Wen wählen? (Teil II – Kommunalwahl)

Ein wenig anders als bei der Euro­pa­wahl sieht die Situa­ti­on für mich bei der Kom­mu­nal­wahl aus (wenn ich das rich­ti­ge sehe, ist es übri­gens die ers­te Kom­mu­nal­wahl, seit ich wäh­len darf, bei der ich nicht selbst kan­di­die­re – 1994 und 1999 in Gun­del­fin­gen, 2004 irgend­wo im hin­te­ren Bereich der Frei­bur­ger Lis­te von Bünd­nis 90/Die Grü­nen). Viel­leicht trägt das mit dazu bei, dass ich mir mehr Gedan­ken über mei­ne Stimm­ab­ga­be mache als in den Jah­ren zuvor.

Hier in Baden-Würt­tem­berg fin­den also, wie auch in eini­gen ande­ren Bun­des­län­dern, zeit­gleich mit der Euro­pa­wahl Kom­mu­nal­wah­len statt. Außer­dem ist Baden-Würt­tem­berg das Bun­des­land, das bei Kom­mu­nal­wah­len schon immer Kumu­lie­ren (bis zu drei Stim­men pro Kan­di­da­tIn) und Pana­schie­ren (Wäh­len von Kan­di­da­tIn­nen meh­re­rer Lis­ten) erlaubt. Gleich­zei­tig gibt es kei­ne Fünf-Pro­zent-Hür­de. Das macht das Wäh­len etwas kom­pli­zier­ter, und führt auch dazu, dass die Stimm­zet­tel den Wäh­le­rIn­nen bereits im Vor­feld zuge­schickt werden.

Breisgau-Hochschwarzwald

Im Land­kreis Breis­gau-Hoch­schwarz­wald, wo ich im grü­nen Kreis­vor­stand bin, ist die Situa­ti­on im Prin­zip ein­fach: für die Kreis­tags­wahl tritt in jedem Wahl­kreis eine grü­ne Lis­te an. Der­zeit besteht die grü­ne Frak­ti­on aus neun Per­so­nen (13,7 %), das ist unge­fähr die Grö­ßen­ord­nung, die ich auch bei die­ser Wahl erwar­te. Das heißt auch, dass pro Kreis­tags­wahl­kreis unge­fähr eine grü­ne Per­son Chan­cen hat, in den Kreis­tag zu kom­men – häu­fig die auf Platz 1 plat­zier­te. Mehr zu den inhalt­li­chen Zie­len steht im Kreis­tags­wahl­pro­gramm.

Etwas kom­pli­zier­ter sind schon die Gemein­de­rats­wah­len. In zehn der fünf­zig Kreis­ge­mein­den tre­ten wasch­ech­te grü­ne Lis­ten an. Dane­ben gibt es in ande­ren Gemein­den noch fünf mehr oder weni­ger grün-nahe Lis­ten. Etwas mehr als die Hälf­te der Kreis­be­völ­ke­rung wohnt in die­sen ins­ge­samt fünf­zehn – zumeist grö­ße­ren – Gemein­den und kann damit grün wäh­len. In den übri­gen Orten gibt es ent­we­der kei­ne Grü­nen, oder es tre­ten teil­wei­se sogar über­haupt kei­ne Par­tei­lis­ten an, son­dern nur „neue“ und „alte“ Bür­ger­lis­ten, Freie Wäh­ler gegen die Freie Wahl­ver­ei­ni­gung usw.

Freiburg

Nun zur Situa­ti­on in Frei­burg, die mich direkt betrifft, da ich in Frei­burg lebe und damit dort stimm­be­rech­tigt bin. Der Luxus der Qual der Wahl ist hier um ein Viel­fa­ches grö­ßer. Wie bereits an ande­rer Stel­le berich­tet, kan­di­die­ren hier elf Lis­ten, dar­un­ter neben Bünd­nis 90/Die Grü­nen und der GAF eini­ge wei­te­re, die einem wei­ter gefasst links-alter­na­tiv-grü­nen Spek­trum zuzu­rech­nen sind. Hier gibt es nicht die bei­den Ebe­nen Kreis­tag und Gemein­de­rat, son­dern – da Frei­burg eine kreis­freie Stadt ist – nur den mit 48 Sit­zen deut­lich grö­ße­ren Gemein­de­rat (und in eini­gen ein­ge­mein­de­ten Orten noch Ort­schafts­rä­te). Ins­ge­samt kön­nen also 48 Stim­men ver­ge­ben werden.

