Leserbrief zu Schulcontainer statt Biotop

Bezo­gen auf einen Arti­kel in der heu­ti­gen Badi­schen Zei­tung zur Situa­ti­on in der Kandelstraße:

Inter­es­sant, wie unter­schied­lich Din­ge wahr­ge­nom­men wer­den kön­nen. Auch wenn ich es nach­voll­zie­hen kann, dass der Platz benö­tigt wird: Als Anwoh­ner war ich sehr betrübt, als das auf dem jet­zi­gen Con­tai­ner­grund­stück ent­stan­de­ne Wäld­chen eines Tages gero­det wur­de – vor­ab infor­miert wur­den wir nicht, weder durch die Schu­le, noch durch Gemein­de oder Kreis. Ent­fernt wur­den nicht nur zwi­schen­zeit­lich hoch gewach­se­ne, star­ke Bäu­me. Auch Eich­hörn­chen und Igel und vie­le Vogel­ar­ten hat­te ich dort beob­ach­tet: ein Bio­top-Tritt­stein, der jetzt fehlt. 

Zustim­mung aller­dings dann dazu, dass die Kan­del­stra­ße oft zuge­parkt ist und der dicker und brei­ter gewor­de­ne Eltern­ta­xi-Ver­kehr ein Pro­blem dar­stellt. Hier bräuch­te es drin­gend eine muti­ge Lösung. Eine Ein­bahn­re­ge­lung für den Auto­ver­kehr könn­te eine sol­che sein.

Und über Archi­tek­tur mag man strei­ten. Es stimmt jedoch, dass die bei­den Erwei­te­run­gen der Schu­le und die Con­tai­ner eher nach Gewer­be­ge­biet aus­se­hen – die „Krö­nung“ wäre die ange­dach­te Lärm­schutz­mau­er der Bahn, die den letz­ten Blick auf Reb­berg und Roß­kopf ver­sper­ren würde.

Kurz: Mehrgenerationenprojekt

Ich schrei­be ja nicht oft Leser­brie­fe, aber die­ser Kom­men­tar von BZ-Chef­re­dak­teur Tho­mas Fri­cker ärger­te mich. Des­we­gen habe ich was dazu geschrieben.

Vie­les an dem Kom­men­tie­rung stimmt: die Regie­rungs­be­tei­li­gung im Bund stellt Bünd­nis 90/Die Grü­nen vor neue Her­aus­for­de­run­gen, die Erwar­tun­gen sind groß, und dass es zwi­schen der Not­wen­dig­keit, Kom­pro­mis­se ein­zu­ge­hen, und dem Wunsch, an not­wen­di­gen Idea­len fest­zu­hal­ten, zu Kon­flik­ten kom­men wird, ist absehbar.

Geär­gert habe ich mich aller­dings über die War­nung vor dem „Ein-Gene­ra­tio­nen-Pro­jekt“. Die­se Dia­gno­se ist in etwa so alt wie die Par­tei selbst (die vor kur­zem ihren 42. Geburts­tag fei­er­te), über das „Ergrau­en der Grü­nen“ wur­de schon in den 1990er-Jah­ren spekuliert. 

Die Wirk­lich­keit des grü­nen Mehr­ge­ne­ra­tio­nen­pro­jekts sieht anders aus. Die Par­tei­struk­tur zeigt ein über die Jah­re gleich­blei­ben­des Durch­schnitts­al­ter bei stark stei­gen­den Mit­glie­der­zah­len. Die jüngs­te Abge­ord­ne­te, Emi­lia Fes­ter, kam 1998 zur Welt, für sie liegt die ers­te grü­ne Regie­rungs­be­tei­li­gung also in der frü­hen Kind­heit. Und sowohl Außen­mi­nis­te­rin Anna­le­na Baer­bock wie auch Fami­li­en­mi­nis­te­rin Anne Spie­gel sind Jahr­gang 1980, also etwa so alt wie die Par­tei. Nicht zuletzt der Blick auf die Demo­gra­fie der Wäh­le­rin­nen und Wäh­ler zeigt, dass das Bild des Ein-Gene­ra­tio­nen-Pro­jekts falsch ist.

Anders­her­um wird ein Schuh dar­aus: dass Bünd­nis 90/Die Grü­nen erfolg­reich sind, hat auch etwas damit zu tun, dass es bis­her gut gelingt, Hal­tung und Erneue­rung zusam­men zu brin­gen. Das in den nächs­ten Jah­ren fort­zu­set­zen, wird die Auf­ga­be der neu­en (gene­ra­tio­nen­über­grei­fen­den) Grünen-Spitze.

Kurz: Lichtfarben & Glühbirnenverbot

Light star light IIIn der taz phi­lo­so­phiert heu­te Kers­tin Decker über das Ver­bot der 60-Watt-Glüh­bir­ne und sieht im kal­ten Schein der Leucht­stoff­röh­re neue Zei­ten her­an­zie­hen. (Wobei? Neon – war das nicht schon mal ne Zei­ten­wen­de?) Ich habe spon­tan zum Mail­pro­gramm gegrif­fen und einen klit­ze­klei­nen Leser­brief hin­ge­schickt, weil ich das alte Argu­ment mit dem kal­ten Leucht­stoff­röh­ren­licht der Ener­gie­spar­lam­pen heu­te für Quatsch hal­te. Hier ist er:

Re: Glüh­bir­nen­nost­al­gie

Na, nach 100 Jah­ren ist’s aber doch wirk­lich auch mal Zeit für was Neu­es. Und über­haupt – ob der Autorin bei aller Nost­al­gie bekannt ist, dass es seit eini­gen Jah­ren Ener­gie­spar­lam­pen in eine Viel­zahl von Licht­far­ben gibt? Blau­es, hel­les „Tages­licht“ in der Küche und gemüt­li­ches war­mes Licht im Wohn­zim­mer – bei­des ist längst strom­spa­rend mög­lich. Kurz­um: Die Glüh­bir­ne ist reif fürs Museum. 

