Un/organisiert gegen die Bahnprivatisierung (Update 3)

Es funk­tio­niert tat­säch­lich – das Bünd­nis Bahn für alle hat heu­te dezen­tra­le Aktio­nen an den Bahn­hö­fen durch­ge­führt, um gegen die Pri­va­ti­sie­rung der Bahn (u.a. The­ma auf dem SPD-Par­tei­tag am Wochen­en­de) zu pro­tes­tie­ren und dar­über zu infor­mie­ren. Genau­er gesagt: es gibt etwa acht­zig Leu­te, die gesagt haben, ich mache etwas vor Ort, dies ins Netz gestellt haben und auf Mit­strei­te­rIn­nen gehofft haben. In Frei­burg waren wir gera­de etwa zehn – sich zumeist vor­her nicht bekann­te – Leu­te und haben um die tau­send Fly­er gegen den Bör­sen­gang der Bahn an die Rei­sen­den gebracht. Net­tes Gefühl, ohne gro­ßen Auf­wand poli­tisch aktiv wer­den zu kön­nen. Das Bahn­hofs­ma­nage­ment hat’s mehr oder weni­ger geduldet.

Wer’s selbst aus­pro­bie­ren will, kann dies heu­te (Mitt­woch) abend um 18.30 Uhr noch­mal tun: Treff­punkt ist der ehe­ma­li­ge DM-Markt gegen­über dem Haupt­bahn­hof. Ich wer­de nicht dabei sein, aber sicher eini­ge, die was dafür tun wol­len, dass die Bahn wei­ter­hin als öffent­li­che Infra­struk­tur funktioniert.

Und wer heu­te abend kei­ne Zeit hat, kann hier unter­schrei­ben. Unter­stützt wird die Akti­on u.a. von Attac, dem BUND, der Grü­nen Jugend und dem vcd (Bran­den­burg).

War­um blog­ge ich das? Ein schö­nes Bei­spiel dafür, wie elek­tro­ni­sche Medi­en – eMail-Ver­tei­ler und Web­sites – effek­tiv für poli­ti­sche Aktio­nen genutzt wer­den können.

Update: Inzwi­schen gibt’s auch Berich­te aus vie­len Teil­neh­mer­städ­ten – es waren wohl nicht über­all so vie­le Leu­te aktiv dabei wie in Frei­burg. Dort sind auch ein paar Fotos zu fin­den, z.B. das hier aus Frei­burg (das wir nach der Akti­on selbst gemacht haben – vor­her durf­ten wir ja nicht in den Bahnhof ;-)).

Bahnopoly Okt 2007
Bunt gemisch­te Fly­er­ver­tei­le­rIn­nen in Frei­burg (Quel­le)

Update 2: Der Spie­gel berich­tet zur Sache, dass der SPD-Par­tei­tag zwar dem selt­sa­men Teil­pri­va­ti­sie­rungs­an­trag gefolgt ist, aller­dings erst nach einer Ver­trau­ens­fra­ge Becks und bei lau­tem Bei­fall für Privatisierungsgegner.

Update 3: Letz­te­res – der SPD-Beschluss für stimm­rechts­lo­se Vor­zugs­ak­ti­on – nun doch mehr oder weni­ger ein Ende der vor­schnel­len Bahn­pri­va­ti­sie­rung dar­zu­stel­len. Wenn nicht noch ein SPD-Minis­ter meint, ganz ent­ge­gen sei­nem Par­tei­tag han­deln zu müs­sen. Oder ein Son­der­par­tei­tag lie­ber wei­ter­re­gie­ren will. Oder, oder, oder.

Eskalationsstrategie

Wenn Ros­tock und Hei­li­gen­damm ein klein wenig näher lie­gen wür­den, wür­de ich mir ja ernst­haft über­le­gen, trotz Zeit­pro­ble­men zum G8-Gip­fel zu fah­ren. Die Raz­zi­en etc. haben jeden­falls, was mich betrifft, eher zur Mobi­li­sie­rung beigetragen. 

