Sind die sieben neuen Sünden sinnvoll? (Update)

Ich bin ja nun, wie wahr­schein­lich bekannt, über­haupt kein Freund eta­blier­ter Reli­gio­nen. Wenn dann ab und zu die rel­giö­sen Groß­or­ga­ni­sa­tio­nen sich dem Zeit­geist nicht ganz ver­schlie­ßen, ist das zumin­dest ein Grund, etwas dar­über zu schrei­ben. So hat der Vati­kan wohl neben den alten Tod­sün­den (Woll­lust, Neid, Eitel­keit usw.) sie­ben neue Sün­den in die Welt gesetzt. Näm­lich die folgenden:

1. „Bio­ethi­sche“ Über­grif­fe wie Geburtskontrolle
2. „Mora­lisch frag­wür­di­ge“ Expe­ri­men­te wie Stammzellenforschung
3. Drogenmissbrauch
4. Umweltverschmutzung
5. Bei­trä­ge zur Ver­grö­ße­rung der Dif­fe­renz zwi­schen Arm und Reich
6. Exzes­si­ver Reichtum
7. Erzeu­gung von Armut

Wer nicht genau hin­schaut, fin­det das erst­mal fort­schritt­lich: etwas gegen Umwelt­ver­schmut­zung und sozia­le Ungleich­heit zu tun, ist doch wirk­lich pri­ma (und sei es das In-Die-Welt-Set­zen eines neu­en Memes). Beim genaue­ren Hin­schau­en ist dass dann aber doch nicht so ganz neu. Kapi­ta­lis­mus­kri­ti­sche Äuße­run­gen etc. und den Wunsch nach der „Bewah­rung der Schöp­fung“ gab es aus dem Vati­kan auch schon, bevor Reich­tum jetzt in den Rang einer Sün­de erho­ben wur­den. Und so ganz anders als die alte Sün­den erscheint der exzes­si­ve Reich­tum dann auch nicht. 

Dann ste­cken im neu­en Sün­den­re­gis­ter ja nicht nur Nr. 4 bis 7, son­dern auch die Sün­den 1 bis 3. Weder hal­te ich Gebur­ten­kon­trol­le (und ähn­li­che „bio­ethi­sche Ver­ge­hen“) für etwas nega­ti­ves, noch möch­te ich, dass der Vati­kan dar­über ent­schei­det, wel­che For­men von For­schung mora­lisch ok sind und wel­che nicht. Und auch beim Dro­gen­miss­brauch ist es (wie beim exzes­si­ven Reich­tum) nicht weit zur alten Sün­de Völ­le­rei. Span­nend dabei auch die Fra­ge, was denn ein „Miss­brauch“ ist, wenn es um Dro­gen geht? Jeder Kon­sum, oder nur einer, der nicht vom Vati­kan frei­ge­ge­ben wur­de? Auch da ist die katho­li­sche Kir­che die fal­sche Kontrollinstanz!

Damit erschei­nen die sie­ben neu­en Sün­den doch eher als zeit­geis­ti­ge Auf­hüb­schung bereits vor­han­de­ner katho­li­scher Moral­stan­dards in all ihrer Zwiespältigkeit. 

Neben die­ser Ebe­ne der Kri­tik – sind’s die rich­ti­gen Sün­den, darf der Vati­kan da über­haupt legit­mier­wei­se was zu sagen – steht aber noch eine zwei­te Ebe­ne der Kri­tik im Raum: das gan­ze Kon­zept von Sün­de und (gött­lich legit­mier­ter) Ver­ge­bung näm­lich. Ers­tens sind „Sün­den“ ein grund­le­gen­des Ele­ment der Poli­tik der Angst (wir ver­bie­ten das, indem wir es mit Angst um das himm­li­sche Wohl­erge­hen ver­knüp­fen). Viel sinn­vol­ler erscheint es mir, Poli­tik nicht mora­lisch zu begrün­den, son­dern den ratio­na­len Hin­ter­grund die­ser „Sün­den“ dar­zu­stel­len. Das gelingt nicht bei jeder, aber bei der Umwelt­ver­schmut­zung und auch bei der sozia­len Spal­tung kann m.E. ganz pro­blem­los auch ohne reli­gi­ös-mora­li­sche Instanz argu­men­tiert wer­den, war­um es ver­nünf­ti­ger ist, sich anders zu verhalten.

Zwei­tens steckt in der Idee einer Sün­de ja – zumin­dest im Katho­li­zis­mus – bereits die Über­le­gung, dass Men­schen solan­ge dage­gen ver­sto­ßen kön­nen, solan­ge sie recht­zei­tig Abbit­te leis­ten (oder dann eben einen Teil des exzes­si­ven Reich­tums für wohl­tä­ti­ge Mis­si­ons­wer­ke aus­ge­ben). Auch das ist etwas, was mir an die­ser Kon­zep­tio­na­li­sie­rung von Nach­hal­tig­keit und gutem Leben nicht gefällt.

Fazit: mög­li­cher­wei­se mag die­se PR-Akti­on des Vati­kans dazu bei­tra­gen, dass ein paar Katho­li­kIn­nen mehr als vor­her sich um umwelt­freund­li­ches Ver­hal­ten und einen Abbau von sozia­len Spal­tun­gen bemü­hen. Im gro­ßen und gan­zen wird sich dar­an aber wohl nichts ändern. 

Via Boing­Bo­ing.

War­um blog­ge ich das? Viel­leicht, weil mein (evan­ge­lisch auf­ge­wach­se­ner) Papa den Begriff Sün­de schon seit 20 oder 30 Jah­ren ähn­lich füllt wie der Vati­kan heu­te. Und weil ich gespannt bin, wann Magnum die Eis­sor­te „Erzeu­gung von Armut“ produziert.

Update: Das Natu­re-Blog nimmt das The­ma auch auf und weist dar­auf hin, dass es bereits ers­te Schis­men (na gut, zwi­schen ver­schie­de­nen Tages­zei­tun­gen) dar­über gibt, wie das Ori­gi­nal­zi­tat eigent­lich zu ver­ste­hen ist, und ob es sich wirk­lich um sie­ben Sün­den han­delt, oder viel­leicht nur um zweieinhalb.

Altes aus Xanga, Teil XII

Wed­nes­day, Janu­ary 07, 2004

No tea for australia

In der News­group alt.fans.douglas-adams ist es guter Brauch, sich zu Weih­nach­ten (ech­te!) Kar­ten zu schi­cken. Dies­mal habe ich den Brie­fen noch einen Beu­tel lecke­ren indi­schen Tee bei­gelegt. Der kam auch über­all gut an – nur nicht in Aus­tra­li­en … (sie­he Links).

