Kurz: Baden-Württemberg auf dem Weg in den Überwachungsstaat?

May 1st, Vhei­se news berich­tet, dass es bezüg­lich der Novel­le des Poli­zei­ge­set­zes für Baden-Würt­tem­berg zu eini­ger Eini­gung zwi­schen den bei­den Regie­rungs­par­tei­en CDU und FDP gekom­men sei. Die­ses Poli­zei­ge­setz hat­ten u.a. die baden-würt­tem­ber­gi­schen Grü­nen hef­tig kri­ti­siert (u.a. mit der Mög­lich­keit, Pro­tes­te­mails zu ver­schi­cken; inter­es­sant auch die Doku­men­ta­ti­on der Anhö­rung der Grü­nen Land­tags­frak­ti­on (pdf, 88 Seiten)). 

Laut hei­se soll die FDP sich inso­fern durch­ge­setzt haben, dass es kei­ne Online-Durch­su­chun­gen und kein Abhö­ren von Gesprächs­in­hal­ten zu prä­ven­ti­ven Zwe­cken geben wird. Video­über­wa­chung soll je nach „Gefähr­dungs­la­ge“ mög­lich sein. Dage­gen scheint die Mas­sen­er­fas­sung von Auto­kenn­zei­chen eben­so wei­ter mög­lich zu sein wie die enge Zusam­men­ar­beit von Poli­zei und Ver­fas­sungs­schutz, zwei wei­te­re grü­ne Kritikpunkte. 

Posi­tiv zu wer­ten ist die hör­ba­re Unzu­frie­den­heit des Lan­des­po­li­zei­prä­si­den­ten. Trotz­dem kann ich mir ange­sichts des Zustands der FDP im Land kaum vor­stel­len, dass sie mehr als die zwei, drei genann­ten „Zucker­le“ her­aus­ho­len konn­te. Die Linie, der Poli­zei mehr Über­wa­chungs­kom­pe­ten­zen ein­zu­räu­men, die die CDU im Land ganz offen ver­tritt, führt jeden­falls in die fal­sche Rich­tung. Nach der Som­mer­pau­se kommt der Gesetz­ent­wurf in den Land­tag – mei­ne Pro­gno­se: aus grü­ner Sicht wird es wei­ter­hin (und zu Recht) eini­ges dar­an zu kri­ti­sie­ren geben (oder die FDP ist aus­nahms­wei­se mal bes­ser als ihr Ruf).

Kurz: G8-Protest weiterhin kein Terror

Anläss­lich des G8-Gip­fels in Tokio hat sich die tages­schau noch­mal ange­schaut, was aus den Vor­wür­fen „Bil­dung einer ter­ro­ris­ti­schen Ver­ei­ni­gung“ bezüg­lich der Pro­tes­te zum G8-Tref­fen in Hei­li­gen­damm gewor­den ist – und stellt (hier zu eini­gen Brand­stif­tungs­vor­wür­fen) fest: 

Der Beschluss des Land­ge­richts Flens­burg vom Juni 2008 ist deut­lich. Dort heißt es zu einem Ermitt­lungs­ver­fah­ren gegen meh­re­re lin­ke Akti­vis­ten: „Ein Anfangs­ver­dacht nach §129a StGB war von vorn­her­ein nicht gegeben.“

[…]

Die Vor­aus­set­zung „der beson­de­ren Bedeu­tung des Fal­les“ lag nicht vor, „weder wur­den Men­schen gefähr­det, noch ist es zu einer merk­li­chen Beein­träch­ti­gung des Sicher­heits­ge­fühls der Bevöl­ke­rung durch die­se Taten gekommen“. 

Bereits im Janu­ar hat­te der Bun­des­ge­richts­hof ent­spre­chen­de Über­wa­chungs­maß­nah­men kassiert. 

Gut so. Ich hof­fe, die Gene­ral­bun­des­an­wäl­tin hat was dar­aus gelernt.

Kurzeintrag: G8-Razzien rechtswidrig (Update 2)

Wie die Tages­schau berich­tet, waren die Raz­zi­en gegen Geg­ner des G8-Gip­fels (bzw. gegen alter­na­ti­ve Leu­te und lin­ke Infra­struk­tur) (bzw. genau­er gesagt: bereits die Ermitt­lun­gen der Bun­des­an­walt­schaft wg. Bil­dung einer ter­ro­ris­ti­schen Ver­ei­ni­gung) im Vor­feld des G8-Gip­fels rechts­wid­rig – hat der Bun­des­ge­richts­hof ent­schie­den. Soweit, so gut. Noch bes­ser wäre es aller­dings, wenn der­ar­ti­ge Din­ge dann von vor­ne­her­ein unter­las­sen wür­den, statt sie nach­träg­lich (also mehr als ein hal­bes Jahr spä­ter) und nach müh­sa­men Ver­fah­rens­weg als rechts­wid­rig zu erklä­ren. Soviel Rechts­staat muss sein!

Update: Mar­kus war schnel­ler und ver­linkt auch gleich auf das juris­ti­sche State­ment des BGH.

Update 2: (8.1.2008): Die heu­ti­ge taz dis­ku­tiert aus­führ­lich die ver­schie­de­nen Rüf­fel und recht­li­chen Nie­der­la­gen der Gene­ral­bun­des­an­wäl­tin Harms in punc­to „links­ra­di­ka­ler Terrorismus“.

Linksradikale G8-Kritik gleich Terrorismus?

So jeden­falls schei­nen es Schäub­le und Co. zu sehen: Raz­zi­en bei Sze­ne­buch­lä­den, Haus­pro­jek­ten und lin­ken Inter­net­pro­jek­ten in Ham­burg und Ber­lin – gleich­zei­tig wird im Zuge der Debat­te um Klar und Mohn­haupt lin­ker Akti­vis­mus vom baden-würt­tem­ber­gi­schen Ver­fas­sungs­schutz mit der RAF gleich­ge­setzt. Das sind so Grün­de, war­um ich das und das auch über die Ein­zel­fäl­le hin­aus wich­tig fin­de, und war­um ich mei­ne, dass es u.a. Auf­ga­be der Grü­nen ist, hier jetzt deut­lich Flag­ge zu zei­gen, und klar zu machen, dass es nicht ange­hen kann, alles, was poli­tisch unlieb­sam ist, gleich mal in die beque­me Ter­ro­ris­mus­ecke zu stecken. 

War­um blog­ge ich das? Weil ich hier Hand­lungs­be­darf im Sin­ne eines „wer Frei­heit für Sicher­heit opfert, wird bei­des ver­lie­ren“ sehe.

Update: Über­blicks­ar­ti­kel in der Tele­po­lis, Lin­ke empört (u.a. Chris­ti­an Strö­be­le) in Spie­gel-Online und Kri­tik von Clau­dia Roth in der Net­zei­tung. Mehr Links (u.a. zu Indy­me­dia) gibt es bei netzpolitik.org.

Update 2: In der Tele­po­lis jetzt auch ein Kom­men­tar von Flo­ri­an Röt­zer, Prä­ven­tiv­staat in Aktion

Update 3: Völ­lig fal­sches Kali­ber – Pres­se­mit­tei­lung der grü­nen Bun­des­tags­frak­ti­on, in der die Raz­zi­en scharf als unan­ge­mes­sen kri­ti­siert werden.