Green bug

Als gutes grü­nes Par­tei­mit­glied soll­te ich jetzt eigent­lich ein­fach mein Kreuz bei Bünd­nis 90/Die Grü­nen machen und damit die von der Mit­glie­der­ver­samm­lung auf­ge­stell­te Lis­te bestä­ti­gen. Die gefällt mir aber aus eini­gen Grün­den nicht in ihrer Gesamt­heit. Kei­ne Sor­ge: den über­wie­gen­den Teil mei­ner Stim­men will ich trotz­dem Bünd­nis 90/Die Grü­nen geben. Nicht nur, weil hier von allen Sei­ten aner­kannt die meis­ten inhalt­lich rich­tig fit­ten Fach­po­li­ti­ke­rIn­nen drauf ste­hen, son­dern auch, weil ich mit den Grund­zü­gen grü­ner Poli­tik in Frei­burg ja durch­aus zufrie­den bin. Mehr zur Lis­te und zum Pro­gramm steht im übri­gen auf der Wahl­web­site „Grün wirkt“ des Frei­bur­ger Kreis­ver­ban­des.

Gleich­zei­tig gibt es jedoch eini­ges an der grü­nen Kom­mu­nal­po­li­tik der letz­ten Jah­re, was mir nicht gefällt. Dazu gehört ins­be­son­de­re die „schwarz-grü­ne Alli­anz“ aus CDU, Grü­nen und Frei­en Wäh­lern. Ich hal­te es prin­zi­pi­ell für falsch, in Kom­mu­nal­par­la­men­ten Fron­ten­po­li­tik mit fes­ten Koali­tio­nen zu machen, und die­se Front hal­te ich hier weder für not­wen­dig noch für rich­tig. Ich bin über­zeugt davon, dass es der Stadt gut tut, wenn mehr Ent­schei­dun­gen lis­ten­über­grei­fend und in wech­seln­den Kon­stel­la­tio­nen fal­len. Und nicht zuletzt ver­mis­se ich in der aktu­el­len grü­nen Rats­ar­beit auch ein biß­chen Schwung. Ich hät­te mir des­we­gen gewünscht, dass es auf der grü­nen Lis­te selbst zu mehr „Fri­sche“ kommt. 

Das ist jetzt nicht so. Des­we­gen pla­ne ich – für die, die schon län­ger in die­sem Blog mit­le­sen, sicher kei­ne gro­ße Über­ra­schung – einen Teil mei­ner Stim­men der GAF geben. Neben den gene­rel­len Über­le­gun­gen bezüg­lich der Not­wen­dig­keit inner­grü­ner Oppo­si­ti­on trägt sicher auch dazu bei, dass mir etwa ein Fünf­tel der Kan­di­da­tIn­nen der GAF per­sön­lich bekannt ist – vor allem aus mei­ner Zeit beim u‑asta bzw. aus uni­ver­si­tä­ren Zusam­men­hän­gen. Da weiss ich ziem­lich gut, was ich von wem erwar­ten kann.

Nicht zuletzt hof­fe ich bei allen per­sön­li­chen Dis­so­nan­zen zwi­schen dem Per­so­nal von Bünd­nis 90/Die Grü­nen und dem der GAF doch dar­auf, dass es eine ins­ge­samt star­ke grü­ne Prä­senz im Stadt­rat geben wird – und dass eine grün-grü­ne (und ins­ge­samt par­tei­über­grei­fen­de) Zusam­men­ar­beit in Sach­fra­gen mög­lich sein wird. 

Damit kom­me ich zu den eher wahl­tech­ni­schen Über­le­gun­gen. Wenn ich mei­ne 48 Stim­men auf maxi­ma­len Effekt hin bün­deln möch­te, kann ich 16 Mal drei Stim­men ver­ge­ben. Ich könn­te die jetzt ein­fach auf die 16 Per­so­nen ver­ge­ben, die ich – auf den grü­nen Lis­ten – am liebs­ten im Gemein­de­rat sit­zen haben wollte.