> Umschlag

> Brief


Mon­day, Decem­ber 22, 2003

Google-Sammlung, Teil V

Pünkt­lich zum Win­ter­an­fang ver­sinkt auch Goog­le im Schnee …


Wed­nes­day, Decem­ber 17, 2003

Google-Sammlung, Teil IV

Google feiert das Fliegen

Goog­le fei­ert das Flie­gen mit Links zu den Wright Brot­hers


Sun­day, Decem­ber 14, 2003

Revolutionäres

Inzwi­schen ist auch der drit­te Teil der Matrix-Tri­lo­gie in den Kinos. Ers­ter Ein­druck: ziem­lich gewalt­tä­tig, aber deut­lich bes­ser als der zwei­te Teil. In der Eta­blie­rung einer durch­aus eigen­stän­di­gen Ästhe­tik knüpft Matrix Revo­lu­ti­ons an den ers­ten Teil an. Die gewalt­tä­ti­gen Sze­nen sind (mal abge­se­hen von eini­gem eher in Rich­tung Hor­ror ten­die­ren­dem) durch­kom­po­niert, rasant und pas­send exakt zum Soundtrack. 

Was lässt sich sonst dar­über sagen? Nach dem Besuch von Matrix II hat­te ich geschrieben:

Pro­gno­sen für Matrix III: Wenn’s schlecht läuft, noch mehr Akti­on, noch weni­ger Sinn hin­ter den Phi­lo­so­phie­lek­tio­nen, ein wun­der­sa­mer Wan­del des Musik­stils fürs ers­te Drit­tel und ein Mensch und Mensch gewor­de­ne Maschi­ne (Smith als Virus) beglü­cken­des Hap­py End. Oder noch schlim­mer: alles nur ein böser Traum oder (eXis­tenz) nur ein Com­pu­ter­spiel. Wenn’s gut läuft, kommt in der Syn­the­se alles anders, Cybor­gi­sie­rung, Macht­kämp­fe in der Matrix und Macht­kämp­fe in Zion, die zu neu­en Alli­an­zen füh­ren. Die Ent­schei­dun­gen sind längst gefallen.

Erfüllt hat sich bei­des. Es gibt einer­seits einen neu­en Musik­stil und eine Mas­sen­tanz­sze­ne (eine schick-scheuß­li­che Edel­la­tex­dis­ko) im ers­ten Drit­tel, und die Phi­lo­so­phie (Lie­be und Kar­ma, und ganz viel Gerau­ne über schein­ba­re Zufäl­le und Zusam­men­hän­ge) ist viel­leicht doch nicht so tief­grei­fend wie sie sein könn­te. Und zum The­ma Akti­on sie­he oben. Ande­rer­seits: Lösung nur in der Ver­ei­ni­gung von Mensch und Maschi­ne (in den Kampf­ma­schi­nen Zions genau­so wie in Neos Ende), Frak­ti­ons­bil­dung und Kon­stel­la­tio­nen in Matrix und Zion. Was rich­tig erscheint, kann auch falsch sein. Waf­fen­still­stand im Kampf gegen den gemein­sa­men Feind Virus Smith. Das gan­ze span­nend dar­ge­stellt (wobei mir das genaue Ende der Matrix plot­ho­le­ver­däch­ti­ges Kopf­zer­bre­chen berei­tet: läuft sie jetzt virus­be­freit wei­ter, und was genau wird aus den hori­zont­fül­len­den Men­schen­far­men – und aus den abtrün­ni­gen Pro­gram­men?), in kla­re Sym­bo­le gegos­sen (der geblen­de­te Seher etc.). Star­ke Frau­en, tra­gi­sche Tode, mul­ti­kul­tu­rel­le Bot­schaf­ten. Aber eben auch: Gewalt. Letzt­lich aber lei­der doch kla­re Lini­en zwi­schen abso­lut gut und abso­lut böse. Und Neo als Mes­si­as­fi­gur, regen­bo­gen­strah­lend und glü­hend in den Him­mel geho­ben. So wer­den Reli­gio­nen begründet.

Fazit: I & (wenn auch nicht dran her­an­kom­mend) III sind stil­bil­dend, II war schwä­cher. Ins­ge­samt dürf­te der Matrix­my­thos sich inzwi­schen ins kol­lek­ti­ve Unbe­wuss­te ein­ge­gra­ben haben (sie­he auch den Mea­trix-Link unten, der schön damit spielt). Pro­gno­se: Das nächs­te in Rich­tung Matrix ist Zion als Set­ting für Vor­abend­se­ri­en a la Star Trek. Figu­ren und Wel­ten­buil­ding dafür gibt es mehr als genug.

> The Matrix
> The Mea­trix
> Veriss in Telepolis

P.S.: Der ande­re Win­ter­film – nein, nicht LOTR, son­dern Fin­det Nemo – ist tat­säch­lich sehr nied­lich und komisch, auch wenn er manch­mal für mei­nen Geschmack etwas unent­schie­den zwi­schen zei­chen­trick­ar­ti­ger und rea­lis­ti­scher CGI, zwi­schen Kin­der­film und Zita­ten­samm­lung für Erwach­se­ne pen­delt, und wenn ich das Mer­chan­di­sing sowie Wer­be­ak­tio­nen in Zoo-Geschäf­ten so unge­fähr exakt gegen­sätz­lich zur Bot­schaft des Fil­mes fin­de. Am bes­ten sind übri­gens die Schildkröten.


