müss­te. Und als klei­nen S21-Stress­test.