Die Weihnachtszeit ist, wie jedes Jahr, hektisch, weil noch so viel zu organisieren und vorzubereiten ist. Mein Arbeitsjahr endet in vier Werktagen. Aber auch da wollen vorher noch Dinge gemacht werden. Die nächste Woche hat nochmal alle Gremiensitzungen, die wir so zu bieten haben; am 22.12. findet noch eine Landtagssitzung statt (Haushalt 2022!). Und die Januarklausur der Fraktion steht auch quasi schon im Türrahmen. Also, viel zu tun. Keine Zeit für Blogeinträge. Nur der kurze Gedanke, dass das eine oder andere sich vielleicht auch anders organisieren lassen könnte. Mit etwas mehr Vorlauf. Immerhin: in Kürze wird es wieder heller. (Und: pandemiebedingt keine Weihnachtsfeiern. Schade, aber auch ok, mit Blick auf die To-do-Listen …).
Kurz: Fluss der Dinge
Es ist eine Nachricht, dass Twitter die chronologische Timeline wieder anbietet. Anders als bei Facebook war sie nie ganz weg, denn wer in den Tiefen der Einstellungen angegeben hat, nicht die „wichtigsten“ Nachrichten zuerst sehen zu wollen, hat eine mehr oder weniger chronologisch geordnete Timeline angezeigt bekommen. Abgesehen von Hinweisen, was eine oder einer vielleicht verpasst haben könnte, oder was andere gesehen haben, oder … ich habe hier recht konsequent auf „weniger davon anzeigen“ gedrückt und zuletzt dann einen fast ausschließlich chronologischen Nachrichtenstrom erhalten.
Das scheint mir neben den Unzulänglichkeiten der Auswahlalgorithmen auch der Hauptgrund für die Beliebtheit der Chronologie zu sein: Tweets sind hier ein endloser Strom von Nachrichten, der einen Moment im globalen kommunikativen Bewusstsein dokumentiert und dann wieder vergeht. Die Dinge sind im Fluss, und wichtig ist nicht, was gestern passiert ist, sondern das, worüber Menschen genau in diesem Moment reden. Ein bisschen lässt sich dieser Strom zurückverfolgen, aber was vergangen ist, entschwindet – wie in einem Gespräch, nicht wie in einer E‑Mail-Debatte. Nur was wiederholt wird, überspringt diesen Anschein von Vergänglichkeit. Und darin liegt für mich der Reiz der Chronologie.
P.S.: Und natürlich signalisiert eine chronologisch geordnete Timeline – paradoxerweise – zugleich Kontrolle, insofern zumindest theoretisch die Möglichkeit besteht, so lange zurückzublättern, bis eine oder einer alles gelesen hat.
Die Welt im Jahr 2020
Die Zukunft vorherzusagen, ist bekanntermaßen schwierig. Das gilt umso mehr, wenn es um die ferne Zukunft geht. Dagegen lassen sich über die nahe Zukunft – also zum Beispiel das Jahr 2020 – recht zuverlässige Aussagen treffen. Mal abgesehen von dem Fall, dass ein unvorhersehbares Ereignis eintritt – schwarze Schwäne mit Gischt und Verwirbelung. (Es gab eine Zeit, in der die Zahl 2020 mal für die richtig weit in der Zukunft liegende Zukunft stand. Aber hey – heute sind das weniger als eineinhalb Jahre.)
Kurz: Bildungszeiten
Ein Problem, dass der Bildungspolitik (und eingeschränkt auch der Hochschulpolitik) inhärent ist, ist die stark verzögerte Aktion – Wirkung, bei gleichzeitig unmittelbarer Alltagsbetroffenheit für viele Menschen. Inhaltliche Reformen des Lehramtstudiums wirken genauso wie quantitative Veränderungen bei der Zahl der Lehramtsstudienplätze erst fünf, sechs oder sieben Jahre nach den politischen wirksam. Ein Studium dauert eben.
Ähnlich sieht es aus, wenn zum Beispiel im Grundschulunterricht etwas geändert wird – egal was, egal in welche Richtung. Es gibt einen relativ langen Vorlauf – Änderung der Bildungspläne, Fortbildungen, neue Materialien – und möglicherweise werden Folgen erst beim Übergang in die weiterführende Schule oder gar erst im weiteren Schulverlauf sichtbar. Auch hier reden wir also von zeitlichen Verzögerungen zwischen Aktion und Wirkung von Jahren bis Jahrzehnten.
Politik findet in Legislaturperioden statt (vier oder fünf Jahre), tagesaktuell werden noch viel kürzere Zeithorizonte eingefordert – jetzt ist das Studienergebnis X da, jetzt muss sofort reagiert werden. Faktisch führt das zu einer permanenten Übersteuerung in der Schulpolitik, durch didaktische Modewellen und Angst vor aufgebrachten Eltern noch verstärkt. Kontraintuitiv wäre hier also zum einen langsameres und gelassenes – dafür breit auch über politische Lager hinweg konsentiertes – Handeln sinnvoll, zum anderen – sagt mir der Blick auf die Arbeitswissenschaft – eine Stärkung lokaler Kompetenzen, Entscheidungsspielräume, Ressourcen und „Puffer“, um Verwerfungen kurzfristig in den Schulen auffangen zu können, ohne am großen Rad der Bildungspolitik zu drehen.
Kurz: In der Sonntagsfalle
Ich schrieb gerade bei Twitter „Unzufrieden, weil unproduktiv.“ Andere antworteten darauf mit „zufrieden, weil unproduktiv“ – schließlich ist ja Wochenende. Stimmt. Dennoch stelle ich mir selbst gerne die Falle, mir für Sonn- und Feiertage, kinderfreie noch dazu, Großes vorzunehmen. Lange Texte zu schreiben, oder endlich mal den Keller aufzuräumen, oder …
Denn wann, wenn nicht am Sonntag, wäre Zeit dafür, all dieses Dinge anzugehen, die irgendwo zwischen Arbeits- und Haushaltsalltag unter der Woche keinen Platz finden? Denke ich. Und handle doch anders – schlafe endlich mal aus, lasse mich vom Internet unterhalten, lese Bücher fertig oder mache Spaziergänge. Und bin unzufrieden, weil unproduktiv, statt es zu genießen, nichts zu tun. Blöd, oder?