Fri­day, Octo­ber 31, 2003

Google-Kunst-Sammlung, Bd. III

Altes aus Xanga, Teil VIII

Satur­day, Febru­ary 15, 2003

Globale Demonstration

Heu­te scheint es die ers­te glo­ba­le Demons­tra­ti­on gege­ben zu haben – zeit­ver­setzt fan­den und fin­den heu­te welt­weit Demons­tra­tio­nen gegen den dro­hen­den Irak-Krieg statt. Allein in Euro­pa haben ins­ge­samt etwa vier Mil­lio­nen dar­an teil­ge­nom­men. Demons­tra­tio­nen fan­den aber auch in Aus­tra­li­en, Russ­land, Afri­ka, Ara­bi­en, Indi­en und nicht zuletzt in Ame­ri­ka statt. Ganz unab­hän­gig davon, ob die­ser mas­si­ve Pro­test Erfolg haben wird oder nicht – was wir hier erle­ben, dürf­te spä­ter – zusam­men mit den auf einen Ort hin kon­zen­trier­ten, aber glo­bal orga­ni­sier­ten – Pro­tes­ten von Seat­tle und Genua und mit den Soli­da­ri­täts­kund­ge­bun­gen nach dem 11. Sep­tem­ber 2001 – als eine der ers­ten glo­ba­len Pro­test­kund­ge­bun­gen in die Geschichts­bü­cher ein­ge­hen. Die glo­ba­le media­le Ver­net­zung über Mas­sen­me­di­en und Inter­net, die Ver­bun­den­heit und Abhän­gig­keit aller Din­ge im poli­ti­schen und wirt­schaft­li­chen Bereich fan­gen an, Wir­kung zu zei­gen. Der dro­hen­de Irak-Krieg – Iro­nie der Geschich­te – als Aus­wuchs des neu­en us-ame­ri­ka­ni­schen Uni­la­te­ra­lis­mus kann sich so als Kata­ly­sa­tor auf dem Weg hin zu einer welt­wei­ten poli­ti­schen Tages­ord­nung, einer glo­ba­len Zivil­ge­sell­schaft und einer Stär­kung der inter­na­tio­na­len poli­ti­schen Insti­tu­tio­nen erweisen. 

> CNN.com – Mil­li­ons in Euro­pe peace pro­tests – Feb. 15, 2003


Thurs­day, Febru­ary 06, 2003

Repeat

Ich weiss nicht, ob das ande­ren Leu­ten auch so geht. CD-Play­er haben ja des öfte­ren eine Repeat-Funk­ti­on. Und CDs sind gut eine Stun­de lang, viel­leicht län­ger, viel­leicht kür­zer. Radio­hö­ren seit der Kind­heit sorgt dafür, sich nach etwa einer Stun­de nicht mehr dar­an zu erin­nern, wel­che Top-of-the-pop-ultra-chart-hits gra­de eben schon ein­mal lie­fen. CDs sind gut eine Stun­de lang. Und mir pas­siert es immer wie­der, dass die Repeat-Funk­ti­on mei­nes CD-Play­ers mich stun­den­lang mit einer Klang­wol­ke umgibt. Musik ist Hin­ter­grund, jeden­falls für mich. Das kann dann ruhig die­sel­be sein. Elek­tro­ni­sche Musik eig­net sich beson­ders gut dafür, egal, ob Port­is­head oder schnel­le­res Zeug. Denn CDs sind gut eine Stun­de lang.

Nie mehr Kino?

Kei­ne Angst … auch wenn hier gra­de nichts steht, gehe ich doch auch wei­ter­hin ab und zu mal ins Kino. Vor eini­gen Wochen bei­spiels­wei­se in 19, einen japa­ni­schen Film mit äußerst unkla­rer Bot­schaft: Jun­ger Stu­dent wird von – ein pas­sen­des Wort wäre viel­leicht: Tau­ge­nicht­sen – gekid­nappt, Hals über Kopf und auf offe­ner Stra­ße. Eine Road-Movie-Tour über Japans Stra­ßen und Auto­mo­bi­le schließt sich an. Das Meer ist das Ende. Ziem­lich gewalt­tä­tig, rela­tiv sinn­los – beein­dru­ckend aber die Ästhe­tik. Ein biß­chen kam mir das gan­ze vor wie die Ver­fil­mung einer leicht tra­shig ange­hauch­ten Mode­stre­cke in einem Hoch­glanz­ma­ga­zin. Inter­es­san­te Farbpalette. 

Eine schö­ne Über­lei­tung wäre jetzt, zu behaup­ten, dass der Dog­ma-Film Open Hearts das genaue Gegen­teil von 19 ist. Stimmt aber nicht wirk­lich, es gibt näm­lich kaum eine Ver­gleichs­ba­sis. Was fand ich an Open Hearts nett? Auch hier: die Ästhe­tik, Skan­di­na­vi­en­hip­pie­i­ke­a­style. Die däni­schen Umgangs­for­men. Und das irgend­wie doch offe­ne Ende. Oder auch nicht. Eine Geschich­te über Leid und Lie­be, kein kla­res Hap­py-End und ziem­lich vie­les, was zwi­schen­drin zer­bro­chen ist. Trotz­dem ein ziem­lich schwer ver­dau­li­cher Film. Neben­bei bemerkt: Schön die augen­zwin­kern­de Fast­nicht­ver­let­zung der Dog­ma-Regeln (Musik aus dem immer vor­han­de­nen Walk­man, Vor- und Nach­spann mit der Wär­me­bild­ka­me­ra gefilmt, …).

Noch mehr Fil­me? Nur auf Video gese­hen, was scha­de war: Die Lie­ben­den des Polar­krei­ses. Den Roman dazu konn­te ich mir leb­haft vor­stel­len, und das inge­niö­se Auf­ein­an­der­tür­men von Zufäl­len, die am Schluss kon­sis­tent wer­den, hat­te was. Melan­cho­lisch – und so ver­dammt nah am Hap­py End, aber dann doch immer wie­der haar­scharf dran vor­bei. Lite­ra­ri­sches Kino, wenn es so was gibt.

> http://www.19-der-film.de/

> http://www.open-hearts.de/

> http://www.google.de/search?hl=de&ie=ISO-8859–1&q=die+liebenden+des+polarkreises&meta=


Fri­day, Janu­ary 31, 2003 / (4. Janu­ar 2003)

Wissenschaft braucht keine Religion!

In der Süd­deut­schen Zei­tung erschien heu­te ein Essay, in dem Gesi­ne Schwan dafür plä­diert, Wis­sen­schaft auf ein reli­giö­ses Fun­da­ment zu stel­len. Weil mir das sehr selt­sam erscheint – und eigent­lich eher eines fun­da­men­ta­lis­ti­schen US-Prä­si­den­ten wür­dig, als einer ost­deut­schen Hoch­schul­rek­to­rin – habe ich der SZ einen Leser­brief geschrieben:

Sehr geehr­te Damen und Herren,

Gesi­ne Schwan macht zwei Feh­ler, wenn sie vor­schlägt, die Wis­sen­schaft müs­se sich an der Reli­gi­on ori­en­tie­ren. Zum einen über­sieht sie, dass es „die Reli­gi­on“ nicht gibt, sagt uns aber lei­der nicht, war­um sich ihrer Mei­nung nach Wis­sen­schaft an einer wohl impli­zit mehr oder weni­ger christ­li­chen Reli­gi­on zu ori­en­tie­ren hat – und z.B. nicht an den ganz ande­ren Wert­mus­tern des Hin­du­is­mus oder des Tao­is­mus. Zum ande­ren begrün­det sie nicht, war­um sie über­haupt Reli­gi­on braucht, um einen außer­wis­sen­schaft­li­chen Anker­punkt zu fin­den, an dem sich Wis­sen­schaft ori­en­tie­ren soll. So löb­lich es sein mag, wenn die­ser eben nicht im Geld (und sicher­lich auch nicht in poli­ti­scher Macht) zu fin­den ist, so wenig geht aus dem Essay her­vor, war­um nicht all­ge­mei­ne ethi­sche Grund­la­gen, Men­schen­rech­te und der­glei­chen sich eben­so­gut oder nicht viel bes­ser eig­nen als gera­de Reli­gi­on. Als Ungläu­bi­ger und Wis­sen­schaft­ler schei­nen mir hier pri­va­te Erwe­ckungs­vor­stel­lun­gen und gesell­schaft­li­che Leit­plan­ken ver­wech­selt wor­den zu sein. Was scha­de ist.

