Ich sehe gerade, dass das letzte Mal, dass ich intensiver über meinen Literaturkonsum berichtet habe, auch schon wieder ein halbes Jahr her ist. Die Zeit verging rasant, so kam es mir jedenfalls vor.
Jetzt vollständig zu rekonstruieren, was ich seitdem alles gerne gelesen habe, wäre dann doch etwas aufwändig. Ich möchte aber auf einige lesenswerte Bücher hinweisen, ohne allzuviel zu verraten. Und weil es dich ein paar mehr geworden sind, hier erst einmal Teil I.
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The Dark Forest (Liu Cixin, 2008, engl. 2015) ist der Folgeband von The Three-Body Problem. Die Welt – mit Fokus auf China – im Bann der sich nähernden Flotte der Außerirdischen – ist aus dem vorherigen Band bekannt. Seitdem sind allerdings einige Jahre vergangen. Die Erde wird engmaschig von den Trisolaren überwacht. Alle Hoffnung ruht nun auf den „Wallfacern“, ausgewählte Persönlichkeiten, die nahezu unbegrenzte Mittel zur Verfügung gestellt bekommen. Ihre Aufgabe ist es, ohne Kommunikation – und damit ohne Überwachung – eine Strategie zu entwickeln, die der kommenden Invasion entgegengesetzt werden kann. The Dark Forest ist spannend, vor allem auch deswegen, weil es jetzt ja darum geht, wie es nach dem ersten Band weitergeht, hat aber nicht ganz den Neuheitswert des ersten Bandes.
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Gelesen habe ich auch Neal Stephensons Seveneves (2015) – in gewisser Hinsicht das Gegenstück zu Kim Stanley Robinsons Aurora. Am Anfang steht die Katastrophe: Der Mond zerbricht, die orbitale Mechanik sorgt dafür, dass nach und nach immer mehr Bruchstücke auf der Erde einschlagen. Diese wird unbewohnbar – und alle Hoffnung ruht nun auf der (etwas erweiterten) internationalen Raumstation. Was folgt, wirkt eine Zeit lang wie eine Parallelverfilmung von The Martian: Ingenieurskunst, das Zusammenwirken von Nerds, um nur irgendwie das Überleben der Menschheit unter widrigsten Umständen zu sichern. Aber Seveneves wäre kein umfangreiches Stephenson-Buch, wenn es dabei bliebe, und nicht politische und persönliche Intrigen dazu kämen, und so eine Vielschichtigkeit aufgebaut würde, die es spannend macht. Und eigentlich ist Seveneves nicht ein Buch, sondern besteht aus drei Büchern, die andere Autor*innen jeweils für sich alleinstehend veröffentlicht hätten. Insbesondere der dritte Teil eröffnet dann noch einmal ganz andere Perspektiven, spielt er doch 5000 Jahre in der Zukunft – die Menschheit hat überlebt.
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Alles dreierlei – auch Ann Leckies mit Ancillary Justice (2013) begonnene Imperial-Ratch-Space-Opera findet in Ancillary Sword (2014) und Ancillary Mercy (2015) ihren krönenden Abschluss. Wer schon immer mal wissen wollte, wie es sich anfühlt, wenn eine AI eines Raumschiffes zur Kapitänin der Flotte gemacht wird, die letztlich gegen Teile einer über viele Körper verteilte Herrscherin kämpft und nebenbei Sklav*innen befreit und die Revolution ausruft, ist hier genau richtig aufgehoben.
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Der Rest meiner Lektüre war vor allem Fantasy – ganz unterschiedlicher Art. Zen Cho schreibt in Sorcerer to the Crown (2015) die Geschichte des Niedergangs der Magie im viktorianischen England neu. Zacharias Wythe ist der neue Magier des Königs – und der erste Hofmagier mit afrikanischen Wurzeln, von der weißen Gesellschaft entsprechend argwöhnisch betrachtet und bekämpft. Er soll das Rätsel der schwindenden Magie lösen, und stolpert dabei über die Waise Prunella Gentleman, die über unerwartete magische Fähigkeit verfügt.
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Sehr vergnüglich fand ich Genevieve Cogmans The Invisible Library (und den Folgeband The Masked City). Unterschiedliche Welten – einige eher durch Technologie und Ordnung geprägt, andere durch Chaos und Magie – werden verbunden durch die namensgebende Bibliothek. Die Titelfigur der Bücher ist eine der Bibliothekarinnen – und hat dementsprechend die Aufgabe, seltene Varianten von Büchern in unterschiedlichen der Parallelwelten zu finden. Klingt ziemlich straightforward, wird aber schnell zur Mischung aus magischem Krimi und Superheldengeschichte mit vielen literarischen Anspielungen.
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