Kurz: Wer hat den Kleinsten?

Heu­te kam die jähr­li­che Strom­rech­nung. Ich habe mich einer­seits ein biß­chen dar­über geär­gert, weil unser Strom­ver­brauch deut­lich gestie­gen ist – von unge­fähr 1600 kWh im Jahr auf knapp 1900 kWh. Das muss nicht unbe­dingt sein, und wir rät­seln jetzt, was schuld dar­an ist: der Kühl­schrank? Die eine oder ande­re Stand-by-Schal­tung ohne Vor­schalt­steck­do­se? Der noch immer nicht sanier­te Herd? Oder eher lebens­stil­be­ding­te Ände­run­gen – häu­fi­ge­res Arbei­ten (Com­pu­ter!) und Essen­ko­chen zu Hau­se? Die zusätz­li­che Wäsche für grö­ßer wer­den­de Kind(er)?

Ande­rer­seits sagt die Wiki­pe­dia, dass das ers­tens gar nicht Strom­ver­brauch heißt (ich blei­be wei­ter bei dem Wort), und dass es zwei­tens für Zwei-Per­so­nen-Haus­hal­te im Durch­schnitt in Deutsch­land inzwi­schen 3400 kWh und für Drei-Per­so­nen-Haus­hal­te sogar 4400 kWh sind. Zwei Erwach­se­ne und zwei klei­ne Kin­der ste­hen ver­mut­lich irgend­wo dazwi­schen – also bei einem gut dop­pelt so hohen Strom­ver­brauch wie bei uns. 

Trotz­dem kann der noch sin­ken. Mal schau­en, wie das nächs­tes Jahr aus­sieht – grö­ße­re Ein­spar­po­ten­zia­le sind lei­der alle auch mit grö­ße­ren Inves­ti­tio­nen in Haus­halts­ge­rä­te ver­bun­den. Und an alle die Fra­ge: Wer hat den Kleinsten?

Minus zwei Minuten

Symbolbild ICENeu­er­dings gibt es ja eine gesetz­li­che Ver­an­ke­rung dafür, dass die Bahn bei Ver­spä­tun­gen Tei­le der Fahrt­kos­ten erstat­tet. Ab 60 Minu­ten Ver­spä­tung am Ziel­ort müs­sen – auf Antrag, d.h. nach dem Aus­fül­len eines recht lang­wie­ri­gen For­mu­lars – 25 Pro­zent des Fahr­prei­ses erstat­tet werden.

Vor kur­zem war ich mit der Bahn in Bonn. Auf der Rück­fahrt hat­te der Inter­ci­ty von Bonn nach Mann­heim Ver­spä­tung, so dass wir den Anschluss­zug dort ver­pass­ten. Die eigent­lich ange­dach­te Ver­bin­dung wäre um 18:59 Uhr in Frei­burg gewe­sen. Den ICE, den wir dann in Mann­heim neh­men konn­te, hat­te laut Fahr­plan 19:59 Uhr als Ankunftszeit. 

Im ver­spä­te­ten Zug von Bonn ver­teil­te der Zug­be­glei­ter von sich aus Ent­schä­di­gungs­for­mu­la­re. Nach­dem es eine pri­va­te Rei­se war, waren kei­ne Kon­flik­te zwi­schen der insti­tu­tio­nel­len Rei­se­kos­ten­er­stat­tung und der Deut­schen Bahn um Ori­gi­nal­fahr­kar­ten zu erwar­ten. Des­we­gen habe ich das mit der Ent­schä­di­gung mal aus­pro­biert, also das umfang­rei­che For­mu­lar ausgefüllt. 

Heu­te kam nun Post vom „Ser­vice­cen­ter Fahr­gast­rech­te“. Weil kurz vor Frei­burg noch mal mäch­tig beschleu­nigt wur­de, war der Zug zwei Minu­ten zu früh in Frei­burg. Sprich: 19:57 Uhr. Gefühl­te Ver­spä­tung: eine Stun­de. Fak­ti­sche Ver­spä­tung laut „Ser­vice­cen­ter“: 58 Minuten. 