Schö­ne Grüs­se,
Till Wes­ter­may­er, M.A.

> Süd­deut­sche Zei­tung – Das zer­stör­te Tabu


P.S.: Nach­trag zum Ein­trag vom 4. Janu­ar: Die SZ hat mei­nen Leser­brief veröffentlicht …


Satur­day, Decem­ber 28, 2002

Something to keep watching …

(Ohne wei­te­re Worte)

> DARPA Infor­ma­ti­on Awa­re­ness Office programs

Altes aus Xanga, Teil V

Mon­day, Octo­ber 07, 2002

Bahn nicht nett

In der taz von heu­te (07.10.2002) war ein halb­sei­ti­ge Farb­an­zei­ge der Deut­schen Bahn AG geschal­tet, in der für das neue Preis­sys­tem gewor­ben wird. Die hat mich zu fol­gen­dem Brief an die Bahn animiert …

Sehr geehr­te Damen und Herren,

in der taz (die tages­zei­tung) von heu­te haben Sie auf S. 9 eine Anzei­ge mit dem Slo­gan „Seit Jah­ren kri­ti­sie­ren Sie unse­re Prei­se. War­um machen Sie Ihre Prei­se nicht selbst?“ geschal­tet. Net­te Idee – aller­dings fin­de ich die Anzei­ge dann doch ziem­lich frech und möch­te Ihnen auch ger­ne erklä­ren, war­um. Kurz gesagt: Ich mache mir schon jetzt mei­ne Prei­se selbst und bin mit dem alten Preis­sys­tem samt sei­ner Fle­xi­bi­li­tät ziem­lich zufrie­den. Wie das geht? Als Besit­zer einer Bahn­Card sen­ke ich mir die Prei­se gleich mal um 50%. Und wenn ich eine län­ge­re Rei­se pla­ne (meis­tens bin ich nur für ein oder zwei Tage weg, lei­der genau die Ziel­grup­pe, die Ihr neu­es Sys­tem nicht vor­sieht), dann nut­ze ich z.B. den Supersparpreis. 

Sie neh­men mir also die Frei­heit, mir mei­ne Prei­se „selbst zu machen“. Indem Sie die für mich beson­ders wich­ti­ge Fle­xi­bi­li­tät aus dem Bahn­preis­sys­tem neh­men, und indem Sie die Bahn­Card auf 25% Ermäs­si­gung redu­zie­ren. Fin­de ich nicht nett, und so zu tun, als sei­en die Kun­den bis­her dumm gewe­sen, fin­de ich auch nicht nett.

Schö­ne Grüsse,

Till Wes­ter­may­er

P.S.: Übri­gens bin ich mir ganz sicher, dass die Bahn­prei­se auch in 2003 noch hef­tig in der Kri­tik ste­hen wer­den. Denn gra­de auf kür­ze­ren Stre­cken und im fle­xi­blen Nut­zungs­be­reich sind sie kon­kur­renz­los hoch. Ich wer­de wei­ter­hin Bahn fah­ren – wäre aber sehr dank­bar für eine ande­re Preis­po­li­tik (die nicht auf Früh­früh­bu­cher und Groß­grup­pen setzt), und für eine Stra­te­gie, die erst­mal dar­auf setzt, die jet­zi­gen Kun­den zu hal­ten statt neue dazuzugewinnen.

> Pres­se-Infor­ma­ti­on Personenverkehr


Thurs­day, Octo­ber 03, 2002

Na sowas …

Ab und zu über­kommt mich das Ver­lan­gen, mich dem Ego-Sur­fen (2) hin­zu­ge­ben. Was ich dann meist auch tue. Dabei stößt mensch auf aller­hand erstaun­li­ches: Dop­pel­gän­ger! Zita­te mei­ner Haus­ar­bei­ten in ande­ren Haus­ar­bei­ten, samt ordent­li­cher Lite­ra­tur­an­ga­be! Unterschriftensammlungen!

Oder aber auch die Tat­sa­che, dass im letz­tes Jahr im Novem­ber einen Bei­trag in de.rec.sf.misc geschrie­ben habe, in dem ich mich über die Unmög­lich­keit eines Uni­ver­sal­trans­la­tors aus­ge­las­sen habe (so wie in StarT­rek) – und dass die­ser Bei­trag dann im „Net­di­gest“ auf­ge­nom­men wur­de: (Best of Net­di­gest – Monat­lich die humor­volls­ten Bei­trä­ge des Use­net). Und weil’s so nett ist, wird der Bei­trag hier­mit von mir wiederveröffentlicht 

From: till@tillwe.de (Till Wes­ter­may­er)
News­groups: de.rec.sf.misc
Sub­ject: Re: [Andro­me­da] Wer ist Trance Gemi­ni
Date: 23 Oct 2001 18:15:00 +0200
Mes­sa­ge-ID: <8BRS9iXdbzB@westermayer-74391.user.cis.dfn.de>

[23.10.01: Ochsensepp@t‑online.de]

>Man braucht z.B. nur dar­an den­ken, daß der Text, den
>ich gera­de hier tip­pe, nicht in die­ser Form zum Ser­ver
>über­tra­gen, son­dern vor­her in eine com­pu­ter­ge­rech­te
>Spra­che digi­ta­li­siert wird. Auch eine Art von
>„Trans­la­tor“. Aller­dings mit der Ein­schrän­kung, daß hier
>kein bewuß­tes Ver­ste­hen des Tex­tes not­wen­dig ist.

