Kurz: Wozu es etwas zu sagen gäbe …

Irgend­wie bin ich nicht so recht in der Lau­ne, etwas zu blog­gen. Soll vorkommen. 

Dabei gibt es eini­ges, wozu es gera­de etwas zu sagen gäbe. Also zum Bei­spiel dazu, dass der drei­ßigs­te Jah­res­tag der Tscher­no­byl-Kata­stro­phe wohl ins­be­son­de­re in Deutsch­land ein Erin­ne­rungs­an­lass war. Oder dazu, dass es gro­ßer Quatsch ist, wenn der neu­en SINUS-Jugend­stu­die vor­ge­hal­ten wird, dass sie nichts wert ist, weil sie als qua­li­ta­ti­ve Stu­die „nur“ auf 72 Inter­views beruht (ich habe die Stu­die noch nicht gele­sen, inso­fern kann ich nichts fun­dier­tes dazu sagen, ob sie rele­van­te Aus­sa­gen trifft, aber die Kri­tik an der Metho­de auf­zu­hän­gen, hat, wie ich es bei Face­book las, etwas vom Wis­sen­schafts­ver­ständ­nis aus den 1950er Jah­ren). Zu der Exzel­lenz­in­itia­ti­ve und zum Stand trans­for­ma­ti­ver Wis­sen­schaft müss­te jemand was schrei­ben. Und natür­lich lie­ße sich sehr viel zu den baden-würt­tem­ber­gi­schen Koali­ti­ons­ver­hand­lun­gen sagen. Aber solan­ge der Koali­ti­ons­ver­trag nicht steht – Mon­tag soll es soweit sein – sind Ein­schät­zun­gen dazu müs­sig. Spe­ku­la­tio­nen dar­über, wer wel­ches Minis­te­ri­um erhält, erst recht. Zum Pro­gramm­pro­zess der grü­nen Bun­des­par­tei, zum angeb­li­chen „Links­ruck“, den Jür­gen Trit­tin aus­ruft, und dazu, ob ein Kanz­ler­kan­di­dat Win­fried Kret­sch­mann sinn­voll sein könn­te, wie es Gere­on Asmuth in der taz vor­schlägt (nein, fal­sche Are­na und fal­sche Leh­re aus dem baden-würt­tem­ber­gi­schen Wahl­er­folg) – auch das könn­te bebloggt wer­den. Oder eben auch nicht. Und ein Debat­ten­bei­trag zur Debat­te, wie unnö­tig die Dop­pel­spit­zen­de­bat­te und die Debat­te über die Dop­pel­spit­zen­de­bat­te sind, muss auch nicht sein. Und auch zum Nie­der­gang der SPD, zur Bun­des­prä­si­den­ten­wahl in Öster­reich und zur AfD, die dem­nächst dann also im baden-würt­tem­ber­gi­schen Land­tag sit­zen wird, schrei­be ich jetzt nichts, genau­so wie zum xten Ver­such der FDP, sich als coo­le­re Alter­na­ti­ve zur AfD darzustellen. 

Und ja – auch die ganz gro­ßen Welt­pro­ble­me blei­ben heu­te mal außen vor. Viel­leicht ein ande­res Mal.

P.S.: Und die re:publica zehn igno­rie­re ich auch.

Kurz: Stadt Land Wahl (Update)

Wahlergebnisse bei der Landtagswahl 2016 nach Gemeindegröße

Nach­dem ich das 2011 schon ein­mal detail­liert ange­schaut hat­te, auch für die dies­jäh­ri­ge Land­tags­wahl oben ein Ver­gleich der Wahl­er­geb­nis­se der jetzt fünf im Land­tag ver­tre­te­nen Par­tei­en nach Gemein­de­grö­ße (bzw. genau­er: nach Zahl der Wahl­be­rech­tig­ten). Deut­lich zeigt sich der Sink­flug der SPD, der von der Gemein­de­grö­ße eher unab­hän­gi­ge Erfolg der AfD, die star­ke Abhän­gig­keit der CDU-Ergeb­nis­se von der Zahl der Wahl­be­rech­tig­ten und umge­kehrt die flä­chen­de­ckend ange­stie­ge­nen grü­nen Wahl­er­geb­nis­se, die jedoch wei­ter­hin in grö­ße­ren Städ­ten deut­lich stär­ker aus­fal­len als auf dem Land.

Zum Ver­gleich 2006 und 2011 (Daten­quel­le ist jeweils die gemein­de­schar­fe CSV des Sta­tis­ti­schen Lan­des­am­tes, gemein­de­über­grei­fen­de Brief­wahl­be­zir­ke wer­den hier ignoriert):

Wahlergebnisse nach Gemeindegröße 2011 und 2006

Update: Hier noch ein­mal die grü­nen Ergeb­nis­se 2006, 2011 und 2016 nach Gemeindegröße:

Grüne Ergebnisse bei der Landtagswahl 2006, 2011 und 2016 im Vergleich

Wer wird dem 16. Landtag von Baden-Württemberg angehören?

Stormy green

Die Land­tags­wahl in Baden-Würt­tem­berg liegt jetzt auch schon wie­der zwei Wochen zurück, die ers­ten Gesprä­che zwi­schen den mög­li­chen Koali­ti­ons­part­nern GRÜNE und CDU haben statt­ge­fun­den, und ab 1. Mai läuft die Wahl­pe­ri­ode des 16. Land­tags von Baden-Würt­tem­berg und er wird sich offi­zi­ell kon­sti­tu­ie­ren. Anlass genug, um ein­mal der Fra­ge nach­zu­ge­hen, wer eigent­lich im zukünf­ti­gen Land­tag sit­zen wird. 

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Gelesen: Fifty Shades of Merkel

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Die Ex-Poli­ti­ke­rin (Pira­ten) und Poli­tik­wis­sen­schaft­le­rin Julia Schramm schreibt über – Ange­la Mer­kel. Das Ergeb­nis ist mehr Blog auf Papier als klas­si­sches Buch. Genau­er gesagt nähert sich Schramm dem Phä­no­men Mer­kel in Fif­ty Shades of Mer­kel (Hoff­mann & Cam­pe, 2016) in fünf­zig Vignet­ten an. Die behan­deln so dis­pa­ra­te The­men wie „Ucker­mark“, „Anden­pakt“, „Par­tei“, „Reli­gi­ons­un­ter­richt“, „Pflau­men­ku­chen“ oder „#Neu­land“, grob chro­no­lo­gisch geordnet.

Das Ergeb­nis – manch­mal etwas bou­le­var­desk, immer im locke­ren Info­tain­ment-Stil eines reich­wei­ten­star­ken Blogs gehal­ten, voll mit Netz­re­fe­ren­zen – kann sich durch­aus sehen las­sen. Es liest sich weg, und danach wirkt die Per­son Mer­kel ver­trau­ter. Viel­leicht sogar sym­pa­thi­scher. (Ein Nach­teil des For­mats: man­ches, etwa die Dar­stel­lun­gen der Beschimp­fun­gen Mer­kels im Netz, wie­der­holt sich. Wer das Buch „in einem Zug“ liest, merkt das.)

Wer sich dafür inter­es­siert, wie die Per­son Mer­kel aus­se­hen könn­te, wird hier fün­dig. Dabei gilt: Nicht alle Zuschrei­bun­gen, denen Schramm in den Fif­ty Shades nach­geht, wir­ken glei­cher­ma­ßen plau­si­bel. Mer­kel als „post­de­mo­kra­ti­sche Natio­nal­staats­ma­na­ge­rin“ (S. 101) oder als „Iro­nic Lady“ (S. 209) zu beschrei­ben, emp­fin­de ich als plau­si­bler als die „spi­ri­tu­el­le Leh­re­rin der Deut­schen“ (S. 157). Die „Mut­ter der Flücht­lin­ge“ fehlt dage­gen weit­ge­hend – Fluch der Tages­ak­tua­li­tät. Und ob Mer­kel als „Außen­sei­te­rin“ (S. 80) und „Nerd“ (S. 162) zutref­fend beschrie­ben ist, dar­über muss ich doch erst noch­mal nach­den­ken. Schön in die­sem Zusam­men­hang das Kapi­tel­chen zum „Han­dy“ (S. 175), Tele­fon und SMS als bewusst ange­eig­ne­te Macht­werk­zeu­ge der Kanzlerin.

Drei Leit­mo­ti­ve durch­zie­hen die ein­zel­nen Kapi­tel: Das gro­ße Schwei­gen (Mer­kels Sti­l­in­stru­ment, aber eben auch das immer wie­der geschil­der­te Pro­blem feh­len­der rede­be­rei­ter Quel­len – Schramm bezieht sich, von einem Aus­flug in die Ucker­mark abge­se­hen, rein auf Sekun­där­quel­len, Zei­tungs­ar­ti­kel, Netz­be­rich­te und diver­se Mer­kel-Inter­views und ‑Bücher). Geschlech­ter­ver­hält­nis­se (vom „Vater­mord“ und dem stra­te­gi­schen Aus­spie­len der CDU-Män­ner­cli­quen bis zum „Hosen­an­zug“ und den klei­ne­ren und grö­ße­ren Dis­kri­mi­nie­run­gen, die selbst gegen­über der der­zeit mäch­tigs­ten Frau der Welt fort­be­stehen; dem Buch ist anzu­mer­ken, dass Schramm hier­bei auf eine gefes­tig­te femi­nis­ti­sche Hal­tung zurück­grei­fen kann, die nicht beim bewusst ver­wen­de­ten „_“ in vie­len Per­so­nen­be­zeich­nun­gen auf­hört). Und die Per­spek­ti­ve auf Mer­kel aus Sicht der Netz­ge­ne­ra­ti­on. (Klei­ner Gim­mick am Ran­de: die Sei­ten­zah­len sind in –< >– ein­ge­fasst, also der Mer­kel-Rau­te in ASCII).

Das Buch zeich­net ins­ge­samt Mer­kel als Meis­te­rin der Stra­te­gie mit sym­pa­thi­schen Cha­rak­ter­zü­gen. Schramm lobt Mer­kel immer wie­der, betont posi­ti­ve Eigen­schaf­ten wie die Selbst­iro­nie, den Humor, das Spiel mit der Boden­stän­dig­kei­ten. Man­ches erscheint als Deu­tungs­ver­such in Rich­tung grün-schwarz. Die har­te Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit einem über wei­te Stre­cken klar neo­li­be­ra­len Kurs Mer­kels blitzt nur ganz ver­ein­zelt auf, etwa im Kapi­tel „Frei­heit“.

Letzt­lich blei­ben Fif­ty Shades of Mer­kel ergeb­nis­of­fen. Ein Urteil fällt Schramm nicht. Oder, um es sozi­al­wis­sen­schaft­li­cher aus­zu­drü­cken, auch wenn die Fif­ty Shades wohl eher als Poli­tain­ment gedacht sind: das Buch bleibt Zet­tel­kas­ten, bleibt Samm­lung von Memos mit ers­ten Ansät­zen zur Kate­go­rie­bil­dung, for­mu­liert aber – jeden­falls nicht expli­zit – kei­ne Theo­rie über Mer­kel. (In Groun­ded-Theo­ry-Begrif­fen: der Inte­gra­ti­ons­schritt fehlt). Aber viel­leicht bleibt es ja nicht dabei. 

War­um blog­ge ich das? Weil ich beim Ange­bot eines Rezen­si­ons­exem­plars nicht nein sagen konn­te. Und gera­de in Zei­ten, in denen allent­hal­ben über neue Koali­ti­ons­op­tio­nen gere­det wird, ist der facet­ten­rei­che Blick auf die Leit­wöl­fin der CDU nicht uninteressant.

Wahlaufruf

2016headerstilfrage

Am Sonn­tag kommt’s mal wie­der auf jede Stim­me an. Das ist leicht gesagt, stimmt dies­mal aber. Auch wenn die letz­te Umfra­ge von For­sa eine grün-rote Mehr­heit aus­weist, ist die­se noch längst nicht sicher. Der­zeit sehen die Zah­len noch so aus, dass weni­ge Pro­zent­punk­te dar­über ent­schei­den, wer Minis­ter­prä­si­dent wird: Ob Win­fried Kret­sch­mann MP bleibt, oder ob Gui­do Wolf zum Ober­blin­ker gemacht wird. 

Macht das einen Unter­schied? Defi­ni­tiv. Auf den Punkt gebracht geht’s dar­um, ob der Moder­ni­sie­rungs­kurs in Baden-Würt­tem­berg fort­ge­setzt wird, oder ob das Land wie­der bei Map­pus 2011 wei­ter­macht. Das ist nicht nur so dahin­ge­sagt, son­dern steht im Prin­zip im CDU-Pro­gramm. Auch Wolfs „Sofort­pro­gramm“ (wit­zi­ger­wei­se nicht vom CDU-Par­tei­tag beschlos­sen, son­dern nur von Herrn Wolf höchst­per­sön­lich ver­kün­det …) steht der kon­ser­va­ti­ve Roll­back drin: Stra­ßen­bau über alles statt Mobi­li­täts­ga­ran­tie, Aus für die Gemein­schafts­schu­le und zurück zur har­ten Selek­ti­on im Bil­dungs­sys­tem, Ende der öko­lo­gi­schen Moder­ni­sie­rung im länd­li­chen Raum, etwa im Jagd­ge­setz, und auch ein Zurück zur „Frau am Herd“ möch­te Wolf för­dern. (Ande­res in sei­nem Sofort­pro­gramm wird von uns übri­gens längst umge­setzt – etwa die Infor­ma­tik im Schul­un­ter­richt, steht im Bil­dungs­plan­ent­wurf, oder die Auf­sto­ckung des Per­so­nals bei der Poli­zei. Und auch das mit der poli­ti­schen Betei­li­gung von Frau­en kriegt Grün-Rot doch etwas bes­ser hin als die CDU, allen wohl­fei­len Ver­spre­chen des Herrn Kan­di­da­ten zum Trotz.)

2016wolfjpgBaden-Würt­tem­berg hat sich in den letz­ten fünf Jah­ren ver­än­dert. Das Land ist inno­va­ti­ver, offe­ner, moder­ner, öko­lo­gisch gewor­den. Oder genau­er: das Land war längst so weit – nur die Map­pus-CDU woll­te es lan­ge nicht wahr­ha­ben. Das heißt: Am 13. März geht es dar­um, ob die Fens­ter wie­der geschlos­sen wer­den, die Grün-Rot in Baden-Würt­tem­berg auf­ge­ris­sen hat. Das heißt, schlicht und ein­fach: Wer den neu­en Regie­rungs­stil und den grün-roten Moder­ni­sie­rungs­kurs bei­be­hal­ten will, muss am 13. März die Kandidat*innen der Grü­nen (oder zur Not die der SPD) wäh­len.