Zu Thüringen

Wie geht es nach dem gest­ri­gen Damm­bruch in Thü­rin­gen jetzt – jen­seits der not­wen­di­gen und rich­ti­gen Empö­rung – weiter?

Herr Kem­me­rich ist for­mal als Minis­ter­prä­si­dent gewählt.

Wenn ich die Thü­rin­ger Lan­des­ver­fas­sung rich­tig lese, heißt das „tech­nisch“, dass er jetzt nach Belie­ben Minister*innen ernen­nen kann. Eine Bestä­ti­gung durch den Land­tag ist nicht not­wen­dig. Zudem kann er regie­ren – im Rah­men des bereits beschlos­se­nen Dop­pel­haus­halts, und nur, inso­fern kei­ne Geset­ze geän­dert wer­den; es sei denn, auch dafür fin­det sich eine AfD-CDU-FDP-Mehr­heit. Das klingt nach wenig Spiel­räu­men; fak­tisch pas­siert der Löwen­an­teil der Regie­rungs­ar­beit unter­halb der Gesetz­ge­bung. Das reicht von Ver­ord­nun­gen über den Schul­un­ter­richt bis zu Bundesratsinitiativen.

Der Land­tag hat zwei Hebel in der Hand. Er kann ein kon­struk­ti­ves Miss­trau­ens­vo­tum durch­füh­ren (d.h., jemand ande­res tritt gegen den amtie­ren­den MP an, das Quo­rum für die Wahl ist hier „mit der Mehr­heit sei­ner Mit­glie­der“). Er kann auch vor­ge­zo­ge­ne Neu­wah­len beschlie­ßen. Dafür ist eine Mehr­heit von zwei Drit­teln der Mit­glie­der des Land­tags not­wen­dig. Im Erfolgs­fall blie­be Kem­me­rich bis zur Wahl eines neu­en MPs nach neu­en Land­tags­wah­len im Amt.

Zudem kann auf Antrag eines Vier­tels der Mit­glie­der ein Unter­su­chungs­aus­schuss ein­ge­setzt werden.

Im Thü­rin­ger Land­tag haben FDP und Grü­ne je fünf Man­da­te, die SPD acht, die CDU 21, die AfD 22 und die Lin­ke 29. Die „Mehr­heit der Mit­glie­der“ liegt damit bei 46 Man­da­ten, die Zwei­drit­tel­mehr­heit bei 60 Mandaten.

Grü­ne, SPD, CDU und Lin­ke hät­ten gemein­sam die Zwei­drit­tel­mehr­heit, um vor­ge­zo­ge­ne Neu­wah­len zu beschlie­ßen. (Theo­re­tisch hät­te eine gemein­sa­me Kan­di­da­tin von CDU und Lin­ke die not­wen­di­ge Mehr­heit, um in einem kon­struk­ti­ven Miss­trau­ens­vo­tum zur Minis­ter­prä­si­den­tin gewählt zu wer­den – prak­tisch sehe ich der­zeit nicht, dass die­ser Weg beschrit­ten wer­den könnte …).

Herr Kem­me­rich hat ange­kün­digt, nicht mit der AfD zusam­men­zu­ar­bei­ten. Das wirkt nach sei­ner Wahl heuch­le­risch, aber neh­men wir an, es bleibt dabei, dass die AfD kei­ne Minister*innen stellt, und dass es kein mit der AfD ange­spro­che­nes Regie­rungs­pro­gramm geben wird.

Mit der Lin­ken will Herr Kem­me­rich nicht zusammenarbeiten.

SPD und Grü­ne haben bereits klar fest­ge­legt, dass es kei­ne Zusam­men­ar­beit in Form von Minis­ter­pos­ten o.ä. geben wird.

Bleibt die CDU. Hier klingt die Thü­rin­ger CDU anders als die im Bund. Es wäre also denk­bar, dass die­se Minister*innen in einer Regie­rung Kem­me­rich stellt. Die hät­te damit zwar immer noch kei­ne parl. Mehr­heit, wäre aber kurz­fris­tig handlungsfähig.

Alter­na­tiv wäre eine Regie­rung rein aus FDP-Mit­glie­dern und par­tei­lo­sen Wage­mu­ti­gen denkbar.