Argl. Nein. Du ver­wech­selst ver­schie­de­ne seman­ti­sche Ebe­nen (oder, um’s infor­ma­ti­ons­tech­nisch aus­zu­drü­cken: Pro­to­koll­schich­ten). Natür­lich hast Du recht, dass es kei­nen Unter­schied macht, ob Infor­ma­ti­on jetzt per Laser an/aus oder per Schall oder per Infra­schall oder wie auch immer über­tra­gen wird. Aber mal abge­se­hen davon, dass unser hypo­the­ti­scher Uni­ver­sal­trans­la­tor dann auch noch ein gigan­ti­sches Feld an mög­li­chen bedeu­tungs­tra­gen­den Fre­quenz­be­rei­chen im elek­tro­ma­gne­ti­schen Spek­trum abde­cken müss­te, gibt’s fol­gen­des Problem:

Ebe­ne A Inhal­te, Bedeutungen

Ebe­ne B Gram­ma­tik, Syn­tax und Mor­phe­me, Wörter

Ebe­ne C Lau­te, Pho­ne­me, Töne

Ebe­ne D Schall / Fre­quenz­be­reich
(‚bedeu­tungs­lo­se Information‘)

So mal irgend­wie adhoc. Ein Uni­ver­sal­trans­la­tor zwi­schen einer bekann­ten und einer unbe­kann­ten Spra­che muss nun fol­gen­des leisten:

Auf Ebe­ne D erken­nen, was Infor­ma­ti­on und was ‚Rau­schen‘ ist; wel­cher Fre­quenz­be­reich zur Infor­ma­ti­ons­über­tra­gung ver­wen­det wird, wel­che Kon­fi­gu­ra­tio­nen davon über­haupt Sinn erge­ben. ((Als Bei­spiel, um’s deut­li­cher zu machen: Eine Text­sei­te, auf der ver­schie­de­nen­far­bi­ge Schnör­kel abge­druckt sind. Spie­len die Far­ben der Schnör­kel eine Rol­le oder nicht? Oder geht es nur um die Form? Oder ande­res Bei­spiel: im Chi­ne­si­schen ist auch die Ton­hö­he rele­vant, bei uns eher nicht …))

Wenn Ebe­ne D geklärt ist, kommt Ebe­ne C dran: Von wo bis wo geht ein Pho­nem („ein Buch­sta­be“), wo fan­gen neue Wör­ter an? ((Das ist für die maschi­nel­le Erken­nung mensch­li­cher gespro­che­ner Spra­che bis heu­te ein nicht ganz ein­fach zu lösen­des Pro­blem, wes­we­gen z.B. bei Dik­tier­pro­gramm rela­tiv gro­ße Pau­sen zwi­schen Wör­tern not­wen­dig sind.
Plas­ti­sches­bei­spiel­was­ge­hört­hier­zu­wel­chem­wort­da­zu­und­wo­her­weisst­du, dass der Anfang die­ses Sat­zes rich­tig „Plas­ti­sches Bei­spiel: was gehört hier …“ lau­tet und nicht „Plas Tisch Es bei Spiel­wasg! E Hört­hi­er! …“ ist?))

Wenn auch C erfolg­reich ent­schlüs­selt ist (es geht natür­lich hier­bei nicht wirk­lich immer nur in eine Rich­tung: schon bekann­tes Wis­sen auf den höhe­ren Ebe­nen kann umge­kehrt auch hel­fen, die wei­ter unten lie­gen­den Ebe­nen zu ent­schlüs­seln – wenn Du z.B. schon weisst, dass ‚Tisch‘ und ‚Es‘ kor­rek­te Wör­ter (Ebe­ne B!) sind, dann liegt die Inter­pre­ta­ti­on „Plas Tisch Es bei Spiel­wasg!“ natür­lich nahe …), wenn also C erfolg­reich ent­schlüs­selt ist, geht es um B – einer­seits um die Fra­ge, wel­che Wör­ter und Wort­bruch­tei­le exis­tie­ren, und ande­rer­seits um die Fra­ge, nach wel­chen Regeln die­se in wel­chen For­men wie anein­an­der­ge­fügt wer­den dür­fen. Wo hören Sät­ze auf, was sind Ver­ben und Nomen (oder äqui­va­len­te Kon­zep­te in ande­ren Denk­sche­ma­ta), etc. Auch dies ist ein rela­tiv kom­ple­xes Gebiet, vor allem dann, wenn die Ver­mu­tung stimmt, dass Men­schen eine gene­tisch ver­an­ker­te Uni­ver­sal­gram­ma­tik ver­wen­den, in der ver­an­kert ist, dass Din­ge wie Suf­fi­xe, Prä­fi­xe, … mög­lich sind, und kul­tu­rel­le Prä­gung nur noch dar­über ent­schei­det, wel­cher Teil der Uni­ver­sal­gram­ma­tik akti­viert und wel­cher zurück­ge­drängt wird. Also, kurz gesagt, auch hier gibt es eine gan­ze Men­ge not­wen­di­ges Wis­sen und sehr viel Rätselraten.

Und nach D, C und B bleibt immer noch Ebe­ne A. Du hast also als Uni­ver­sal­trans­la­tor erfolg­reich erkannt, dass die Ton­hö­he irrele­vant ist, die Laut­stär­ke aber sehr wich­tig und dass auch die Geschwin­dig­keit, mit der etwas gespro­chen wird (Fre­quenz­be­reich bis 140 KHz …) infor­ma­ti­ons­hal­tig ist. Die in vage Sym­bo­le über­setz­te Laut­fol­ge „Plas­ti­sches­bei­spiel­was­ge­hört­hi­er …“ hast Du eben­falls erfolg­reich in die rich­ti­gen Wort­be­stand­tei­le zer­legt und auch erkannt, was gram­ma­ti­ka­lisch was für eine Funk­ti­on hat. Als Ergeb­nis des DCB- Ana­ly­se­pro­zess stehst Du jetzt als vor fol­gen­der Information:

„Plas (Verb, Ver­gan­gen­heits­form weib­lich) Tisch (Ver­weis auf) Es (Höf­lich­keits­par­ti­kel, weib­lich) Bei (Namens­be­stand­teil) Spiel­wasg (Amts­be­zeich­nung, weib­lich)! E (Verb, Ver­gan­gen­heits­form, plu­ral) Hört­hi­er (Amts­be­zeich­nung, männlich)!“

Jetzt musst Du nur erra­ten, dass „Plas“ die Ver­gan­gen­heit eines Verbs „plut­schig“ ist, was soviel wie „grüs­sen, küs­sen, umar­men, Sex haben mit, aufs innigs­te has­sen“ bedeu­tet, dass „Tisch“ immer auf eine unter­ge­ord­ne­te Per­son bezo­gen ist, die aber trotz­dem („Es“!) höf­lich behan­delt wird, dass „Bei“ ein häu­fi­ger Vor­na­me ist und das „Spiel­wasg“ ein Amt in der Reli­gi­ons­re­gie­rungs­form die­ser Wesen ist, dass unge­fähr mit „Mätres­se der zöi­ba­t­är leben­den Hohenpriester/in“ über­setz­bar wäre, was natür­lich nichts über die immense Bedeu­tung die­ses Amtes aussagt.

