Kurz: Demokratie und die Union

Das Wahl­pro­gramm von CDU und CSU wur­de ges­tern vor­ge­stellt – und von den Vor­stän­den der Uni­ons­par­tei­en beschlos­sen. Letz­te­res klingt selt­sam, auch die Wiki­pe­dia weiß, dass Wahl­pro­gram­me in der Regel von Par­tei­ta­gen oder Dele­gier­ten­kon­fe­ren­zen ver­ab­schie­det wer­den. Und bei CDU uns CSU macht’s der Vor­stand. Das Pro­gramm (das übri­gens schon vor Ver­öf­fent­li­chung durch den Fak­ten­check flog und den CDU-CSU-Mit­glie­dern von der SPD zur Ver­fü­gung gestellt wur­de) ent­hält vie­le Wahl­ver­spre­chen, aber wohl wenig, was Ange­la Mer­kel wirk­lich umset­zen will. So ganz klar ist das alles nicht. Und ob ein CDU-Par­tei­tag das so durch­ge­hen hät­te las­sen, mit eini­gen durch­aus moder­nen Abschnit­ten – wer weiß.

Aber: War da nicht was mit der Pflicht zur inner­par­tei­li­chen Wil­lens­bil­dung im Par­tei­en­gesetz? Wie die inner­par­tei­li­che Wil­lens­bil­dung in einer Par­tei for­mal statt­zu­fin­den hat, wird zwar im Par­tei­en­gesetz beschrie­ben (§§ 9 und 15), aller­dings letzt­lich doch recht knapp – ver­gli­chen etwa mit den umfang­rei­chen Aus­füh­run­gen zu Buch­hal­tung, Spen­den und Rechen­schafts­pflich­ten (§§ 18 bis 31a). Min­der­hei­ten in der Par­tei sol­len sich betei­li­gen kön­nen, und für Sat­zung und Pro­gramm gibt es strik­te Vorgaben. 

Pro­gramm? Ja – aller­dings meint das Par­tei­en­gesetz damit das „Par­tei­pro­gramm“, d.h. die all­ge­mei­nen poli­ti­schen Grund­sät­ze. Das grü­ne Grund­satz­pro­gramm bei­spiels­wei­se ist von 2002. Nur eine Min­der­heit dürf­te es ken­nen, obwohl der Bun­des­wahl­lei­ter alle Par­tei­pro­gram­me sam­melt. Wahl­ent­schei­dend – und Grund­la­ge z.B. von Koali­ti­ons­ver­hand­lun­gen – dürf­te eher als die Par­tei­pro­gram­me das jewei­li­ge Wahl­pro­gramm sein. Aber das taucht for­mal im Par­tei­en­gesetz über­haupt nicht auf. For­mal sind CDU und CSU also wohl völ­lig im Recht, wenn das Wahl­pro­gramm im Vor­stand beschlos­sen wird und Mit­glie­der kei­ne Chan­ce haben, Ände­rungs­an­trä­ge dazu zu stel­len. Ein gutes Licht auf die demo­kra­ti­sche Ver­fasst­heit der Uni­on wirft es den­noch nicht. 

Viel­leicht wäre es an der Zeit, das Par­tei­en­gesetz an die­sem Punkt zu über­ar­bei­ten. Der Wahl­akt ist zen­tral, und nicht zuletzt ist die Auf­stel­lung von Kan­di­da­tin­nen im Par­tei­en­gesetz gere­gelt. Da müss­te es eigent­lich logisch sein, äqui­va­lent dazu auch Rege­lun­gen dazu zu fin­den, wie ein kurz- bis mit­tel­fris­ti­ges Wahl­pro­gramm zustan­de kommt – und was pas­siert, wenn eine Par­tei es nicht für nötig hält, einem Par­tei­tag (geschwei­ge denn allen Mit­glie­dern …) die Chan­ce zu geben, an der Erstel­lung des Wahl­pro­gramms mitzuwirken.

Kurz: Schavan heißt jetzt Wanka

Ein paar gene­rel­le­re Über­le­gun­gen zum Pla­gi­ats­ver­fah­ren Scha­van hat­te ich bereits im Okto­ber auf­ge­schrie­ben. Jetzt ist es soweit: Die Bun­des­for­schungs­mi­nis­te­rin hat heu­te ihren Rück­tritt erklärt. Begrün­det nicht mit dem Pla­gi­at – das sie wei­ter­hin leug­net – son­dern mit der Tat­sa­che, dass sie als For­schungs­mi­nis­te­rin, wenn sie gegen eine Uni klagt, dem Amt schadet. 

Stimmt zwar, ist aber doch eine inter­es­san­te Ver­kür­zung. Abge­se­hen davon blieb der Rück­tritt ein Rück­tritt mit Stil: Die Bun­des­kanz­le­rin elo­gier­te und beton­te Ver­diens­te und die blei­ben­de Freund­schaft (Bor­gen, anyo­ne?), Scha­van gab sich ver­ant­wor­tungs­be­wusst und rational. 