Inso­fern das aber durch­aus auch Leu­te im hin­te­ren Bereich der Lis­ten sind, fra­ge ich mich, wie wich­tig es bei die­ser Wahl ist, „stra­te­gisch“ zu wäh­len. Oder anders gesagt – die in Teil I auf­ge­führ­ten Über­le­gun­gen zu Kleinst­par­tei­en bei der Euro­pa­wahl über­tra­gen auf die baden-würt­tem­ber­gi­sche Kom­mu­nal­wahl besa­gen so in etwa: Du sollst nur Leu­te wäh­len, denen du auch eine reel­le Chan­ce ein­räumst, von ande­ren gewählt zu wer­den, wenn du mit dei­ner Stim­me nicht die auf der Lis­te mit­wäh­len willst, die du nicht wäh­len willst. Oder?

War­um blog­ge ich das? Als Teil mei­nes Ent­schei­dungs­fin­dungs­pro­zes­ses, wie ich mei­ne 48 Stim­men denn nun tat­säch­lich ver­tei­le. Mit­le­sen­de Kan­di­da­tIn­nen etc. dür­fen auch ger­ne noch für sich Wer­bung machen – viel­leicht bringt mich eine der antre­ten­den Lis­ten ja auch noch dazu, sie kom­plett zu unterstützen.

Wen wählen? (Teil I – Europa)

Bei der Euro­pa­wahl jetzt am Sonn­tag ist es rela­tiv ein­fach. Zwar tre­ten unge­fähr drei­ßig Par­tei­en zur Wahl an, aber „dank“ der bun­des­wei­ten Fünf-Pro­zent-Hür­de redu­ziert sich die Aus­wahl der Par­tei­en, die Chan­cen haben, Sit­ze zu errin­gen, beträcht­lich. 2004 ent­sprach die Fünf-Pro­zent-Hür­de bei­spiels­wei­se etwa 1,3 Mio. Stim­men. In ande­ren Län­dern mag es – z.B. bezüg­lich der Pira­ten­par­tei – anders aus­se­hen, aber wer in Deutsch­land möch­te, dass sei­ne oder ihre Stim­me nicht nur zur Par­tei­en­fi­nan­zie­rung bei­trägt, son­dern mit dar­über ent­schei­det, wie das euro­päi­sche Par­la­ment zusam­men­ge­setzt ist, muss eine der eta­blier­ten Par­tei­en wählen. 

Neben­bei bemerkt: bei der ers­ten Euro­pa­wahl 1979 kamen die Grü­nen – damals noch als „Sons­ti­ge poli­ti­sche Ver­ei­ni­gung“, die Par­tei­en­grün­dung erfolg­te erst ein Jahr spä­ter – aus dem Stand her­aus auf 3,2 %. Das wird von Anhän­ge­rIn­nen der Pira­ten ger­ne als Indiz dafür genom­men, dass der Weg ins euro­päi­sche Par­la­ment mög­lich ist. Aber ers­tens schaff­ten es selbst die Grü­nen erst fünf Jah­re spä­ter, zwei­tens stand damals wohl, soweit ich zeit­ge­nös­si­sche Berich­te und Erzäh­lun­gen ken­ne, noch viel stär­ker als heu­te hin­sicht­lich der Netz­po­li­tik eine brei­te öffent­li­che Stim­mung in Rich­tung „Unzu­frie­den­heit mit den eta­blier­ten Par­tei­en“, Umwelt­schutz und sozia­le Bewe­gun­gen. Bei aller Begeis­te­rung ein­zel­ner über die dezen­tra­le Kam­pa­gnen­fä­hig­keit der Pira­ten­par­tei glau­be ich des­we­gen nicht, dass Geschich­te sich wie­der­holt (auch nicht als Farce).