Außer­dem musst Du erra­ten, dass ‚Ich‘ immer weg­ge­las­sen wer­den kann bezie­hungs­wei­se schon in der Ver­gan­gen­heits­form „Plas“ von „Plut­schig“ ent­hal­ten ist. Wenn Du dann noch errätst, dass „E“ soviel wie „Bedau­ern, Sym­pa­thie haben mit, Ver­ach­ten“ bedeu­tet (eine Form des Verbs ‚etschig‘), und dass „Hört­hi­er“ wört­lich zwar „Was­ser­trä­ger der Mätres­se“ über­setzt wäre, aber seit zwei­hun­dert Jah­ren die Bezeich­nung für einen Kreis von hohen Wür­den­trä­gern ist, die über den Umweg von pla­to­ni­schen oder auch ande­re Bezie­hun­gen mit der Mätres­se der jeweils herr­schen­den Hohenpriester/in gro­ßen Ein­fluss auf die Regie­rungs­po­li­tik haben. Außer­dem musst Du noch wis­sen, dass Gegen­über­stel­lun­gen wie „so dass“, „aber“, … meis­tens ein­fach weg­ge­las­sen wer­den – „das Gute und das Böse spricht für sich“

Sobald als die DCB-Anayl­se vor­liegt und die ein­fa­chen Rate­spie­le auf A gelöst wor­den sind (was dum­mer­wei­se z.T. tief­rei­chen­de eth­no­gra­phi­sche und sozi­al­wis­sen­schaft­li­che Stu­di­en erfor­dert ), kann der Uni­ver­sal­trans­la­tor sich dran­ma­chen, und fol­gen­den Out­put generieren:

„(Ich) hat­te (den auf Haß­li­e­be auf­bau­en­den selbst­zer­stö­re­ri­schen) Sex, (der für die Arbei­ter­kas­te unse­rer Spe­zi­es typisch ist,) mit der eigent­lich ver­ach­tens­wer­ten, aber natür­lich sehr zu ehren­den Mätres­se Bei, (aber) (ich) (bin jetzt in der Lage, dar­aus die Schluss­fol­ge­rung zu zie­hen, dass) mein (mit­lei­dig-ver­ach­ten­de) Mit­ge­fühl dem Rat der Was­ser­trä­ger zu gel­ten gehabt hätte.“

((Und jetzt musst Du natür­lich noch wis­sen, dass die Dir gegen­über­ste­hen­de Per­son eigent­lich nur damit prah­len will, dass sie in einem rela­tiv nahen, aber in der poli­ti­schen Struk­tur die­se Leu­te eher unwich­ti­gen Ver­wandt­schafts­ver­hält­nis mit einem der Was­ser­trä­ger steht, und dass sie das tut, weil damit tra­di­tio­nell Ver­kaufs­ge­sprä­che begon­nen wer­den. Und dass die rich­ti­ge Ant­wort wäre: „(Ich) bedaue­re (aber bin eigent­lich nei­disch) zutiefst das schreck­li­che Schick­sal des eigent­lich ver­ach­tens­wer­ten, aber natür­lich sehr zu ehren­den Mit­ge­schöp­fes, des­sen Namen zu erfah­ren ich nicht wür­dig bin (obwohl) mein eige­ner Onkel einen der Was­ser­trä­ger auf­ge­fres­sen gehabt hät­te (wenn er den jemals in der Haupt­stadt Kramsnbdta gewe­sen wäre)“))

(((Also viel Spaß dabei, die­sen Leu­ten zu erklä­ren, war­um sie sich in der nächs­ten hal­ben Stun­de der För­de­ra­ti­on anschlies­sen müs­sen, wenn sie nicht ihren Pla­ne­ten ver­lie­ren wol­len und zu elen­dig behan­del­ten Skla­ven der Kei­ne­ah­nung­wer werden)))

Fazit: Bis­her ist es der KI nicht gelun­gen, einen wirk­lich funk­ti­ons­fä­hi­gen Simul­tan­über­set­zer zwi­schen zwei bekann­ten gespro­che­nen Spra­chen, die letzt­lich auf iden­ti­schen bio­lo­gi­schen Grund­la­gen beru­hen, zu kon­stru­ie­ren. Durch frem­de und unbe­kann­te bio­lo­gi­sche und sozio­kul­tu­rel­le Grund­la­gen ohne jede Vor­ar­beit wird die­ses Pro­blem nicht wirk­lich ein­fa­cher. Es wird also noch etwas dauern …

Gruss, Till


Wed­nes­day, Octo­ber 02, 2002

Drama im Kino: Nackt

Wer bei Namen wie Doris Dör­rie oder Hei­ke Makat­sch eine Komö­die erwar­tet, dürf­te von Nackt ent­täuscht sein. Statt des­sen gibt es klas­si­sches Dra­ma, thea­ter­li­ke. Wun­der­bar ein­präg­sa­me Mono­lo­ge und toll gedrech­sel­te Wort­spie­le inklu­si­ve (habe mir lei­der keins gemerkt). Die Zahl der Dar­stel­ler ist rela­tiv begrenzt, bis auf gele­gent­li­che Wackel­vi­deo­erin­ne­rungs­rück­blen­den ist die Hand­lung ordent­lich chro­no­lo­gisch und fin­det an – Bus­hal­te­stel­le mit­ge­zählt – drei Schau­plät­zen bzw. in drei Woh­nun­gen (Hip­pie­schick mit Zelt­bett, IKEA-Bri­git­te-Bunt­heit a la jun­ge Fami­lie, nur ohne Kind, zurück­hal­tend-prot­zi­ger Palast inkl. flä­chen­de­cken­dem Flach­bild­fern­se­her und toll in Sze­ne zu set­zen­den Bunt­glas­tü­ren) statt. Sechs Freun­de mit unter­schied­li­chen und unter­schied­lich erfolg­rei­chen Ideen, dar­un­ter zwei Paa­re und ein Ex-Paar, sechs Cha­rak­ter­ei­gen­schaf­ten von chao­tisch-lieb bis kalt­her­zig und auf­ge­dreht (und natür­lich gilt: Geld ver­dirbt den Cha­rak­ter), und eine Ein­la­dung zu einem Abend­essen, zu dem eigent­lich nie­mand will. Das Gespräch kommt auf Glück (nee, eigent­lich nicht), Lie­be und die Tat­sa­che, dass angeb­lich Part­ner die Hän­de (und Kör­per) des ande­ren blind nicht erken­nen kön­nen. Nach eini­gem Hin- und Her wird das aus­pro­biert, kriegt einen dra­ma­ti­schen Dreh und endet in mensch­li­chen Abgrün­den. Und dann doch wie­der beim Hap­py-End. Vor­der­grün­dig jedenfalls.