Damit erge­ben sich fol­gen­de Sze­na­ri­en, wie es in Thü­rin­gen wei­ter­ge­hen kann:

  • Vari­an­te 1: der bun­des­wei­te Druck auf FDP und CDU wird so stark, dass Herr Kem­me­rich sich zum Rück­tritt genö­tigt sieht. Danach kommt es ver­mut­lich zu Neu­wah­len, ganz even­tu­ell zur Wahl einer Caret­a­ker-Regie­rung nach öster­rei­chi­schem Vor­bild bis zu Neu­wah­len. Der Wahl­aus­gang ist unvor­her­seh­bar, mög­li­cher­wei­se sieht es danach nicht bes­ser aus als heu­te (z.B. könn­ten AfD, CDU und Lin­ke jeweils gleich stark wer­den, die SPD knapp rein­kom­men und Grü­ne und FDP raus­flie­gen – dann gäbe es wei­ter­hin kei­ne sta­bi­le Mehrheit).
  • Vari­an­te 2a: Herr Kem­me­rich tritt nicht zurück. Er bil­det eine Regie­rung mit der CDU Thü­rin­gen. Es gibt kei­ne par­la­men­ta­ri­sche Mehr­heit für Neu­wah­len. In Ein­zel­fäl­len stützt sich die­se Regie­rung auf die AfD. Beson­ders sta­bil ist das Kon­strukt nicht – bes­ser schlecht regie­ren als gar nicht. Die bun­des­po­li­ti­schen Aus­wir­kun­gen sind immens, ggf. kommt es zu Spal­tun­gen in der CDU, Aus­trit­ten der letz­ten Libe­ra­len aus der FDP und Ver­wer­fun­gen in der Gro­ko. Nach eini­ger Zeit und dem einen oder ande­ren „Erfolg“ nor­ma­li­siert sich die­ses Modell, ande­re Län­der im Osten (insb. Sach­sen-Anhalt, Wahl 2021) kom­men zu ähn­li­chen Regie­run­gen unter Dul­dung der froh­lo­cken­den AfD. Die nach rechts gerück­te FDP sieht sich im Aufwind.
  • Vari­an­te 2b: Herr Kem­me­rich tritt nicht zurück. Auf Druck der Bun­des-CDU betei­ligt sich die CDU Thü­rin­gen nicht an der Regie­rung. Die Regie­rung aus FDP und Par­tei­lo­sen gerät im Land­tag unter Druck. Nach eini­gen Wochen oder Mona­ten kommt es zum Neu­wahl­an­trag im Land­tag, der eine Mehr­heit fin­det, mög­li­cher­wei­se auch von der AfD unter­stützt wird. Bis zur Wahl eines neu­en Land­tags und einer neu­en Regie­rung bleibt das Kabi­nett Kem­me­rich geschäfts­füh­rend im Amt – chao­ti­sche Ver­hält­nis­se über Mona­te. Auch nach der Neu­wahl bleibt die Situa­ti­on schwierig.

Kei­nes die­ser Sze­na­ri­en ist erfreu­lich – kurz­fris­tig nicht, in der mit­tel­fris­ti­gen Per­spek­ti­ve erst recht nicht, solan­ge es bei Neu­wah­len kei­ne kla­re Mehr­heit gibt. Am schlimms­ten erscheint mir die Vari­an­te 2a – dann wür­de der 5.2.2020 tat­säch­lich als Beginn eines Zei­ten­bruchs in die Geschichts­bü­cher eingehen.

Nach­trag (16:15 Uhr) – 180°-Wende der FDP, bun­des­weit ein­heit­li­che Sprach­re­ge­lung, plötz­lich war’s ein Feh­ler. Herr Kem­me­rich kün­digt an, dass er des­we­gen jetzt die Auf­lö­sung des Land­tags und Neu­wah­len anstrebt. Unklar, ob dss ein Rück­tritt ist oder nicht.

Und aus dem „ver­mut­lich“ in Vari­an­te 1 bezo­gen auf Neu­wah­len wird eine neue Situa­ti­on – ich sehe bis­her jeden­falls nicht, wo die Zwei­drit­tel­mehr­heit für eine Neu­wahl her­kom­men soll. Die FDP allei­ne reicht nicht, Lin­ke und auch Grü­ne klin­gen so, als soll­te es einen Rück­tritt und dann einen zwei­ten Ver­such geben, Herrn Rame­low zu wäh­len, die AfD wür­de „eher nicht“ zustim­men, und die CDU ist unklar (Bund: Neu­wah­len, bis auf Ein­zel­stim­men wie Kris­ti­na Schrö­der, im Land: trot­zi­ges Fest­hal­ten) – mein Ein­druck ist, dass es da immer noch den Plan gibt, einen CDU-Kan­di­da­ten wäh­len zu las­sen. Kla­re Ver­hält­nis­se sehen anders aus.