Aber ich schwei­fe ab. Zurück zur Fra­ge „Wen wäh­len?“. Zur „Aus­wahl“ ste­hen bei mir jetzt also noch Bünd­nis 90/Die Grü­nen, CDU, CSU (die wohl lei­der über die Fünf-Pro­zent-Hür­de kom­men wer­den), DIE LINKE, FDP (wäre ja schön, wenn der Koch-Mehrin-Skan­dal ein biß­chen dazu bei­trägt, die FDP-Höhen­flü­ge abzu­dämp­fen) und SPD. 

Aus­wahl in Anfüh­rungs­zei­chen, weil ich als Par­tei­mit­glied der Grü­nen hier natür­lich nicht lan­ge über­le­gen muss. Ich bin mit unse­rem „Green New Deal für Euro­pa“ eben­so wie mit unse­rer Lis­te sehr zufrie­den (und WUMS etc. fin­de ich auch klas­se). Die­se Über­ein­stim­mung bestä­tigt auch der Wahl-o-mat, der zwar bei mir für „DIE FRAUEN“ noch ein klein wenig mehr an Über­ein­stim­mung aus­spuckt, aber s.o. zum The­ma Kleinst­par­tei­en. Und dass unse­re Lis­te sich in Euro­pa für Gleich­be­rech­ti­gung und Geschlech­ter­ge­rech­tig­keit stark machen wird, steht für mich außer Frage. 

Aus einer etwas unab­hän­gi­ge­ren Per­spek­ti­ve kommt übri­gens heu­te die Redak­ti­on der Finan­cial Times Deutsch­land zu der sel­ben Wahl­emp­feh­lung für die Euro­pa­wahl – unter ande­rem des­we­gen, weil wir „nicht nur das längs­te, son­dern auch das aus­ge­feil­tes­te Pro­gramm“ haben und kon­kre­te Pro­jek­te vor­schla­gen, wo ande­re mit Mer­kel WIR­ren, auf schö­ne Gesich­ter set­zen oder vor allem sagen, wen sie nicht mögen. Wer noch Fra­gen zum grü­nen Euro­pa­wahl hat, kann die­se übri­gens ab sofort bei der Akti­on „3 Tage wach“ der grü­nen Bun­des­ge­schäfts­stel­le loswerden. 

Also: alles klar für Euro­pa, mein Kreuz bei grün (irgend­wo oben auf dem angeb­lich einen Meter lan­gen Stimm­zet­tel). Ein wenig anders sieht die Situa­ti­on für die Kom­mu­na­wahl aus. Dazu mehr in Teil II.

War­um blog­ge ich das? Teils als Wahl­emp­feh­lung, teils als Ein­blick in das Innen­le­ben eines Parteimitglieds.

Nach­trag: Eine Über­sicht über das Euro­pa-Wahl­recht in den ein­zel­nen EU-Staa­ten fin­det sich bei wahlrecht.de.

Nach­trag 2: Hier noch der „Offe­ne Brief“ – an SPD­le­rIn­nen, Nicht­wäh­le­rIn­nen, Bay­ern und Ange­la Mer­kel – unse­res Spit­zen­kan­di­da­tens Rein­hard Büti­ko­fer. Abso­lut lesenswert!

Lauer Wahlkampf!?

Street treesBei dem „Grü­nen Frei­burg“ war der laue Sonn­tag­abend­wahl­kampf nur ein Gram­ma­tik­feh­ler. Die Badi­sche Zei­tung hin­ge­gen meint es ernst, wenn sie (ich mei­ne, zum wie­der­hol­ten Male?) die The­se äußert, dass dem Kom­mu­nal­wahl­kampf in Frei­burg der Pfef­fer fehlt. Andern­orts – z.B. in den Kom­men­ta­ren zu mei­nem Bei­trag hier – geht es dage­gen rich­tig zur Sache. Trotz­dem trifft die BZ mein Bauch­ge­fühl, dass sich so unge­fähr in die The­se: „nicht die Wäh­le­rIn­nen sind poli­tik­ver­dros­sen, son­dern vie­le Par­tei­en und Lis­ten sind wahl­ver­dros­sen (oder wäh­le­rIn­nen­ver­dros­sen)“ packen lässt. 

