Twitter erinnert einen inzwischen daran, wie lange eines diesen Dienst schon nutzt – bei mir waren es demnach heute 14 Jahre. Das ist erstens ganz schön lange, wenn ich meine Lebensumstände damals und heute vergleiche (ein Kleinkind, Job an der Uni vs. zwei Teenager, Parlamentsrat usw.), und stimmt zweitens vermutlich nicht. Wenn ich mich richtig erinnere, habe ich zuerst einen Account reserviert, und dann dauerte es noch eine Weile, bis ich Twitter tatsächlich genutzt habe. Oder doch nicht? Dem jetzt nachzugehen, bin ich gerade zu faul, tut auch nichts zur Sache. Der älteste Eintrag zu Twitter in meinem Blog stammt tatsächlich aus dem Juli 2008 und weist darauf hin, dass ich Twitter jetzt auch im Blog einblende, und dass der Dienst zwar für tot erklärt wird, aber wohl doch von einigen Leuten mehr als, hm, identi.ca, genutzt wird.
Twitter – und meine Nutzungspraktiken – sind dann immer wieder Thema im Blog, und verändert hat sich dieser Kurznachrichtendienst über die Jahre auch ziemlich. Damals: Text, kürzer als eine SMS, heute: Apps, Interfaces, alles voll mit Fotos, mit langen Beiträgen (Threads, demnächst Notes), mit direktem Kanal in die mediale Verwertung. Geblieben sind Empörungswellen und Empörung darüber, dass soziale Medien Empörung so einfach machen.
Auf 14 Jahre auf Twitter schaue ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Ja, das ist ein extrem wichtiger Resonanzraum für mich, ein „Ort“ des Austauschs, in meiner umfangreichen, aber wohlsortierten Timeline auch sowas wie Heimat und „Blase“. Einzelnen nehme ich es tatsächlich persönlich übel, wenn sie mich geblockt haben (bei anderen wiederum ist’s mir egal). Hier ist immer irgendwas los. Neuigkeiten tauchen schneller auf als auf den Nachrichtenwebsites, und erst recht schneller als in TV, Radio und Fernsehen. Politik findet statt, wird durchgekaut und manchmal auch gemacht. Mit manchen Menschen dort macht’s auch Spaß, sich heftig im Mehrrechthaben zu streiten. Es gibt Menschen, die ich nur via Twitter kenne, und es gibt Menschen, bei denen Twitter dazu beiträgt, lose in Kontakt zu bleiben. Das alles gehört zur positiven Seite, und ist der Grund, warum ich über all die Jahre Twitter treu geblieben bin (und inzwischen zwar ein Mastodon-Konto habe, aber das nur als Zweitding ansehe).
Auf der anderen Seite frage ich mich allerdings schon, was ich mit der Zeit, die Twitterkommunikation bei mir einnimmt, angestellt hätte, wenn ich da nie einen Account angelegt hätte. Wäre ich konzentrierter gewesen, hätte ich mich ohne Twitter auf das eine oder andere Projekt stärker fokussiert? Oder wäre dann halt irgendwas anderes an die Stelle gerückt, ein oder mehrere funktionale Äquivalente, um Austausch, Unterhaltung, Kontakt, etc. zu befriedigen? Wäre ich heute ein anderer?