Nach­trag (7.2.2020, 9:55 Uhr) – inzwi­schen hat die Thü­rin­ger CDU auch von AKK grü­nes Licht bekom­men, sich gegen Neu­wah­len aus­zu­spre­chen. Samt bun­des­po­li­ti­schem Kol­la­te­ral­scha­den. Lin­ke, SPD und Grü­ne haben gemein­sam Herrn Kem­me­rich auf­ge­for­dert, bis Sonn­tag tat­säch­lich zurück­zu­tre­ten bzw. die Ver­trau­ens­fra­ge zu stel­len und so den Raum zu eröff­nen für eine neue MP-Wahl, in der dann Rame­low gewählt wer­den könnte. 

Nach­trag (11:30 Uhr) – Wenn ich das rich­tig zusam­men­fas­se, wäre der stra­te­gisch bes­te Schritt für die CDU (!) in Thü­rin­gen jetzt, Bodo Rame­low in einem kon­struk­ti­ven Miss­trau­ens­vo­tum mit­zu­wäh­len. Inter­es­sant, wo die sich hin­ma­nö­vriert haben. (Jens Spahn emp­fiehlt dage­gen wei­ter eine „Regie­rung der Mit­te“ unter einem/einer par­tei­lo­sen MP).

Kurz: Merz statt Merkel?

Die Fra­ge, wie ein mög­li­cher Kanz­ler­kan­di­dat Merz zu bewer­ten sei, führ­te auf mei­nem Face­book-Account zu einer regen Debat­te. Ins Auge ste­chen, auch nach der Pres­se­kon­fe­renz heu­te, vor allem zwei Aspek­te. Par­tei­po­li­tisch wür­de Merz die CDU kla­rer auf der kon­ser­va­ti­ven Sei­te des poli­ti­schen Spek­trums posi­tio­nie­ren. Das könn­te dazu füh­ren, dass die CDU Wähler*innen von der AfD zurück­ge­winnt, es könn­te aber auch dazu füh­ren, dass Men­schen, die eine unter Mer­kel etwas libe­ra­ler und „mit­ti­ger“ gewor­de­ne CDU wähl­bar fan­den, sich dau­er­haft wie­der davon abkeh­ren. Das könn­te den in Bay­ern und Hes­sen zu beob­ach­ten­den Trend einer Wäh­ler­wan­de­rung von der CDU zu Bünd­nis 90/Die Grü­nen stär­ken. Auch im Sin­ne einer kla­ren Unter­scheid­bar­keit poli­ti­scher Ange­bo­te wäre eine Merz-CDU mög­li­cher­wei­se gar nicht so blöd. Ein Neben­ef­fekt könn­te dann der sein, dass Grün dau­er­haft zur zwei­ten Kraft in Deutsch­land wird.

Aber es gibt ja nicht nur eine par­tei­po­li­ti­sche Per­spek­ti­ve. Für das Land wäre ein mög­li­cher Kanz­ler Merz ein deut­li­cher Rück­schritt. Kaum jün­ger als Mer­kel, dafür deut­lich kon­ser­va­ti­ver und „schnit­ti­ger“, ein Mann, eng mit der „Groß­in­dus­trie“, wie das frü­her ein­mal hieß, ver­bun­den. Eher so 1998 als 2018. Und eine Koali­ti­on, womög­lich gar eine Jamai­ka-Koali­ti­on, mit einer rechts­kon­ser­va­ti­ven CDU und einer wirt­schaft­li­be­ra­len FDP – auch das ist schwie­ri­ger vor­stell­bar als in der aktu­el­len Konstellation.

Aber viel­leicht ist es ja die Syn­the­se bei­der Argu­men­te, die wei­ter­hilft: ein Kanz­ler­kan­di­dat Merz – mög­li­cher­wei­se wäre das die Pro­jek­ti­ons­flä­che, um in einer Bun­des­tags­wahl von der bür­ger­lich-libe­ra­len Mit­te bis nach links zu mobi­li­sie­ren und dann eine Mehr­heit jen­seits der CDU/CSU zu fin­den. Oder, wie es Bernd Ulrich von der ZEIT auf Twit­ter ges­tern auf den Punkt brachte: 

„Nur damit hin­ter­her nie­mand sagt, ich hät­te es vor­her sagen sol­len: Wenn #Merz Vor­sit­zen­der wird, wird #Habeck Kanz­ler. #Grü­ne “.

Letzt­lich muss die CDU ent­schei­den, wie sie nach Mer­kels vor­züg­lich in Sze­ne gesetz­tem Aus­stieg wei­ter­ma­chen möchte.

Historische Tage? Doch nur groß inszeniertes bayerisches Singspiel

Vor ein paar Tagen blogg­te ich kurz etwas, dass das der­zeit viel­leicht his­to­ri­sche Tage sein könn­ten. Heu­te kommt der Schwank dann zu sei­ner vor­läu­fi­gen Auf­lö­sung: nach Ulti­ma­ten, Dro­hun­gen, Ver­hand­lun­gen, Erpres­sun­gen, Fin­ten, einem ange­droh­ten Rück­tritt, Güte­ge­sprä­chen, dem Rück­tritt vom Rück­tritt und einem gehei­men Mas­ter­plan, der zugleich von der CSU und von Bun­des­in­nen­mi­nis­te­ri­um stammt – also nach all den Ele­men­ten, die eher auf eine Büh­ne als in die Poli­tik pas­sen soll­ten – bleibt alles beim alten. Jeden­falls dann, wenn die SPD mit­macht. Gegen­stim­men dazu habe ich noch kei­ne gehört.

Im End­ef­fekt, mate­ri­ell, geht es in dem jetzt vor­lie­gen­den „Kom­pro­miss“ – über den zwei der drei Regie­rungs­par­tei­en ver­han­delt haben – dar­um, dass See­ho­fer an der Gren­ze zwi­schen Bay­ern und Öster­reich, Asylbewerber*innen zurück­wei­sen kann, die aus Dritt­staa­ten wie Öster­reich ein­rei­sen. Dazu sol­len „Tran­sit­zen­tren“ an der öster­rei­chi­schen Gren­ze errich­tet wer­den, das ist etwa das, was die USA an der Gren­ze zu Mexi­ko hat. Die SPD lehn­te das bis­her ab. Das gan­ze soll auf der Grund­la­ge von Abkom­men mit den Erst­ein­rei­se­län­dern der Asyl­su­chen­den gesche­hen, wenn die­se Abkom­men – das wäre Mer­kels euro­päi­sche Kom­po­nen­te – nicht zustan­de kom­men, wer­den die Asylbewerber*innen eben nach Öster­reich geschickt, auf der Grund­la­ge einer noch zu ver­han­deln­den Ver­ein­ba­rung mit der schwarz-blau­en Regie­rung dort. (Anders gesagt: See­ho­fer geht und ging es wohl immer dar­um, in Bay­ern den star­ken Mann mar­kie­ren zu können.)

Damit ist es der Uni­on gelun­gen, die thea­tra­li­sche Spal­tung zu ver­hin­dern und die hei­ße Kar­tof­fel bei der SPD abzu­la­den. Ent­we­der ver­wei­gert sie sich mit Ver­weis auf den Koali­ti­ons­ver­trag dem „Kom­pro­miss“ – dann ist es nicht mehr die CSU, son­dern plötz­lich die SPD, die schuld dar­an ist, wenn die Regie­rung Mer­kel schei­tert, oder wenn es wochen­lan­ge Aus­ein­an­der­set­zun­gen gibt. Oder sie stimmt zu, dann rutscht das Glaub­wür­dig­keits­kon­to der SPD wei­ter ins Nega­ti­ve. Bei­des eher unschön, und auch ins­ge­samt macht das gan­ze Hin und Her eher wütend. Mit einer huma­nen Flücht­lings­po­li­tik hat es jeden­falls nichts mehr zu tun.

Für die Zukunft der gro­ßen Koali­ti­on stimmt mich das auch nicht gera­de posi­tiv. Ver­kürzt gesagt, hat See­ho­fer sich gera­de damit durch­ge­setzt, „irgend­was für Bay­ern“ zu for­dern, ohne Rück­sicht auf den Koali­ti­ons­ver­trag und die Koali­ti­ons­part­ner. Das wirk­te lan­ge so, als wür­de es mit ihm heim­ge­hen – im End­ef­fekt hat er sich aber hin­sicht­lich sei­nes Kern­an­lie­gens durch­ge­setzt. Und das zählt am Schluss. Neben­bei ist er damit durch­ge­kom­men, Mer­kel bloß zu stel­len (mit die­ser Frau kön­ne er nicht zusam­men­ar­bei­ten) und ihre Richt­li­ni­en­kom­pe­tenz in Fra­ge zu stel­len („Ich las­se mich nicht von einer Kanz­le­rin ent­las­sen, die nur wegen mir Kanz­le­rin ist.“). Mer­kel wie­der­um bleibt Kanz­le­rin. Soll­te das gan­ze ein ver­such­ter Putsch gewe­sen sein, ist die­ser gescheitert.