Wie­so ist das so? Ich habe dazu zwei­ein­halb Vermutungen:

1. Die Pfingst­fe­ri­en­the­se: die letz­ten bei­den Wahl­kampf­wo­chen lie­gen völ­lig unprak­ti­scher­wei­se in den Pfingst­fe­ri­en. Das hat nicht nur zahl­rei­che Brief­wahl­auf­ru­fe pro­du­ziert, son­dern mag zu einem Teil dazu bei­tra­gen, dass die eh schon schwa­che und schwie­ri­ge Mobi­li­sie­rung für Kom­mu­nal- und Euro­pa­wahl noch schlep­pen­der von­stat­ten geht als sonst. Ein­schät­zung: Hin­der­nis, aber nicht der Haupt­grund für die feh­len­de Schärfe.

2. Die Dif­fe­ren­zie­rungs­fehl­schlags­the­se: zu vie­le Lis­ten kön­nen nicht so rich­tig erklä­ren, wo eigent­lich die gro­ßen Unter­schie­de und die gro­ßen Allein­stel­lungs­the­men lie­gen (vgl. auch die Frak­ti­ons­sei­te im letz­ten Amts­blatt). Zudem feh­len zug­kräf­ti­ge Per­sön­lich­kei­ten. Im Ergeb­nis: gro­ßer Brei, und kei­ne Lust, sich als wei­te­rer Koch zu betä­ti­gen. Wun­dert mich aller­dings inso­fern ein biß­chen, als vor dem Wahl­kampf weit­aus hef­ti­ger um Stim­men und The­men gestrit­ten wur­de. Viel­leicht fehlt – und da wäre natür­lich die Badi­sche Zei­tung ange­spro­chen, die selbst nicht immer das bes­te Bild im Wahl­kampf abgibt – eine Instanz, die es schafft, die exis­tie­ren­den Kon­tro­ver­sen zu sor­tie­ren. So füh­le ich mich als poli­tisch inter­es­sier­ter Wäh­ler doch ein biß­chen allein­ge­las­sen mit 11 x 48 EinzelkandidatInnen. 

2.5. Schließ­lich: Die „Die-die-müssten-sind-müde“-These: da den­ke ich vor allem an mei­ne eige­ne Par­tei. Ich will nie­mand von der Lis­te (und drum­her­um) abspre­chen, enga­giert Wahl­kampf zu machen. Ich ken­ne sogar eini­ge Grü­ne, die das sehr enga­giert tun, und denen anzu­mer­ken ist, dass sie Spaß dran haben, und auch Spaß dran hät­ten, in den Gemein­de­rat ein­zu­zie­hen. Bei zu vie­len Kan­di­da­tIn­nen ist mein Ein­druck aber tat­säch­lich der einer gewis­sen Mut­lo­sig­keit; der Wahl­kampf wird zur Pflicht­übung, anders­lau­ten­de Mei­nung wer­den nicht als Her­aus­for­de­rung zur Über­zeu­gung gese­hen, über­haupt: The­men und Pro­gram­me sind weit­aus weni­ger inter­es­sant als der Klas­sen-Macht­er­halt. Das mag auch etwas mit den schwarz-grü­nen Lie­be­lei­en, mit dem Kurs des Bür­ger­meis­ters und mit einer damit ver­bun­de­nen gewis­sen Zahn­lo­sig­keit der Frak­ti­on zu tun haben.

Wenn die­se Dia­gno­se zutrifft, ist das scha­de – Frei­burg hat kämp­fe­ri­sche­re Grü­ne ver­dient. Um es deut­lich zu sagen: Damit will ich nicht zur Wahl von Kon­kur­renz­lis­ten auf­ru­fen – bei denen auch nicht alles grün ist, was glänzt -, son­dern dazu, die Vor­zü­ge des baden-würt­tem­ber­gi­schen Kom­mu­nal­wahl­rechts zu nut­zen und sich genau zu über­le­gen, wer auf der Lis­te für span­nen­de und bür­ger­na­he Poli­tik steht – und wer nicht. 

War­um blog­ge ich das? Ich habe ein biß­chen über­legt, ob ich so einen Bei­trag über­haupt vor der Wahl ver­öf­fent­li­chen darf. Aber jetzt ist das The­ma heiß – und muss wohl auch nach der Wahl noch dis­ku­tiert wer­den. Wenn Wahl­kampf nicht zur Show­ver­an­stal­tung ver­kommt, muss die­se Reflek­ti­ons­ebe­ne erlaubt sein. Falls sich jemand per­sön­lich ange­spro­chen fühlt: mir geht’s nicht um die Zahl der besuch­ten Podi­ums­dis­kus­sio­nen, son­dern um sowas wie „Hal­tung“. Und da sehe ich halt tat­säch­lich ganz unter­schied­li­che Her­an­ge­hens­wei­sen an die Bür­ge­rIn­nen – nicht nur bei Grüns, son­dern bei allen Lis­ten. Das wür­de ich ger­ne the­ma­ti­sie­ren. Und hof­fe, hier­mit einen Anstoss dafür zu geben.

Kurz: GAF findet Skandal, Themen leiden

An Bünd­nis 90/Die Grü­nen in Frei­burg gibt es eini­ges zu kri­ti­sie­ren. Eigent­lich auch kein Wun­der: Groß­frak­ti­on und Regie­rungs­par­tei, rich­tig vie­le Mit­glie­der – dass das Han­deln der Par­tei dann nicht immer allen gefällt, geht wohl gar nicht anders. Die Grü­nen-Abspal­tung GAF hat die­sen Dis­sens zum Pro­gramm und tritt mit einer eige­nen Lis­te an. Ange­sichts der Band­brei­te „grü­ner“ Per­so­nen und Pro­jek­te in Frei­burg ist die­ser Schritt durch­aus nach­voll­zieh­bar. Dass die GAF-Pla­ka­te kei­ne eige­nen Inhal­te ken­nen, son­dern nur die Grü­nen-Kri­tik vor­an­trei­ben – geschenkt, und beim ers­ten Lesen auch ganz wit­zig. Immer­hin sind auf den zwei bis drei Web­sites der Lis­te doch eine gan­ze Rei­he kon­kre­ter The­men zu fin­den. Bis­her war mei­ne Posi­ti­on des­we­gen immer, dass es einer Stadt wie Frei­burg eigent­lich nur gut tun kann, wenn grü­ne und links-alter­na­ti­ve The­men viel­fäl­tig debat­tiert wer­den, und eben nicht nur aus der manch­mal ein­ge­schränk­ten Sicht einer eng in die Stadt­re­gie­rung ein­ge­bun­de­nen grü­nen Partei.

Jetzt hat die GAF jedoch eine Pres­se­mit­tei­lung ver­öf­fent­licht, die mich ziem­lich ärgert. Es geht dabei um Dis­kus­si­ons­run­den des loka­len Alter­na­tiv­sen­ders Radio Dreyeck­land. An denen angeb­lich Grü­ne nur des­we­gen nicht teil­nah­men, weil sie nicht mit der GAF dis­ku­tie­ren woll­ten. Was, soweit mir bekannt ist, nur ein Bruch­teil der Wahr­heit aus­macht. Es mag auf Ein­zel­per­so­nen zutref­fen, dass die Wun­den des Frak­ti­ons­aus­ein­an­der­bre­chens noch nicht ver­schorft sind. Das betrifft aber nicht alle RDL-Dis­kus­si­ons­ter­mi­ne, son­dern einen ein­zel­nen Ter­min. Ande­re schei­ter­ten wohl schlicht an Per­so­nal­man­gel, kurz­fris­ti­ger Anbe­raumung und krank­heits­be­ding­ter Absa­ge. Bedau­er­lich, aber kein Grund für einen Möchtegern-Skandal!

Die­ses Skan­da­li­sie­ren hal­te ich für unred­lich. Es bringt auch kei­ne Sym­pa­thien – nicht zuletzt vor dem Hin­ter­grund, dass das baden-würt­tem­ber­gi­sche Kom­mu­nal­wahl­recht es ja durch­aus zulässt, Grü­ne ver­schie­de­ner Lis­ten zu wäh­len. Auch des­we­gen betrach­te ich den Frei­bur­ger Wahl­kampf wei­ter­hin gespannt – und bit­te alle Betei­lig­ten dar­um, the­ma­ti­sche Akzen­te zu set­zen, statt sich hin­ter Stil­fra­gen zu verstecken.