Ins­ge­samt kommt mir vie­les von dem, was jetzt im Vor­feld des Gip­fels pas­siert, wie eine gro­ße Eska­la­ti­ons­stra­te­gie vor. Auch die aktu­el­le Ent­schei­dung des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts, doch kei­ne Pro­tes­te in Gip­fel­nä­he zuzu­las­sen, zählt dazu. Da wer­den also eini­ge zehn­tau­send Men­schen rund um Hei­li­gen­damm sit­zen, mit dem Wunsch, ihren Pro­test sicht­bar zu machen, und einer Poli­zei, die genau die­ses ver­hin­dern soll. Und wenn die Demo und die Aktio­nen dann ent­spre­chend unfried­lich ver­lau­fen, sind’s letzt­lich die Demons­trie­ren­den, denen die Schuld dar­an zuge­scho­ben wird – na klas­se! Nach mei­nen Erfah­run­gen z.B. mit Anti-Cas­tor-Pro­tes­ten trägt eine sol­che Poli­zei­stra­te­gie vor allem zu einem bei: zur Radi­ka­li­sie­rung lin­ker und alter­na­ti­ver Jugend­li­cher (und viel­leicht auch älte­rer Men­schen). Nicht unbe­dingt im Sin­ne von RAF & Co. – wohl aber in „Poli­tik­ver­dros­sen­heit“ (jeden­falls Ver­trau­ens­ver­lust in die eta­blier­te Poli­tik) und einem grund­sätz­li­chen Unbe­ha­gen an den staat­li­chen Insti­tu­tio­nen, allen vor­an der Polizei. 

Die Nicht-Zulas­sung von Jour­na­lis­tIn­nen, die offen­sicht­lich vor allem kri­ti­sche Jour­na­lis­tIn­nen betrifft, ist noch­mal ein ganz ande­res und eben­so erschre­cken­des The­ma. Dazu schrei­be ich jetzt aber nichts weiter.

Was bleibt? Auch bei mir der Wunsch, in irgend­ei­ner Form Pro­test zu äußern. Mal schau­en, ob sich da etwas ergibt; zur Not wer­de ich zur WASG-Kund­ge­bung in Frei­burg (6. Juni, 17 Uhr) gehen, auch wenn mir dar­an eini­ges, ins­be­son­de­re die Red­ne­rIn­nen-Aus­wahl, nicht gefällt.

War­um blog­ge ich das? Weil die „Sicher­heits­maß­nah­men“ und die damit ver­bun­de­ne Eska­la­ti­ons­stra­te­gie gera­de jede Öffent­lich­keit gebrau­chen können.

Update: Taz-Jour­na­list darf doch nach Hei­li­gen­damm (Spie­gel-Online)

Update 2: Berich­te beim NDR (klingt, eben­so wie der Bericht in der ZEIT, eini­ger­ma­ßen sach­lich, ein­fach von der Spra­che her – anders als der Bericht bei Spie­gel Online mit dem schö­nen Titel „Auto­no­me ver­wüs­ten Ros­tock“) und bei Indy­me­dia (Ticker).

Update 3: Eini­ge Links in die Blogo­sphä­re: SMS-Ticker bei Spree­blick (Info dazu, Live-Infos bei 24Stunden und ein Meta­ein­trag bei netzpolitik.org.

Update 4: Das Polit­blog stellt sei­nen Bericht unter den Titel „Eska­la­ti­on: Poli­zei insze­niert Bür­ger­krieg“.

Update 5: Der Spie­gel kann auch anders.

Update 6: Ein sehr sach­li­cher und ana­ly­ti­scher Bericht eines gewalt­frei­en Demons­tra­ti­ons­teil­neh­mers fin­det sich neu bei Tele­po­lis.

Update 7: State­ment von Attac zum Demoverlauf.

Update 8: Viel­leicht soll­te ich ein­fach noch­mal einen neu­en Bei­trag schrei­ben, statt hier Update um Update anzu­hän­gen. Ein letz­tes oder vor­letz­tes: gipfelblog.de ist ein Blog von Jour­na­lis­tIn­nen über den G8-Gip­fel. Liest sich bis­her ganz gut. [via netz­po­li­tik].

Update 9: Noch eine ganz ande­re Per­spek­ti­ve: der von Macro im Kom­men­tar ange­spro­che­ne Demo-Bericht („Gegen­dar­stel­lung“) von Meike.