Aller­dings ist jetzt auch klar: wer Maxi­mal­kra­wall macht, thea­tra­lisch damit droht, zu gehen, ja, wirk­lich, zu gehen, bitt­schön!, der kann in die­ser Regie­rung im End­ef­fekt durch­set­zen, was er will. Jeden­falls, wenn er zugleich Minis­ter und Par­tei­chef einer der Koali­ti­ons­par­tei­en ist. Die SPD wird ver­su­chen, das auch hin­zu­krie­gen, und damit auf die Nase fal­len. Die CSU, und ins­be­son­de­re See­ho­fer, wird nach­le­gen – anschei­nend hat er auch als Gesund­heits­mi­nis­ter in der Regie­rung Kohl schon ähn­lich „ver­han­delt“.

Ich hat­te ja von Anfang an den Ver­dacht, dass es hier eigent­lich um die baye­ri­schen Land­tag­wah­len im Okto­ber ging. Ob sich das Sing­spiel da aus­zahlt, bleibt abzu­war­ten. Bis­her sind die Wer­te für die CSU hin­un­ter gegan­gen. Aber der baye­ri­sche Wäh­ler und die baye­ri­sche Wäh­le­rin gou­tiert viel­leicht kei­nen Streit; wenn sich einer, mit wel­chen bau­ern­schlau­en Tricks und Dick­köp­fig­kei­ten auch immer, durch­setzt, dann sieht’s („A Hund!) schon wie­der anders aus.

Ein an der Sache ori­en­tier­ter, ratio­na­ler Poli­tik­stil sieht anders aus. Und die­ses Thea­ter trägt defi­ni­tiv nicht dazu bei, dass das Ver­trau­en in die Poli­tik steigt. 

Kurz: Historische Tage

Weil die­ses Blog ja auch ein biss­chen sowas wie ein öffent­li­ches Tage­buch ist, und viel­leicht irgend­wann ein Rück­blick span­nend sein könn­te: heu­te liegt die Gro­ße Koali­ti­on in den Umfra­gen unter 50 Pro­zent. SPD, AfD und Grü­ne rücken nahe anein­an­der. Aber auch die CDU hat nach den Kin­der­gar­ten­ak­tio­nen von Horst See­ho­fer (CSU) und einem ins­ge­samt eher schwie­ri­gen Bild Umfra­ge­ein­brü­che zu vermelden. 

Kann sein, dass das in zwei Mona­ten schon wie­der ganz anders aus­sieht. Kann sein, dass über­mor­gen die Gro­ße Koali­ti­on platzt. Kann sein, dass es der CSU eigent­lich nur um die Bay­ern­wahl geht und als Neben­ef­fekt davon das poli­ti­sche Sys­tem der Bun­des­re­pu­blik sei­nen letz­ten Rest an Sta­bi­li­tät ver­liert. Blei­ben Sie dran. Und falls es in der Rück­schau his­to­ri­sche Tage sind: auch hier wur­de es notiert.

Kurz: Reisekostenstreits

Span­nend, dass Kon­flik­te in der grün-schwar­zen Koali­ti­on sich ger­ne an schein­ba­ren Neben­säch­lich­kei­ten wie dem Rei­se­kos­ten­recht ent­zün­den. Unse­re grü­ne Finanz­mi­nis­te­rin will’s ver­ein­fa­chen, die CDU stellt sich quer und for­dert nicht nur höhe­re Kilo­me­ter­sät­ze für dienst­li­che Auto­fahr­ten, son­dern auch – so ist es zumin­dest der Pres­se zu ent­neh­men – gene­rell 1.-Klasse-Tickets für dienst­lich Zug fah­ren­de Lan­des­be­diens­te­te. Argu­ment: an Arbeit im Zug sei sonst nicht zu denken.

Fin­de ich lus­tig, weil das Pro­blem für Arbeit im Zug mei­ner Erfah­rung nach nicht 2. Klas­se heißt, son­dern über­füll­te Züge, rucke­li­ges Inter­net und spon­ta­ne Zug­aus­fäl­le. Gera­de bei Dienst­rei­sen las­sen sich durch­aus Sitz­plät­ze reser­vie­ren. Klar ist in der 1. Klas­se mehr Platz und Ruhe – aber zum Akten­stu­di­um oder zum Mail­le­sen reicht die 2. Klas­se völ­lig aus. Und gegen schlech­tes Manage­ment bei der DB hilft das Rei­se­kos­ten­recht des Lan­des lei­der nicht.

Wofür es tat­säch­lich einen Hebel bie­tet: kei­ne Anrei­ze für unnö­ti­ge Auto­fahr­ten, Erstat­tun­gen auch für Rad/ÖPMV, und auch so Din­ge wie Kli­ma­schutz­ab­ga­ben und eine bes­se­re Fami­li­en­ver­ein­bar­keit bei beruf­li­chen Rei­sen wären regelbar.