Taschengeldgeschichten

Zur Kind­heit im voll­ende­ten Kapi­ta­lis­mus gehört die Inves­ti­ti­on von Taschen­geld in – aus Eltern­sicht eher schreck­li­chen – Plas­tik­kruscht, ger­ne in Form von Sam­mel­fi­gu­ren. R. hat ges­tern abend aus­ge­rech­net, dass er sich zwei Figu­ren kau­fen kann, und mir heu­te mor­gen extra noch mit­ge­teilt, dass wir doch bit­te nach dem Kin­der­gar­ten zum Dis­coun­ter gehen sol­len, um die­sen Plan in die Tat umzu­set­zen. Gesagt, getan – ich hole R. vom Kin­der­gar­ten ab, gemein­sam fin­den wir den Dis­coun­ter (in dem ich sonst nie ein­kau­fe), und auch der Akti­ons­be­reich kurz vor der Kas­se ist schnell loka­li­siert. Ein hilfs­be­rei­tes Kind infor­miert uns – die Figu­ren sind nicht aus­ge­zeich­net – über Prei­se und Erwerbs­stra­te­gien, R. kauft sei­ne bei­den roten Figu­ren, packt sie schon auf dem Weg zum Fahr­rad­an­hän­ger aus und ist zunächst glücklich.

Es wird jetzt aber auch höchs­te Zeit, Z. vom Hort abzu­ho­len. Also die Rie­sel­feld­al­lee ent­lang­ge­saust – bis das mun­te­re Spiel-Gebrab­bel aus dem Anhän­ger jäh unter­bro­chen wird. „Papa, eine Figur ist weg!“

Ich hal­te am Stra­ßen­rand an, wir schau­en im Anhän­ger nach, unter der Kuschel­de­cke, in R.s Jacken­ta­schen. Da ist die Figur nicht. Und wirk­lich – der Anhän­ger hat an eini­gen Stel­len Öff­nun­gen, aus denen die Figur gekul­lert sein könn­te. R. bleibt beim Rad (könn­te ja gestoh­len wer­den, meint er), ich gehe noch­mal ein gan­zes Stück zurück, ange­strengt Aus­schau hal­tend nach einer klei­nen roten Plas­tik­fi­gur. Fin­de aber kei­ne. Den kom­men­den Wut­aus­bruch schon vor dem inne­ren Auge, tei­le ich dies R. mit. Er ist trau­rig, nur die Ansa­ge, dass ich den finan­zi­el­len Ver­lust zu tei­len bereit bin, hei­tert ihn auf. Aber es hilft alles nichts, wir müs­sen weiter.

Kaum will ich los, sehe ich eine Sam­mel­fi­gur im Stra­ßen­dreck lie­gen. Grün, nicht rot, aber aus der glei­chen Serie. Müs­sen gera­de alle haben. R. ist glück­lich über die grü­ne Figur. Ich den­ke, dass es doch eine Kar­ma­ver­rech­nung gibt – da wird sich dann wohl ein ande­res Kind über R.s ver­lo­re­ne Figur freu­en. Aus­glei­chen­de Gerech­tig­keit, aber jetzt auf zum Hort.

Z. war­tet schon, gemein­sam trö­deln wir uns nach Hau­se. Am spä­ten Nach­mit­tag ist das ein lan­ger Weg. End­lich in der Tief­ga­ra­ge ange­kom­men, das Rad ver­staut, die Trep­pen zur Woh­nung hoch, bleibt R. plötz­lich ste­hen. Ver­dutzt prä­sen­tiert er uns – die rote, die ver­lo­ren geglaub­te Figur. Die wohl in den Ärmel gerutscht war. „Hat­te ich die gan­ze Zeit in der Hand, ohne es zu mer­ken“, meint R. dazu. 

Mor­gen will er dann wei­te­re Figu­ren kau­fen. Ich hof­fe, er hält sie gut fest.