„Wir bedau­ern die Ihnen ent­stan­de­nen Una­nehm­lich­kei­ten und bit­ten Sie gleich­zei­tig um Ver­ständ­nis, dass in Ihrem Fall kei­ne Ent­schä­di­gung gezahlt wer­den kann, da wir die gesetz­li­chen Rege­lun­gen zu den Fahr­gast­rech­ten gegen­über allen Kun­den in glei­cher Wei­se anwen­den müssen.“ 

Ein klei­nes biß­chen Ver­ständ­nis habe ich ja sogar. Viel­leicht ist es ein blö­der Zufall, dass der ICE gera­de hier mal ein biß­chen zu früh war. Und klar, recht­li­che Gleich­be­hand­lung – das ist schon ein Argument.

Trotz­dem bleibt der Ein­druck haf­ten, dass die recht­li­che Fest­le­gung der Zah­lungs­gren­ze von 60 Min­un­ten als Neben­ef­fekt alle Kulanzen aus­ge­löscht hat. Zudem gibt es jetzt im Stun­den­takt Anrei­ze, Ver­spä­tun­gen unter die magi­sche Stun­den­gren­ze zu drü­cken, um nur bloß nicht zah­len zu müs­sen. Der rela­tiv büro­kra­tisch Pro­zess der Ent­schä­di­gungs­be­an­tra­gung trägt ein übri­ges zu dem Ein­druck bei, dass die „Fahr­gast­rech­te“ von der Bahn weni­ger als Ser­vice den als poli­ti­sches Zuge­ständ­nis gese­hen wer­den, dass es mög­lichst zu umge­hen gilt.

Was bedeu­tet das nun umge­dreht? Tole­ran­te­re War­te­zei­ten, rea­lis­ti­sche Fahr­plä­ne, die auch tat­säch­lich ein­ge­hal­ten wer­den – und ein Halb­stun­den­takt auf den hoch­fre­quen­tier­ten ICE-Stre­cken, beispielsweise.

War­um blog­ge ich das? Weil mich das Ver­hal­ten der Bahn nicht so rich­tig glück­lich macht. Selbst wenn hier völ­lig geset­zes- und regel­kon­form gehan­delt wurde.

Öko-Praktiken in Ratgebern – Manuskript

Im Novem­ber 2005 nahm ich am Kon­gress kul­tur­wis­sen­schaft­li­che Tech­nik­for­schung des gleich­na­mi­gen Kol­legs der Uni Ham­burg teil. Ich habe dort damals auch vor­ge­tra­gen, näm­lich etwas zum nach­hal­ti­gen Umgang mit Din­gen anhand der pra­xis­theo­re­ti­schen Ana­ly­se von Öko-Ratgebern. 

Vor ein paar Wochen ist mir nun zufäl­lig beim Auf­räu­men mei­ner Fest­plat­te das Manu­skript für mei­nen Bei­trag für den Kon­gress­band wie­der in die Hän­de gefal­len. Der Kon­gress­band ist seit gerau­mer Zeit „im Druck“. „Im Druck“ ist so unge­fähr das sel­be wie die wis­sen­schaft­li­che Ver­si­on der katho­li­schen Vor­höl­le. Auch eine Nach­fra­ge bei der kul­tur­wis­sen­schaft­li­chen Tech­nik­for­schung konn­te lei­der nicht auf­klä­ren, obwann mit einem Wech­sel des Sta­tus von „im Druck“ zu „erschie­nen“ zu rech­nen ist. 

Ich habe mich des­we­gen ent­schie­den, dass dort ein­ge­reich­te Manu­skript zu mei­nem Vor­trag hier publik zu machen – ich glau­be, dass es für alle, die sich für eine umwelt­so­zio­lo­gi­sche Anwen­dung von Pra­xis­theo­rie und Akteur-Netz­werks-Theo­rie inter­es­sie­ren, durch­aus inter­es­sant sein könn­te. Das Manu­skript ist (bis auf die ein­gangs ein­ge­füg­te Notiz zur Zitier­wei­se) auf dem Stand von 2005/2006 – aber bes­ser so als nie: