Welches Grün hätten’s denn gern?

Division by zero

Nach der Som­mer­pau­se geht’s mit der Poli­tik wei­ter. Die Bun­des­tags­wahl 2017 zieht am Hori­zont auf. Und weil Bünd­nis 90/Die Grü­nen eine betei­li­gungs­ori­en­tier­te Par­tei sind, gibt es – wie bereits 2013, aber mit deut­lich ver­schärf­tem Regle­ment, um Spaß- und Rand­kan­di­da­tu­ren aus­zu­sie­ben – auch die­ses Jahr wie­der eine Urwahl der Spitzenkandidat*innen für die Bundestagswahl. 

Jetzt könn­te ange­fan­gen wer­den, dar­über zu läs­tern, dass Spit­zen­kan­di­da­tu­ren für eine Par­tei, die im Bund anders als in Baden-Würt­tem­berg ver­mut­lich nicht in die Ver­le­gen­heit kom­men wird, den Kanz­ler oder die Kanz­le­rin zu stel­len, nur bedingt wich­tig sind. Jein, denn mit den Per­so­nen ist doch auch eine Rich­tungs­ent­schei­dung verbunden. 

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Kurz: Haltung heißt inhaltliche Eigenständigkeit

Annett Mei­ritz wirft uns Grü­nen bei SpOn Oppor­tu­nis­mus vor. Hal­tung hie­ße, sich klar auf Schwarz-Grün oder auf Rot-Rot-Grün fest­zu­le­gen. Aus mei­ner Sicht ist das ein komi­sches Ver­ständ­nis von Hal­tung. Ich wür­de die immer inhalt­lich und nicht koali­ti­ons­arith­me­tisch definieren.

Grü­ne Eigen­stän­dig­keit heißt für mich, inhalt­li­che Pro­jek­te und Zie­le zu defi­nie­ren und dann zu schau­en, wie und in wel­cher Kon­stel­la­ti­on die­se umge­setzt wer­den kön­nen. Einem Wackel­da­ckel wie Gabri­el Lehen­streue zu schwö­ren, hilft dage­gen nicht.

Lasst uns dar­über strei­ten, was unse­re grü­nen Pro­jek­te sind, um damit dann geschlos­sen in den Bun­des­tags­wahl­kampf zu zie­hen, statt in die Fal­le zu tre­ten, end­lo­se Debat­ten über mög­li­che und unmög­li­che Koali­ti­ons­op­tio­nen zu führen.

Kurz: Geschlechtergerechte Tweets auch im Südwesten

Die gest­ri­ge Regie­rungs­er­klä­rung „Baden-Würt­tem­berg gestal­ten: Ver­läss­lich. Nach­hal­tig. Inno­va­tiv.“, in der Minis­ter­prä­si­dent Kret­sch­mann die Leit­li­ni­en der grün-schwar­zen Poli­tik der nächs­ten Jah­re dar­leg­te – u.a. mit Schwer­punk­ten in den Berei­chen der Inno­va­ti­on und Digi­ta­li­sie­rung (auch in Bezug auf Hoch­schu­len), des gesell­schaft­li­chen Zusam­men­halt sowie der öko­lo­gi­schen Nach­hal­tig­keit – hat mir sehr gut gefal­len. Anders als die SPD emp­fand ich die Rede durch­aus als zukunfts­wei­send – und im übri­gen auch als recht kon­kret. Aber viel­leicht liegt’s auch dar­an, dass ich den Koali­ti­ons­ver­trag ken­ne und weiß, auf wel­che ganz Vor­ha­ben der eine oder ande­re Satz abzielte.

Wie dem auch sei: die Regie­rungs­er­klä­rung wur­de durch das Social-Media-Team der Lan­des­re­gie­rung BW inten­siv auf Twit­ter beglei­tet. Das ist, wie immer, sehr begrü­ßens­wert. Dass dabei geschlech­ter­ge­rech­te Spra­che ver­wen­det wird, fin­de ich rich­tig. (Übri­gens schreibt die Anla­ge 1 zur „VwV Rege­lun­gen“ in Punkt 1.6.5 vor, dass Geset­ze und Ver­wal­tungs­vor­schrif­ten in geschlech­ter­ge­rech­ter Spra­che abge­fasst wer­den sol­len – aller­dings nicht mit For­men wie dem Binnen‑I oder dem que­er-inklu­si­ven *, son­dern als Dop­pel­nen­nun­gen oder durch die Ver­wen­dung geschlechts­neu­tra­ler Begrif­fe und Wen­dun­gen.) Gera­de ange­sichts der 140-Zei­chen-Gren­ze für Tweets fin­de ich es völ­lig nach­voll­zieh­bar, dass das Social-Media-Team der Lan­des­re­gie­rung kei­ne aus­führ­li­chen For­men, son­dern hier eben den Gen­der-Star ein­ge­setzt hat. Zum Bei­spiel im Wort „Bürger*innen“.