> Nackt


Satur­day, Sep­tem­ber 28, 2002

Wahlwerbung ist Wahlwerbung

Was lese ich heu­te in mei­ner Lieb­lings­ta­ges­zei­tung? Einen net­ten Kom­men­tar zum Phä­no­men der Wahl­wer­bung – also der Wer­bung für was auch immer mit der Bun­des­tags­wahl –, der doch eini­ge Gedan­ken auf­nimmt, die ich mir da auch schon mal drü­ber gemacht habe. Neben den im Arti­kel zitier­ten Bei­spie­len (klar, Lucky Strike lebt davon, auf aktu­el­le Ereig­nis­se ein­zu­ge­hen) fand ich beson­ders die Lexus-Wer­bung auf Spie­gel-Online faszinierend.

Wahlwerbung bei Spiegel online

Aller­dings wür­de ich dem taz-Arti­kel nicht in allen Punk­ten zustim­men. Nicht in der eher generv­ten Grund­stim­mung, und nicht in der Ana­ly­se der Sinn­lo­sig­keit einer sol­chen Wer­bung. Viel­mehr scheint mir gra­de die Tat­sa­che, dass Wer­bung Din­ge wie Fuß­ball-WMs, Bun­des­tags­wah­len etc. auf­nimmt, dafür zu spre­chen, dass Wer­bung selbst eben auch ein (etwas ver­korks­tes) Mas­sen­me­di­um ist, das nicht umhin kommt, neben län­ger­fris­ti­gen gesell­schaft­li­chen Trends und Grund­stim­mun­gen auch aktu­el­le Groß­ereig­nis­se als Roh­ma­te­ri­al für die eige­ne Auf­merk­sam­keits­ma­xi­mie­rung her­an­zu­zie­hen. Und uns damit auch etwas über unse­re Gesell­schaft zu erzählen.

> taz 28.9.02 Schwarz­kir­sche Stoiber


Tues­day, Sep­tem­ber 24, 2002

Zur Bundestagswahl

Rot-grün hat in einer Zit­ter­par­tie gesiegt – und statt mit einer klei­ne­ren Frak­ti­on wegen klei­ne­rem Bun­des­tag sind die Grü­nen sogar bes­ser als beim letz­ten Mal ver­tre­ten. Jetzt hof­fe ich nur, dass sich die­ses neue grü­ne Gewicht auch in mehr grün in der Regie­rungs­po­li­tik äußert. 

Was gibt’s noch zu sagen? Erstaun­lich fin­de ich, dass unter den vie­len Neu­lin­gen in der grü­nen Frak­ti­on jetzt doch eini­ge sind, die aus der Grü­nen Jugend (bzw. der Grün-Alter­na­ti­ven Jugend) kom­men. Griet­je Bet­tin und Mat­thi­as Ber­nin­ger sind ja schon län­ger dabei – aber auch Kers­tin And­reae (die hier in Frei­burg 25% der Zweit­stim­men geholt hat, das bun­des­weit bes­te Ergeb­nis, im Stadt­ge­biet sind’s sogar 28%), Alex Bonde (BaWü, Lis­ten­platz 10) und natür­lich Anna Lühr­mann (Hes­sen, Lis­ten­platz 5, 19 Jah­re) kom­men aus der Grü­nen Jugend. 

> Jun­ge Abge­ord­ne­te bei Bünd­nis 90/Die Grü­nen im Über­blick
> Zah­len zur Wahl
> Noch viel mehr Zah­len beim Bundeswahlleiter

Altes aus Xanga, Teil II

Tues­day, June 25, 2002

Fussball

Heu­te war alles das ent­schei­den­de Spiel. Süd­ko­rea / Deutsch­land, Deutsch­land hat gewon­nen. Dabei ist es wich­tig zu wis­sen, dass ich mich eigent­lich für Fuss­ball nicht inter­es­sie­re. Schön, es gehört irgend­wie zum all­ge­mei­nen Hin­ter­grund­wis­sen, mit­zu­krie­gen, dass nur noch ein Final­spiel und ein paar Tage die Nati­on von der Welt­meis­ter­schaft tren­nen. Oder so. Aber wich­tig fin­de ich das nicht.

War­um ich trotz­dem was dazu schrei­be? Weil das Spiel­ergeb­nis nicht zu über­hö­ren war. Die Frei­bur­ger Men­sa ist auf die glor­rei­che Idee gekom­men, die Spie­le live zu über­tra­gen. Die Men­sa hat ein Foy­er (das nor­ma­ler­wei­se leer steht) und einen Spei­se­raum ein Stock­werk oben drü­ber. Außer­dem lässt es sich im Som­mer drau­ßen vor der Men­sa sit­zen und essen. Heu­te war das Foy­er vol­ler Stüh­le (und einer Groß­bild­lein­wand), der Spei­se­raum leer – zumin­dest gab’s hier kei­ne Stüh­le mehr, für Leu­te, die was essen woll­ten, und auch drau­ßen auf der Men­sa­wi­e­se war deut­lich weni­ger los als sonst. Das Spiel selbst war aber gut zu hören, auch drau­ßen. Ver­hal­te­ner Jubel: Chan­ce. Lau­ter Jubel: Tor. Ver­däch­ti­ge Stil­le: Chan­ce für die Koreaner.

Wäh­rend des Spiels war es aber eigent­lich noch ganz okay, drau­ßen auf der Men­sa­wi­e­se zu lie­gen und die Son­ne zu genie­ßen. Schwie­rig wur­de es, als das Spiel anfing, zu enden. Da wur­de es dann wirk­lich laut, und es war ganz klar, dass Deutsch­land gewon­nen haben muss­te. Neu­gie­rig gewor­den, fiel der Blick von mir und mei­ner Freun­din dann auf die an der Men­sa vor­bei­füh­ren­de Stra­ße. Erst gab’s nur ver­ein­zelt hupen­de Wagen und Deutsch­land­fah­nen. Inzwi­schen, so eine Stun­de spä­ter, ist nur noch ein unun­ter­bro­che­nes Hup­kon­zert zu hören (auch hier an mei­nem Arbeits­platz, ein gutes Stück von der Stra­ße weg). Ich weiss gar nicht, wo die gan­zen Fah­nen (Oder heißt das Flag­gen? Ich ver­wech­sel das immer) her­kom­men. Jeden­falls hat jetzt jedes zwei­te Auto eine dabei, um sie zu schwen­ken. Hupen tun alle. Und die Poli­zei regelt den Verkehr.