Und ihr so?

P.S.: Inzwi­schen ist die taz-Kolum­ne, auf die ich mich bezie­he, auch online verfügbar.

P.P.S.: Die taz hat der Leser­brief heu­te abgedruckt.

Kurz: Klare Ansage in der taz

Mal wie­der ein Leser­brief in der taz – inhalt­lich geht’s um die Fra­ge, ob es sinn­voll ist, vor der Wahl zu sagen, was nach der Wahl mög­lich ist, oder nicht. Habe ich hier noch ein biß­chen aus­führ­li­cher dar­ge­stellt; uter den Kom­men­ta­ren ist auch ein schö­ner Leser­brief von Thors­ten Depp­ner, den die taz aber wohl lei­der bis­her nicht abge­druckt hat. Mei­ner wur­de auch mal wie­der deut­lich gekürzt …

Kla­re Ansage
betr.: „Die grü­ne Gefahr“, taz vom 6. 10. 10

Ach­tung: Nicht die eige­nen Pro­jek­tio­nen (aus dem fer­nen Ber­lin) mit dem ver­wech­seln, was in Baden-Würt­tem­berg gera­de pas­siert. Win­fried Kret­sch­mann mag in man­cher Hin­sicht zu kri­ti­sie­ren sein. Dass er klar sagt, dass auch die Grü­nen nicht garan­tie­ren kön­nen, dass Stutt­gart 21 in eini­gen Mona­ten noch umkehr­bar ist, rech­ne ich ihm hoch an. Dass ist doch genau das Gegen­teil der übli­chen him­mel­blau­en Wahl­ver­spre­chen, die nach der Wahl dann klamm­heim­lich und mit ein­ge­zo­ge­nem Schwanz abge­räumt wer­den. Ob Wäh­le­rIn­nen so viel Ehr­lich­keit hono­rie­ren, weiß ich nicht.

Als poli­ti­scher Stil ist es jeden­falls begrü­ßens­wert, klar die eige­nen Zie­le zu benen­nen und gleich­zei­tig dar­auf hin­zu­wei­sen, dass auch die poli­ti­sche Hand­lungs­macht neu gewähl­ter Regie­run­gen ihre Gren­zen hat. Wie übri­gens auch der Volksentscheid.

TILL WESTERMAYER, Freiburg 

Kurz: SPD will zurück in die fordistische Vergangenheit

Zu die­sem Bericht über den Auf­tritt von SPD-Chef Gabri­el bei einem Tref­fen von Betriebs­rä­ten in Bochum habe ich der taz einen Leser­brief geschickt. Mal schau­en, ob er abge­druckt wird.

SPD: zurück in die Vergangenheit?

Wenn es stimmt, dass Gabri­el die SPD dazu brin­gen will, jede Form der Nicht­nor­mal­ar­beit „zu bekämp­fen“ und den „unbe­fris­te­ten, sozi­al­ver­si­che­rungs­pflich­ti­gen Voll­zeit­job“ wie­der zur Regel zu machen, dann hat die SPD zwar aus der Hartz-Kri­se gelernt, sich aber nicht wei­ter­ent­wi­ckelt, son­dern ist sehn­suchts­voll wie­der in den schein­bar gol­de­nen 60er Jah­ren angekommen. 

Ist ja deren Sache – aber wäre es nicht an der Zeit, dass auch die SPD zur Kennt­nis nimmt, wie die (selbst­ver­ständ­lich männ­li­che) Voll­zeit­be­schäf­ti­gung zur Geschlech­ter­dis­kri­mi­nie­rung bei­trägt? Dass es dar­um gin­ge, die in pre­kä­ren Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nis­sen Arbei­ten­den (eine Spann­wei­te vom Mini­job aus Not bis zur frei­wil­li­gen befris­te­ten und hoch­be­zahl­ten Pro­jekt­ar­beit) sozi­al abzu­si­chern, statt sie zu bekämp­fen? Oder, dass bei den rich­ti­gen Rah­men­be­din­gun­gen (ich den­ke da z.B. an ein Grund­ein­kom­men) Fle­xi­bi­li­sie­rung, Teil­zeit­ar­beit und der Wech­sel zwi­schen Pha­sen der Erwerbs­ar­beit und ande­ren Zei­ten zu einem erfüll­ten Leben bei­tra­gen kön­nen, das nicht nur in Erwerbs­ar­beit besteht? 

Ein Zurück in die for­dis­ti­sche Ver­gan­gen­heit, die sich Gabri­el wohl wünscht, taugt jeden­falls nicht als Land­kar­te für eine soli­da­ri­sche Moderne. 

Nach­trag: Wie ich gera­de beim Früh­stück gese­hen habe, wur­de der Leser­brief prompt abge­druckt (Aus­ga­be vom 24.03.2009).