Kurz: Servicelinks zum grünen Wahlsonntag Europa – Freiburg – Südbaden

Die Stim­men zur Euro­pa­wahl sind in Frei­burg aus­ge­zählt – mit 27,7% lie­gen Grü­ne hier vor­ne*, haben aller­dings fast 5 Pro­zent­punk­te gegen­über 2009 ver­lo­ren. Im Land­kreis Breis­gau-Hoch­schwarz­wald ging es von 18,7 % auf 16,3 %. Und lan­des­weit wer­den der­zeit (etwa zwei Drit­tel der Krei­se aus­ge­zählt) 1,5 Pro­zent­punk­te Ver­lust gehan­delt (Ergeb­nis­se in den ein­zel­nen Land- und Stadt­krei­sen). Ins­ge­samt passt das gut ins Bild die­ser Euro­pa­wahl, bei der wir Grü­ne in Deutsch­land mit einem blau­en Auge davon­ge­kom­men sind – bes­ser als bei der Bun­des­tags­wahl, aber deut­lich schlech­ter als 2009 (Wahl­sei­te Tages­schau). Mit etwas Glück wer­den es 11 Sit­ze – dann ist Maria Heu­buch als baden-würt­tem­ber­gi­sche grü­ne EP-Kan­di­da­tin drin.

Einen Über­blick über die lan­des­wei­ten Hoch­rech­nun­gen gibt es wie immer bei Wahlrecht.de. Die euro­pa­wei­ten Daten sam­melt Elec­tion­is­ta (Twit­ter-Account); eine Über­sicht gibt es als Goog­le Doc. Auch auf Euro­pean Greens gibt es eini­ge Resul­ta­te aus ganz Euro­pa (in Schwe­den z.B. sind Grü­ne zweit­stärks­te Kraft gewor­den – in Frank­reich dage­gen lie­gen sie mit gut 10 % weit hin­ter der Front Natio­nal, die erschre­cken­de 25 % bekom­men haben soll).

Die Kom­mu­nal­wah­len wer­den in Frei­burg erst Mon­tag aus­ge­zählt. Da wird es span­nend, ob Grü­ne die stärks­te Frak­ti­on blei­ben, ob Frei­burg Lebens­wert sich als loka­le AFD erweist, und ob die SPD-Zuge­win­ne ein Schulz-Euro­pa-Ein­mal­ef­fekt waren („ein deut­scher Patri­ot für Euro­pa“), oder ob mehr dahin­ter steht. Auch aus dem Land­kreis ste­hen noch kei­ne Ergeb­nis­se zur Ver­fü­gung. Wenn sie da sind, soll­ten hier Infos zu fin­den sein:

* In mei­nem Stadt­vier­tel Rie­sel­feld ist das grü­ne Ergeb­nis rund 34 %, im Vau­ban wird mit 50,1 % bei der Euro­pa­wahl noch so gera­de eben die abso­lu­te Mehr­heit erreicht.

P.S. Kom­mu­nal­wah­len gab es auch in Groß­bri­tan­ni­en und Irland; in Bel­gi­en wur­de das Par­la­ment gewählt.

P.P.S. Eini­ge Gemein­den bie­tet die­ses Jahr die Ergeb­nis­se auch per App an.

Kurz: Häufeln Sie auch immer schön?

Ich hade­re ja noch etwas mit der am 25. Mai anste­hen­den Kom­mu­nal­wahl. Oder, genau­er gesagt, nicht mit der Kom­mu­nal­wahl selbst, son­dern mit der Fra­ge, wie ich mei­ne 48 Stim­men ver­tei­len soll. (Soll­ten hier Men­schen mit­le­sen, die nicht aus Baden-Würt­tem­berg sind: Nein, das ist kein Tipp­feh­ler. Bei der Kom­mu­nal­wahl gibt es hier soviel Stim­men wie Sit­ze – in einer grö­ße­ren Stadt wie Frei­burg eben z.B. 48, in Stutt­gart sogar 60. Die­se Stim­men kön­nen belie­big auf die – in Frei­burg 13 – antre­ten­den Lis­ten ver­teilt wer­den, je Kan­di­da­tIn sind bis zu drei Stim­men mög­lich. Kumu­lie­ren und Pana­schie­ren nen­nen wir das.)

Eigent­lich ist es ja ganz ein­fach. Ich bin zu 90 Pro­zent grün, und fin­de die Arbeit der grü­nen Stadt­rats­frak­ti­on durch­aus erfolg­reich. (Übri­gens: Es gibt im Frei­bur­ger Stadt­rat kei­ne 5%-Hürde und es gibt wech­seln­de Mehr­hei­ten. Auch OB und Frak­ti­on sind nicht immer einer Mei­nung. Wes­we­gen es mal sehr sinn­vol­le Ent­schei­dun­gen gibt – zum Bei­spiel zum The­ma Wagen­stell­plät­ze, mit den Grü­nen -, und mal ziem­lich däm­li­che – zum Bei­spiel die Ein­füh­rung eines kom­mu­na­len Ord­nungs­diens­tes, CDU und SPD gegen Grün). Inso­fern wird die über­gro­ße Zahl mei­ner Stim­men sicher­lich an die grü­ne Lis­te 1 gehen. Aber was mache ich mit den 10 Pro­zent, wo ich nicht grün mit den Grü­nen bin? Unser wun­der­ba­res Wahl­sys­tem erweckt den Ein­druck, dass ich das in mei­nem Wahl­ver­hal­ten abbil­den kann – ich könn­te Stim­men an Per­so­nen auf einer der links-alter­na­ti­ven Lis­ten geben. Aller­dings ist das mit dem Pana­schie­ren in der Pra­xis etwas kom­pli­zier­ter: Ich gebe mei­ne Stim­men zwar einer Per­son, letzt­lich, kom­men sie aber der jewei­li­gen Lis­te ins­ge­samt zu Gute. Je wei­ter unten eine prä­fe­rier­te Per­son auf der Lis­te steht, des­to wahr­schein­li­cher ist es, dass mit mei­ner Stim­me jemand ande­res (näm­lich Platz 1 oder 2) in den Gemein­de­rat wäh­le. Was die Sache nicht ein­fa­cher macht. 

Aber selbst wenn ich mich für eine rein grü­ne Stimm­ab­ga­be ent­schei­de, blei­ben Fra­gen offen, wenn ich mich über den umfang­rei­chen Stimm­zet­tel­block beu­ge. Laut sta­tis­ti­schem Amt der Stadt Frei­burg gibt ca. ein Vier­tel der Wäh­le­rIn­nen einen unver­än­der­te Stimm­zet­tel abge­ben. Der Rest kumu­liert (gewich­tet also) oder schreibt Namen von ande­ren Lis­ten dazu – übri­gens gibt es in der städ­ti­schen Wahl­ana­ly­se auch schö­ne Aus­sa­gen dazu, wel­che Kom­bi­na­tio­nen beson­ders oft vor­kom­men. Die unver­än­der­ten Stimm­zet­tel erhö­hen die Chan­cen der obe­ren Lis­ten­plät­ze deut­lich. Hier durch Häu­feln von Stim­men selbst Schwer­punk­te zu set­zen, die dann etwas an der Zusam­men­set­zung der Frak­ti­on set­zen, muss also wohl über­legt sein. Eine Woche habe ich noch dafür …

Fortsetzung folgt: Was wurde eigentlich aus …?

Workbench II

Ich habe in den letz­ten Mona­ten ja eini­ge Bei­trä­ge gepos­tet, die sich grob mit Ver­än­de­run­gen in mei­nem all­täg­li­chen Tech­nik­um­gang befasst haben. Zu ein paar davon kann ich jetzt was zur „Fort­set­zung“ sagen. Falls das jemand interessiert.

Bereits im Mai 2013 hat­te ich erklärt, wie ich Tiny Tiny RSS instal­liert habe, um eine Alter­na­ti­ve zum Goog­le Rea­der zu fin­den. Lei­der ent­pupp­te sich die Kom­bi­na­ti­on aus eige­ner Tiny-Tiny-RSS-Instal­la­ti­on und den Android-Kli­en­ten dafür als unbe­quem, so dass ich letzt­lich immer sel­te­ner in mei­ne RSS-Feeds schau­te (wenn, dann eher im Menü von Fire­fox als auf dem Smart­phone). Ges­tern habe ich nun Fire­fox durch Chro­me ersetzt, das kei­nen ein­ge­bau­ten RSS-Sup­port (mehr) hat. Bei der Durch­sicht der ver­schie­de­nen Alter­na­ti­ven bin ich dann auf feedly.com gesto­ßen, dass mir zunächst mal erstaun­lich gut gefal­len hat.

„Fort­set­zung folgt: Was wur­de eigent­lich aus …?“ weiterlesen

Wer kandidiert 2014 in Freiburg? (Teil III)

Aller guten Din­ge sind drei (sie­he auch Teil I zu Alter und Geschlecht und Teil II zur geo­gra­phi­schen Ver­tei­lung der Kan­di­da­tIn­nen für die Kom­mu­nal­wahl 2014 in Frei­burg). Unten folgt ein Ver­such, die Anga­ben zu den aus­ge­üb­ten Beru­fen zu erfas­sen und zu ordnen.

Das ist nicht ganz ein­fach, weil zum einen oft zwei Beru­fe ange­ge­ben wur­den, zum ande­ren manch­mal gar nicht so ganz klar ist, was eine „Ange­stell­te“, ein „Geschäfts­füh­rer“ oder eine „Refe­ren­tin“ eigent­lich tun. Inso­fern sind die Daten unten mit Vor­sicht zu genießen.
tw 2014-04 berufe kommunalwahl 2014 freiburg (insg.)

Zunächst ein­mal der Blick auf alle 591 Kan­di­da­tIn­nen. Vor­ne lie­gen Leh­re­rIn­nen und ande­re mit Erzie­hung und Wei­ter­bil­dung befass­te Per­so­nen, dann fol­gen diver­se aka­de­mi­sche Beru­fe (von der Dok­to­ran­din bis zur Pro­fes­so­rin), das gro­ße Feld „Kunst, Jour­na­lis­mus, PR“, Stu­den­tin­nen und Stu­den­ten sowie RuheständlerInnen.

tw 2014-04 berufe kommunalwahl 2014 freiburg (nach listen)

Wer­den die ein­zel­nen Lis­ten betrach­tet, so ver­tei­len sich die Beru­fe nicht gleich­mä­ßig. Auf­fäl­lig ist zum einen „Jun­ges Frei­burg“ mit vie­len Schü­le­rIn­nen und Azu­bis sowie die PARTEI als vor­ran­gig stu­den­ti­sche Lis­te. „Für Frei­burg“ hat den höchs­ten Anteil an Lehr­kräf­ten und Erzie­hungs­per­so­nal. Bei „Frei­burg lebens­wert“ fal­len vie­le Ruhe­ständ­le­rIn­nen auf, aber auch vie­le Aka­de­mi­ke­rIn­nen und Ärz­tIn­nen. Bei dne unab­hän­gi­gen Frau­en spie­len Sozi­al­ar­beit und Sozi­al­päd­ago­gik eine rele­van­te Rol­le, aber auch Pfle­ge- und The­ra­pie­be­ru­fe kom­men hier häu­fig vor. Die GAF ist recht bunt gemischt.

Die Kul­tur­lis­te zeich­net sich durch Kul­tur­schaf­fen­de aus. Bei den Frei­en Wäh­lern spie­len Lehr­kräf­te und aka­de­mi­sche Beru­fe nur eine gerin­ge Rol­le, dafür tau­chen vie­le Ange­stel­le, in der Gas­tro­no­mie und im Han­del Täti­ge, Hand­wer­ke­rIn­nen, Unter­neh­me­rIn­nen und Geschäfts­füh­re­rIn­nen auf. Auch Juris­tIn­nen sind eini­ge auf der Lis­te. Bei der Lin­ken mischen sich Aka­de­mie und Ruhe­stand einer­seits mit Pfle­ge, Sozi­al­ar­beit und dem Buch­han­del andererseits. 

Die FDP ähnelt den Frei­en Wäh­lern, nur dass es hier kei­ne Ange­stell­ten gibt, dafür Ruhe­ständ­le­rIn­nen. An die Stel­le der Ange­stell­ten rückt das Feld der „Bera­tung“. Die SPD ist in Frei­burg vor allem eine Par­tei des Erzie­hungs­we­sens, der Hoch­schu­len inkl. der Stu­den­tIn­nen, von Ruhe­ständ­le­rIn­nen und Haus­frau­en. Die CDU ähnelt FDP und FW im recht gerin­gen Leh­re­rIn­nen-Anteil, auf­fäl­lig sind hier Forst- und Land­wirt­schaft (na gut, Win­ze­rei) und die Poli­zei. Grü­ne sind schließ­lich in Frei­burg weit weni­ger eine Leh­re­rIn­nen-Par­tei als SPD und Lin­ke. Auf­fäl­lig sind eini­ge in Poli­tik oder als Betriebs­rat täti­ge Men­schen sowie Selbstständige. 

P.S.: Wer sich selbst ein Bild machen will: die Ori­gi­nal­an­ga­ben der Kan­di­da­tIn­nen, sor­tiert nach Beruf.