2016genderstar

Dem Koali­ti­ons­part­ner scheint das aller­dings zu miss­fal­len. Ok, viel­leicht gehört es zu einer Kom­ple­men­tär­ko­ali­ti­on, dass die eine Regie­rungs­part­ne­rin gen­dert und die ande­re nicht. Und wenn die CDU Baden-Würt­tem­berg (also hier: der offi­zi­el­le Account der Lan­des­par­tei) das Staats­mi­nis­te­ri­um dar­auf hät­te hin­wei­sen wol­len, dass sie mit dem Stern­chen frem­delt, hät­te es dafür sicher ande­re Wege gege­ben. Die twit­ter­öf­fent­li­che und wenig takt­vol­le Unter­las­sungs­auf­for­de­rung erscheint mir jeden­falls eher kon­tra­pro­duk­tiv. Und wur­de von der Oppo­si­ti­on (SPD mit pas­sen­dem „Popcorn“-GIF wie AfD reagier­ten) und der bun­des­wei­ten Pres­se ger­ne auf­ge­grif­fen. Nun ja. Soweit ich infor­miert bin, gehört die Öffent­lich­keits­ar­beit des Staats­mi­nis­te­ri­ums nicht zu den im Koali­ti­ons­ver­trag ver­ein­bar­ten Abspra­chen. Wir wer­den sehen, wie die lan­des­po­li­ti­sche Selbst­ver­ständ­lich­keit, Bür­ge­rin­nen und Bür­ger glei­cher­ma­ßen in die Kom­mu­ni­ka­ti­on ein­zu­be­zie­hen, zukünf­tig umge­setzt wer­den wird.

Optimistische Politik statt AfD: Lasst uns mehr Star Trek wagen

Wind power with rainbow

Bei der Prä­si­dent­schafts­wahl in Öster­reich wur­de ein FPÖ-Prä­si­dent Hofer nur knapp ver­hin­dert, mit 50,3 Pro­zent der Stim­men set­ze sich der Grü­ne Alex­an­der Van der Bel­len am Schluss, nach Aus­zäh­lung der Brief­wahl­stim­men, doch noch durch. Die Trenn­li­ni­en lie­gen dabei ähn­lich wie auch bei der Wäh­ler­schaft der AfD: (jun­ge) Män­ner, for­mal weni­ger Gebil­de­te, Land statt Stadt, nied­ri­ger Aus­län­der­an­teil – das sind alles Fak­to­ren, die eine rech­te Wahl wahr­schein­li­cher machen.
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Kleiner Hinweis dazu, warum das mit dem Frauenanteil im grün-schwarzen Kabinett nicht ganz so einfach ist, und warum 2016 trotzdem ein Erfolg ist

Ges­tern hat Win­fried Kret­sch­mann mit Tho­mas Strobl die Minister*innen und Staatssekretär*innen für das ers­te grün-schwar­ze Kabi­nett vor­ge­stellt. Und gleich hieß es: die For­de­rung, die Hälf­te der Macht im Kabi­nett den Frau­en zu geben, sei mal wie­der ver­fehlt wor­den. Dabei zeigt sich, wie wich­tig es für der­ar­ti­ge Aus­sa­gen ist, vor­her die Sys­tem­gren­zen fest­zu­le­gen. Denn je nach­dem, wie hier gezählt, und wer alles berück­sich­tigt wird, sieht’s ganz unter­schied­lich aus. 

Dazu ist es zunächst ein­mal wich­tig, fest­zu­hal­ten, dass es in Baden-Würt­tem­berg eine gan­ze Rei­he unter­schied­li­cher Regie­rungs­äm­ter gibt: den Minis­ter­prä­si­den­ten bzw. die Minis­ter­prä­si­den­tin, Minister*innen, ehren­amt­li­che Staatsrät*innen, Staatssekretär*innen mit Stimm­recht im Kabi­nett, „poli­ti­sche“ Staatssekretär*innen ohne Stimm­recht im Kabi­nett, bis 2016 auch Staatsminister*innen (also Minister*innen im Staats­mi­nis­te­ri­um), den Chef (oder die Che­fin) der Staats­kanz­lei und schließ­lich die Amts­chefs der Häu­ser (Ministerialdirektor*innen, kurz: MDs). Dann gibt es wei­te­re her­aus­ge­ho­be­ne Pos­ten – die (Vize-)Präsident*innen des Land­tags und die Frak­ti­ons­vor­sit­zen­den der Regie­rungs­frak­tio­nen. Die­ses Tableau – mehr oder weni­ger eng zuge­schnit­ten – ist es, um das es hier geht. Wenn nur die Minister*innen betrach­tet wer­den, fällt die Ant­wort auf die Quo­tie­rungs­fra­ge anders aus als bei einer Berück­sich­ti­gung aller Per­so­nen mit Stimm­recht im Kabi­nett oder aller Minister*innen, Staatsrät*innen und Staatssekretär*innen.

Das sieht dann so aus: