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Soziale Netzwerke patentiert?
Gerade auf BoingBoing gefunden: eine amerikanische Firma hat sich computergestützte Darstellung sozialer Netzwerke patentieren lassen. Mich wundert, dass so ein generelles Patent überhaupt eingetragen wird. Das ganze zeigt jedenfalls, wie unsinnig Patente auf Software bzw. auf Verfahrensabläufe sind. Wenn sich die Firma mit ihrem Patent durchsetzt, dürfte das für ziemliche viele Web‑2.0‑Websites zu einem Problem werden.
> US Patent 7069308
> Update: Kurzer Artikel dazu bei Telepolis (Florian Rötzer)
„Ich-AG im Walde“ im Berliner Journal
In der aktuellen Ausgabe des Berliner Journal für Soziologie (Jg. 16, Heft 2) ist mein Aufsatz „Die Ich-AG im Walde. Arbeit in ländlichen Räumen der postindustriellen Gesellschaft am Beispiel forstlicher Dienstleistungsunternehmen“ abgedruckt – wenn ich das richtig sehe, die erste „große“ Veröffentlichung meinerseits in einer offline erscheinenden soziologischen Zeitschrift. Insofern bin ich schon ein bisschen stolz darauf. Abstract:
Ausgehend von einer Darstellung postindustrieller Arbeit und ihres Echos in der Industriesoziologie, diskutiert der Artikel die Arbeits- und Organisationsformen forstlicher Dienstleistungsunternehmen. Dabei wird zum einen eine Makroperspektive eingenommen, in der das Aufkommen forstlicher Dienstleistungsunternehmen mit sinkenden Waldarbeiterzahlen und Outsourcing-Prozessen in den Forstverwaltungen in Beziehung gesetzt und mit dem historischen Kontext der Waldarbeit verknüpft wird. Zum anderen werden auf der Grundlage qualitativer Interviews mit forstlichen Dienstleistungsunternehmern Merkmale der dort stattfindenden Arbeit und der Organisationsform dieser Dienstleistungsunternehmen vor dem Hintergrund neuerer industriesoziologischer Ansätze dargestellt. Dabei wird deutlich, dass die Arbeit forstlicher Dienstleistungsunternehmen zwar viele Gemeinsamkeiten mit postindustrieller Arbeit aufweist, sich aber vieles auch mit Traditionslinien ländlicher Arbeit in Kleinstunternehmen erklären lässt. Die tatsächlich vorzufindenden Arbeitsweisen und Organisationsformen kombinieren die Reaktion auf einen globalen Markt mit Rückgriffen und Anschlüssen an Traditionslinien.
Nachtrag zur Regionalkonferenz zum grünen Zukunftskongress
Grüner Zukunftskongress in Sicht
Gestern fand in Stuttgart die baden-württembergische Regionalkonferenz zum grünen Zukunftskongress statt. Dieser selbst wird vom 1. bis 3. September in Berlin veranstaltet. Die Regionalkonferenz in Stuttgart hatte ihren Fokus auf der Frage nach dem Verhältnis von Staat, Markt und Zivilgesellschaft. Der Tag in Stuttgart war zweigeteilt: vormittags gab es zwei Reden (Reinhard Bütikofer und Warnfried Dettling) und danach noch eine inner-grüne Talkrunde, der Nachmittag war vier parallel stattfindenden Foren gewidmet. Reinhard Bütikofer konzentrierte sich in seiner Rede vor allem darauf, deutlich zu machen, warum ein grüner Zukunftskongress jetzt (Opposition usw.) sinnvoll und notwendig ist, und dass es sich dabei nicht um ein einmaliges Debattenevent handeln soll, sondern um den Versuch, Diskussionsprozesse und konkrete Projekte in der Partei anzustoßen. Die im Grundsatzprogramm festgelegte Werteorientierung soll dabei nicht in Frage gestellt werden. Bütikofer plädierte aber dafür, auf dem Hintergrund der dort verankerten Werte eine pragmatische Politik ökologischer und gesellschaftlicher Modernisierung durchzuführen. Dazu gehöre es auch, sich nicht auf ein rot-grünes Projekt festzulegen, sondern anzustreben, bald möglichst wieder Gestaltungskraft zu werden – so oder so.
