In Kürze – am 15. April – endet der Betrieb der letzten drei kommerziellen Atomkraftwerke in Deutschland, und damit auch die Verlängerung der Laufzeit aufgrund der Befürchtung der FDP, dass der in den drei AKW produzierte Strom für den Winter gebraucht würde.
In den letzten Tagen werden anlässlich dieses Datums nicht nur Atomausstiegspartys angekündigt, sondern insbesondere seitens der Union – und der FDP – Pläne in den Raum geworfen, die Laufzeit der AKW doch noch einmal zu verlängern. Unabhängig davon, dass eine solche Salamitaktik (seitens der FDP) politisch eher unanständig ist, und dass es auch die CDU mit einer 180°-Wende 2011 war, die den Pfad zum Ausstieg eingeleitet hat, finde ich diese Forderungen auch deswegen bemerkenswert, weil das halt gar nicht so einfach möglich ist. Das wurde ja schon im Herbst intensiv diskutiert – es müssten neue Brennelemente (aus Russland) beschafft werden, Sicherheitsüberprüfungen müssten durchgeführt werden, die Betreiber müssten wirtschaftliche Entscheidungen fällen (Leute wieder einstellen, Pläne umwerfen usw. …).
Kurz: mit dem Kanzlermachtwort und dem Datum 15. April wurde eine Maschinerie in Gang gesetzt, die nicht einfach gestoppt werden kann. Das wissen auch die Politiker*innen aus FDP und Union, die jetzt lautstark für den erneuten Ausstieg aus dem Ausstieg plädieren. Und das ist insgesamt bedauerlich, weil letztlich Symptom für eine wenig an Realitäten und stark an Symbolen und – sagen wir – politischem Theater interessierte Haltung. Und die brauchen wir nicht, jetzt noch weniger als sonst.
Und das Klima? Neben der Tatsache, dass die FDP das Argument Klima bei anderen Fragen gar nicht gerne hört, also zum Beispiel beim sofort und ohne Probleme auch umkehrbar einführbaren Tempolimit, haben AKW durch die Blockade knapper Netzkapazitäten – da nicht flexibel schaltbar – eher dazu beigetragen, den Ausbau erneuerbarer Energien klein zu halten. Von den Fragen der systemischen Betrachtung (Uranabbau, Bau großer Kraftwerke, …) mal ganz abgesehen. Und zudem haben wir erst letztes Jahr gelernt, dass AKWs mit klimabedingten Niedrigwasserständen nicht gut klarkommen, siehe Frankreich. Insofern bin ich mir sehr sicher, dass die allermeisten, die jetzt auf das Klima verweisen, das eher als vorgeschobenes Argument nutzen. (Mal ganz abgesehen davon, dass jenseits der Klimafrage AKW halt weiterhin nicht unbedingt die risikoärmste Technologie sind; das betrifft sowohl die Abhängigkeit von Russland als auch das bis heute fehlende Endlager in Deutschland, von GAUs gar nicht erst zu sprechen …).
Der politische Pfad, aus der Atomkraft auszusteigen, wurde vor Jahrzehnten eingeschlagen und hat zu Anpassungsleistungen geführt, an deren Ende jetzt die Abschaltung der letzten AKW und der langwierige Rückbauprozess steht. Gleichzeitig aus Kohle und Gas auszusteigen, ist ambitioniert, aber machbar. Und das hinzukriegen, ist jetzt unsere Aufgabe. Debatten über AKW immer wieder neu aufzumachen, hilft dabei niemandem. Diese Zeit geht in Deutschland jetzt zu Ende. Und jetzt auf neue AKW (oder die irgendwann perspektivisch am Horizont aufscheinende 50-Jahre-Technologie Kernfusion) zu setzen, kommt zu spät.
Ich kann mir andere Realitäten vorstellen, in denen der Technologiepfad hin zu einer klimaneutralen Energieversorgung ein ganz anderer gewesen wäre, mit anderen Risikoabwägungen, anderen technologischen Entwicklungen und anderen politischen Mehrheiten. Aber das ist reine Spekulation. Die technologische, wirtschaftliche und politische Realität, in der wir die Klimakrise lösen müssen, ist eine andere. Und da gehört die Zukunft Sonne, Wind, Wasser, Geothermie und Speichertechnologien.