Ihre Nach­fol­ge­rin wird weder McAl­lis­ter noch Grö­he, son­dern die schei­den­de nie­der­säch­si­sche Wis­sen­schafts­mi­nis­te­rin Prof. Dr. Johan­na Wan­ka – ost­deutsch, kon­ser­va­tiv, Mathe­ma­ti­ke­rin, FH-Rek­to­rin, Minis­te­rin in Bran­den­burg (CDU abge­wählt) und Nie­der­sach­sen (CDU abge­wählt) – fach­lich also durch­aus ver­siert. Ein Kurs­wech­sel weg vom neo­li­be­ral-eli­tä­ren, auf Tech­nik fixier­ten Kurs in der Hoch­schul- und For­schungs­po­li­tik ist mit die­sem Wech­sel nicht ver­bun­den; ich erwar­te, dass Wan­ka da recht naht­los an Scha­van anknüpft. Und umso deut­li­cher wird, war­um am 22.9. eine ande­re Poli­tik gewählt wer­den muss.

Das Interview

Ich habe ja eine blü­hen­de poli­ti­sche Fan­ta­sie (und außer­dem ges­tern zuviel Bor­gen geschaut), des­we­gen kann ich mir leb­haft vor­stel­len, wie das mit der FAZ-Inter­view mit Peer Stein­brück wirk­lich abge­lau­fen ist:

Das Han­dy klingt. Peer Stein­brück sitzt am Schreib­tisch und nimmt ab. Sein Bera­ter – er umgibt sich ja nur mit Män­nern – ist dran:

„Du, Peeeer, ich hab da was tol­les für dich arran­gie­ren kön­nen. Inter­view in der FAZ – ist ja jetzt so’n büss­chen Win­terloch, da wer­den sich alle drauf stür­zen. Und du weißt ja, wir haben da die­ses klei­ne Image­pro­blem. Die Leu­te drau­ßen ken­nen dich nicht. Die glau­ben, du bist so ein geld­gei­ler Büro­krat. Da müs­sen wir ran, offen­siv! Pass auf, wir machen das jetzt so: Du gibst dich ganz ent­spannt. Auch mal gön­nen kön­nen, klar? Zeigst dich von dei­ner bes­ten Sei­te, als net­ter Jun­ge von neben­an, der auch mal ’nen flot­ten Spruch auf den Lip­pen hat. Viel­leicht was mit den Wein­prei­sen, du weißt schon … Soweit, ja?“

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Kurz: Feedback zum Fiskalpakt, bitte

Zumeist ist der grü­ne Län­der­rat ja eine nicht son­der­lich span­nen­de Ange­le­gen­heit. Am Sonn­tag ist das anders – da fin­det ein außer­or­dent­li­cher grü­ner Län­der­rat statt. Auf der Tages­ord­nung steht ein ein­zi­ges The­ma: Euro­pa; kon­kre­ter wird es um die Kri­se, ESM und den Fis­kal­pakt gehen. 

Der Son­der­län­der­rat fin­det statt, weil der­zeit Ver­hand­lun­gen zwi­schen den Par­tei­en dar­über lau­fen, ob bzw. unter wel­chen Bedin­gun­gen die Oppo­si­ti­on im Bund zustimmt. Da geht es bei­spiels­wei­se um ein har­tes Com­mit­ment zu einer Finanz­trans­ak­ti­ons­steu­er oder um einen euro­päi­schen Altschuldenfonds.

Inner­halb der Grü­nen ist ziem­lich strit­tig, ob ein Ja zum Fis­kal­pakt über­haupt Sinn machen kann. Auch des­we­gen haben über 30 Kreis­ver­bän­de einen „gro­ßen“ Son­der­par­tei­tag bean­tragt. Den sehe ich der­zeit nicht. Aber zumin­dest der „klei­ne“ Par­tei­tag, der Län­der­rat, wird eine Ent­schei­dung tref­fen. Mei­ne Mei­nungs­bil­dung als Dele­gier­ter dafür ist noch nicht abge­schlos­sen – inso­fern bin ich an Feed­back zum Fis­kal­pakt sehr interessiert.

P.S.: Zum Län­der­rat wird es einen Live­stream geben.

P.P.S.: Anträ­ge und Tagesordnung

Der Kandidat der nationalen Einheit

1950s watering can

Frei­tag: Rück­tritt von Chris­ti­an Wulff, Sonn­tag abend: gemein­sa­me Nomi­nie­rung von Joa­chim Gauck durch FDP, CDU, CSU, SPD und uns Grü­ne. Defi­ni­tiv nicht das Ergeb­nis, das ich mir erhofft hät­te.

Zwi­schen Frei­tag und Sonn­tag lag ein trotz Fasching poli­tisch auf­ge­la­de­nes Wochen­en­de. Ich fin­de es sinn­voll, noch ein­mal auf das Ver­fah­ren und auf das Ergeb­nis einzugehen.

„Der Kan­di­dat der natio­na­len Ein­heit“ weiterlesen