Warnfried Dettling, bekannt aus seinen Zeitungskolumnen und Büchern nahm sein Impulsreferat zum Anlass, die Grünen aufzufordern, als Partei mit eher intellektuelleren AnhängerInnen und WählerInnen komplexere Konzepte aufzugreifen und nicht in die Vereinfacherer-Schiene hineinzugeraten. Dabei sah er das 20. Jahrhundert als das Jahrhundert der Gegensätze (nicht nur zwischen Staat und Markt als unterschiedlichen Koordinationsformen, sondern auch zwischen Demokratie und Diktatur) und rief dazu auf, das 21. Jahrhundert zum „Jahrhundert der Synergien und der Balance“ zu machen. Dementsprechend großen Werte legte er darauf, deutlich zu machen, wie wichtig es ist, ökonomische Logiken für staatliches Handeln auszunutzen, auf zivilgesellschaftliche Potenziale zu setzen usw. Mir kam das alles etwas einseitig vor – zwar sprach Dettling auch von der „Entpolitisierung der Politik“; die zukünftige Rolle, die Ordnungspolitik, Recht und politische Entscheidungen spielen sollen, war jedoch etwas unterbelichtet in seinem Vortrag. Andere Stellen in seinem Vortrag gefielen mir besser: etwa im Verweis auf Amartya Sen die Definition menschlicher Entfaltung als staatlich-gesellschaftlicher Aufgabe bzw. Orientierungslinie.
Den Abschluss des Vormittags bildete eine Talk-Runde (das natürliche Milieu der PolitikerInnen). Während im Programm noch eine Moderation durch eine Zeitungsredakteurin angekündigt war, übernahmen die Aufgabe dann doch die beiden Vorsitzenden Petra Selg und Andreas Braun, die jeweils einen der Talk-Kontrahenten – Winfried Kretschmann bzw. Fritz Kuhn – „betreuten“. Leider muss gesagt werden, dass sich unsere Vorsitzenden mit der Moderation der beiden grünen Urgesteine (die ja bekanntermaßen inzwischen innerhalb des realpolitischen Flügels eher konträre Positionen vertreten) schwertaten. Das Niveau der Diskussion sank schnell auf die Ebene persönlichen Beleidigtseins und die Tagespolitik der Förderalismusreform, statt grundsätzlicher über das Verhältnis von Staat und BürgerInnen und die Rolle der Parteien und der Politik dabei zu diskutieren. Kuhn erwies sich dabei – unabhängig von seinen Positionen – als deutlich souveräner (vielleicht hatte er auch einfach nur die bessere Rhetorik).
Nachmittags entschied ich mich dann für das Forum „Sozialpolitik/Grundsicherung“ (die Alternativen wären der Schaukampf Oswald Metzger vs. Gerhard Schick, die Bildungspolitik am Beispiel einer Waldorfschule, oder noch relativ interessant, die Frage Wirtschaft vs. Ökologie oder Wirtschaft und Ökologie gewesen – letzteres in der Diskussion mit Unternehmervertretern). Also, Sozialpolitik. Das Forum erwies sich als gute Wahl, stellte doch Thomas Poreski ein ausgearbeitetes Konzept für ein Grundsicherungsmodell vor, das etwas weniger radikal als die Vorschläge aus der PDS oder von Götz Werner gestaltet war. In knappen Zügen: 500 Euro für alle (die fünf Jahre legal in Deutschland leben), ohne Bedürftigkeitsprüfung (damit existenzielle Absicherung und deutlich geringere „Erpessbarkeit“), Umwandlung von Renten- und Krankenversicherung, Beibehaltung diverses zusätzlicher staatlicher Leistungen, auch der Arbeitsmarktpolitik, Finanzierung über eine Veränderung des Einkommenssteuermodells. Ausführlich kann das unter http://www.grundsicherung.org nachgelesen werden. Den Gegenpart im Forum übernahm Biggi Bender als zuständige Bundestagsabgeordnete, die ihre Skepsis daran deutlich zum Ausdruck brachte, dabei jedoch relativ sachlich blieb. Ihr erschienen Kombilohnmodelle und Verbesserungen bei Hartz-IV sinnvoller. Auch die Forumsdiskussion insgesamt war kontrovers (Arbeitsanreize oder nicht, Menschenbild, …), wurde aber gut moderiert (Beate Müller-Gemecke) und blieb auf der sachlichen Ebene. Inhaltlich habe ich den Eindruck, dass sich das vorgeschlagene Modell – trotz einiger Detailschwächen – gut dazu eignet, in eine neue grüne Grundsicherungsdebatte einzusteigen. Und das wäre ja durchaus auch schon was, überwog doch bisher der Eindruck des Beharrens auf dem angeblich machbaren.