Auf der Website zur BDK – auf der ja unter anderem ein Diskussionsprozess innerhalb der Grünen zur Frage Grundsicherung oder Grundeinkommen gestartet werden soll – findet sich eine Sammlung unterschiedlicher sozialpolitischer Positionierungen – lesenswertes Material für diese Debatte (nicht nur für den Bund, sondern auch für Baden-Württemberg, wo ja ebenfalls eine Position erarbeitet werden soll).
Was machen eigentlich PolitikerInnen nach der Politik?
Spiegel Online berichtet über eine aus meiner Sicht ziemlich spannende Studie: was machen Menschen, die BerufspolitikerInnen geworden sind – z.B. als Abgeordnete im Bundestag – wenn sie aus diesem Mandat ausscheiden? Der Weg zurück ins „normale Leben“ scheint in vielen Fällen eher holprig zu sein.
Götz Werner in der taz
Die taz von heute hat eine Doppelseite Interview mit Götz Werner – bei aller berechigten Kritik an dessen Populismus finde ich einige der grundsätzlichen Aussagen im Interview richtig gut.
> „Hartz IV löst nur Leid aus“ (Interview)
> Randspalte „Befürworter Grundeinkommen“
> Randspalte „Skeptiker Grundeinkommen“
Bürgerentscheid Wohnungsverkauf
Hier in Freiburg beginnt jetzt ja allmählich die heiße Phase des Wahlkampfs um den Bürgerentscheid zum geplanten Verkauf der Stadtbau. Plakate gesehen habe ich bisher von der Linken Liste (für ein Verbot des Wohnungsverkaufs) und in einer zum Teil abgestimmten Kampagne (gegen ein Verbot des Wohnungsverkaufs) vom Jungen Freiburg (klein und seltsam) sowie von CDU und Grünen. Grafisch überzeugen mich dabei die schwarz-weiß-rot gehaltenen Plakate der Linken Liste am meisten – reduzierte Typographie + Schwarz-weiß-Foto von Betroffenen oder so. Ich selbst bin noch hin und hergerissen: prinzipiell finde ich, dass Städte nicht ohne Not auf Gestaltungsspielraum verzichten sollen. Allerdings scheinen mir beide Varianten – Stadtbauverkauf ja oder nein – darauf hinauszulaufen. Im einen Fall fällt ein wichtiges Element städtischer Wohnungspolitik weg. Und dass Private das prinzipiell besser machen, sehe ich nicht.* Die Stadtbau könnte vermutlich anders aufgestellt und besser organisiert werden** – aber ob sie als ein derzeit Gewinn abwerfender Betrieb der Stadt verkauft werden muss? Und im anderen Fall droht das städtische Finanzproblem noch größer zu werden, wenn die Argumente der VerkaufsbefürworterInnen stimmen. Beides finde ich nicht gut. Glücklicherweise sind’s noch ein paar Tage bis zur Abstimmung am 12.11. – vielleicht überzeugt mich die eine oder andere Seite dann noch.
Was ich eigentlich gerne hätte, wäre ein Verkauf nur eines relativ kleinen Teils der Stadtbau (also etwa der Hälfte der Wohnungen), um so ein bißchen Geld reinzuholen, und ansonsten einen Bürgerhaushaltsprozess (z.B. so), bei dem nicht an der Einzelfrage Wohnungsbau, sondern im abgestimmten Gesamtkonzept die BewohnerInnen der Stadt darüber entscheiden, wo gespart werden soll und wo finanzielle Prioritäten gesetzt werden müssen. Ob der Erhalt städtischer Zuschüsse an Vereine da so eine gute Idee sind (die CDU nutzt das als ein Argument auf ihren Plakaten), müsste dann zum Beispiel diskutiert werden. Warum – um bei diesem Einzelbeispiel zu bleiben – nicht hier etwas machen, was im Zusammenhang mit der Studiengebührendebatte immer wieder vorgebracht wird, da aber m.E. nicht so sinnvoll ist (weil öffentliche Bildung etwas anders ist als die Unterstützung von Sportvereinen): städtische Zuschüsse umstellen von einem institutionellen Zuschuss an Vereine auf ein an Personen (möglicherweise nur bestimmte Personengruppen wie Kinder oder Menschen mit geringem Einkommen) gekoppeltes Gutscheinsystem, das bei Vereinen (das Spektrum wäre festzulegen) eingelöst werden kann und dort finanzielle Zuschüsse der Stadt bringt. Damit wäre eine sehr viel genauere und sparsamere Mittelverwendung und ‑steuerung möglich.
* Vergleiche z.B. aktuelle Meldungen im Spiegel
** P.S.: Weiß jemand eine günstige, zwei bis drei Zimmer große Erdgeschoßwohnung für junges Paar mit Kind und Katze?
Seltsamer Politikwissenschafter
Vor einiger Zeit hatte ich hier glaube ich schon mal was darüber geschrieben, dass ein Politikwissenschaftler meint, den verherrenden Einfluss von Benjamin Blümchen auf die Jugend beweisen zu können (vgl. Studie BPB). Insbesondere ging es dabei darum, dass Bürgermeister nicht als Respektspersonen dargestellt würden und NGOs zu positiv weg kämen.
Nun bin ich über eine idw-Pressemitteilung gestolpert, in der über einen Politikwissenschaftler berichtet wird, der die Einführung eines Mehrheitswahlrechts für Deutschland fordert. Das sei nicht nur stabiler, sondern auch gerechter, weil sonst „der Wahlsieger (die Partei mit den meisten Wählerstimmen) häufig nicht die Regierung stellen kann“. Nun kenne ich mich eigentlich mit Politikwissenschaften aus, finde das aber einen überaus dubiosen Gerechtigkeitsbegriff. Auch die Schlussfolgerung, dass ein solches Wahlsystem ja um eine kleine Listenwahl ergänzt werden kann, so dass die kleinen Parteien weiter im Bundestag sitzen, ohne jedoch zur Regierungsbildung gebraucht zu werden, irritiert.
Der Name des Autoren dieser Studie, Gerd Strohmeier – no jokes with names – kam mir bekannt vor, und siehe da: es ist der selbe, der auch den verherrenden Einfluss frühkindlicher Zeichentrickfilme untersuchte. Und was Google noch weiss: Strohmeier ist auch Vertrauensdozent der Ortsgruppe Passau der Hanns-Seidel-Stiftung. Die wiederum steht der CSU nahe. Ob dass etwas mit seinen wissenschaftlichen Erkenntnissen zu tun hat, weiss ich nicht. Sie passen jedenfalls gut zusammen.
Schließlich spuckt Google auch die persönliche Vita Strohmeiers aus, und die zeigt vor allem eines: eine rasante Karriere. Der Mann ist zwei Monate jünger als ich, hat seine Dissertation („Moderne Wahlkämpfe“) innerhalb von weniger als zwei Jahren geschrieben, seine Habil („Vetospieler“) hat etwas mehr als zwei Jahre gebraucht. Magisterarbeit, Diss und Habil alle am gleichen Institut an der Universität Passau. Nebenbei hat er noch diverse Internetprojekte bei ZEIT und SPIEGEL online betreut. Das ganze wurde durch die Hanns-Seidel-Stiftung unterstützt. Der neue Stern am Wissenschaftlerhimmel – oder doch eher einer, der weiss, wie mit provokanten Thesen Medienaufmerksamkeit gewonnen werden kann, ganz egal, wie gut oder schlecht diese belegt sind?