Wow – bei den bundesweiten Anti-Atom-Demos am gestrigen Samstag waren 250.000 Menschen auf der Straße. Ich konnte nicht dabei sein (München wäre dann doch etwas weit weg gewesen), war aber die letzten beiden Montage auf den Demos hier in Freiburg – da ist auch das Bild oben entstanden. Das Revival der Anti-Atom-Bewegung hat sich ja schon im letzten Herbst angedeutet, als es rund um die Laufzeitverlängerung vielfältige und gut besuchte Aktionen gab. Nach Fukushima ist die Anti-Atom-Bewegung endgültig wieder da. Ich bin extrem gespannt, was das für die Wahl morgen bedeutet. Die Chance auf einen Politikwechsel und darauf, der Energiewende ein großes Stück näher zu kommen, ist jedenfalls greifbar da.
Kurz: AKWs und Erdbeben
Als ich heute morgen von dem schweren Erdbeben in Japan hörte, waren meine ersten Gedanken die an das Ausmass der Zerstörung und des menschlichen Leids, dass durch Erdbeben und Tsunami da gerade – in einer eigentlich auf die Gefahr von Erdbeben ausgerichteten Gesellschaft – ausgelöst wurde. Dann gab es erste Meldungen darüber, dass es an einem AKW brennt, und dass ein zweites AKW – Fukushima Daiishi (Wikipedia, genauer gesagt: 3 von 6 Reaktorblöcken dort) – ernsthafte Probleme mit der Notkühlung hat. Inzwischen wurden eine 3‑km-Zone um das AKW evakuiert, in einer 10-km-Zone wurde die Bevölkerung aufgerufen, die Häuser nicht zu verlassen.
Ich hoffe, dass in Japan – bei all dem Unglück, dass das Erdbeben schon gebracht – nicht auch noch ein GAU dazukommt. Niemand braucht ein zweites Tschernobyl. Ich erinnere mich noch gut: Auch Tschernobyl war weit weg – und trotzdem wurden aus harmlosen grünen Frühlingswiesen vor 25 Jahren hier plötzlich angstbesetzte Gefahrenherde. Selbst wenn die radioaktive Wolke diesmal in Kanada und den USA niederregnen würde, ändert das nichts daran, dass sich einmal mehr zeigt, wie schlecht AKWs und unvorhergesehen Ereignisse zusammenpassen.
AKWs in Erdbebengebieten? Angeblich waren die japanischen AKWs bis zu Beben der Stärke 8,25 ausgelegt – dieses hier erreichte 8,8 8,9 9,0. Nicht weit von hier – keine 30 km – steht das AKW Fessenheim im Oberrheingraben. Eine Erdbebenzone. Sich die 3‑km- und die 10-km-Zone aus Fukushima mal mit dem Epizentrum Fessenheim vorzustellen, ist gruselig – Bad Krozingen, Hartheim und Eschbach liegen alle in den 10-km-Zone, und das Rieselfeld ist nur etwa 20 km von Fessenheim entfernt.
Umso wichtiger, morgen bei der Menschenkette ein deutliches Zeichen für den Ausstieg aus der Atomkraft zu setzen, und bei den Landtagswahlen in diesem Jahr die Atomparteien abzuwählen.
Update: 13.3.2011 – Inzwischen sieht es so aus, dass es wohl in zwei Reaktoren zu einer Kernschmelze gekommen ist bzw. möglich ist – diese werden mit boriertem Meerwasser geflutet. In Onagawa (150 km von Fukushima entfernt) wurden ebenfalls erhöhte Radioaktivitätswerte gemessen, möglicherweise Strahlung aus Fukushima. Die Sperrzone rund um Fukushima wurde auf 20 km ausgeweitet, etwa 200.000 Menschen wurden (zusätzlich zu all den Tsunami- und Erdbeben-Opfern) evakuiert. Bei der taz gibt es einen guten Überblick darüber, wie die Ereignisse in Fukushima zu bewerten sind.
