Vor einigen Tagen sorgte die Veröffentlichung einer empirischen Studie zum Linksextremismus – begleitet von einigen Presseartikeln – für Furore. Mir liegt bisher nur die Pressemitteilung (hier die recht ausführliche Langfassung) der FU Berlin zu der Studie von Klaus Schroeder und Monika Deutz-Schroeder vor; die Studie selbst ist als Buch für rund 30 Euro erhältlich. Ich nutze sie als Einstieg für eine Debatte über Ideale, Zivilgesellschaft und Parlamente.
Die Sache mit dem Ehegattensplitting
Laut Medienberichten will Bundesfamilienministerin Kristina Schröder zur Gleichstellung von homosexuellen Partnerschaften beitragen, indem das Ehegattensplitting dafür geöffnet werden soll. Klingt erstmal gut, wird aber von ihr selbst gleich wieder relativiert. Es gehe ihr um den Erhalt konservativer Werte, heißt es, und das glaube ich ihr durchaus. Es geht ihr, zugespitzt, um die Rettung der Ehe vor dem Feminismus.
Die CDU dazu zu bringen, sich ein kleines bisschen progressiver zu zeigen, indem sie die letzten Schritte zur Gleichstellung der eingetragenen Partnerschaft mit der Ehe macht, ist nicht schlecht (und kann als später Erfolg unter anderem der diesbezüglichen Initiativen von Volker Beck gesehen werden, bei deren namentlicher Abstimmung diverse CDU-MdBs sich vor ihrem Gewissen ziemlich blamierten).
Aber: Eigentlich müsste es darum gehen, den Anachronismus einer staatlichen Subvention der Alleinverdienerehe ganz abzuschaffen. Ehegattensplitting bringt dann etwas, wenn ein Partner in einer Ehe oder Partnerschaft deutlich mehr verdient als der andere. Das alleine ist schon einmal schwierig, weil in den meisten Fällen zufälligerweise die Frau in einer heterosexuellen Ehe diejenige ist, die weniger verdient. Zur Not ließen sich hier auch entsprechende Statistiken auskramen.
In gleichgeschlechtlichen Partnerschaften liegen die Einkommensverhältnisse vermutlich ähnlicher – eine Öffnung hier hat also in vielen Fällen mehr einen symbolischen als einen materiellen Wert.
Ehegattensplitting heißt, Anreize dafür zu setzen, dass Menschen heiraten (weil es sich ja steuerlich lohnt), und es heißt, staatliche Anreize für ungleiche Einkommensverhältnisse in der Ehe (oder eben auch der Partnerschaft) zu setzen. Also: das deutsche Partnerschaftsmodell der 1950er Jahre am Leben zu erhalten.
Eine Abschaffung des Ehegattensplittings würde nicht bedeuten, dass es keine Einkommensunterschiede – und damit erhebliche materielle Ungleichheiten – in Partnerschaften mehr geben würde. Aber es würde einen wichtigen Anreiz dafür wegnehmen. Das Geld könnte dann beispielsweise in eine tatsächliche Förderung von Kindern und Familien jeder Art gesteckt werden.
Wenn Schröder sich in der CDU damit durchsetzt, das Ehegattensplitting für eingetragene Partnerschaften zu öffnen, rettet sie ihr Familienmodell und verlängert die Lebenszeit eines gesellschaftlichen Anachronismus. Insofern glaube ich, dass zu viel Begeisterung über diesen Vorstoss seitens progressiver Kräfte nicht ganz die richtige Reaktion ist.
Disclaimer: Eine Abschaffung des Ehegattensplittings zugunsten höherer Kinderleistungen würde dem von mir gelebten Familienmodell (unverheiratete heterosexuelle Partnerschaft mit Kindern, inzwischen Trennung, aber weiterhin gemeinsame Kindererziehung) zu Gute kommen. Insofern könnte es sich bei diesem Blogbeitrag um Klientelpolitik in ganz eigener Sache handeln. Allerdings zeigt ein Blick auf die Statistiken, dass weder getrennt aufwachsende Kinder noch unverheiratete Eltern heute völlige Ausnahmefälle sind.
P.S.: Zum Thema Wirkung und Ungerechtigkeiten des Ehegattensplittings (aus einer Pro-Ehe-Sicht) ist dieser ZEIT-Artikel von Elisabeth Niejahr sehr lesenswert. Danke an @Krrrcks für den Hinweis.
Kurz: Über die Elternschaft von S.
Das Regierungsmitglied S. kündigt an, demnächst ein Kind zu erwarten. Es wird gratuliert, vor allem aber eifrig darüber diskutiert. Die Untertöne in der Debatte reichen von der Frage, ob dieses Regierungsmitglied dann noch sein Amt ausüben kann, bis hin zu Spekulationen, ob es denn politisches Kalkül war, zur Elternschaft zu kommen. Die Annahme, dass ein wichtiges Führungsamt wie das von S. mit einem Kind zu vereinbaren ist, ist jedenfalls längst nicht selbstverständlich. Und selbst wenn, dann geht es vielleicht gerade in so einer exponierten und politischen Position mit hohem Gehalt, aber nicht, wenn S. einen ganz normalen Beruf ausüben würde.
Natürlich ist S. die Familienministerin Kristina Schröder. Dass so debattiert wird, und dass das vermutlich nicht der Fall wäre, wenn S. der Familienminister Kristian Schröder wäre, zeigt, wie selbstverständlich geschlechtsdifferent bestimmte Annahmen darüber, was passiert, wenn Menschen zu Eltern werden, in Deutschland immer noch sind. Dass das so ist, ist nichts neues – trotzdem halte ich es für sinnvoll, an einer Stelle wie dieser, wo es doch sehr deutlich wird, genau darauf hinzuweisen.
Wie eine Ministerin einmal eine Neiddebatte entzünden wollte, …
In Tweets: Wie eine Ministerin einmal eine Neiddebatte entzünden wollte, um von ihren ungerechten Sparplänen abzulenken
Gestern abend twitterte Familienministerin Kristina Schröder und sorgte damit – zurecht – für ziemlich viel Aufregung. Darum ging es:
Aber: Eine Familie in Hartz IV, 2 Kinder, erhält inkl. Elterngeld 1885 € vom Staat. Netto! Ist das gerecht gegenüber denen, die arbeiten?
„Wie eine Ministerin einmal eine Neiddebatte entzünden wollte, …“ weiterlesen