Soweit aktu­el­les zum Halb­fi­na­le aus Frei­burg. End­spiel­sieg oder Gene­ral­streik dürf­te dann unge­fähr die glei­chen Fol­gen haben. Und lau­schi­ge Plät­ze weit ent­fernt von öffent­li­chen Stra­ßen gesucht wer­den. Sonst bleibt einem kei­ne Chan­ce, den Fuss­ball zu ignorieren.

P.S.: So etwa eine wei­te­re Stun­de spä­ter ist das Hupen lei­ser gewor­den, dafür gibt es jetzt rhyth­mi­sches Trom­meln und ab und zu „Finale“-Gesänge. Frei­burg, von der Badi­schen Zei­tung gra­de noch der Maß­voll­heit bezich­tigt, scheint sich mäch­tig zu freu­en. Nur – wor­über eigentlich?


Mon­day, June 03, 2002

Out of this world 2

Ein Ver­such, ver­schie­de­ne Gala­xien mit­ein­an­der tele­fo­nie­ren zu lassen

Nur ein ganz kur­zer Hin­weis drauf, dass ich die­ses Wochen­en­de in Bre­men beim Out-of-this-world-Kon­gress war, ziem­lich beein­druckt davon war, dort mit ziem­lich vie­len ziem­lich inter­es­san­ten Men­schen über uto­pi­sche Öko­no­mien, über den Platz von Uto­pie in der Sci­ence Fic­tion, über The Dis­pos­s­es­sed und über Star Trek dis­ku­tiert habe, wit­zi­ge poli­ti­sche Video­col­la­gen gese­hen habe und letzt­lich zum Schluss gekom­men bin: Will ich auch haben!. In ande­ren Wor­ten: Der oben zitier­te Ver­such, ver­schie­de­ne Gala­xien mit­ein­an­der tele­fo­nie­ren zu las­sen, der eines der Mot­ti auf der Kon­gress­home­page ist, hat geklappt. Für mich jedenfalls.

> Out of this world 2


Sun­day, May 12, 2002

Monsoon Wedding

Ges­tern „Mon­so­on Wed­ding“ im Fried­richs­bau ange­schaut (und natür­lich hat es pas­send zum Film danach gereg­net). Der Film hat mir nicht nur des­we­gen gefal­len, weil er wie erwar­tet far­ben­froh und wit­zig-roman­tisch war, son­dern auch des­we­gen, weil er ziem­lich genau das Bild von Delhi rüber­ge­bracht hat, dass ich selbst hat­te, als ich im Okto­ber 2000 dort eine Woche lang war: die Kon­tras­te zwi­schen arm und reich, eine Gesell­schaft, die von einer nicht-christ­li­chen Reli­gi­on (oder so) geprägt ist, unglaub­lich voll­ge­stopf­te Stra­ßen mit allem vom Hand­kar­ren bis zum indi­schen SUV, Hek­tik und Gelas­sen­heit, Gelas­sen­heit und Hek­tik … naja, der Film hat jeden­falls eine gan­ze Men­ge Erin­ne­run­gen an Delhi im Herbst 2000 geweckt, und auch den Wunsch, mal wie­der dort zu sein. Und ist auch des­halb empfehlenswert.

> www.monsoonwedding.de


Satur­day, May 11, 2002

Nochmal Bürgermeisterwahl

Zeit ist eine knap­pe Res­sour­ce – und es ist jetzt schon wie­der fast eine Woche her, dass in Frei­burg der Grü­ne Die­ter Salo­mon zum „ers­ten grü­nen OB einer deut­schen Groß­stadt“ gewählt wur­de. (Und zwar mit einem Traum­er­geb­nis von 64,4% – herz­li­chen Glück­wunsch auch von die­ser Stelle).

Jetzt aber geht’s um die wun­der­ba­re For­mu­lie­rung: „ers­ter grü­ner OB einer deut­schen Groß­stadt“. Die ist so umständ­lich und for­mel­haft, weil er näm­lich ers­tens nicht der ers­te grü­ne Ober­bür­ger­meis­ter ist – da gibt’s auch schon wel­che in Kon­stanz und Mühl­acker, um nur zwei zu nen­nen, weil er zwei­tens nicht der ers­te grü­ne Groß­stadt-OB ist (Rut­el­li regier­te mal Rom), und weil drit­tens auch völ­lig unklar ist, wo eigent­lich die Groß­stadt­gren­ze liegt (und war­um Frei­burg mit 200.000 Ein­woh­ne­rIn­nen eine Groß­stadt ist, und irgend­wel­che Bezirks­bür­ger­meis­ter Ber­li­ner Bezir­ke mit genau­so­viel Ein­woh­ne­rIn­nen nicht als Groß­stadt zählen).

So toll das Ergeb­nis für Die­ter, für Frei­burg und für die Grü­nen ist – zumin­dest, was die Super­la­ti­ve angeht, muss der nächs­te oder die nächs­te sich was ande­res aus­den­ken. „Ers­te grü­ne Bür­ger­meis­te­rin einer deut­schen Groß­stadt nörd­lich der Main­li­nie“ zum Bei­spiel. Oder so. Und alle, die jetzt mit Die­ter ein tol­les Vor­bild gefun­den haben, müs­sen auch vor­sich­tig sein – der Wunsch, eben­falls spä­ter mal ers­ter grü­ner OB einer deut­schen Groß­stadt zu wer­den, wird lei­der nicht in Erfül­lung gehen …


Mon­day, April 22, 2002

Amt für Amt voran …

Wer wis­sen will, war­um ich nicht in Frei­burg war, son­dern offen­sicht­lich mal wie­der quer durch die Repu­blik gereist bin, kann schnell eine Ant­wort krie­gen: Die­ses Wochen­en­de fand die Bun­des­ver­samm­lung des Bünd­nis­ses grün-alter­na­ti­ver Hoch­schul­grup­pen in Dres­den statt. Und weil wir zwar wich­tig, aber lei­der viel zu weni­ge sind, blieb von mei­nem guten Vor­satz, mein Enga­ge­ment dort deut­lich zu redu­zie­ren, lei­der nur wenig übrig. Statt des­sen kan­di­dier­te ich als Spre­cher und wur­de auch gewählt – und wer­de jetzt zumin­dest bis zur Mit­glie­der­ver­samm­lung im Win­ter­se­mes­ter zusam­men mit Chris­ti­ne Scholz das Bünd­nis gegen­über der Par­tei Bünd­nis 90/Die Grü­nen und nach außen hin vertreten.