Darf man jetzt Debatten um den Atomausstieg führen? Nicht nur Greenpeace sagt: „Ja, man muss!“. (Lesenswert in diesem Zusammenhang auch: 3 populäre Irrtümer über Atomkraftgegner).
Mit 60.000 Leuten war die Menschenkette ein solches deutliches Zeichen. Wer Merkel seine Meinung sagen will, kann das bei Campact tun („Fukushima heißt abschalten!“), aktuell schon 25.000. Morgen am Montag wird es um 18 Uhr in über hundert Städten Mahnwachen geben; Freiburg ist auch dabei.
P.S.: Jetzt virtuell oder real Flagge zu zeigen, halte ich ebenfalls für eine symbolisch richtige Handlung. Mehr Gewicht: bei den Wahlen schwarz-gelb nicht verlängern und, so noch nicht geschehen, zu einem Ökostrom-Anbieter wechseln.
Photo of the week: Rieselfeld evening, with rain
Flagge zeigen im Rieselfeld und anderswo
Am 23. Oktober gab es in Freiburg von mehreren Organisationen gemeinsam die Aktion „Freiburg zeigt Flagge“ (Pressemitteilung (pdf), Facebook-Seite) – neben einer Kundgebung in der Innenstadt ging es vor allem darum, die bekannte Anti-AKW-Sonne als sichtbares Zeichen des Protests im Stadtbild wehen zu lassen. Ich selbst konnte wegen eines Termins in Stuttgart am 23.10. nicht dabei sein, konnte aber in der Zeit seitdem hier im Rieselfeld an einigen Häusern schöne Anti-AKW-Sonnen bestaunen. Das weckte dann in mir den Wunsch, auch meinen Balkon mit einer Anti-AKW-Flagge zu schmücken. Bei der Landesdelegiertenkonferenz konnte ich am Stand der Fechenbach-Kooperative dann eine Flagge erwerben, und seitdem ist auch unser Balkon damit verziert.
Heute bin ich nun endlich dazu gekommen, ein paar der Anti-AKW-Flaggen zu fotografieren (s.o.) und damit dann auch einen Anlass für diesen Blogeintrag zu haben. Ich kann mir nämlich gut vorstellen, dass es anderen wie mir geht, und sie – im Rieselfeld, in Freiburg oder wo auch immer – ebenfalls ein sichtbares Zeichen gegen den derzeitigen Pro-Atom-Rollback zu setzen.
Flaggen gibt es möglicherweise noch in den Geschäftsstellen der an der Aktion am 23.10. beteiligten Gruppen (siehe die oben verlinkte Pressemitteilung), aber auch an diversen Stellen im Netz zu kaufen:
- Zum Beispiel bei der bereits erwähnten Fechenbach-Kooperative (je nach Größe 7–16 Euro).
- Oder direkt bei ausgestrahlt.de (je nach Größe 3,50 Euro bis 25 Euro).
- Im Shop der taz mit der Aufschrift „Atomkraft – nicht schon wieder“ für 14 Euro.
- Im Mitgliedershop der Grünen als Fahne mit grünem Hintergrund für 12 Euro.
- Selbst bei Amazon gibt es einen Fahnenshop, der eine – allerdings recht häßliche – Anti-AKW-Fahne anbietet.
Kurz um, für relativ wenig Geld ist es möglich, am eigenen Fenster, Balkon oder Gartenzaun deutlich zu machen, dass die Atompolitik der Regierung nicht geteilt wird. Je mehr dabei sind, desto wirkungsvoller. Und praktisch sind die Fahnen mit der Anti-AKW-Sonne obendrein: mit einem Besenstiel o.ä. versehen, können sie bei der nächsten Demo dann als Transparent mitgenommen werden.
Warum blogge ich das? Weil ich schon länger mal auf diese Aktionsform hinweisen wollte.