Kleiner Bildkommentar zur Halbzeitbilanz der Regierung: In Stuttgart ist’s stürmisch, aber knallgrün in diesen Tagen.
Gebührengespenster in der LHG-Novelle
Eigentlich halte ich mich in diesem Blog ja zurück mit Dingen, für die ich dienstlich – als Parlamentarischer Berater für Wissenschaft und Forschung, Medien und Netzpolitik der Fraktion GRÜNE im Landtag von Baden-Württemberg – zuständig bin. Jetzt muss ich aber doch ein paar Worte zum 3. Hochschulrechtsänderungsgesetz (landläufig: der Novelle des Landeshochschulgesetzes, oder kurz, der LHG-Novelle) äußern. Worum es bei dieser umfangreichen Neufassung geht, steht zum Beispiel auf der Seite des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst, auch diese Infografik (pdf) ist ganz nett.
Es gibt eine ganze Reihe von Elemente der LHG-Novelle, die ich persönlich sehr gelungen finde. Dazu gehören die Veränderungen zur Qualitätssicherung bei Promotionsverfahren, dazu gehört das Tenure-Track-Verfahren für JuniorprofessorInnen, dazu gehören die erweiterten Auskunftsrechte für den Senat und für einzelne SenatorInnen, und dazu gehört auch die gesetzliche Verankerung der Perspektivenvielfalt im Hochschulrat.
Dann gibt es Punkte, an denen ich persönlich eine mutigere – oder gar ganz andere – Lösung begrüßt hätte, und bei denen es eher um eine nachholende Modernisierung geht. Ist ja manchmal auch notwendig. Es wäre zwar spannend, hier in Details zu gehen, dafür ist dieses Blog aber definitiv der falsche Ort.
Insgesamt bin ich überzeugt, dass das Gesetz den Anspruch einlöst, eine Abkehr vom Geist der unternehmerischen Hochschule Frankenbergs einzuleiten. Dazu tragen viele kleine Mosaiksteine bei, die dann – soweit das bei den trägen Tankern der Hochschulen und Universitäten möglich ist – zusammen eine Kursänderung möglich machen.
An dieser Stelle möchte ich jetzt auf einen Punkt näher eingehen, der in den letzten Tagen durch die Presse geisterte: die Warnung vor „Studiengebühren durch die Hintertür“. Es lässt sich sicherlich darüber streiten, ob die im Entwurf vorgesehenen Änderungen im Landeshochschulgebührengesetz sinnvoll und notwendig sind. Aber „Studiengebühren durch die Hintertür“ sind es nicht. Was wird geändert?
Der Eulenspiegelgraben der Politik
Der Ältestensrat des Landtags Schleswig-Holstein hat ein Verbot für Laptops im Plenarsaal beschlossen. Oder vielleicht auch nicht. Oder wird es tun. Dazu gibt es unterschiedliche Aussagen. (Übrigens: Wenn mich nicht alles täuscht, gibt es eine solche Regelungen für den Landtag Baden-Württemberg, d.h. alle nutzen halt eifrig lüfterlose Geräte, vulgo Tabs, Pads und Phones).
Wie dem auch sei: Heute erregte ein diesbezüglicher Akt symbolischer Politik die Gemüter in meiner Twitter-Timeline. Die einen meinten dazu „Kindergarten“, andere amüsierten sich oder zollten – wie ich – Lob für die auf orginelle Art und Weise erziele Aufmerksamkeit. Dazwischen liegt, würde ich mit Blick auf meinen Namensvetter sagen, der Eulenspiegelgraben der Politik.
Was war geschehen? Zwei Mitglieder der Piratenfraktionen Schleswig-Holstein – u.a. die Ex-Altgrüne Angelika Beer – hatten im Plenarsaal des dortigen Landtags heute nicht etwa Laptops dabei, sondern … Schreibmaschinen.
Aus meiner Sicht, auf dieser Seite des Eulenspiegelgrabens, ein sehr schönes, eingängiges Bild. Maximal zugespitzt und mir einer Spur Ironie gewürzt: „Wenn ihr uns die Technik von heute verbietet, nehmen wir in diesem altmodischen Haus eben die von gestern.“ Auch wenn’s der politische Gegner ist: gelungen!
Jenseits des Eulenspiegelgrabens wird die selbe Handlung ganz anders gesehen – „albern“, „Kindergarten“, despektierlich gegenüber der Würde des Hauses sei so etwas, der parlamentarischen Ordnung und so weiter. Schön sei etwas anderes. (Ich erinnere hier mal an Tannenzweige, Latzhosen, Wollpullover und Kakteen, die in der Formierung der grünen Bundestagsfraktion als parlamentarische Staffage dienten – oder an Claus Schmiedels Taschenrechner im Jahr 2012).
Kurz und gut: Politik muss – sagt Winfried Kretschmann – keinen Spaß machen. Regieren ist eine ernste Sache. Aber Satire, Verzerrung, sogar eine gewisse Albernheit – all das kann durchaus ein wirksames Werkzeug politischen Handelns sein. Und in diesem Sinne, völlig unabhängig vom Inhalt, gefällt mir der Protest der Piraten in Schleswig-Holstein. Die Aufmerksamkeit haben sie damit erhalten, eine Botschaft rübergebracht. Ob’s nützt – das ist eine andere Frage.
Warum blogge ich das? Um den Begriff „Eulenspiegelgraben“ in Google auffindbar zu machen.
Fragen dazu, was ein parlamentarischer Berater so macht?
Da drüben arbeite ich seit Mitte September als „PB“.
Einer der Gründe dafür, dass dieses Blog gerade etwas leerläuft, ist das Leben da draußen. Zu den positiveren Entwicklungen gehört mein erneuter Jobwechsel: Seit etwa zwei Wochen bin ich parlamentarischer Berater der grünen Landtagsfraktion in Stuttgart. Zuständig bin ich in dieser Funktion für die Themenfelder Medienpolitik, Kulturpolitik und Netzpolitik – und dafür dann jeden Dienstag und Donnerstag in Stuttgart. Wegen kinderbetreuungsbedingtem Pendeln ist das bei mir eine halbe Stelle – die andere Hälfte ist der Bereich Wissenschaft, Hochschule, Forschung, die ab Oktober von einem weiteren neuen Kollegen ausgefüllt wird.
Der Begriff „parlamentarischer Berater“ klingt ein bisschen pompös. Und auch die Fraktionswebsite hilft mit ihrern Definition – „Die Parlamentarischen BeraterInnen beraten die Fraktion, besonders die Fachabgeordneten, in allen inhaltlichen Fragen.“ – nur bedingt weiter. In anderen Bundesländern heißen ähnliche Funktionen „FraktionsmitarbeiterIn“, „wiss. MitarbeiterIn der Fraktion“ oder „FraktionsreferentIn“. Kurz: Meine Aufgabe ist es, in „meinen“ Themenfeldern informiert zu sein, Entwicklungen zu beobachten, diese in Richtung Fraktion rückzukoppeln und politisch bearbeitbar zu machen. Ein Kommunikationsknotenpunkt mit Sortier- und Bewertungsfunktion, so in etwa.
Was diese Arbeit spannend macht, ist natürlich insbesondere der tiefe Einblick in die tatsächliche Genese von Politik und die zugrundeliegenden Mechanismen. Gleichzeitig heißt das im Kontext eines eher auf Geheimhaltung als auf Offenheit setzenden politischen Systems (und auch, wenn wir Grüne es schaffen werden, hier die Prioritäten ein bisschen zu verschieben, wird die politische Grundfunktion auf lange Zeit die des kleinen Kreises, gegenseitigen Vertrauens und der begrenzten Weitergabe von Informationen bleiben), dass ich von all diesen spannenden Erfahrungen relativ wenig nach „außen“ kommunizieren kann – also z.B. hier im Blog. Die eine oder andere Eisbergspitze wird im Lauf der Zeit trotzdem auch hier, bzw. auf Facebook oder Twitter, sichtbar werden. Dies betrifft in erster Linie natürlich den Teil meiner Arbeit, der etwas damit zu tun hat, grüne Ideen und Erfolge bekannt zu machen.
Trotz dieser Einschränkungen bin ich gerne bereit, Fragen zu meinem neuen Job zu beantworten – falls jemand welche hat, wäre hier der geeignete Ort, sie zu stellen. Und inhaltliche Anregungen zu meinen drei Themenfeldern nehme ich natürlich ebenfalls gerne entgegen – hier im Blog, oder weiterhin auch über andere Kommunikationskanäle (dienstliche Kontaktdaten) …
Kurz: Zur Gemeinnützigkeit des BUND
„Kleine Anfragen“ sind das Graubrot der Parlamente. Trotzdem oder gerade deswegen lassen sich beim Stöbern im Drucksacheneingang des Landtags manchmal spannende Dinge finden. So hatte der Ulmer SPD-MdL Martin Rivoir, ein glühender Stuttgart-21-Fan, im Juni für mediale Aufregung gesorgt, weil er öffentlich die Gemeinnützigkeit des BUND in Frage gestellt hat. Warum? Weil dieser politisch agiert und Gelder für den S21-Widerstand einsammelt. In einer kleinen Anfrage wollte Rivoir wissen, ob die Landesregierung es für vereinbar mit der Gemeinnützigkeit des BUND hält, dass im Rahmen des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21 auch dazu aufgerufen wurde, Gelder an den BUND zu spenden. Jetzt liegt die Antwort des Finanzministeriums vor, und sie fällt deutlich aus:
Das Handeln des BUND innerhalb des losen Zusammenschlusses „Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21« ist aufgrund des Mitwirkens an der Bauleit- und Verkehrsplanung (ggf. auch mittels Demonstrationen) und der ökologischen Dimension des Projektes Stuttgart 21 für die Region Stuttgart noch vom Satzungszweck des BUND und dem gemeinnützigen Zweck „Förderung des Umweltschutzes“ gedeckt.
Soweit in diesem Rahmen auch eine politische Tätigkeit entfaltet wird, ist diese unschädlich für die Gemeinnützigkeit, wenn eine gemeinnützige Tätigkeit nach den Verhältnissen des Einzelfalls zwangsläufig mit einer politischen Zielsetzung verbunden ist und die unmittelbare Einwirkung auf die politischen Parteien und
die staatliche Willensbildung gegenüber der Förderung des gemeinnützigen Zwecks in den Hintergrund tritt. Dies ist im Fall des BUND ebenfalls noch zu bejahen.
Kurz: Gemein, dass nicht jede kleine Anfrage dem vom Fragesteller erwünschten Ergebnis nutzt!